Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 15.12.2020, Az.: 1 B 236/20

Arbeitnehmer; Arbeitnehmerin; Beanstandung; Einstellung; Erforderlichkeit; fiskalische Erwägungen; Kommunalaufsicht; Kreisausschuss; Kreistag; Landrat; Organtreue; Stellenbesetzung; Stellenplan

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
15.12.2020
Aktenzeichen
1 B 236/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71908
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Für die Einstellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist grundsätzlich der Kreisausschuss nach § 107 Abs. 4 Satz 2 Hs. 1 NKomVG zuständig. Eine abweichende Zuständigkeit des Landrates ergibt sich nur aus § 107 Abs. 4 Satz 2 Hs. 2 NKomVG, kann jedoch nicht aus § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NKomVG abgeleitet werden.

2. Der Kreistag ist im Rahmen seiner Zuständigkeit für die Einstellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nach § 107 Abs. 4 Satz 2 Hs. 1 NKomVG an den Grundsatz der Organtreue gebunden.

3. Das Bewerbungsverfahren für eine zu besetzende Stelle kann von dem Landrat im Rahmen seiner Kompetenz, die Beschlüsse des Kreisausschusses gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NKomVG vorzubereiten, ohne vorherige Information des Kreisausschusses durchgeführt werden. Lehnt der Kreisausschuss die Stellenbesetzung aufgrund der fehlenden vorherigen Information über das Bewerbungsverfahren ab, verstößt dies gegen den Grundsatz der Organtreue.

4. Der Kreisausschuss ist nicht befugt, die Erforderlichkeit der durch den Kreistag im Stellenplan ausgewiesenen Stelle per se in Frage zu stellen. Damit missachtet er die Kompetenz des Kreistages und verstößt gegen den Grundsatz der Organtreue.

5. Der Kreisausschuss kann die Stellenbesetzung nicht wegen fiskalischer Erwägungen ablehnen und sich damit über die vom Kreistag mit dem Stellenplan zum Ausdruck gebrachte Billigung der fiskalischen Aspekte der Stelle hinwegsetzen. Dies verstößt gegen den Grundsatz der Organtreue.

6. hier: Ablehnung der Besetzung einer im Stellenplan ausgewiesenen Stelle als Sachbearbeiter Öffentlichkeitsarbeit („Pressesprecher“) durch Kreisausschuss ist nach summarischer Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren rechtswidrig und kann von der Kommunalaufsicht beanstandet werden.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen eine Beanstandungsverfügung des Antragsgegners hinsichtlich einer Stellenbesetzung beim Antragsteller.

Der Antragsteller – der Landkreis A. – wies in seinen Stellenplänen 2018, 2019 und 2020, welche den jeweiligen Haushaltssatzungen zugehörig sind, eine Stelle eines Sachbearbeiters zur Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit aus (im Stellenplan 2019 und 2020 jeweils mit der ausdrücklichen Funktionsbezeichnung „Sachbearbeiter/in Öffentlichkeitsarbeit“). Diese Stelle wurde im Stellenplan 2018 erstmals eingefügt und zunächst mit der Entgeltgruppe 9b eingruppiert, im Stellenplan 2019 auf die Entgeltgruppe 11 angehoben und auch im Stellenplan 2020 entsprechend mit der Entgeltgruppe 11 ausgewiesen. Die Stelle wurde vom Antragsteller bislang nicht besetzt.

Im Oktober 2019 schrieb der Antragsteller eine Stelle als „Pressesprecher/in für das Referat Assistenz und Kommunikation“ nach der Entgeltgruppe 11 aus. Nach Durchführung des Bewerbungsverfahrens fasste die Auswahlkommission bestehend aus dem Landrat, einem Vertreter des Personalrats, der Gleichstellungsbeauftragten, dem Leiter des Referats Assistenz und Kommunikation und Mitarbeiterinnen der Personalabteilung des Antragstellers eine einstimmige Auswahlentscheidung zugunsten des Bewerbers Sebastian Dettmer.

Die Auswahlentscheidung wurde dem Kreisausschuss des Antragstellers für dessen Sitzung am D. Februar 2020 mit Beschlussvorlage Nr. E. vom Landrat des Antragstellers vorgelegt und darin der Beschlussvorschlag, Herrn F. zum nächstmöglichen Zeitpunkt im Rahmen eines Dauerarbeitsverhältnisses als Pressesprecher für das Referat Assistenz und Kommunikation einzustellen, angeführt. In der Sitzung des Kreisausschusses am D. Februar 2020 wurden Einwände gegen diese Stellenbesetzung erhoben. Diese Einwände erstreckten sich im Wesentlich darauf, dass der Besetzung eines Pressesprechers gegenüber anderen Fachbereichen keine höhere Priorität einzuräumen sei. Auch habe der Kreistag des Antragstellers eine Einsparung von 1 % der Personalkosten beschlossen. Zudem werde die Frage aufgeworfen, warum die Stelle im Stellenplan mit „Sachbearbeiter/in Öffentlichkeitsarbeit“ betitelt, in der Stellenausschreibung jedoch mit „Pressesprecher“ bezeichnet werde. Der Kreisausschuss einigte sich darauf, diese Beschlussvorlage nochmals im Rahmen einer Sondersitzung am G. Februar 2020 zu behandeln. Es solle eine neue Vorlage mit ausführlicher Sachdarstellung gefertigt werden, dessen Beschlusstext die Bezeichnung der Stelle aufweise, die im Stellenplan vermerkt sei. Die Vorlage Nr. E. wurde infolgedessen aufgehoben.

