Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 23.09.2021, Az.: 3 B 15/21

Beleuchtung; Hinterliegergrundstück; Straßenausbaubeitrag

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
23.09.2021
Aktenzeichen
3 B 15/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 70945
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein Anliegergrundstück ist von dem Ausbau bevorteilt und zu Beiträgen heranzuziehen, auch wenn es bereits über eine andere öffentliche Einrichtung sowie eine selbständige Privatstraße mehrfach erschlossen ist.
2. Eine Privatstraße ist als selbständige Erschließungsanlage anzusehen und vermittelt daher keinen beitragsrechtlichen Vorteil mehr, wenn sie eine Länge von 175m aufweist und nach 50 m rechtwinklig abknickt, auch wenn sie lediglich vier Hinterliegergrundstücke erschließt.
3. Grundflächen von Gleisanlagen sind als öffentliche Verkehrsfläche nicht als vom Straßenausbau bevorteilt anzusehen und, anders als die in anderer Weise betriebliche genutzten Teilflächen, bei der Aufwandsverteilung nicht zu berücksichtigen.

Tenor:

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage (3 A 286/21) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2021 wird angeordnet, soweit ein Beitrag in Höhe von mehr als 127,23 EUR festgesetzt worden ist. Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 32,80 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Festsetzung von Straßenausbaubeiträgen für Ausbauarbeiten der Beleuchtungseinrichtung der Straße D..

Er ist Eigentümer des Grundstücks mit der Flurstücksnummer E., Flur F., Gemarkung A-Stadt, und der postalischen Anschrift „A-Straße“. Das Grundstück hat eine Fläche von 398 m² und ist mit einem Wohngebäude bebaut. Das Grundstück liegt mit der nördlichen Grundstücksgrenze an der Straße G. und mit der südlichen Grundstücksgrenze an der Straße D..

Die Straße D. beginnt an ihrem östlichen Ende an der Einmündung in die H. (L 284) und verläuft annähernd gerade in nordwestlicher Richtung. Nach ca. 310 m mündet aus nordöstlicher Richtung die Straße G. in die Straße D. ein. Zudem mündet die Straße D. an dieser Stelle an ihrem westlichen Ende in einen Privatweg (Flurstücksnummer I., Flur F.). Dieser Privatweg verläuft auf 50 m annähernd geradlinig weiter, knickt danach fast rechtwinklig in nordöstliche Richtung ab und endet nach weiteren etwa 120 m in einem Wendehammer. Die anliegenden Grundstücke sind mit Wohnhäusern bebaut. Auf den Grundstücksflächen nördlich der Straße D. befindet sich ebenfalls Wohnbebauung, die Grundstücksflächen südlich der Straße D. gehören zu Bahnanlagen.

Die Straße D. wurde im Jahr 1969 in das Straßenbestandsverzeichnis aufgenommen.

Im Zeitraum 2017/2018 führte die Gemeinde A-Stadt, die Mitgliedsgemeinde der Antragsgegnerin ist, Ausbauarbeiten an der Beleuchtungseinrichtung in den Straßen G. und D. durch. Die vorhandenen vier Masten und Leuchten in der Straße D. wurden demontiert und es wurden neun neue Masten und Leuchten errichtet. Nach Angaben der Antragsgegnerin waren Arbeiten an der Beleuchtung zuletzt in den 70er Jahren vorgenommen worden. Ausweislich einer von der Antragsgegnerin vorgelegten Unternehmerrechnung vom 17. März 1978 wurde im Zusammenhang mit Straßenbaumaßnahmen ein Kabelgraben in der Straße D. hergestellt. Am 16. September 2019 fasste der Rat der Gemeinde A-Stadt einen Beschluss über die Aufwandsspaltung hinsichtlich der Erneuerung der Beleuchtungseinrichtungen unter anderem für die Straßen D. und G..

Mit Bescheid vom 4. Februar 2021 zog die Antragsgegnerin den Antragsteller für die Arbeiten in der Straße D. zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 131,19 EUR heran. Der Berechnung wurde ein beitragsfähiger Aufwand in Höhe von 9.166,32 EUR zugrunde gelegt, als umlagefähig wurde ein Betrag in Höhe von 6.874,74 EUR (75 v.H.) angesehen. Unter Berücksichtigung einer Beitragsfläche von insgesamt 20.856,00 m² wurde ein Beitragssatz von 0,3296289 EUR/m² ermittelt, aus welchem sich unter Ansatz eines Nutzungsfaktors von 1,00 für das Grundstück des Antragstellers der festgesetzte Beitrag ergibt.

Hiergegen hat der Antragsteller am 4. März 2021 Klage erhoben (3 A 286/21).

Mit weiteren Bescheid vom 5. Februar 2021 wurde der Antragsteller ebenfalls zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 193,35 EUR für die Ausbauarbeiten in der Straße G. herangezogen, dieser Bescheid ist Gegenstand der Parallelverfahren 3 A 287/21 und 3 B 14/21.

