Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 29.10.2021, Az.: 3 W 59/21

Unzulässige Beschwerde gegen den Beschluss eines Nachlassgerichts; Formwirksame Unterzeichnung einer Beschwerde; Identifizierung des Urhebers einer Verfahrenshandlung

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
29.10.2021
Aktenzeichen
3 W 59/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 44722
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2021:1029.3W59.21.00

Verfahrensgang

vorgehend
AG Northeim - 06.06.2021 - AZ: 4 VI 625/20

Fundstellen

  • ErbR 2022, 175-177
  • FGPrax 2021, 287-288
  • FamRZ 2022, 202-203
  • MDR 2022, 120-121
  • Rpfleger 2022, 137-139
  • ZEV 2022, 229-231
  • ZErb 2022, 30-33

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Legt ein Erbprätendent durch einen ausländischen (hier: österreichischen) Verfahrensbevollmächtigten, der "dienstleistender europäischer Rechtsanwalt" im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 EuRAG ist, Beschwerde gegen einen Beschluss eines deutschen Nachlassgerichts ein, muss die Beschwerdeschrift den Formerfordernissen des § 64 FamFG genügen.

  2. 2.

    Die nach österreichischem Verfahrensrecht ausreichende und von österreichischen Anwälten praktizierte sogenannte "Rubrumsunterschrift" - eine Unterzeichnung im Rubrum des Schriftsatzes über der Nennung des Verfahrensbevollmächtigten - genügt auch in einem nicht dem Anwaltszwang unterliegenden Verfahren nicht ohne Weiteres dem Unterschriftserfordernis des § 64 FamFG (Fortentwicklung von OLG Frankfurt, Beschluss vom 22. November 2000 - 20 W 458/98 -; BFH, Urteil vom 29. Juli 1969 - VII R 92/68 -).

Tenor:

Die Beschwerde vom 22. Juli 2021 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Northeim - Nachlassgericht - vom 6. Juni 2021 - 4 VI 625/20 - wird als unzulässig verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 220.000,00 €.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines privatschriftlichen Testaments sowie die Wirksamkeit der Beschwerdeeinlegung.

Der verwitwete Erblasser war der Vater des Beschwerdeführers und der Beteiligten zu 3. sowie der Großvater des Antragstellers, des Neffen des Beschwerdeführers. Mit privatschriftlichem Testament vom 30. Dezember 2019 (Bl. 7 d.BA 4 IV 442/20) setzte der Erblasser den Antragsteller zu seinem Alleinerben ein.

Nach dem Tod des Erblasers beantragte der Antragsteller die Erteilung eines entsprechenden Erbscheins. Das Nachlassgericht gab den Beteiligten mit formlos am 12. Januar 2021 abgesandtem Schreiben Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Schreibens. Nachdem bis zum 8. Februar 2021 keine Stellungnahmen eingegangen waren, erachtete das Nachlassgericht mit Beschluss des Rechtspflegers vom selben Tage die zur Erteilung des Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt und erteilte den Erbschein.

Der Beschwerdeführer wandte sich mit am 10. Februar 2021 eingegangenem Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten - einem in Österreich zugelassenen Rechtsanwalt, der in Deutschland nicht als Rechtsanwalt zugelassen ist - gegen die Erteilung des beantragten Erbscheins und äußerte Zweifel an der Wirksamkeit des Testaments. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 9. Februar 2021 (Bl. 13 f. d.A.) Bezug genommen.

Das Nachlassgericht bat daraufhin den Antragsteller um Übersendung der Ausfertigung des Erbscheins, da dessen Einziehung zu prüfen sei. Der Antragsteller übersandte den Erbschein zur Akte und trat gleichzeitig dessen Einziehung entgegen.

Das Nachlassgericht hat mit angegriffenem Beschluss des Nachlassrichters vom 8. Juni 2021 die für die Erteilung des beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen erneut für festgestellt erachtet und die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses ausgesetzt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den genannten Beschluss (Bl. 30-32 d.A.) Bezug genommen.

