Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 29.10.2012, Az.: 4 A 1526/10

Rechtmäßigkeit einer zusätzlichen Erhebung von Friedhofsunterhaltungsgebühren zusätzlich zu dem für Grabstellen gezahltes Nutzungsentgelt

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
29.10.2012
Aktenzeichen
4 A 1526/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 34219
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2012:1029.4A1526.10.0A

Amtlicher Leitsatz

Friedhofsunterhaltungsgebühr, hier: keine hinreichend bestimmte Regelung in der Gebührenordnung, zusätzlich fehlerhafte Kalkulation

Tenor:

Der Kläger wendet sich gegen die Erhöhung von ihm zu zahlender Friedhofsunterhaltungsgebühren.

Der Kläger ist Nutzungsberechtigter einer Grabstätte mit zwei Grabstellen (Feld N, Nr. 126/127) auf dem von der Beklagten verwalteten I. in J..

Am 18. Dezember 2009 beschloss der Kirchenvorstand der Beklagten eine neue Friedhofsgebührenordnung (FGO), die zum 1. Januar 2010 in Kraft trat.

Tatbestand

Durch Bescheid vom 5. März 2010 zog das Kirchenkreisamt J. den Kläger zu Friedhofsunterhaltungsgebühren heran, und zwar in Höhe von 24,00 € (2 x 12,00 €) für das Jahr 2009 und in Höhe von 32,00 € (2 x 16,00 €) für das Jahr 2010. Dem Gebührenbescheid war ein undatiertes Schreiben der Vorsitzenden des Friedhofsausschusses beigefügt. In diesem wurde ausgeführt, dass in den vergangenen vier Jahren mehr als 300.000,00 € für die Verbesserung der Arbeit und für neue Angebote investiert worden seien, u.a. für die Anschaffung moderner Arbeitsmittel, die Modernisierung des Büros und den Neubau einer Gerätehalle. Die Friedhofsunterhaltungsgebühren seien daher zum 1.Januar 2010 von 12,00 € auf 16,00 € erhöht worden.

Mit Schreiben vom 19. März 2010 legte der Kläger gegen die Gebührenerhöhung für das Jahr 2010 Widerspruch ein: Eine Erhöhung um 33 % gegenüber dem Vorjahr sei schon als unanständig zu bezeichnen. Die Satzungsänderung stelle sich, da die Betroffenen kein Mitwirkungsrecht gehabt hätten, als eine vertragliche Regelung zu Lasten Dritter dar und sei daher unwirksam. Auf "Modernisierung des Büros" und "moderne Arbeitsmittel" könne die Gebührenerhöhung nicht gestützt werden. Um keine Fehlinvestitionen darzustellen, sollten diese Maßnahmen Rationalisierungsgewinne mit sich bringen und die Kosten somit insgesamt senken. Sollten die Personalkosten zu der Erhöhung geführt haben, seien entweder zu viele Neuanstellungen vorgenommen worden oder aber die Löhne zu sehr gestiegen. Er werde nur 48,00 € überweisen.

Den Widerspruch des Klägers wies das Kirchenkreisamt J. durch Bescheid vom 26. November 2010 zurück: Nach § 5 Abs. 1 der Friedhofsrechtsverordnung (FrRVO) sei die Beklagte berechtigt, Friedhofsgebühren zu erheben. Gemäß § 18 der Durchführungsbestimmungen zur Rechtsverordnung über die Verwaltung von kirchlichen Friedhöfen (DB Friedhof) seien die Gebühren nach dem Kostendeckungsprinzip zu erheben. Das Gebührenaufkommen müsse in der Regel alle voraussichtlichen Kosten der Einrichtung decken. Die Kirchengemeinde habe keine gesetzlichen Möglichkeiten, Mittel aus Kirchensteuern in den Friedhofshaushalt fließen zu lassen.

Am 20. Dezember 2010 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen ausführt:

Die Beklagte habe sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Die Gebührenerhöhung sei mit erhöhten Personalkosten und getätigten Investitionen, u.a. für die Anschaffung moderner Arbeitsmittel, die Modernisierung des Büros und die Errichtung einer Gerätehalle, in Höhe von 300.000,00 € begründet worden. Diese Kosten und Investitionen rechtfertigten eine Gebührenerhöhung jedoch nicht. In diesem Zusammenhang sei zunächst zu berücksichtigen, dass er bereits für das Nutzungsrecht an den in Rede stehenden Grabstellen für den Zeitraum 2003 bis 2033 eine Gebühr von 1.380,00 € entrichtet habe. Mit dem Nutzungsentgelt seien grundsätzlich alle Aufwendungen für die Unterhaltung des Friedhofs abgegolten.