Mit E-Mail seines Prozessbevollmächtigten vom 4. März 2021 beantragte der Antragsteller, ausdrücklich „abseits eines förmlichen Antrags gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO“ die Stundung der Beitragsforderung. Da der Antragsteller auf wiederholte Anforderung durch die Antragsgegnerin keine Unterlagen zu seiner finanziellen Situation vorlegte, setzte die Antragsgegnerin den Antragsteller mit Schreiben vom 5. Mai 2021, vorab per E-Mail übersandt, in Kenntnis, dass – nachdem der Antragsteller auf eine Mahnung der Samtgemeindekasse nicht reagiert habe – diese die zwangsweise Beitreibung der Forderung „in Kürze“ veranlassen werde, was zu weiteren Kosten führen werde.

Am 6. Mai 2021 hat der Antragsteller bei Gericht um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Er nahm Bezug auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 5. Mai 2021 sowie auf den Inhalt der Klagebegründung in dem Parallelverfahren 3 A 287/21. Der Antragsteller macht in dem genannten Parallelverfahren geltend, dass die Beitragssatzung vom 2. Dezember 2013, auf die die Antragsgegnerin ihre Bescheide stützt, zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Beitragsbescheides bereits außer Kraft getreten gewesen sei. Die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung von Beiträgen nach § 6 NKAG für straßenbauliche Maßnahmen in der Gemeinde A-Stadt vom 26. November 2020 (Amtsblatt für den Landkreis B-Stadt Nr. 109 vom 9.12.2020, S. 810) sei zum 1. Januar 2021 in Kraft getreten, gleichzeitig sei die Satzung vom 2. Dezember 2013 außer Kraft gesetzt worden. Die sachliche Beitragspflicht sei mit Beendigung der beitragsfähigen Maßnahme im Jahr 2018, jedenfalls mit der Endabrechnung vom 26. November 2018, entstanden gewesen. Im zeitlichen Geltungsbereich der nunmehr einschlägigen Satzung vom 26. November 2020 sei eine Beitragspflicht gerade nicht entstanden und im Hinblick auf § 2 Abs. 1 und 2 NKAG hätte eine Regelung zur Rückwirkung ausdrücklich normiert werden müssen. Jedenfalls dürfe nach § 9 der Satzung vom 26. November 2020 nur die Hälfte der Grundstücksfläche berücksichtigt werden, da das Grundstück des Antragstellers sowohl an die Straße G. als auch an die Straße D. grenze.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2021 (3 A 286/21) anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsteller habe keinen Antrag nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO, sondern lediglich einen Antrag auf Stundung der Beitragsforderungen gestellt, über den mangels Unterlagen noch nicht entschieden werden konnte. Nachdem der Antragsteller die ihm zum Nachweis seiner finanziellen Verhältnisse gesetzten Fristen habe verstreichen lassen, seien die Beträge wieder fällig geworden und seien von der Samtgemeindekasse unter Androhung der Zwangsvollstreckung gemahnt worden.

Im Übrigen sei der streitgegenständliche Beitragsbescheid rechtmäßig. Es handele sich bei der Straße D. um eine vorhandene Erschließungsanlage nach § 242 Abs. 1 BauGB. Das Grundstück G. J. (Flurstück K., Flur F., Gemarkung A-Stadt) mit einer Fläche von 649,00 m², das als Eckgrundstück sowohl an die Straße G., die Straße D. als auch an die Privatstraße in der Verlängerung der Straße D. grenze, sei nicht in die Verteilung einbezogen worden, da es sich hinsichtlich der Straße D. um eine imaginäre Dritterschließung handele, die nicht tatsächlich genutzt werde. Ein besonderer wirtschaftlicher Vorteil bestehe für dieses Grundstück nicht. Die Zufahrt zu dem Grundstück erfolge über den Privatweg und auf der 4,62 m breiten Grenze zur Straße D. befinde sich ein Zaun. Das südlich der Einrichtung liegende L. sgrundstück (Flurstück M.) sei ohne Kürzung in die Beitragsveranlagung einbezogen worden, die Fläche des Flurstücks N. sei um die Schienenfläche gekürzt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin in den Verfahren 3 B 15/21, 3 A 286/21 und 3 B 14/21, 3 A 287/21 verwiesen.

II.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.

1. Der Antrag ist zulässig.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – im Folgenden: VwGO – statthaft.

Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Im Falle der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) ist ein bei Gericht gestellter Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zwar nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zuvor ganz oder zum Teil abgelehnt hat (§ 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO). Ein vorheriger Antrag auf Aussetzung bei der Behörde wurde von dem Antragsteller nicht gestellt, insbesondere hat sein Prozessbevollmächtigter auf einen solchen Antrag in der E-Mail vom 4. März 2021 ausdrücklich verzichtet.

Ein vorheriger Aussetzungsantrag war jedoch vorliegend aufgrund der drohenden Vollstreckung gemäß § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO nicht erforderlich. Das Erfordernis des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO gilt nicht, wenn die Behörde über einen Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder wenn eine Vollstreckung droht (§ 80 Abs. 6 Satz 2 VwGO). Eine Vollstreckung droht im Sinne des § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO noch nicht aufgrund der Tatsache, dass die Forderung fällig ist bzw. demnächst fällig wird, sondern erst dann, wenn der Beginn von Vollstreckungsmaßnahmen von der Behörde für einen unmittelbar bevorstehenden Termin konkret angekündigt worden ist oder konkrete Vorbereitungen der Behörde für eine alsbaldige Vollstreckung vorliegen (Nds. OVG, Beschl. v. 4.9.2008 - 4 ME 278/08 -, juris Rn. 15; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 80 Rn. 186). Nach Maßgabe dessen droht im vorliegenden Fall die Vollstreckung. Die Antragsgegnerin hat mit der – erfolglosen – Mahnung und der darauffolgenden Ankündigung, die zwangsweise Beitreibung „in Kürze“ zu veranlassen, bereits Handlungen im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens vorgenommen und Vollstreckungshandlungen konkret angekündigt.