Gegen diesen - dem Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 22. Juni 2021 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten - Beschluss hat der Beschwerdeführer mit anwaltlichem Schriftsatz vom 22. Juli 2021 Beschwerde eingelegt. Der Schriftsatz ist vorab per Telefax am selben Tage eingegangen. Er enthält am Ende keine handschriftliche Unterschrift, sondern lediglich den maschinenschriftlichen Namenszug des Beschwerdeführers. Der Schriftsatz beginnt mit einem Rubrum, das Namen und Anschrift des Beschwerdeführers nennt, gefolgt von "vertreten durch" und einem Textblock mit Namen und Kanzleianschrift seiner Verfahrensbevollmächtigten; danach wird die "Nachlassangelegenheit" des Erblassers mit dessen Personalien genannt. Es folgt - zentriert in Fettdruck - das Wort "Beschwerde". Im Textblock mit Namen und Kanzleianschrift befindet sich eine Unterschrift, die augenscheinlich identisch ist mit derjenigen des Verfahrensbevollmächtigen am Ende des Schriftsatzes vom 9. Februar 2021.

Der Schriftsatz vom 22. Juli 2021 ist am 26. Juli 2021 per Post eingegangen und enthält am Ende ebenfalls keine handschriftliche Unterschrift. Die Unterschrift im Textblock der Kanzleianschrift sowie das gesamte Druckbild des Schriftsatzes erweckt den Eindruck, dass es sich um eine Fotokopie handelt. Insbesondere ist die Unterschrift schwarz und etwas "pixelig", ohne dass auf der Vorder- oder Rückseite des Papiers irgendein Durchdrücken erkennbar wäre, und das Druckbild ist zum Teil nicht randscharf. Wegen der Einzelheiten wird auf das genannte Telefax sowie den genannten Schriftsatz (Bl. 38-40 und 42-44 d.A.) Bezug genommen.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 16. August 2021 - auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 45 f. d.A.) - nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerde greife in der Sache nicht durch; im Übrigen sei die Beschwerdeschrift nicht unterschrieben.

Das Oberlandesgericht hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 27. August 2021 darauf hingewiesen, dass Zweifel an der Erfüllung der Formerfordernisse des § 64 Abs. 2 Satz 4 FamFG bestünden. Dazu hat der Beschwerdeführer mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 9. September 2021 Stellung genommen: Die Beschwerdeschrift sei - wie es bei Schriftsätzen von österreichischen Anwälten allgemein üblich sei - auf dem Deckblatt in der dort angegebenen Kanzleiadresse unterschrieben.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde ist nicht zulässig, denn sie ist nicht formgerecht innerhalb der Beschwerdefrist eingelegt worden.

a) Der am 26. Juli 2021 per Post eingegangene Schriftsatz ist nicht fristgemäß eingegangen. Nachdem der angegriffene Beschluss dem Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 22. Juni 2021 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist - mithin bekanntgegeben worden ist im Sinne der §§ 352e Abs. 2 Satz 1, 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG - hat die einmonatige Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG an diesem Tage begonnen und mit Ablauf des 22. Juli 2021 - einem Donnerstag - geendet.

Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob es sich bei dem am 26. Juli 2021 per Post eingegangene Schriftstück um das vom Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers handschriftlich im Rubrum unterschriebene Original des Schriftsatzes handelt, oder lediglich um eine Kopie dieses Originals, und ob eine solche Kopie dem Schriftformerfordernis des § 64 Abs. 2 Satz 1 FamFG genügte (dagegen z.B. OLG Dresden, Beschluss vom 4. Dezember 2020 - 22 WF 872/20 -, juris, Rn. 5; Sternal, in: Keidel, FamFG, 20. Auflage 2020, § 64, Rn. 29).

b) Das am 22. Juli 2021 und damit rechtzeitig eingegangene Telefax war ebenfalls nicht geeignet, die Beschwerdefrist zu wahren, denn es ist nicht formwirksam unterschrieben (aa und bb) und ihm ist auch nicht auf andere Art mit der erforderlichen Sicherheit der unbedingte Wille zu entnehmen, Beschwerde einzulegen (cc).

aa) Eine Beschwerde ist gemäß § 64 Abs. 2 Satz 4 FamFG vom Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten eigenhändig zu unterzeichnen; ein Name in Maschinenschrift reicht nicht aus (OLG Bamberg, Beschluss vom 1. August 2012 - 2 UF 175/12 -, juris, Rn. 5; Feskorn, in: Zöller, ZPO, 33. Auflage 2020, § 64 FamFG, Rn. 5).