Für die Sitzung des Kreisausschusses am G. Februar 2020 fertigte der Landrat die Beschlussvorlage Nr. H., in der erneut die Einstellung des Herrn F. als Sachbearbeiter Öffentlichkeitsarbeit („Pressesprecher“) vorgeschlagen und eine ausführlichere Sachdarstellung vorgenommen wurde. In seiner Sitzung vom G. Februar 2020 lehnte der Kreisausschuss diesen Beschlussvorschlag mit vier Ja-Stimmen und fünf Nein-Stimmen bei einer Enthaltung ab. Aus dem Sitzungsprotokoll ergeben sich folgende wesentliche Einwände der einzelnen Kreisausschussmitglieder gegen die Stellenbesetzung: In anderen Fachbereichen des Antragstellers würde ein hoher Personalmangel herrschen, der zunächst abgedeckt werden müsse. Anderen Fachbereichen würde insoweit eine höhere Priorität zukommen. Der Stellenplan stelle keine Gewährleistung für künftige Stellenbesetzungen dar. Die Stellen in anderen Fachbereichen stünden bereits seit längerer Zeit als die Stelle des Pressesprechers im Stellenplan. Die von der Stelle umfasste Gestaltung der Homepage könne auch mit einem beauftragten Unternehmen verbessert werden bzw. es könnten bereits beschäftigte Mitarbeiter für Aufgaben, wie beispielsweise Homepagepflege oder Pressearbeit, qualifiziert werden. Zudem handele es sich um eine Stelle mit Außenwirkung. Die Besetzung hätte dem Kreisausschuss vorab kommuniziert werden müssen; eine rechtzeitige Einbindung sei möglich gewesen. Der Kreisausschuss habe diesbezüglich ein Informationsrecht. Die Diskussion im Kreisausschuss um die Stellenbesetzung habe nichts mit der ausgewählten Person zu tun, sondern es handele sich um ein grundsätzliches Problem der Kommunikationslücke.

Mit Schreiben vom I. Juni 2020 erstatte der Landrat des Antragstellers einen Bericht gemäß § 88 Nds. Kommunalverfassungsgesetz (im Folgenden: NKomVG) an den Antragsgegner – der zuständigen Kommunalaufsicht des Antragstellers. Der Landrat legte dar, dass aus seiner Sicht die Ablehnung der Stellenbesetzung durch den Kreisausschuss in der Sitzung vom G. Februar 2020 aus sachfremden Erwägungen getroffen worden sei. Der Kreisausschuss greife in die Personalhoheit des Organs Kreistag ein. Gemäß § 5 Abs. 1 Kommunalhaushalts- und -kassenverordnung (im Folgenden: KomHKVO) weise der Stellenplan die erforderlichen Stellen aus. Der Kreisausschuss sei nicht befugt, eine Besetzung derjenigen Stellen, die der Kreistag für erforderlich halte, durch eine Ablehnung allein aus grundsätzlichen Erwägungen heraus zu verhindern. Es liege in der Zuständigkeit des Landrates nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 NKomVG die Beschlüsse des Kreistages und des Kreisausschusses auszuführen und die des Kreisausschusses vorzubereiten. In Ausführung des vom Kreistag beschlossen Stellenplans habe der Landrat in eigener Zuständigkeit das Stellenbesetzungsverfahren durchgeführt und so den Beschluss des Kreisausschusses ordnungsgemäß vorbereitet. In der Zuständigkeit des Kreisausschusses könne nur noch die Personalauswahl nach den Grundsätzen der Eignung, Leistung und Befähigung liegen. Diese seien für den vorgeschlagenen Bewerber aber nicht in Abrede gestellt worden. In den letzten Jahrzehnten sei es gängige Verwaltungspraxis gewesen, dass der Landrat die im Stellenplan ausgewiesenen Stellen in einem Stellenbesetzungsverfahren ausschreibe, ohne zuvor einen weiteren Beschluss des Kreisausschusses oder Kreistages einzuholen.

Mit Schreiben vom J. August 2020 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zu einer beabsichtigten Beanstandung des Kreisausschussbeschlusses vom G. Februar 2020 an.

In der Sitzung vom K. September 2020 lehnte der Kreisausschuss die Aufhebung seines Beschlusses vom G. Februar 2020 mit fünf Ja-Stimmen und sechs Nein-Stimmen ab. Als wesentliche Einwände gegen die Stellenbesetzung wurde wiederum angeführt, dass die Stellenbesetzung nur eine geringe Priorität im Gegensatz zu anderen Fachbereichen aufweise und es keine Kommunikation mit dem Kreisausschuss gegeben habe.