Aber selbst, wenn man dieser Auffassung nicht folgte und die Beklagte für berechtigt hielte, neben dem Nutzungsentgelt eine Friedhofsunterhaltungsgebühr zu erheben, so müssten sich etwaige abzurechnende Aufwendungen unmittelbar und allein auf den Friedhof beziehen. Dies sei hier nicht der Fall. Es sei nicht ersichtlich, in welchem Zusammenhang die Anschaffung moderner Arbeitsmittel, die Modernisierung des Büros und der Neubau einer Gerätehalle mit dem Friedhof stünden. Hinsichtlich der erhöhten Personalkosten müsse die Beklagte im Einzelnen darlegen, welche Mitarbeiter zur Unterhaltung des Friedhofs eingesetzt würden und wie es sich mit der Kostenstruktur, insbesondere der Erhöhung der Löhne, verhalte. Eine exakte Zuordnung der Aufwendungen sei insbesondere deshalb erforderlich, weil die Beklagte neben der Unterhaltungsgebühr noch zahlreiche weitere Gebühren verlange, z.B. bei Beisetzungen für das Ausheben und Verfüllen der Grube, das Abräumen der Kränze und überschüssiger Erde oder für die Überprüfung der Standfestigkeit von Grabmalen.

In § 24 DB Friedhof heiße es, dass aus der Friedhofsunterhaltungsgebühr die Kosten der laufenden Unterhaltungsmaßnahmen und Pflegeaufwendungen für den Friedhof und seine Einrichtungen finanziert würden. Gegen diese Vorgabe verstoße § 6 IV FGO, der bestimme, dass die Friedhofsunterhaltungsgebühr zur Finanzierung der Kosten für die Pflege der Flächen, die Anlage von Wegen, für Einfriedigungen und für Wasser- und Strom erhoben werde. Die Anlage von Wegen falle bereits begrifflich nicht unter laufende Maßnahmen. Hierunter seien allenfalls Ausbesserungsarbeiten zu fassen. Auch Kosten für Arbeitsmittel, eine Büromodernisierung und die Errichtung einer Gerätehalle stellten keine laufenden Maßnahmen dar.

Die der Gebührenberechnung zugrunde liegende Kalkulation sei fehlerhaft. Sie erfülle nicht die Vorgaben des § 5 Abs. 2 Nds. Kommunalabgabengesetz (NKAG). Diese Vorschrift bestimme, dass Kostenüberdeckungen oder Kostenunterdeckungen innerhalb der nächsten drei Jahre auszugleichen seien, wenn am Ende des Kalkulationszeitraums, der drei Jahre nicht überschreiten solle, die tatsächlichen Kosten von den kalkulierten abwichen. Der Kalkulation der Beklagten lasse sich nicht entnehmen, wie sich die Kosten bis zum Jahr 2008 entwickelt hätten. Eine exakte Kostenrechnung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen habe die Beklagte nicht vorgelegt.

Die vorgelegte Kostenaufstellung könne im Übrigen nicht Anlass für die Gebührenerhöhung gewesen sein. Dies ergebe sich bereits aus der Überschrift "Kalkulation Friedhofsgebühren für den K. /L. 2008-2010 20 Jahre." Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des streitgegenständlichen Gebührenbescheides vom 5. März 2010 seien die tatsächlichen Zahlen für 2010 noch gar nicht bekannt gewesen. Erst Recht könne der Kirchenvorstand bei Beschlussfassung am 18. Dezember 2009 noch nicht gewusst haben, wie sich die Kosten in 2010 entwickeln würden. Zweifel bestünden auch insoweit, als die Kostenaufstellung weiterhin mit "Gebührenseminar Ev.-Luth. M. " überschrieben sei. Offensichtlich handele es sich um eine Unterlage, die im Rahmen dieses Seminars verwendet worden sei.