2. Der Antrag hat jedoch in der Sache nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Das Gericht kann gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Die Anordnung soll entsprechend § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO bei der Anforderung öffentlicher Abgaben erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen vor, wenn auf Grundlage der im vorläufigen Rechtschutzverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 22.3.2007 - 9 ME 84/07 -, juris Rn. 6). Eine Inzidentkontrolle von Satzungsbestimmungen, die unter Umständen auch schwierige Fragen aufwirft, erfolgt bei summarischer Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht. In einem solchen Verfahren ist vielmehr regelmäßig von der Gültigkeit von Satzungsbestimmungen auszugehen, wenn sich diese nicht ersichtlich als rechtswidrig erweisen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 22.3.2007, a.a.O.).

Nach diesen Maßstäben bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Beitragsbescheides vom 4. Februar 2021 nur, soweit die Festsetzung einen Betrag von 127,23 EUR übersteigt.

a) Rechtsgrundlage der angefochtenen Beitragserhebung ist die „Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 6 NKAG für straßenbauliche Maßnahmen in der Gemeinde A-Stadt“ – im Folgenden: Straßenbaubeitragssatzung (SBS) – vom 2. Dezember 2013 i. V. m. § 6 Abs. 1 Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz – im Folgenden: NKAG –.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist nicht auf die zum Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheides vom 5. Februar 2021 geltende Satzung über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen vom 26. November 2020 abzustellen. Maßgeblich ist vielmehr die Satzung, in deren zeitlichen Geltungsbereich der Beitragstatbestand verwirklicht worden ist (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 19.12.2008 - 9 LA 99/06 -, juris Rn. 5; Rosenzweig/Freese/ von Waldthausen, NKAG, Stand: Oktober 2020, § 6 Rn. 23 f.). Entscheidend ist daher, wann die sachliche Beitragspflicht entstanden ist; für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht ist das Vorliegen einer wirksamen Beitragssatzung jedoch keine Voraussetzung (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 19.12.2008 - 9 LA 99/06 -, juris Rn. 5). Nach § 6 Abs. 6 NKAG entsteht die Beitragspflicht mit der Beendigung der beitragsfähigen Maßnahme, bei beendeten Teilmaßnahmen mit dem Aufwandspaltungsbeschluss im Sinne von § 6 Abs. 2 NKAG. Die sachliche Beitragspflicht war danach mit der nach Beendigung der Ausbaumaßnahme im Jahr 2018 am 16. September 2019 beschlossenen Aufwandsspaltung entstanden. Die Beitragserhebung fällt damit in den zeitlichen Geltungsbereich der Straßenbaubeitragssatzung vom 2. Dezember 2013 (SBS), da – worauf der Antragsteller zutreffend hinweist – der Straßenbaubeitragssatzung vom 26. November 2020 gerade keine Rückwirkung beigemessen wurde.

Gemäß § 1 Abs. 1 SBS erhebt die Gemeinde zur teilweisen Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Straßen, Wege und Plätze – insgesamt oder in Abschnitten oder Teilen – (öffentliche Einrichtungen) von den Grundstückeigentümern, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet, Beiträge nach Maßgabe der Satzung, sofern Erschließungsbeiträge nach §§ 127 ff. BauGB nicht erhoben werden können. Gemäß § 1 Abs. 3 SBS ermittelt die Gemeinde den beitragsfähigen Aufwand jeweils für die einzelne Ausbaumaßnahme, abweichend hiervon kann der Aufwand gemäß § 4 Abs. 1 SBS für bestimmte Teile einer Maßnahme (Aufwandsspaltung) oder für einen selbständig nutzbaren Abschnitt einer Maßnahme (Abschnittsbildung) gesondert ermittelt werden.

Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Bestimmungen dieser Satzung, soweit sie vorliegend entscheidungserheblich sind, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

b) Die Antragsgegnerin war für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheides zuständig. Sie nimmt als Samtgemeinde gemäß § 98 Abs. 5 NKomVG die Festsetzung von Gemeindeabgaben wie Straßenausbaubeiträgen nach §§ 1 Abs. 1, 6 NKAG als eigene Aufgabe für ihre Mitgliedsgemeinden, zu denen auch die Gemeinde A-Stadt zählt, wahr und ist im Klageverfahren 3 A 286/21 sowie im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes passivlegitimiert (vgl. hierzu Nds OVG, Urt. v. 9.5.1978 - IX A 127/77 -, juris).

c) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Beitragsbescheides bestehen nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang. Die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Straßenausbaubeitrages im Übrigen liegen vor.

