Amtsgericht Hannover
Beschl. v. 28.09.2015, Az.: 909 IK 1072/15 -9

Antrag eines Schuldners auf Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens; Unterfallen von Verbindlichkeiten unter die Restschuldbefreiung

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
28.09.2015
Aktenzeichen
909 IK 1072/15 -9
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 38848
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2015:0928.909IK1072.15.9.0A

Fundstellen

  • NZI 2016, 271-272
  • ZInsO 2016, 1492
  • ZVI 2016, 77

Tenor:

In dem Verbraucherinsolvenzverfahren

über das Vermögen des

N.

wird der Antrag vom 04.09.2015 auf Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

Dem Antragsteller wird aufgegeben, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses einen Kostenvorschuss zur Deckung der Verfahrenskosten (§ 54 InsO) in Höhe von 1.800,00 EUR zu leisten.

Gründe

I. Der Schuldner hat mit Antrag vom 04.09.2015 beantragt, das Insolvenzverfahren über sein Vermögen zu eröffnen. Gleichzeitig hat er die Stundung der Verfahrenskosten beantragt.

Im Gläubiger- und Forderungsverzeichnis hat der Schuldner lediglich zwei Forderungen der Stadt Frechen angegeben, die 31.859,80 EUR sowie 28.139,73 EUR betrugen. Auf Nachfrage des Gerichts teile der Schuldner mit, dass beide Forderungen aus Unterhaltsvorschüssen resultierten.

II. Dem Schuldner war die Kostenstundung zu versagen, da die Voraussetzungen des § 4a Abs. 1 S. 1 InsO nicht erfüllt sind.

1. Vorliegend sind sämtliche Verbindlichkeiten des Schuldners gemäß § 302 Nr. 1 InsO von der Restschuldbefreiung ausgenommen. Nach der seit dem 01.07.2014 geltenden Fassung des § 302 Nr. 1 InsO sind von der Restschuldbefreiung Verbindlichkeiten des Schuldners ausgenommen, die aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt beruhen. Es kommt aufgrund der Änderung der Vorschrift nicht mehr darauf an, ob durch die Nichtzahlung eine deliktische Norm verwirklicht wurde. Ausreichend ist nunmehr allein die Nichtzahlung.

2. Aufgrund von 100% von der Restschuldbefreiung ausgenommenen Verbindlichkeiten sind die Voraussetzungen des § 4a Abs. 1 S. 1 InsO nicht erfüllt.

Zwar setzt der Wortlaut des § 4 Abs. 1 S. 1 InsO lediglich einen Antrag auf Restschuldbefreiung voraus, ohne an die jeweiligen Erfolgsaussichten anzuknüpfen. Indes ist die Norm nach dem Sinn und Zweck dahin auszulegen, dass zumindest eine realistische Möglichkeit bestehen muss, dass Verbindlichkeiten der Restschuldbefreiung unterfallen. Besteht bei 100% der Verbindlichkeiten das erhebliche Risiko, dass sie unter den Ausschluss gemäß § 302 InsO fallen, ist der Antrag auf Restschuldbefreiung faktisch nicht durchführbar. Es wäre eine reine Förmlei, müsste zunächst ein Insolvenzverfahren auf Stundungsbasis durchgeführt werden, um dann am Ende festzustellen, dass sämtliche Verbindlichkeiten als solche im Sinne des § 302 Nr. 1 InsO angemeldet wurden.

Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit die sog. Vorwirkungsrechtsprechung anzuwenden ist (vgl. dazu kritisch Blankenburg, ZVI 2015, 239 ff.). Jedenfalls wenn 100% der Verbindlichkeiten unter den Ausschuss gemäß § 302 InsO fallen, ist eine Stundung ausgeschlossen. Da die Stundungsentscheidung eine prognostische ist, ist es unerheblich, dass als Zwischenschritt für den Ausschluss noch eine Anmeldung als eine Verbindlichkeit gemäß § 302 InsO erforderlich ist. Bei Unterhaltsrückständen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die entsprechenden Behörden eine Anmeldung gemäß § 302 Nr. 1 InsO vornehmen werden.

Der Antrag auf Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens war daher zurückzuweisen (§ 4a InsO).

III. Falls der Vorschussbetrag nicht fristgerecht eingezahlt wird, ist mit der Zurückweisung des Insolvenzantrages mangels Masse (§ 26 InsO) zu rechnen.

Dr. Blankenburg Richter am Amtsgericht