Es werde bestritten, dass die in der Kalkulation ausgeworfenen berücksichtungsfähigen Gesamtkosten in Höhe von 388.851,04 € tatsächlich entstanden seien und sich der auf die Friedhofsunterhaltung entfallende Anteil auf 146.369,78 € belaufe. Aber selbst wenn der eine oder andere Betrag zuträfe, sei die Unterhaltungsgebühr nicht korrekt berechnet worden. Die Aufwendungen hätten auf den gesamten Kalkulationszeitraum von drei Jahren verteilt werden müssen. Die sich dann ergebene Gebühr belaufe sich lediglich auf 5,33 € jährlich. Ebenfalls werde bestritten, dass auf dem Friedhof 9.120 zu veranlagende Grabstellen vorhanden seien.

Die Verteilung der prozentualen Anteile in der Kalkulation sei willkürlich, jedenfalls nicht nachvollziehbar. Die Personalkosten würden ohne Offenlegung der Berechnungsgrundlagen aufgeschlüsselt. Weshalb die Bewirtschaftungskosten für Grundstücke und Gebäude mit einem Anteil von 70 % der Friedhofsunterhaltung zugeschrieben würden, könne ebenfalls nicht nachvollzogen werden. Entsprechendes gelte für die Quote von 90 % bei der Abfallbeseitigung. Aus welchem Grund 80 % der Aufwendungen für Inventar, Beschaffung und Unterhaltung auf die Friedhofsunterhaltungsgebühren umzulegen seien, werde nicht dargelegt. Welche Aufwendungen für die Kreiszeitung angefallen seien, erschließe sich ihm nicht. Auch alle anderen Prozentschlüssel in der Kalkulation seien weder belegt noch nachvollziehbar. Schließlich sei auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen ein im Jahr 2009 errichtetes Wirtschaftsgebäude über 80 Jahre und eine weiteres, ebenfalls im Jahr 2009 errichtetes Wirtschaftsgebäude lediglich über 30 Jahre abgeschrieben werde. Auch die Abschreibungen für einen Bagger, einen Rasenmäher und einen Anhänger entsprächen nicht den kommunalen Abschreibungssätzen.

Die am 18. Dezember 2009 beschlossene FGO sei auch deshalb rechtswidrig, weil sie gleiche Sachverhalte ungleich behandele. Es werde, wie auch schon in der vorherigen Satzung, der Erwerb einer Grabstelle inklusive der Friedhofunterhaltungsgebühren für 20 Jahre angeboten. Bei diesem Angebot könnten die Gebühren nicht nach denselben Rahmenbedingungen wie die jährlich zu zahlende Unterhaltungsgebühr verteilt werden. Die Kalkulationszeiträume überlappten sich, was zu einer willkürlichen Ungleichbehandlung führe.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Kirchenkreisamtes J. vom 5. März 2010 in der Fassung seines Widerspruchsbescheides vom 26. November 2010 aufzuheben, soweit durch diesen Friedhofsunterhaltungsgebühren für das Jahr 2010 von mehr als 12,00 € je Grabstelle festgesetzt werden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht im Wesentlichen geltend: Sie sei nach § 5 Abs. 1 FrRVO i.V.m. §§ 16 ff. DB Friedhof sowie § 6 IV FGO berechtigt, Friedhofsunterhaltungsgebühren zu erheben.

Nach § 19 DB Friedhof könne die Beklagte wählen, ob mit der Grabnutzungsgebühr zugleich die Kosten der laufenden Unterhaltungsmaßnahmen und Pflegeaufwendungen für den Friedhof und seine Einrichtungen abgegolten oder ob die laufenden Unterhaltungsmaßnahmen und Pflegeaufwendungen über eine Friedhofsunterhaltungsgebühr gesondert abgerechnet werden sollen. Die Beklagte habe sich für Letzteres entschieden. Die Auffassung des Klägers, mit dem von ihm gezahlten Nutzungsentgelt seien sämtliche Aufwendungen der Beklagten abgegolten, treffe somit nicht zu.

§ 24 Abs. 2 DB Friedhof verlange, dass in der FGO genau bestimmt sein müsse, für welche konkreten Unterhaltungsmaßnahmen und Pflegeaufwendungen Friedhofsunterhaltungsgebühren erhoben würden. Dieser Anforderung werde die Regelung in § 6 IV FGO gerecht. Aus dieser ergebe sich, dass die Unterhaltungsgebühr die Kosten für die Pflege der Flächen, die Anlage von Wegen, für Einfriedigungen sowie für Wasser und Strom decken solle. Es handele sich hierbei um laufende Kosten, die im Zusammenhang mit dem Betreiben eines Friedhofs zwangsläufig anfielen.