(1) Maßgebliche öffentliche Einrichtung ist vorliegend – wie von der Antragsgegnerin zutreffend bestimmt – die Straße D. beginnend ab der Einmündung in die H. bis zum Übergang in den in westlicher Richtung anschließenden Privatweg bzw. die Einmündung der Straße G. aus Richtung Norden.

Der straßenausbaubeitragsrechtliche Einrichtungsbegriff stimmt mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriff grundsätzlich überein (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 21.5.2019 - 9 LC 110/17 -, juris Rn. 86). Als öffentliche Einrichtung im Sinne des Straßenausbaubeitragsrechts ist danach jeder Straßenzug anzusehen, den der unbefangene Beobachter bei natürlicher Betrachtungsweise als selbständiges, von anderen Straßen abgegrenztes Element des gemeindlichen Straßenverkehrsnetzes ansieht, wobei insbesondere die Länge, Breite, Führung, Ausstattung und äußere Gestaltung der Straße zu berücksichtigen sind; Kreuzungen kann bei langen Innerortsstraßen eine trennende Wirkung zukommen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 9.4.2015 - 9 LC 320/13 -, juris Rn. 25 f.). Erscheint eine Verkehrsfläche augenfällig als abgegrenztes, eigenständiges Element des Straßennetzes, liegt eine selbstständige Verkehrsanlage vor (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 9.4.2015 - 9 LC 320/13 -, juris Rn. 25 f..; SächsOVG, Urt. v. 31.3.2016 - 5 A 99/14 -, juris Rn. 23, Beschl. v. 20.2.2013 - 5 A 541/10 -, juris Rn. 16, Urt. v. 3.9.2008 - 5 B 289/04 -, juris Rn. 47; OVG Magdeburg, Beschl. v. 21.12.2009 - 4 L 137/09 -, juris Rn. 8; BayVGH, Beschl. v. 6.5.2008 - 6 CS 08.105 -, juris Rn. 6). Maßgeblich für die Beurteilung sind die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 9.4.2015 - 9 LC 320/13 -, juris Rn. 25 f.).

Nach diesen Maßstäben ist die Straße D. als eigenständige öffentliche Einrichtung anzusehen, die beginnend ab der Einmündung in die H. (L 284) in westlicher Richtung am Anfang des Privatweges endet. Die rechtwinklig aus nordöstlicher Richtung in die Straße D. einmündende Straße G. stellt aufgrund der Straßenführung im Bereich des Zusammentreffens mit der Straße D. nach natürlicher Betrachtungsweise ihrerseits eine eigenständige öffentliche Einrichtung dar.

(2) Die von der Mitgliedsgemeinde der Antragsgegnerin beschlossene und durchgeführte Ausbaumaßnahme stellt eine beitragsfähige Erneuerung der Teileinrichtung Beleuchtung der öffentlichen Einrichtung D. dar.

Eine Erneuerung setzt voraus, dass zum einen die übliche Nutzungsdauer der Anlage abgelaufen ist und zum anderen ein tatsächlicher Erneuerungsbedarf besteht. Die übliche Nutzungsdauer von Straßenbeleuchtungsrichtungen liegt bei ca. 30 Jahren, denkbar ist auch eine Orientierung an handelsrechtlichen Vorschriften, die bei Beleuchtungseinrichtungen von einer üblichen Nutzungsdauer von 20 Jahren ausgehen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 26.5.2020 - 9 LC 121/18 -, juris Rn. 63 m. w. N.). Je länger die übliche Nutzungsdauer abgelaufen ist, desto weniger detailliert muss der Nachweis der Verschlissenheit sein. Aus der von der Antragsgegnerin vorgelegten Rechnung des Bauunternehmens O. P. GmbH & Co. KG vom 17. März 1978 ergibt sich, dass zu diesem Zeitpunkt Arbeiten an der Beleuchtungseinrichtung vorgenommen wurden, in dem ein Kabelgraben ausgehoben und nach Verlegung des Kabels wieder verfüllt wurde. Anhaltspunkte dafür, dass weitere Arbeiten erst zu einem maßgeblich späteren Zeitpunkt durchgeführt wurden, hat auch der Antragsteller nicht dargetan. Unter Zugrundelegung einer üblichen Nutzungsdauer von 30 Jahren war diese daher im Zeitpunkt des Ausbaus im Jahr 2017/2018 seit ca. 10 Jahren abgelaufen. Eines konkreten Nachweises der Verschlissenheit bedurfte es daher nicht.