Mit Bescheid vom J. November 2020 beanstandete der Antragsgegner den Beschluss des Kreisausschusses vom G. Februar 2020, mit dem dieser den folgenden Beschlussvorschlag des Landrates abgelehnt hat:

„Herr L. wird zum nächstmöglichen Zeitpunkt im Rahmen eines Dauerarbeitsverhältnisses als Sachbearbeiter Öffentlichkeitsarbeit („Pressesprecher“) für das Referat Assistenz und Kommunikation eingestellt. (…)“

Der Antragsgegner ordnete zudem die sofortige Vollziehung der Beanstandung an. Zur Begründung wurde angeführt, dass der Kreisausschuss bei der Entscheidung gemäß § 107 Abs. 4 Satz 2 NKomVG gegen den Grundsatz der Organtreue verstoßen habe. Dieser Grundsatz gebietet die gegenseitige Rücksichtnahme auf die Zuständigkeiten anderer Organe und begrenze den Entscheidungsspielraum auf sachliche Gründe, also solche Kriterien, die in der Person des Bewerbers liegen würden. Die Entscheidung des Kreisausschusses sei nicht sachlich gerechtfertigt, da damit eine Entscheidung des Kreistages im Rahmen des Stellenplans unterlaufen werde. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KomHKVO enthalte der Stellenplan lediglich erforderliche Stellen. Für eine konterkarierende Entscheidung des Kreisausschusses sei kein Raum. Der Stellenplan stelle für den Landrat die Ermächtigungsgrundlage zur Besetzung der Stelle dar. Die allgemeine Einsparauflage bei den Personalkosten könne die Einstellung des Bewerbers nicht verhindern, da diese bezwecke dem Hauptverwaltungsbeamten im operativen Geschäft die Entscheidung zu überlassen, wie die Umsetzung im Rahmen der Geschäftsverteilungskompetenz erfolgen solle. Andernfalls hätte der Kreistag eine konkrete Einsparung vorsehen bzw. die in Rede stehende Stelle bereits im Stellenplan streichen können. Aus den Protokollauszügen der Kreisausschusssitzungen vom G. Februar 2020 und M. September 2020 ergebe sich, dass keine in der Person des Bewerbers liegenden Gründe angeführt worden seien. Die Beanstandung habe zu erfolgen, da vorliegend der Streit zweier Kommunalorgane entschieden werden müsse. Es sei kein milderes Mittel als die Beanstandung ersichtlich. Die sofortige Vollziehung werde angeordnet, da es nicht hingenommen werden könne, dass im Fall der Klageerhebung der eindeutig rechtswidrige Ablehnungsbeschluss des Kreisausschusses durch den Landrat umgesetzt werden müsse und dieser gezwungen wäre, das Bewerbungs- und Auswahlverfahren zu beenden. Dies würde auch dazu führen, dass der Bewerber einen nicht gerechtfertigten Eingriff in seine Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (im Folgenden: GG) sowie ergänzend Art. 33 Abs. 2 GG erleiden würde.

In der Sitzung vom N. November 2020 wurde der Beanstandungsbescheid dem Kreisausschuss zur Kenntnis gegeben, welcher mit sieben Ja-Stimmen und vier Nein-Stimmen beschloss, gegen den Bescheid Klage zu erheben und sich gegen den Sofortvollzug zu wenden.

Am O. Dezember 2020 hat der Antragsteller gegen den Beanstandungsbescheid des Antragsgegners Klage erhoben (1 A 235/20) und den vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.

Zur Antrags- und Klagebegründung führt er aus, dass die Ausschreibung der Stelle eines „Pressesprechers“ irreführend sei, da im Stellenplan die Bezeichnung „Sachbearbeiter/in Öffentlichkeitsarbeit“ gewählt worden sei. Es handele sich um eine exponierte Stelle, sodass zu erwarten gewesen sei, dass vor Beginn des Stellenbesetzungsverfahrens eine Abstimmung mit dem Kreisausschuss hätte erfolgen sollen. Der Kreisausschuss sehe auch keine Priorität bei der Besetzung dieser Stelle. Der Kreistag habe am M. Dezember 2019 eine pauschale Einsparvorgabe von 1 % der Personalausgaben beschlossen. Zudem sei nicht auszuschließen, dass der Kreistag womöglich beschließen werde, die Stelle aus dem Stellenplan 2021 zu streichen.