Die Beklagte habe den K. - und den L. friedhof zulässigerweise zu einer öffentlichen Einrichtung zusammengefasst und eine gemeinsame Kalkulation mit einem einheitlichen Gebührensatz erstellt.

Der Gebührensatz von 16,00 € pro Grabstelle und Jahr sei aufgrund der Kalkulation für den Zeitraum 2008 bis 2010 ermittelt worden. Dabei sei das Kostendeckungsprinzip beachtet worden.

§ 24 Abs. 3 Satz 1 DB Friedhof entsprechend seien die Gebühren je Grabstelle kalkuliert und alle vorhandenen Grabstellen in die Kalkulation einbezogen worden. In der Kalkulation sei nach Personalkosten und Sachkosten unterschieden und zusätzlich seien die Abschreibungen für das bewegliche Anlagevermögen berücksichtigt worden. Sodann seien Erstattungen in Abzug gebracht worden. Für jede einzelne Kostenposition sei gesondert der prozentuale Anteil für die laufenden Unterhaltungskosten festgelegt worden. Von den zu berücksichtigenden Gesamtkosten in Höhe von 388.851,04 € entfielen 146.369,78 € auf die Friedhofsunterhaltung. Bei den Kosten handele es sich entgegen der Auffassung des Klägers um jährlich anfallende. Der auf die Friedhofsunterhaltung entfallende Betrag sei durch 9.120 zu berücksichtigende Grabstellen geteilt worden. Die erfolgte prozentuale Aufteilung in der Tabelle sei keineswegs willkürlich erfolgt. Es seien vielmehr die Erfahrungswerte und Tatsachen aus den zurückliegenden Jahren zugrunde gelegt und fortgeschrieben worden.

Im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungszeitraums habe sie, die Beklagte, eine Rechnungsperiode/einen Kalkulationszeitraum von drei Jahren, 2008 bis 2010, festgelegt. Grundsätzlich müsse der aufgrund einer Kostenrechnung für eine bestimmte Periode kalkulierte Gebührensatz für diesen Zeitraum unverändert bleiben. Eine Neukalkulation sei aber in Fällen erheblicher Änderungen bei den Kalkulationsgrundlagen oder in der tatsächlichen Aufgabenwahrnehmung zulässig. Im Jahr 2009 sei eine Geräte-/Mehrzweckhalle errichtet worden. Hierfür seien Kosten in Höhe von 77.000,00 € angefallen. Aufgrund der Höhe der Kosten hätten sich diese als erhebliche Änderung der Kalkulationsperiode dargestellt. Um einer Kostenunterdeckung zu begegnen, habe man sich gezwungen gesehen, den Kalkulationszeitraum abzubrechen und eine neue Kalkulation für den zukünftigen Zeitraum auf der Grundlage aktualisierter Prognosen vorzunehmen. Der Abbruch der Kalkulationsperiode sei auch zweckmäßig gewesen, weil es ansonsten zu einer ungleichmäßigen Belastung der Gebührenschuldner gekommen wäre.

Kosten im Gebührenrecht seien die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten. Zu diesen gehörten vorliegend die in Anspruch genommenen Fremdleistungen und Abschreibungen sowie die laufenden Unterhaltungskosten inklusive der Kosten der notwendigen und laufenden Instandhaltung der Einrichtung. In die Kalkulation seien weder betriebsfremde noch leistungsfremde Kosten einbezogen worden. Die Erhöhung der Personalkosten erkläre sich zum einen durch die gestiegenen Anforderungen der Friedhofsnutzer an die zu erbringenden Dienstleistungen und zum anderen durch die allgemeine Steigerung der Lohnkosten. Die Kosten für Arbeitsmittel, Büromodernisierung und die Errichtung einer Gerätehalle seien in die Kalkulation der Unterhaltungsgebühr einzubeziehen gewesen. Auch ein Friedhof benötige einen Büroraum, in dem die anfallenden Verwaltungsaufgaben erledigt werden könnten. Eine Gerätehalle diene dazu, Geräte zu lagern und sie vor Wettereinflüssen und Diebstahl zu schützen. Kosten für die Neuanlage von Wegen seien nicht in die Kalkulation eingeflossen. Die unterschiedlichen Abschreibungszeiträume für die beiden im Jahr 2009 errichteten Gebäude ergäben sich aus der unterschiedlichen Bauweise. Man habe sich an den Abschreibungssätzen in der Kommunalverwaltung orientiert.