Zudem dürfte eine Verbesserung der Einrichtung vorliegen. Eine beitragsfähige Verbesserung ist gegeben, wenn die Benutzbarkeit positiv beeinflusst worden ist, die Einrichtung also im Blick auf ihre Funktionen besser benutzbar geworden ist. Sie kann vor allem bei einer erweiterten funktionalen Aufteilung der Verkehrsanlage, bei einer größeren räumlichen Ausdehnung und bei einem sonst den Verkehrsbedürfnissen mehr entsprechenden und daher besseren Ausbauzustand angenommen werden (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 26.5.2020 -9 LC 121/18 -, juris Rn. 54 m.w.N.). Die Beitragsfähigkeit einer Verbesserungsmaßnahme setzt – anders als die einer Erneuerungsmaßnahme – nicht voraus, dass die Einrichtung abgenutzt ist bzw. sich in einem schlechten Zustand befindet. Ziel einer Verbesserungsmaßnahme ist nicht die Beseitigung von Mängeln, sondern die Erreichung eines Ausbauzustands mit einer höheren Qualitätsstufe. Der Rechnung des Tief- und Straßenbauunternehmens Q. R. vom 7. Juni 2017 ist zu entnehmen (Seite 3 der Rechnung), dass vier Aufsatzmasten demontiert wurden. Aus dem übersandten Auszug aus dem Beleuchtungskataster sowie aus Seite 3 der Rechnung des Straßenbauunternehmens ergibt sich, dass neun Lichtmasten neu gesetzt wurden. Auch wenn bei den nunmehr eingebauten LED-Leuchten eine geringere Lichtstreuung erfolgt und daher ein geringerer Abstand der Lichtmasten erforderlich wird, liegt es zudem nahe, dass nunmehr eine bessere Ausleuchtung der Straßenoberfläche erfolgt und eine beitragsfähige Verbesserung vorliegt.

(3) Auf die beitragsfähige Ausbaumaßnahme an der Beleuchtungseinrichtung sind die Regelungen des Straßenausbaubeitragsrechts anwendbar, der Anwendungsbereich der erschließungsbeitragsrechtlichen Vorschriften gemäß §§ 127 ff. BauGB ist nicht eröffnet.

(a) Jedenfalls ist die Teileinrichtung Beleuchtung Ende der 70er Jahre erstmals endgültig hergestellt gewesen.

Ob die Aufwendungen für eine nach Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes oder des Baugesetzbuchs durchgeführte Baumaßnahme eine Erschließungs- oder eine Ausbaubeitragspflicht auslösen, hängt davon ab, ob die ausgebaute Anlage oder jedenfalls einzelne ihrer Teile (Teilanlagen) zuvor bereits endgültig hergestellt waren. Die Abrechnung der Kosten für Baumaßnahmen, die nach der unter Geltung des Bundesbaugesetzes oder des Baugesetzbuches erfolgten endgültigen Herstellung entweder der Erschließungsanlage insgesamt oder einzelner Teilanlagen an ihr oder an ihnen durchgeführt werden, richtet sich ausschließlich nach den ausbaubeitragsrechtlichen Bestimmungen (Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 209, Stand: März 2017; Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 2 Rn. 28). Dies gilt selbst dann, wenn die Gemeinde es versäumt hat, Erschließungsbeiträge für die erstmalige Herstellung der Erschließungsanlage oder der Teilanlage im Wege der Kostenspaltung zu erheben (Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 209, Stand: März 2017; Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 2 Rn. 28; Rosenzweig/Freese/von Waldthausen, NKAG, Stand: Oktober 2020, § 6 Rn. 56). Ob eine Erschließungsanlage insgesamt oder einzelne ihrer Teilanlagen irgendwann nach Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes oder des Baugesetzbuchs endgültig hergestellt worden sind, bestimmt sich nach diesen Gesetzen in Verbindung mit den in der maßgeblichen Erschließungsbeitragssatzung aufgenommenen Merkmalen der endgültigen Herstellung einschließlich der sie für die flächenmäßigen Teilanlagen ergänzenden Bauprogramme (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 26.5.2020 - 9 LC 121/18 -, juris Rn. 47).

Die Teileinrichtung Beleuchtung ist im Bereich der öffentlichen Einrichtung D. spätestens Ende der 1970er Jahre erstmalig im Sinne der damals geltenden Erschließungsbeitragssatzung der Gemeinde A-Stadt hergestellt worden. Nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 21. Juni 1979 (Amtsblatt für den Landkreis B-Stadt 1979, S. 144 ff.) - im Folgenden: EBS 1979 -, die nach § 14 EBS 1979 zum 1. Januar 1977 in Kraft getreten ist, sind Beleuchtungseinrichtungen endgültig hergestellt, wenn eine der Größe der Anlage und den örtlichen Verhältnissen angepasste Anzahl von Beleuchtungskörpern hergestellt ist (§ 10 Ziff. 1 UAbs. 2 c) EBS 1979). Dass die vorhandene Beleuchtung diesen Anforderungen nicht genügten ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Die Regelung des § 7 der bis zum 31. Dezember 1976 geltenden Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen der Gemeinde A-Stadt vom 5. Dezember 1972 (vgl. Bl. 83R ff. der GA) bestimmte als Herstellungsmerkmal allein das Vorhandensein einer Beleuchtung, ohne dass weitere Anforderungen bestimmt wurden.

(b) Ob es sich bei der Einrichtung D. um eine vorhandene Erschließungsanlage i. S. d. § 242 Abs. 1 BauGB handelt, wie die Antragsgegnerin annimmt, kann daher hier dahinstehen.