Der Sofortvollzug sei nicht hinnehmbar, da die Einstellung des Bewerbers im Sofortvollzug die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehme und der Antragsteller damit vor vollendete Tatsachen gestellt werde.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung bezieht er sich auf den Beanstandungsbescheid vom J. November 2020 sowie den übersandten Verwaltungsvorgang. Ergänzend führt er zu den Einwänden des Antragstellers aus, dass die Bezeichnung als Pressesprecher vom Landrat des Antragstellers gewählt worden sei, um ein größeres Interesse an der Stelle zu erzeugen. Zudem sei im Stellenplan die übliche Bezeichnung „Sachbearbeiter/in Öffentlichkeitsarbeit“ gewählt worden, da diese Stelle dem Referatsleiter Assistenz und Kommunikation, der gleichzeitig auch Leiter der Pressestelle sei, unterstellt sei. Die Abweichung in der Stellenausschreibung sei unerheblich. Eine Beteiligung des Kreisausschusses bzw. eine Abstimmung mit diesem vor Beginn des Stellenbesetzungsverfahrens sei nicht vorgesehen oder erforderlich. Die Vertretung entscheide über die grundsätzliche Weichenstellung der Personalpolitik durch Aufstellung des Stellenplans, der nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KomHKVO lediglich erforderliche Stellen enthalte. Eine den Stellenplan konterkarierende Entscheidung des Kreisausschusses sei nicht möglich. Zur abgesprochenen Priorität der Stellenbesetzung sei anzumerken, dass sich aus dem Vermerk von Herrn P. aus dem Referat Assistenz und Kommunikation des Antragstellers ergebe, dass die Öffentlichkeitsarbeit in den letzten Jahren immer wichtiger geworden sei, was sich auch dadurch zeige, dass im Jahr 2018 eine Vollzeitstelle geschaffen und im Stellenplan 2019 die Entgeltgruppe von 9b auf 11 angehoben worden sei. Wie dem Protokoll der Kreisausschusssitzung vom D. Februar 2020 zu entnehmen sei, könnten die zugehörigen Aufgaben nicht mehr wie bisher „nebenbei“ von Herrn P. wahrgenommen werden. Nach dem Vermerk von Herrn P. sei selbst mit der Besetzung der streitgegenständlichen Stelle immer noch von einer Unterbesetzung auszugehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist in der Sache unbegründet.

Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist begründet, wenn die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell rechtswidrig ist und/oder wenn im Rahmen einer Abwägung das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse an der Vollziehung des angegriffenen Verwaltungsaktes überwiegt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.6.1988 – 4 C 1/88 –, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschl. v. 10.5.2010 – 13 ME 181/09 –, juris Rn. 3 f.; Beschl. v. 5.3.2008 – 7 MS 115/07 –, juris Rn. 25 ff.).

Vorliegend erweist sich die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Beanstandungsbescheid vom J. November 2020 als formell rechtmäßig (1.). Auch die weiter vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus (2.)

1. Im Rahmen der formellen Rechtmäßigkeit einer Vollziehungsanordnung ist neben der Zuständigkeit insbesondere auf das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO abzustellen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 5.3.2008 – 7 MS 115/07 –, juris, Rn. 26). Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Dieses besondere öffentliche Interesse muss in der Regel über das Interesse, welches dem Verwaltungsakt zugrunde liegt, hinausgehen. Die Behörde darf sich daher nicht auf formelhafte Wendungen beschränken (Nds. OVG, Beschl. v. 18.10.2004 – 1 ME 205/04 –, juris Rn. 24). Vielmehr ist für eine hinreichende schriftliche Begründung eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses für die ausnahmsweise sofortige Vollziehbarkeit notwendig (Nds. OVG, Beschl. v. 10.5.2010 – 13 ME 181/09 –, juris Rn. 3; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 39. EL, § 80 Rn. 247).

Diesen Anforderungen genügt die Anordnung des Sofortvollzuges in dem streitgegenständlichen Beanstandungsbescheid. Der Antragsgegner stützt den Sofortvollzug auf die vom Landrat durchzuführende Umsetzung des Kreisausschussbeschlusses vom Q. Februar 2020, wodurch dieser zur Beendigung des Bewerbungs- und Auswahlverfahrens gezwungen wäre. Zudem werden die Rechte des Stellenbewerbers aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 2 GG angeführt. Damit geht der Antragsgegner in der Begründung des Sofortvollzuges über die Argumente, die die Beanstandung stützen, hinaus.

2. Bei der im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO weiter vorzunehmenden Abwägung der gegenläufigen Interessen, ist entscheidend, ob das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage oder das Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung der Entscheidung überwiegt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.2.2017 – 9 VR 2/16 –, juris Rn. 2). Dies beurteilt sich maßgeblich nach den Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs (BVerwG, Beschl. v. 16.9.2014 – 7 VR 1/14 –, juris Rn. 10). Ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung ist in der Regel gegeben, wenn sich im Rahmen einer summarischen Prüfung ergibt, dass der angegriffene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Sollte der Verwaltungsakt hingegen offensichtlich rechtmäßig sein, hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig keinen Erfolg. Stellen sich die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nach der summarischen Überprüfung hingegen als offen dar, so ist die Begründetheit anhand der Interessenabwägung zu beurteilen (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.1.2017 – 2 BvR 2013/16 –, juris Rn. 18; Nds. OVG, Beschl. v. 10.5.2010 – 13 ME 181/09 –, juris Rn. 4).

Nach summarischer Prüfung fällt die Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus, da der Beanstandungsbescheid des Antragsgegners vom J. November 2020 aller Voraussicht nach rechtmäßig ist.

Rechtsgrundlage für die Beanstandung ist § 173 Abs. 1 Satz 1 NKomVG. Danach kann die Kommunalaufsichtsbehörde Beschlüsse und andere Maßnahmen einer Kommune sowie Bürgerentscheide beanstanden, wenn sie das Gesetz verletzen.

