Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 30.09.2009, Az.: 1 Ws 522/09

Vorläufige Fahrerlaubnisentziehung durch das Berufungsgericht neun Monate nach der Tat bei Straßenverkehrsgefährdung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
30.09.2009
Aktenzeichen
1 Ws 522/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 23633
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2009:0930.1WS522.09.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Osnabrück - 25.08.2009 - AZ: 22 Ns 36/09

Fundstellen

  • SVR 2010, 226
  • StRR 2009, 442 (amtl. Leitsatz)
  • VRR 2009, 443
  • ZAP EN-Nr. 314/2010
  • ZAP EN-Nr. 0/2010

Amtlicher Leitsatz

Hat das Amtsgericht den Angeklagten wegen einer Straßenverkehrsgefährdung verurteilt, aber keine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO angeordnet, sondern einen darauf gerichteten Antrag der Staatsanwaltschaft nicht beschieden, so kann das Berufungsgericht vor der Berufungsverhandlung auch ohne Vorliegen neuer Umstände und auch noch neun Monate nach dem Vorfall jedenfalls dann die Fahrerlaubnis vorläufig entziehen, wenn es sich dabei die Würdigung der Tat im amtsgerichtlichen Urteil zu eigen macht.

Tenor:

Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Osnabrück vom 25.8.2009, durch den dem Angeklagten die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen worden ist, wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen.

Gründe

1

Das Amtsgericht Bersenbrück hat den Angeklagten mit Urteil vom 30.6.2009 wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu jeweils 60 Euro verurteilt. Außerdem hat es dem Angeklagten die Fahrerlaubnis mit einer Sperrfrist von 12 Monaten entzogen. Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich, dass der Angeklagte am 28.12.2008 ein auf der Bundesautobahn 1 in Richtung Hamburg der Überholspur fahrendes Fahrzeug auf der rechten Fahrspur überholt hat und sodann so knapp vor dem überholten Fahrzeug auf die Überholspur eingeschert ist, dass ein Unfall nur durch ein starkes Bremsmanöver der überholten Fahrzeugfahrerin vermieden werden konnte. Einen Beschluss über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis hat das Amtsgericht nicht erlassen. Nachdem der Angeklagte Berufung eingelegt hatte, hat das Landgericht Osnabrück auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit dem angefochtenen Beschluss dem Angeklagten die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen. Über die Berufung des Angeklagten ist noch nicht entschieden worden.

2

Die gegen den Beschluss vom 25.8.2009 gerichtete Beschwerde des Angeklagten ist gemäß § 304 StPO zulässig, bleibt aber in der Sache erfolglos.

3

Hat das Amtsgericht den Angeklagten wegen einer Straßenverkehrsgefährdung verurteilt, aber - trotz des damit von ihm bejahten Regelfalls im Sinne von § 69a Abs. 2 StGB - keine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO angeordnet, sondern den darauf gerichteten, mit der Anklageerhebung gestellten Antrag der Staatsanwaltschaft nicht beschieden, so kann auf erneuten Antrag der Staatsanwaltschaft das Berufungsgericht jedenfalls dann die Fahrerlaubnis auch schon vor der Berufungsverhandlung und auch ohne Vorliegen neuer Umstände vorläufig entziehen, wenn es sich dabei - wie hier - die Würdigung der Tat durch das Amtsgericht zu eigen macht.

4

Soweit dem die frühere Rechtsprechung des Senates (S. 2 Ws 241/72 in OLGSt S. 5 S. 15) entgegensteht, wird sie für diese Fallkonstellation nicht mehr aufrechterhalten (vgl. im Übrigen zum Meinungsstand Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 111a Rn.3).

5

Auch unter Berücksichtigung der seit dem Vorfall (28.12.2008) vergangenen Zeit und der Tatsache, dass der Angeklagte seither nicht mehr straßenverkehrsrechtlich in Erscheinung getreten ist, bestehen gegen den Erlass des angefochtenen Beschlusses im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz keine Bedenken.

6

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.