Gemäß § 242 Abs. 1 BauGB kann für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht auf Grund der bis zum 29. Juni 1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, auch nach dem Baugesetzbuch ein Beitrag, d.h. ein Erschließungsbeitrag, nicht erhoben werden. Diese mit Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30. Juni 1961 „vorhandenen“ Erschließungsanlagen i. S. d. § 242 Abs. 1 BauGB sind den zu einem späteren Zeitpunkt insgesamt erstmalig endgültig hergestellten Erschließungsanlagen rechtlich gleichgestellt mit der Folge, dass für weitere Baumaßnahmen keine Erschließungsbeiträge, sondern nur noch Ausbaubeiträge erhoben werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.1968 - IV C 82.67 -, BVerwGE 31, 90, 93; Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl., 2018, § 2 Rn. 31). Dies gilt auch dann, wenn der Ausbauzustand einzelner Teileinrichtungen einer solchen vorhandenen Straße vor Beginn der streitgegenständlichen straßenbaulichen Maßnahme nicht den Herstellungsmerkmalen einer Erschließungsbeitragssatzung entsprach; eine Erschließungsanlage ist entweder insgesamt eine vorhandene oder ist sie es überhaupt nicht (Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl., 2018, § 2 Rn. 32).

Von dem Vorliegen einer solchen „vorhandenen Straße“ kann ausgegangen werden, wenn die Straße bei Inkrafttreten des ersten Ortsstatuts i. S. d. § 15 des Gesetzes betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften vom 2. Juli 1875 (GS S. 561 ff.) – PrFluchtlG – mit dem Willen der Gemeinde wegen ihres insoweit als ausreichend erachteten Zustandes dem inneren Anbau und dem innerörtlichen Verkehr zu dienen bestimmt war und tatsächlich gedient hat. Lag in der Gemeinde kein oder kein wirksames Ortsstatut vor, ist als Zeitpunkt für die Beurteilung des Vorhandenseins der Straße der letzte Tag anzusetzen, an dem die Gemeinde – vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes – ein solches Ortsstatut hätte in Kraft setzen können, mithin der 29. Juni 1961 (vgl. hierzu Ernst/Blechschmidt in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 242 Rn. 6, Stand: August 2020; Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl., 2018, § 2 Rn. 43 ff.).

Maßgeblich für die Beurteilung, ob an dem maßgeblichen Stichtag eine Straße eine im Rechtssinn „vorhandene“ und damit erschließungsbeitragsfreie Erschließungsanlage ist, sind rechtliche Kriterien, so dass es nicht allein auf die tatsächliche Existenz der Straße als einer zu Verkehrszwecken nutzbaren Fläche ankommt (BVerwG, Urt. v. 10.10.1995 - 8 C 12.92 -, juris Rn. 12). Gewissen Mindestanforderungen in tatsächlicher Hinsicht muss die Erschließungsanlage, die nach dem Willen der Gemeinde zum inneren Anbau bestimmt und zur Bewältigung des innerörtlichen Verkehrs geeignet sein musste, jedoch genügt haben. Welche Anforderungen zu stellen sind, kann nur im Einzelfall beurteilt werden; dabei können die Anforderungen in einer ländlichen Gemeinde oder bei Nebenstraßen grundsätzlich geringer sein. Als Mindestanforderung ist allgemein jedoch vorauszusetzen, dass die Fahrbahn – in Form einer Deckschicht aus Asphalt, Teer, Beton, Pflaster oder einem ähnlichen Material – hinreichend befestigt war und sich auf einem festen Unterbau befand und dass eine – wenn auch primitive – Straßenentwässerung, z. B. über offene Gräben, sowie eine Straßenbeleuchtung, die eine ausreichende Ausleuchtung der Straße und damit einen ungefährdeten Haus-zu-Haus-Verkehr ermöglichte, vorhanden waren (Nds. OVG, Urt. v. 19.2.2020 - 9 LB 132/17 -, juris Rn. 118 m. w. N.; vgl. auch Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl., 2018, § 2 Rn. 47 ff.: Unterbau wohl nicht erforderlich).

Danach wäre hier im Einzelnen zu prüfen, ob die Gemeinde A-Stadt vor dem 29. Juni 1961 über ein wirksames Ortstatut i. S. d. § 15 PrFluchtlG verfügte und die Straße D. über einen ausreichenden Ausbauzustand verfügte oder zumindest die genannten Mindestanforderungen an Fahrbahnbefestigung, Straßenentwässerung und Straßenbeleuchtung erfüllt. Die Aufnahme in ein Straßenbestandsverzeichnis ist straßenrechtlich von Relevanz, ist jedoch für die Frage der Herstellung im Sinne des Beitragsrechts nicht maßgeblich.

(c) Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass für den Fall, dass die Anzahl der Beleuchtungskörper nach dem Ausbau Ende der 1970er Jahre und vor den streitgegenständlichen Ausbauarbeiten nach den örtlichen Verhältnissen im Sinne der Erschließungsbeitragssatzung nicht ausreichend gewesen wäre, jedenfalls die jetzigen Ausbaumaßnahmen zu einer nach Anzahl und Standort ausreichend dimensionierten Beleuchtungseinrichtung geführt haben würden. Als erstmalige Errichtung wäre die Maßnahme in diesem Fall nach Erschließungsbeitragsrecht beitragsfähig. Sollte ein Beitragsbescheid fehlerhaft auf das Straßenausbaubeitragsrecht gestützt worden sein, kann er grundsätzlich als Erschließungsbeitragsbescheid aufrechterhalten werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.1993 - 8 C 33.92 -, juris Rn. 18 ff. m.w.N.). Dies würde sich betragsmäßig auch nicht zugunsten des Antragstellers auswirken, da nach § 6 der derzeit geltenden Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen in der Gemeinde A-Stadt vom 28. Juli 1988 (Amtsblatt für den Landkreis B-Stadt Nr. 12, S. 159) in der Fassung vom 17. Mai 1994 (Amtsblatt für den Landkreis B-Stadt Nr. 1, S. 39) der Anteil der Beitragspflichtigen am Erschließungsaufwand bei 90 v.H. liegt.