Die Vermutung des Klägers, dass es sich bei der Kalkulation für den Zeitraum 2008 bis 2010 gar nicht um eine solche, sondern lediglich um eine Unterlage, die im Rahmen eines Gebührenseminars verwendet worden sei, handele, treffe nicht zu. Im Verlauf des Gebührenseminars der Landeskirche sei eine Exel-Datei zur Verfügung gestellt worden, unter deren Verwendung die teilnehmenden Kirchengemeinden eine Gebührenkalkulation erstellen könnten. Es sei vorliegend lediglich vergessen worden, die Überschrift zu löschen, bevor die Datei für eigene Zwecke verwendet worden sei.

Schließlich liege auch keine Verletzung des Gleichheitssatzes dadurch vor, dass der Erwerb einer Grabstelle inklusive Friedhofsunterhaltungsgebühren für 20 Jahre angeboten werde. Bei der Kalkulation der Friedhofunterhaltungsgebühren seien auch die Gräber der Gebührenschuldner, die bereits beim Erwerb der Grabstelle die Unterhaltungsgebühr im Voraus gezahlt hätten, berücksichtigt worden. Bei der Berechnung sei von 9.120 Gräbern ausgegangen worden; diese Zahl entspreche den in 2010 belegten Grabstätten. Da jeder von der Möglichkeit der Vorauszahlung der Unterhaltungsgebühr Gebrauch machen könne, und zwar nicht nur im Zeitpunkt des Erwerbs, würden die vorauszahlenden Gebührenschuldner nicht bevorzugt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des zu dieser beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Rechtgrundlage für die Heranziehung des Klägers zu Friedhofsunterhaltungsgebühren sind die §§ 5, 14 FrRVO, 24 DB Friedhof in der Fassung vom 3. Dezember 2009 und 6 IV FGO in der Fassung vom 18. Dezember 2009.

Nach § 5 FrRVO ist die Kirchengemeinde berechtigt, Friedhofsgebühren zu erheben; das Gebührenaufkommen soll die Kosten der Friedhofsverwaltung decken (Abs. 1). Die Gebühren richten sich nach der vom Kirchenvorstand zu erlassenden Gebührenordnung (Abs. 2). Gemäß § 14 FrRVO erlässt das Landeskirchenamt die zur Durchführung dieser Rechtsverordnung erforderlichen Bestimmungen. § 24 DB Friedhof regelt, dass aus der Friedhofsunterhaltungsgebühr die Kosten der laufenden Unterhaltungsmaßnahmen und Pflegeaufwendungen für den Friedhof und seine Einrichtungen finanziert werden (Abs. 1). Sind die Kosten der Friedhofsunterhaltung nicht bereits in der Grabnutzungsgebühr enthalten, müssen diese durch eine gesonderte Friedhofsunterhaltungsgebühr finanziert werden. Dabei muss der Gebührentatbestand genau bestimmt sein. Im Einzelnen muss aufgeführt werden, welchen Maßnahmen die Gebührenerhebung dienen soll, z.B. Unterhaltung der Außenanlagen, Wege, Wasser, Strom (Abs. 2). Nach § 6 IV FGO beträgt die Friedhofsunterhaltungsgebühr zur Finanzierung der Kosten für die Pflege der Flächen, die Anlage von Wegen, für Einfriedigungen sowie Wasser und Strom je Grabstelle und Jahr 16,00 €.

Ausgehend hiervon sind gegen den Kläger zu Unrecht Friedhofsunterhaltungsgebühren für das Jahr 2010 in Höhe von insgesamt 32,00 € (16,00 € je Grabstelle) festgesetzt worden.

Formelle Bedenken gegen die FGO der Beklagten bestehen nicht. Sie ist formell ordnungsgemäß durch Beschluss ihres Kirchenvorstandes vom 18. Dezember 2009 zustande gekommen, kirchenaufsichtlich genehmigt und öffentlich bekannt gemacht worden.