Den Beschluss des Kreisausschusses vom G. Februar 2020 als Entscheidung eines kollegialen Beschlussorgans (siehe Smollich, in: Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, 51. EL, § 173 Rn. 2) konnte der Antragsgegner als zuständige Kommunalaufsicht beanstanden, da dieser Beschluss aller Voraussicht nach gegen die Regelung des § 107 Abs. 4 Satz 2 Hs. 1 NKomVG i.V.m. dem Grundsatz der Organtreue verstößt.

Nach § 107 Abs. 4 Satz 2 Hs. 1 NKomVG beschließt der Hauptausschuss im Einvernehmen mit der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten über die Einstellung, Eingruppierung und Entlassung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Der Hauptausschuss kann diese Befugnisse allgemein oder für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmern der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten übertragen (§ 107 Abs. 4 Satz 2 Hs. 2 NKomVG).

Der Kreisausschuss als Hauptausschuss des Antragstellers (siehe § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 NKomVG) ist nach § 107 Abs. 4 Satz 2 Hs. 1 NKomVG für die Einstellung des Herrn Dettmer als Sachbearbeiter Öffentlichkeitsarbeit („Pressesprecher“) im Rahmen eines Dauerarbeitsverhältnisses mit der Entgeltgruppe 11 zuständig. Soweit vom Antragsgegner und vom Landrat suggeriert wird, dass letzterer als Hauptverwaltungsbeamter des Antragstellers (siehe § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 NKomVG) für die Stellenbesetzung (originär) zuständig sei, ergibt sich dies aus den Bestimmungen des NKomVG und des Stellenplans nicht.

Die vom NKomVG eingeräumte Zuständigkeit des Landrates nach § 107 Abs. 4 Satz 2 Hs. 2 NKomVG ist nicht einschlägig, da dem Landrat nach dem Beschluss des Kreisausschusses vom R. Dezember 2005 lediglich die Einstellung von Beschäftigten bis einschließlich der Entgeltgruppe 9 bzw. nach heutiger Eingruppierung 9c übertragen wurde. Zwar wurde im Stellenplan 2018 die streitgegenständliche Stelle zunächst mit der Entgeltgruppe 9b ausgewiesen (Stellenplan des Antragstellers für das Jahr 2018 als Teil des Haushaltsplans 2018, Stellenpläne abrufbar unter S. (Stand: 15.12.2020) (im Folgenden: Stellenplan 2018), S. 394 unter 13.). Im Stellenplan 2019 erfolgte aber bereits eine Anhebung auf die Entgeltgruppe 11 (Stellenplan des Antragstellers für das Jahr 2019 als Teil des Haushaltsplans 2019 (im Folgenden: Stellenplan 2019), S. 403 unter 8.), welche auch im aktuellen Stellenplan 2020 festgelegt wurde (Stellenplan des Antragstellers für das Jahr 2020 als Teil des Haushaltsplans 2020 (im Folgenden: Stellenplan 2020), S. 421 unter der Lfd. Nr. 35).

Auch fällt die streitgegenständliche Stelle nicht unter die im Stellenplan 2020 getroffene Bestimmung, wonach der Landrat nach § 107 Abs. 4 NKomVG für Einstellungen bestimmter Arbeitnehmergruppen ermächtigt wird (Stellenplan 2020, S. 417 unter 2.). Denn diese Ermächtigung gilt zum einen nur für die Stellen, die im Stellenplan nicht ausgewiesen werden, und zum anderen nur für Arbeitnehmer/innen in Zeitarbeitsverhältnissen, Aushilfsarbeitsverhältnissen, nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz sowie bei einmalig durchzuführenden Arbeiten, worunter die streitgegenständliche Stelle nicht fällt.