(4) Rechtliche Bedenken gegen die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands in Höhe von insgesamt 9.166,32 EUR sowie des umlagefähigen Anteils in Höhe von 75 v.H. dieses Aufwands sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 SBS beträgt der Anteil der Beitragspflichtigen bei öffentlichen Einrichtungen, die innerorts überwiegend dem Anliegerverkehr dienen, 75 v.H.

Für die Festlegung des besonderen Vorteils der Allgemeinheit im Sinne des § 6 Abs. 5 Satz 4 NKAG ist in Beziehung auf die zugrunde zu legende öffentliche Einrichtung von ausschlaggebender Bedeutung, welcher Verkehr zu den vom Straßenausbau bevorteilten Anlieger- und Hinterliegergrundstücken hinführt und von ihnen ausgeht, und welchen Anteil dieser sog. Ziel- und Quellverkehr zu und von den bevorteilten Grundstücken am Gesamtverkehrsaufkommen der Einrichtung ausmacht. Dem tragen hier die den Anteil der Gemeinde am beitragsfähigen Aufwand festlegenden Regelungen in § 5 Abs. 1 und 2 SBS Rechnung.

Die Antragsgegnerin hat die Straße D. unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte auch zutreffend als Anliegerstraße i. S. v. § 5 Abs. 2 Nr. 1 SABS eingestuft.

Die Bestimmung des Anlieger- bzw. Gemeindeanteils richtet sich danach, in welchem Maße die Anlieger die ausgebaute Straße im Verhältnis zur Allgemeinheit wahrscheinlich in Anspruch nehmen werden (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2020 - 9 LB 146/17 -, juris Rn. 103), d.h. welchen Anteil der zu den vom Straßenausbau bevorteilten Anlieger- und Hinterliegergrundstücken hinführende und von ihnen ausgehende Verkehr am Gesamtverkehrsaufkommen auf der betreffenden Straße ausmacht. Die Einstufung einer Straße als Anliegerstraße, die es rechtfertigt, den Anliegern den deutlich größten Teil des beitragsfähigen Aufwands aufzuerlegen, ist dann gerechtfertigt, wenn der Anliegerverkehr den Fremdverkehr spürbar übersteigt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 9.8.2016 - 9 LC 29/15 -, juris Rn. 50; Beschl. v. 21.10.2014 - 9 ME 255/13 -, juris Rn. 6), was erst bei einem Anteil des Anliegerverkehrs von mehr als 60 v.H. anzunehmen ist. Für die Bestimmung des Umfangs der Inanspruchnahme sind die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse zugrundezulegen, wobei diese jedoch nur anhand von Erfahrungswerten ermittelt werden müssen. Im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise sind insoweit die Lage der Straße im Gesamtverkehrsnetz und die Verkehrsplanung der Gemeinde, ihr darauf beruhender Ausbauzustand (u. a. Breite, Länge, vorhandene Teileinrichtungen) und die straßenrechtliche Gewichtung der Straße bedeutsam (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 16.7.2019 - 9 LA 45/18 -, juris Rn. 13).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die Einstufung der Straße D. als Anliegerstraße durch die Antragsgegnerin nicht zu beanstanden. Sowohl ihr Ausbauzustand, ihre straßenrechtliche Gewichtung und die Verkehrsplanung der Gemeinde sprechen für diese Einstufung. Auch die Einbindung der Einrichtung in das Straßennetz im Übrigen und der Zahl der durch die erschlossenen Anlieger- und Hinterliegergrundstücke sprechen für die Annahme einer überwiegend dem Anliegerverkehr dienenden Einrichtung.

(5) Die Antragsgegnerin hat bei der Ermittlung des Beitragssatzes die anliegenden Grundstücke, denen die Einrichtung die Möglichkeit der Inanspruchnahme einen besonderen Vorteil bietet, im Rahmen der Verteilung im Wesentlichen zutreffend berücksichtigt.

(a) Hierzu zählt auch das Grundstück des Antragstellers, das die Antragsgegnerin, ebenso wie andere Grundstücke, die sowohl an der Einrichtung G. als auch an der Einrichtung D. liegen, mit der vollen Grundstücksfläche in die Verteilung einbezogen hat. Für die Berücksichtigung einer mehrfachen Erschließung von Grundstückstücken durch mehrere Gemeindestraßen (Eckgrundstücksvergünstigung) ist nach Maßgabe der vorliegend anwendbaren Straßenbaubeitragssatzung vom 2. Dezember 2013 – anders als nach der zum 1. Januar 2021 in Kraft getretenen Straßenbaubeitragssatzung der Gemeinde A-Stadt vom 26. November 2020 – kein Raum.