Auch kann der Kläger in materieller Hinsicht nicht mit Erfolg geltend machen, die Kosten für die Friedhofsunterhaltung seien bereits mit dem für die in Rede stehenden Grabstellen gezahlten Nutzungsentgelt abgegolten.

Die Grabnutzungsgebühr im engeren Sinne wird für die Überlassung einer Grabstelle gezahlt und dient zur Deckung der anteiligen Kosten für Erwerb und Erschließung der Friedhofsfläche bis zur Bestattungsreife sowie der erstmaligen Erstellung der Friedhofseinrichtungen und der unumgänglichen Rücklagenbildung. Friedhofsunterhaltungsgebühren sollen die allgemeinen laufenden Unterhaltungs- und Verwaltungskosten decken, so dass der Friedhof auf Dauer seinen Zweck erfüllen kann. Die Erhebung von Friedhofsunterhaltungsgebühren neben den Grabnutzungsgebühren im engeren Sinn ist zulässig (zum Vorstehenden vgl. Nds. OVG, Urteil vom 27. November 1996 - 8 L 2293/94 -, [...]; Rosenzweig/Freese, NKAG, § 5 Rn. 464).

Durch § 19 DB Friedhof ist der Beklagten ein Wahlrecht eingeräumt worden. Hierin ist bestimmt, dass, wenn keine gesonderte Friedhofsunterhaltungsgebühr erhoben wird, die Grabnutzungsgebühr auch die Kosten der laufenden Unterhaltungsmaßnahmen und Pflegeaufwendungen für den Friedhof und seine Einrichtungen beinhaltet. Die Beklagte hat sich dazu entschieden, die laufenden Unterhaltungsmaßnahmen und Pflegeaufwendungen über eine gesonderte Gebühr abzurechnen. Da nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten auch schon in der Vergangenheit gesonderte Friedhofsunterhaltungsgebühren erhoben worden sind und ausweislich des vom Kläger zur Akte gereichten Friedhofsgebührenbescheides vom 2. September 2003 betr. die Beerdigung von Frau Brigitte Vogel von der Möglichkeit, die Friedhofunterhaltungsgebühr für einen bestimmten Zeitraum vorauszuzahlen, kein Gebrauch gemacht worden ist, sind die Unterhaltungsgebühren vorliegend nicht durch die Grabnutzungsgebühr abgegolten.

Allerdings ist der Gebührentatbestand in § 6 IV FGO nicht hinreichend bestimmt.

Wird eine Friedhofsunterhaltungsgebühr satzungsmäßig bestimmt, darf die Formulierung des Gebührentatbestandes Zweifel über Anlass und Zweck der Gebührenerhebung nicht zulassen. Deshalb muss beim Gebührentatbestand in der Satzung im Einzelnen ausgeführt werden, welchen Unterhaltungsmaßnahmen bzw. -kosten die Gebührenerhebung dienen soll (Nds. OVG, Urteil vom 27. November 1996 - 8 L 2293/94 -, a.a.O.; so i.Ü. auch die Regelung in § 24 DB Friedhof). Dies ist erforderlich, um die Friedhofsunterhaltungsgebühr von der Grabnutzungs-/Grabstellengebühr tatbestandsmäßig abgrenzen zu können. Diesen Anforderungen genügt § 6 IV FGO nicht. Hierin ist bestimmt, dass die Friedhofsunterhaltungsgebühr zur Finanzierung der Kosten für "Pflege der Flächen, Anlage von Wegen, Einfriedigungen Wasser- und Stromkosten" dient. Lassen die Positionen "Pflege der Flächen" sowie "Wasser- und Stromkosten" noch hinreichend deutlich erkennen, dass hiervon laufende Kosten zur Unterhaltung des Friedhofs umfasst werden, so gilt dies für die Positionen "Anlage von Wegen" und "Einfriedigungen" nicht. Dass, wie von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläutert, mit "Anlage von Wegen" und "Einfriedigungen" lediglich Maßnahmen/Aufwendungen zur Wiederherstellung/Erneuerung "abgängiger" Wege und Hecken etc. gemeint seien, lässt sich der Satzungsbestimmung nicht entnehmen. "Anlage von Wegen" und "Einfriedigungen" kann ebenso die Neuanlage von Wegen und Einfriedigungen z.B. bei Erweiterung des Friedhofs bedeuten. Vor dem Hintergrund, dass die Grabnutzungs-/Grabstellengebühr, wie bereits ausgeführt, der Deckung der anteiligen Kosten auch für den Erwerb und die Erschließung der Friedhofsfläche bis zur Bestattungsreife dient, hätte es einer genaueren Definition bedurft, was unter "Anlage von Wegen" und "Einfriedigungen" zu verstehen ist.