Das Erfordernis der Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers einer Verfahrenshandlung ermöglichen sowie dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen unautorisierten Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Wollen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (BGH, Beschluss vom 18. März 2015 - XII ZB 424/14 -, NJW 2015, S. 1527 [Rn. 7]).

Aus der Notwendigkeit einer Unterschrift folgt, dass diese grundsätzlich unter dem geschriebenen Text gesetzt werden muss. Im Interesse der Rechtssicherheit muss eine Unterzeichnung den Inhalt der Erklärung räumlich decken, das heißt hinter oder unter dem Text stehen (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04 -, juris, Rn. 6). Unter diesen Umständen kann eine Unterschrift am Anfang oder innerhalb des Textes für eine ordnungsgemäße Beschwerdeeinlegung nur ausnahmsweise ausreichen, namentlich dann, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der gesamte Text von der angebrachten Unterschrift gedeckt ist (Sternal, in: Keidel, FamFG, 20. Auflage 2020, § 64, Rn. 30a m.w.N.).

Dazu ist umstritten, ob eine "Oberschrift" - insbesondere eine sogenannte "Rubrumsunterschrift" oder "Rubrumsunterzeichnung", die im österreichischen Prozessrecht üblich ist und akzeptiert wird - genügt. Dies befürworten Teile der Rechtsprechung und der Literatur (BayObLG, Beschluss vom 20. Februar 1981 - RReg 1 St 499/80 -, juris, zu § 345 Abs. 2 StPO; AG Hannover, Urteil vom 3. Januar 2020 - 410 C 1120/19 -, juris, Rn. 29 ff. m.w.N. zum Streitstand; Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Auflage 2021, § 129, Rn. 9 m.w.N.; so wohl auch BAG, Urteil vom 27. Januar 1955 - 2 AZR 418/54 -, juris, Rn. 5 ["sei es am Anfang oder am Schluss"] und Greger, in: Zöller, 33. Auflage 2020, § 130, Rn. 13, der eine Ablehnung der Rubrumsunterzeichnung nach österreichischen Recht für europarechtlich bedenklich hält). Der wohl überwiegende Teil der Rechtsprechung und Teile der Literatur treten dem entgegen (BSG, Urteil vom 10. Juni 2021 - B 9 BL 1/20 R -, juris, Rn. 18 zu § 164 SGG; BFH, Urteil vom 29. Juli 1969 - VII R 92/68 -, NJW 1970, S. 1151 [1152] zu § 64 FGO; OLG Frankfurt, Beschluss vom 22. November 2000 - 20 W 458/98 -, juris, Rn. 11 f. zu § 130 ZPO; VGH München, Beschluss vom 22. März 2010 - 11 CE 09.3150 -, juris, Rn. 19 zu § 147 VwGO; von Selle, in: BeckOK ZPO, Stand 1. September 2021, § 130, Rn. 9 m.w.N.; ähnlich BGH, Urteil vom 20. November 1990 - XI ZR 107/89 -, NJW 1991, S. 487 bezüglich mit einer "Oberschrift" versehener materiellrechtlicher Erklärungen). Zum Teil wird die Frage offengelassen, da sich die eindeutige Urheberschaft und der Wille, ein Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, aus anderen Umständen ergebe (BPatG, Beschluss vom 12. November 2020 - 30 W (pat) 527/20 -, juris, Rn. 35 f.; OLG Nürnberg, Beschluss vom 28. Oktober 2011 - 12 W 1374/11 -, juris, Rn. 12 f.). Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur "Rubrumsunterschrift" eines österreichischen Rechtsanwalts liegt noch nicht vor.

bb) Hier kann der "Rubrumsunterschrift" nicht der unbedingte Wille des Verfahrensbevollmächtigten entnommen werden, im Namen des Beschwerdeführers Beschwerde einzulegen.