Entgegen der Ansicht des Antragsgegners und des Landrates ist dieser ferner nicht deswegen für die Einstellung des Pressesprechers bzw. Sachbearbeiters Öffentlichkeitsarbeit zuständig, weil er den Stellenplan des Kreistages nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NKomVG ausführt. Denn § 107 Abs. 4 NKomVG enthält eine ausdrückliche Zuständigkeitsverteilung bei der Einstellung von Beamten und Arbeitnehmern, die eine Zuständigkeit des Landrates nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NKomVG ausschließt. Es obliegt nach Satz 1 von § 107 Abs. 4 NKomVG der Vertretung, d.h. dem Kreistag (siehe § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 NKomVG), Beamte zu ernennen. Dem Hauptausschuss, d.h. dem Kreisausschuss, kommt nach Satz 2 die Einstellung der Arbeitnehmer zu. Diese unterschiedliche gesetzliche Zuständigkeitsverteilung beruht auf der Bewertung des Gesetzgebers, dass die Einstellung von Arbeitsnehmern als weniger bedeutsam angesehen wird als die parallelen die Beamten betreffenden Entscheidungen (siehe Wefelmeier, in: Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, 51. EL, § 107 Rn. 41). Der Hauptausschuss, dessen Zusammensetzung sich aus der Vertretung ableitet, wird dadurch mit „abgeschichteten“ Aufgaben der Vertretung befasst (Bahr, in: Dietlein/Mehde, BeckOK Kommunalrecht Niedersachsen, 15. Ed., § 107 Rn. 37). Würde sich die Zuständigkeit des Landrates für die Besetzung der Stelle hingegen aus dem Stellenplan i.V.m. § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NKomVG ergeben, hätte es der ausdrücklich genannten Zuständigkeit der Vertretung in § 107 Abs. 4 Satz 1 NKomVG nicht bedurft. Denn die Vertretung stellt bereits den Stellenplan als Teil des Haushaltsplans, welcher Bestandteil der Haushaltssatzung ist, auf (siehe § 113 Abs. 2 Satz 2, § 112 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NKomVG, § 58 Abs. 1 Nr. 9 NKomVG). Würde die Ausführung des Stellenplans durch den Hauptverwaltungsbeamten dessen Zuständigkeit begründen, wäre es obsolet gewesen die Vertretung nach § 107 Abs. 4 Satz 1 NKomVG erneut mit der Ernennung der Beamten, deren Notwendigkeit von der Vertretung mit dem Stellenplan bereits zum Ausdruck gebracht wurde, zu ermächtigen. Durch die Regelung des § 107 Abs. 4 NKomVG wird vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass trotz Festlegung von bestimmten Stellen im Stellenplan die Zuständigkeit für die Ernennung von Beamten bei der Vertretung und für die Einstellung von Arbeitnehmer beim Hauptausschuss liegt. § 107 Abs. 4 NKomVG ist damit eine spezielle Zuständigkeitsnorm (siehe Thiele, NKomVG, § 98 Rn. 4; Wefelmeier, in: Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, 51. EL, § 107 Rn. 29, 41; Wilkens, Ipsen, NKomVG, § 107 Rn. 12), neben der kein Raum für eine Zuständigkeitsableitung aus § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NKomVG bleibt.

Aus der der ausdrücklichen Regelung des § 107 Abs. 4 Satz 2 Hs. 1 NKomVG folgenden Zuständigkeit des Kreisausschusses folgt, dass dieser im Einvernehmen mit dem Landrat beschließt, die streitgegenständliche Stelle des Pressesprechers bzw. Sachbearbeiters Öffentlichkeitsarbeit zu besetzen. Der diesbezüglich ablehnende Beschluss des Kreisausschusses vom G. Februar 2020, welchen der Antragsgegner beanstandet hat, verstößt nach summarischer Prüfung aber gegen die Regelung des § 107 Abs. 4 Satz 2 Hs. 1 NKomVG i.V.m. dem Grundsatz der Organtreue, da die Gründe des Ablehnungsbeschlusses die Organzuständigkeiten des Landrates und des Kreistages nicht hinreichend berücksichtigen.

Der im Staatsrecht entwickelte, auf das Verhältnis kommunaler Organe untereinander übertragbare Grundsatz der Organtreue verpflichtet die Organe, sich so zu verhalten, dass die jeweils anderen ihre Zuständigkeit ordnungsgemäß wahrnehmen können, also bei der Ausübung von Organkompetenzen von Rechts wegen auf die Kompetenzen anderer Organe Rücksicht zu nehmen (Nds. OVG, Urt. v. 27.5.2020 – 2 LC 21/17 –, juris Rn. 47 m. w. N.; Bahr, in: Dietlein/Mehde, BeckOK Kommunalrecht Niedersachsen, 15. Ed., § 107 Rn. 41; Wefelmeier, in: Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, 51. EL, § 107 Rn. 35).

Gegen diesen Grundsatz verstößt aller Voraussicht nach der sich aus dem Sitzungsprotokoll vom G. Februar 2020 ergebende Einwand, dass der Kreisausschuss bei der Stellenbesetzung nicht rechtzeitig einbezogen, die Stellenbesetzung diesem nicht vorab kommuniziert worden sei und ein diesbezügliches Informationsrecht des Kreisausschusses bestehe, da dadurch die Kompetenz des Landrates in nicht gerechtfertigter Weise missachtet wird. Denn der Landrat bereitet nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NKomVG die Beschlüsse des Hauptausschusses und damit auch den Beschluss des Kreisausschusses zur Besetzung der streitgegenständlichen Stelle vor. Insoweit war der Landrat ermächtigt, das Bewerbungsverfahren unter Beteiligung der Auswahlkommission durchzuführen. Zur Vorbereitung von Personalentscheidungen ist es zulässig, in einem verwaltungsinternen Vorauswahlverfahren ungeeignete oder weniger geeignete Bewerber ausscheiden zu lassen und dem Hauptausschuss nur die vollständige Bestenauslese zu präsentieren (Mielke, in: Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, 51. EL, § 85 Rn. 10; siehe auch VG Braunschweig, Urt. v. 13.8.1996 – 7 A 7122/96 –, S. 10, veröffentlicht in KommP N 1997, 25; Wefelmeier, in: Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, 51. EL, § 107 Rn. 34). Eine vorherige Einbeziehung oder eine vorherige Abstimmung mit dem Kreisausschuss bedarf es nach den rechtlichen Bestimmungen nicht, auch sofern dies aus politischer Sicht als sinnvoll oder wünschenswert erachtet würde.