Der Gebührensatz von 16,00 € pro Jahr und Grabstelle beruht ferner auf einer nicht ordnungsgemäßen Kalkulation.

In diesem Zusammenhang wendet der Kläger allerdings zu Unrecht ein, die zur Akte gereichte Unterlage "Kalkulation Friedhofsgebühren für den K. /L. 2008-2010 20 Jahre" könne gar nicht Grundlage für die Gebührenerhöhung gewesen sein, weil zum einen zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Gebührenbescheides, erst Recht zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den Kirchenvorstand, die tatsächlichen Zahlen für 2010 noch gar nicht bekannt gewesen seien, und zum anderen der Umstand, dass das vorgelegte Rechenwerk mit "Gebührenseminar Ev.-Luth. M. " überschrieben sei, nahe lege, dass es sich lediglich um eine im Rahmen des Seminars verwendete Unterlage handele. Bei einer Kalkulation handelt es sich stets um eine Prognose, d.h. endgültige Zahlen für den gesamten Kalkulationszeitraum mussten bei Beschlussfassung über die Gebührenerhöhung nicht vorliegen. Hinsichtlich der Überschrift "Gebührenseminar Ev.-Luth. M. " hat die Beklagte erklärt, den am Gebührenseminar teilnehmenden Kirchengemeinden sei eine Exel-Datei zur Verwendung für die Erstellung einer Gebührenkalkulation zur Verfügung gestellt worden. Sie, die Beklagte, habe lediglich vergessen, die Überschrift zu löschen, als sie die Datei für eigene Zwecke eingesetzt habe. Anlass, die Erklärung der Beklagten in Zweifel zu ziehen, besteht nicht.

Die Kalkulation der Beklagten erweist sich jedoch aus anderen Gründen als fehlerhaft.

Die Verwendung gesonderter Gebührentatbestände für den Erwerb des Nutzungsrechts an einer Grabstätte einerseits und die laufende Friedhofsunterhaltung andererseits erfordert die Ermittlung getrennter Kostenmassen entsprechend der Zwecksetzung der Gebühren und die nachvollziehbare Darlegung derselben in einer differenzierten Gebührenkalkulation. Die Beklagte hat in ihrer Kalkulation nach Ermittlung der Gesamtkosten zwar für jede Kostenposition gesondert den jeweiligen prozentualen Anteil für die laufende Bewirtschaftung und Unterhaltung des Friedhofs, für Beerdigungen und Kapel-len-/Ruhekammerbenutzung festgelegt. Sie hat allerdings leistungsfremde Kosten in die Kostenpositionen zur Ermittlung der Friedhofsunterhaltungsgebühr eingestellt. In § 6 IV FGO hat die Beklagte geregelt, dass die Friedhofsunterhaltungsgebühr zur Finanzierung der Kosten für Pflege der Flächen, Anlage von Wegen, Einfriedigungen sowie Wasser und Strom dienen soll. Aufgrund dieser abschließenden Regelung hätte sie nur Kostenpositionen, die sich hierunter subsummieren lassen, in der Kalkulation der Friedhofsunterhaltungsgebühr berücksichtigen dürfen. Sie hat jedoch z.B. Kosten der Abfallentsorgung, Gebäudeunterhaltungskosten, Kosten für Beschaffung und Unterhaltung von Inventar, Telefonkosten, Kosten für den Erwerb beweglicher Sachen, Afa und Zins Wirtschaftsgebäude, Afa und Zins Bagger Beerdigungsrüstzeug in die Kalkulation eingestellt, d.h. Kosten, die nicht von § 6 IV FGO erfasst werden. Auch ist fraglich, ob die ermittelten, auf die Friedhofsunterhaltung entfallenden Personalkosten ohne ausdrückliche Erwähnung im Gebührentatbestand in die Kalkulation hätten einfließen dürfen.

Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.