Die Unterschrift des Verfahrensbevollmächtigten befindet sich über der Bezeichnung des Verfahrensgegenstands und dem Begriff "Beschwerde" in einem Abschnitt, in dem lediglich dargestellt wird, dass der Beschwerdeführer von den Verfahrensbevollmächtigten vertreten wird. Die Unterschrift an dieser Stelle kann auch so verstanden werden, dass damit seitens des Verfahrensbevollmächtigten die Bevollmächtigung versichert wird. Aus der Position der Unterschrift geht gerade nicht hervor, dass der nachfolgende Text von ihr gedeckt sein soll; sie ist - nach dem Namen des Beschwerdeführers - räumlich den Wörtern "vertreten durch" und dem Textblock mit Namen und Kanzleianschrift der Verfahrensbevollmächtigten zugeordnet und kann daher auch so verstanden werden, dass sie sich ausschließlich auf dieses Vertretungsverhältnis bezieht.

Hinzu kommt, dass am Ende der Beschwerdeschrift statt einer handschriftlichen Unterschrift der maschinenschriftliche Namenszug des Beschwerdeführers steht, nicht aber der seiner Verfahrensbevollmächtigten. Dies kann den Eindruck erwecken, dass der Schriftsatz eigentlich vom Beschwerdeführer selbst über dem maschinenschriftlichen Namenszug hätte unterschrieben werden sollen. Eine solche Beschwerdeeinlegung durch den Beschwerdeführer wäre auch möglich gewesen wäre, da im Beschwerdeverfahren zur Erteilung oder Einziehung eines Erbscheins kein Anwaltszwang besteht, §§ 64, 10 Abs. 1 FamFG (vgl. Fischer, in: MüKo FamFG, 3. Auflage 2018, § 64, Rn. 34-36). Das Telefax kann demnach auch so verstanden werden, dass zwar der Verfahrensbevollmächtigte bestätigt, bevollmächtigt zu sein, es dann aber versehentlich zur Übersendung eines nicht unterschriebenen Entwurfs der Beschwerdeschrift gekommen ist - etwa, weil der Beschwerdeführer doch noch Abstand von der Beschwerdeeinlegung genommen hat, eine Bürokraft dies aber übersehen und die nicht unterzeichnete Beschwerdeschrift dennoch abgesendet hat.

Etwas anders ergibt sich auch nicht daraus, dass es sich hier um die "Rubrumsunterschrift" eines in Österreich zugelassenen Rechtsanwalts handelt (a.A. BayObLG, Beschluss vom 20. Februar 1981 - RReg 1 St 499/80 -, juris; AG Hannover, Urteil vom 3. Januar 2020 - 410 C 1120/19 -, juris, Rn. 35-38).

Die Tatsache, dass der Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers als in Österreich zugelassener Rechtsanwalt "europäischer Rechtsanwalt" im Sinne des § 1 EuRAG i.V.m. der Anlage zu § 1 EuRAG ist, bedeutet lediglich, dass er unter den Voraussetzungen der §§ 25 ff. EuRAG die Tätigkeiten eines Rechtsanwalts in Deutschland vorübergehend und gelegentlich ausüben darf; er darf als "dienstleistender europäischer Rechtsanwalt" im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 EuRAG tätig werden. Dies umfasst gemäß § 28 Abs. 1 EuRAG die Möglichkeit, einen Mandanten in einem solchen Verfahren zu vertreten, in dem der Mandant seine Angelegenheit auch selbst wahrnehmen könnte. Dies ist hier der Fall (siehe oben), so dass der in Österreich zugelassene Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers hier ohne einen Einvernehmensanwalt im Sinne des § 28 Abs. 1 EuRAG handeln kann (vgl. Nöker, in: Weyland, BRAO, 10. Auflage 2020, § 28 EuRAG, Rn. 2 m.w.N.). Gleichwohl gelten für ihn dieselben prozessualen Vorschriften wie für jeden anderen deutschen oder dienstleistenden europäischen Rechtsanwalt (vgl. BFH, Urteil vom 29. Juli 1969 - VII R 92/68 -, NJW 1970, S. 1151 [1152]; VGH München, Beschluss vom 22. März 2010 - 11 CE 09.3150 -, juris, Rn. 19; OLG Frankfurt, Beschluss vom 22. November 2000 - 20 W 458/98 -, juris, Rn. 13).