Der dem Ablehnungsbeschluss zugrundliegende Einwand, dass der Besetzung der Stelle keine Priorität zugeschrieben werde, da in anderen Fachbereichen vorrangig Personalmangel behoben werden müsse, und auch der Einwand, dass die Aufgaben der Stelle durch externe oder bereits beschäftigte Mitarbeiter des Antragstellers übernommen werden könnten, berücksichtigen die Organkompetenz des Kreistages ebenfalls nicht hinreichend und verstoßen nach summarischer Prüfung gegen den Grundsatz der Organtreue. Gleiches gilt für den in der Sitzung vom D. Februar 2020 und in der Antragschrift angeführten Hinweis auf die durch den Kreistag beschlossene pauschale Einsparvorgabe von 1 % der Personalkosten.

Zwar folgt aus dem in § 107 Abs. 3 Satz 3 NKomVG verankerten Gebot zur Einhaltung des Stellenplans nicht, dass die im Stellenplan ausgewiesenen Stellen zwingend besetzt werden müssen. Die Haushaltsansätze haben lediglich den Charakter einer Berechtigung zum entsprechenden Mitteileinsatz und stellen insoweit nur eine Obergrenze dar, die unterschritten werden darf (VG Gießen, Beschl. v. 25.1.2002 – 8 G 4058/01 –, juris Rn. 22; VG Braunschweig, Urt. v. 13.8.1996 – 7 A 7122/96 –, S. 7, 10; Wefelmeier, in: Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, 51. EL, § 107 Rn. 25).

Allerdings missachten die vom Kreisausschuss angeführten Einwände für die Ablehnung der Stellenbesetzung die Organzuständigkeit des Kreistages.

Denn durch den Verweis auf die Möglichkeit der Aufgabenwahrnehmung durch externe oder bereits beschäftigte Mitarbeiter des Antragsstellers und durch die abgesprochene Priorität der Stellenbesetzung wird die Erforderlichkeit der Stelle per se in Frage gestellt. Welche und wie viele Planstellen im Stellenplan ausgebracht werden, entscheidet aber der für die Aufstellung des Haushalts zuständige Kreistag im Rahmen seiner organisatorischen Gestaltungsfreiheit (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.4.1996 – 2 C 21/95 –, juris Rn. 19; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 8.2.2007 – 2 B 11472/06 –, juris Rn. 3 f.; Wefelmeier, in: Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, 51. EL, § 107 Rn. 21). Mit dem Stellenplan legt der Kreistag die erforderlichen Stellen fest (siehe § 5 Abs. 1 Satz 1 KomHKVO). Eine die Erforderlichkeit absprechende Entscheidung des Kreisausschusses berücksichtigt nicht hinreichend, dass der Kreistag durch die Bereitstellung einer entsprechenden gesonderten Planstelle für diesen speziellen Aufgabenbereich die Erforderlichkeit der Stelle zum Ausdruck gebracht hat (vgl. auch VG Braunschweig, Urt. v. 13.8.1996 – 7 A 7122/96 –, S. 11). Die Zuständigkeit des Kreisausschusses nach § 107 Abs. 4 Satz 2 Hs. 1 NKomVG ist nicht derart weit zu ziehen, dass die Stelle per se in Frage gestellt werden kann. Damit würde sich der Kreisausschuss über die dem Kreistag zukommende Gestaltungsfreiheit hinwegsetzen und die im Stellenplan getroffene haushaltswirtschaftliche Entscheidung des Kreistages unterlaufen (vgl. für den Maßstab des Ermessens beim Einvernehmen des Hauptverwaltungsbeamten im Rahmen von § 107 Abs. 4 Satz 1 Hs. 1 NKomVG: Wefelmeier, in: Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, 51. EL, § 107 Rn. 35; a. A. VG Gießen, Beschl. v. 25.1.2002 – 8 G 4058/01 –, juris Rn. 23)