cc) Auch aus den Gesamtumständen ergibt sich hier nichts anderes. Vor dem Hintergrund des Verfahrensgrundrechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG und des Rechts auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG kann zwar das Fehlen einer Unterschrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise unschädlich sein. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen ergibt, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen; es muss in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ersichtlich sein, von wem die Erklärung herrührt und dass kein bloßer Entwurf vorliegt (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Juli 2002 - 2 BvR 2168/00 -, NJW 2002, S. 3534 [3535]; BGH, Beschluss vom 10. März 2009 - VIII ZB 55/06 -, NJW-RR 2009, S. 933 [Rn. 8]).

Hier steht aber auf Basis der Gesamtumstände nicht ohne jeden Zweifel fest, dass es sich nicht lediglich um einen nicht autorisierten Entwurf handelt, insbesondere da am Ende der Beschwerdeschrift statt einer handschriftlichen Unterschrift der maschinenschriftliche Namenszug des Beschwerdeführers steht, was eher auf eine fehlende Autorisierung durch den Beschwerdeführer selbst hindeutet (siehe oben). Auch hat der Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers hier - anders als in dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall (BSG, Urteil vom 10. Juni 2021 - B 9 BL 1/20 R -, juris, Rn. 19; vgl. auch VGH München, Beschluss vom 22. März 2010 - 11 CE 09.3150 -, juris, Rn. 20 a.E.) - seinen (einzigen) vorhergehenden Schriftsatz vom 9. Februar 2021 am Ende handschriftlich unterschrieben, so dass gerade nicht anhand vorangegangener Schriftsätze eine Praxis erkennbar ist, nach der der Verfahrensbevollmächtigte Schriftsätze regelmäßig nur mit einer "Rubrumsunterschrift" versieht, anstatt sie am Ende zu unterschreiben.

2. Zum weiteren Verfahrensgang weist der Senat - ohne dass dies Gegenstand der Beschwerdeentscheidung ist - auf das Folgende hin:

Der Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 9. Februar 2021 dürfte - da der Erbschein zu diesem Zeitpunkt bereits erteilt war - als Anregung zur Einziehung des Erbscheins im Sinne des § 2361 BGB zu werten sein (vgl. Harders, in: Bumiller/Harders, FamFG, 12. Auflage 2019, § 352e, Rn. 32 m.w.N.; Gierl, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, 3. Auflage 2019, § 352e, Rn. 210 f.); so hat ihn das Nachlassgericht in der Sache zunächst auch behandelt. Insoweit dürfte aber kein erneuter Feststellungsbeschluss gemäß § 352e FamFG erforderlich gewesen sein, sondern eine Entscheidung über die Einziehung (vgl. Grziwotz, in: MüKo BGB, 8. Auflage 2020, § 2361, Rn. 38 m.w.N.; Gierl, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, 3. Auflage 2019, § 2361, Rn. 17). Der ursprüngliche Erbschein dürfte nach wie vor wirksam sein, so dass keine neuerlichen Erbscheinserteilung auf Basis des (zweiten) Feststellungsbeschlusses vom 8. Juni 2021 erforderlich sein dürfte. Dem Antragsteller dürfte daher - im Falle der Rechtskraft der hiesigen Entscheidung - wieder eine Ausfertigung des ursprünglichen Erbscheins zu erteilen sein.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 81, 84 FamFG.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 61 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GNotKG. Der Wert des Nachlasses nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten beträgt nach den unwidersprochenen gebliebenen Angaben des Antragstellers im Erbscheinsantrag (Bl. 4 d.A.) 220.000,00 €.

In Anbetracht der uneinheitlichen Rechtsprechung zur "Rubrumsunterschrift" eines österreichischen Rechtsanwalts, der als "dienstleistender europäischer Rechtsanwalt" in Deutschland tätig wird, war die Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG zuzulassen.