Durch die Ablehnung der Stellenbesetzung wegen der allgemeinen Einsparvorgabe des Kreistages bei Personalkosten werden die vom Kreistag gebilligten fiskalischen Aspekte für die Besetzung der Stelle missachtet. Der Kreistag ist für den Erlass der Haushaltssatzung, welche den Haushaltsplan und dieser wiederum den Stellenplan umfasst, zuständig (siehe § 113 Abs. 2 Satz 2, § 112 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NKomVG, § 58 Abs. 1 Nr. 9 NKomVG). Durch den Stellenplan hat der Kreistag die streitgegenständliche Stelle als Planstelle zur Verfügung gestellt und damit zu erkennen gegeben, dass fiskalische Umstände der Stellenbesetzung nicht entgegenstehen. Dies wird gerade auch dadurch deutlich, dass der Kreistag in der Sitzung vom J. Dezember 2019 zwar die pauschale Einsparvorgabe beschlossen, gleichzeitig aber durch Beschluss der Haushaltssatzung die streitgegenständliche Stelle nicht gestrichen, sondern diese durch Verbleib im Stellenplan 2020 erneut gebilligt hat (siehe Bl. 12 ff. der Beiakte 002). An diese vom Gesetz dem Kreistag zugeordnete Vorentscheidung ist der Kreisausschuss gebunden. Er kann die Einstellung nicht mit der Begründung ablehnen, dass die Stelle wegen fiskalischen Erwägungen nicht besetzt werden soll (vgl. VG Braunschweig, Urt. v. 13.8.1996 – 7 A 7122/96 –, S. 9). Eine solche Entscheidung müsste vielmehr durch eine Änderung des Stellenplans manifestiert werden. Die Änderung des Stellenplans ist aber nur über einen Nachtragshaushalt gemäß § 115 NKomVG möglich, für welchen wiederum der Kreistag nach § 115 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. 58 Abs. 1 Nr. 9 NKomVG zuständig ist (Wefelmeier, in: Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, 51. EL, § 107 Rn. 26; Rose, in: Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, 51. EL, § 115 Rn. 16). Der Kreisausschuss kann sich nicht im Rahmen von § 107 Abs. 4 Satz 2 Hs. 1 NKomVG über diese Kompetenz des Kreistages hinwegsetzen. Daran ändert auch der Einwand des Kreisausschusses, dass der Kreistag im Stellenplan für das Jahr 2021 die streitgegenständliche Stelle streichen könnte, nichts. Denn maßgeblicher Bezugspunkt ist der Stellenplan 2020, welcher im Zeitpunkt des ablehnenden Kreisausschussbeschlusses galt. Darauf ist auch der angegriffene Beanstandungsbescheid bezogen.

Der mit der Antragsschrift vorgebrachte Einwand des Kreisausschusses, dass die Bezeichnung als Pressesprecher in der Stellenausschreibung irreführend sei, da im Stellenplan der Terminus „Sachbearbeiter Öffentlichkeitsarbeit“ enthalten sei, und auch in dem Beanstandungsbescheid des Antragsgegners beide Bezeichnungen verwendet werden würden, kann aller Voraussicht nach nicht zur Rechtswidrigkeit der Beanstandung führen. Zum einen ist anzumerken, dass der Einwand der irreführenden Bezeichnung lediglich in der Sitzung vom D. Februar 2020 und nicht auch in der Sitzung vom G. Februar 2020, in welcher der beanstandete Beschluss getroffen wurde, erhoben wurde. Vielmehr hat der Landrat durch die Beschlussvorlage NrT. in der Sitzung vom G. Februar 2020 klargestellt, dass es sich bei der als Pressesprecher ausgeschriebenen Stelle um die im Stellenplan ausgewiesene Stelle des Sachbearbeiters Öffentlichkeitsarbeit handeln soll. Da die verschiedenen Bezeichnungen in der Sitzung vom Q. Februar 2020 nicht mehr aufgegriffen wurden, geht das Gericht nach summarischer Prüfung davon aus, dass diese nicht (mehr) als Ablehnungsgrund der Stellenbesetzung herangezogen wurden. Im Übrigen kann auch die Verwendung der beiden Begrifflichkeiten in dem Beanstandungsbescheid aller Voraussicht nach nicht zu dessen Rechtswidrigkeit führen, denn eine irreführende Bezeichnung erkennt das Gericht darin nicht. In der Stellenausschreibung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Pressesprecher für das Referat Assistenz und Kommunikation gesucht werde. Dies korrespondiert mit den Stellenplänen für die Jahre 2018 und 2019, welchen sich entnehmen lässt, dass die Stelle des Sachbearbeiters zur Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit im Referat Assistenz und Kommunikation angesiedelt ist (Stellenplan 2018, S. 394 unter 13.; Stellenplan 2019, S. 403 unter 8.). Zudem wird in der Stellenausschreibung übereinstimmend mit den Stellenplänen 2019 und 2020 angegeben, dass eine Eingruppierung nach der Entgeltgruppe 11 erfolgt. Auch wird aus dem in der Stellenausschreibung beschriebenen Aufgabenbereich hinreichend deutlich, dass die Öffentlichkeitsarbeit im Fokus der Stelle steht (siehe z.B. die im Aufgabenbereich aufgelisteten Punkte „Konzeption, Planung, Organisation und Umsetzung aller Formen der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit“ und „Weiterentwicklung der Öffentlichkeitsarbeit unter Berücksichtigung sozialer Medien“). Damit wird dem Gebot der Einhaltung des Stellenplans aus § 107 Abs. 3 Satz 3 NKomVG entsprochen, wonach die Einstellung nur dann unzulässig ist, wenn für die betreffende Funktion keine Planstelle zur Verfügung steht (siehe Wefelmeier, in: Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, 51. EL, § 107 Rn. 25). Da die in der Stellenausschreibung genannte Aufgaben der Funktion des Sachbearbeiters Öffentlichkeitsarbeit entspricht, ist eine davon abweichende Bezeichnung als Pressesprecher unschädlich.

Anhaltspunkt für eine fehlerhafte Ermessensausübung des Antragsgegners beim Erlass des Beanstandungsbescheides ergeben sich nach summarischer Prüfung nicht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich der Höhe nach an Ziff. 22.5 i.V.m. Ziff. 1.5 Satz 1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.).