Entscheidend ist allein, dass für den Antragsteller als Grundstückseigentümer die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung besteht. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 SBS der Gemeinde A-Stadt sind beitragspflichtig diejenigen Grundstückseigentümer, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung besondere wirtschaftliche Vorteile bietet. Maßgeblich für die Frage, ob eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit vorliegt, ist, ob von dem jeweiligen Grundstück aus die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Straße besteht und die Straße (evtl. auch die Verbindung zu ihr) dem Eigentümer die bestimmungsgemäße Nutzung seines Grundstücks ermöglicht. Dies gilt selbst dann, wenn das Grundstück seine primäre Erschließung über eine andere Straße erhält (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 26.5.2020 - 9 LC 121/18 -, juris Rn. 82 m.w.N.). Voraussetzung für die bestimmungsgemäße Nutzung eines bebaubaren Anliegergrundstücks ist, dass irgendeine der bebauungsrechtlich zugelassenen Nutzungsformen über die ausgebaute Anlage realisiert werden kann (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 26.5.2020 - 9 LC 121/18 -, juris Rn. 84 m. w. N.). Ob dies der Fall ist, beurteilt sich dabei nicht auf der Grundlage der tatsächlichen Nutzung, sondern auf der Grundlage der etwaigen einschlägigen Festsetzungen im Bebauungsplan und anhand einer typisierenden Betrachtungsweise, die allerdings auch die konkreten Vorgaben in den planerischen Festsetzungen und deren Umsetzung zu berücksichtigen hat, soweit es um eine bauliche Nutzung geht. Für die bestimmungsgemäße Nutzbarkeit eines Grundstücks zu Wohnzwecken genügt es, dass im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten die tatsächlich und rechtlich gesicherte Möglichkeit bestand, die Ausbaustraße (zumindest) fußläufig zu erreichen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 26.5.2020 - 9 LC 121/18 -, juris Rn. 85).

Diese Voraussetzungen liegen für das Grundstück des Antragstellers, welches nach den Festsetzungen des Bebauungsplans in einem allgemeinen Wohngebiet liegt und daher zu Wohnzwecken genutzt werden darf, und das mit seiner gesamten südlichen Grundstücksseite an die Einrichtung D. grenzt, vor.

(b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des streitgegenständlichen Beitragsbescheides bestehen jedoch nach den vorstehenden Maßstäben, soweit das Grundstück G. J. (Flurstücksnummer K., Flur F., Gemarkung A-Stadt) bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands unberücksichtigt geblieben ist. Auf Grundlage der von der Antragsgegnerin vorgelegten Alternativberechnung ergibt sich, dass sich bei Berücksichtigung dieser Fläche ein Beitragssatz von nur 0,31968 EUR/m² ergäbe, was zu einer Reduzierung der Beitragsforderung für den Antragsteller von 131,19 EUR auf 127,23 EUR führt.

Das Grundstück mit der Flurstücksnummer K., Flur F., ist als Anliegergrundstück bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen. Es ist auch im Hinblick auf die Straße D. an Anliegergrundstück anzusehen. Entscheidend ist, dass von diesem Grundstück die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung D. besteht, auch wenn die tatsächliche Zufahrt über den Privatweg als selbständige Erschließungsanlage erfolgt und das Grundstück zudem an der öffentlichen Einrichtung G. liegt. Diese anderweitige Erschließung ist, auch wenn es sich um eine mehrfache Erschließung des Grundstücks handelt, für die Frage der vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit hinwegzudenken.

(c) Dagegen hat die Antragsgegnerin die nur über die Privatstraße G. (Flurstücke S. und I., Flur F., Gemarkung A-Stadt) erreichbaren Grundstücke zutreffend nicht in die Aufwandsverteilung einbezogen. Eine Einbeziehung dieser Grundstücke kommt als sogenannte Hinterliegergrundstücke in Betracht, da sie nicht unmittelbar an die öffentliche Einrichtung D. angrenzen, sondern diese über das im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Grundstück der Privatstraße erreichen. Auf Grundlage der vorliegenden Unterlagen ist jedoch davon auszugehen, dass der Privatweg eine selbständige Erschließungsanlage darstellt, so dass eine Einbeziehung dieser Hinterliegergrundstücke nicht mehr vorteilsgerecht ist.

Da ein Grundstück grundsätzlich nur durch die nächste von ihm aus erreichbare selbstständige Erschließungsanlage erschlossen wird, werden an einen befahrbaren Privatweg angrenzende Grundstücke durch die öffentliche Straße, in die der Privatweg einmündet, nicht erschlossen, wenn die Privatwege selbst zum Anbau bestimmte, zur verkehrsmäßigen Erschließung geeignete und überdies bei natürlicher Betrachtungsweise selbstständige Erschließungsanlagen sind (BVerwG, Beschl. v. 29.8.2000 - 11 B 48.00 -, juris Rn. 8 m.w.N.; Nds. OVG, Urt. v. 20.7.2007 - 9 LC 59/06 -, juris Rn. 27 sowie Urt. v. 16.10.2007 - 9 LC 54/05 -, juris Rn. 15, Urt. v. 24.3. 2015 - 9 LB 57/14 -, juris Rn. 20 und Urt. v. 21.5.2019 - 9 LC 110/17 -, juris Rn. 88). Diesem Erfordernis genügt ein Privatweg grundsätzlich dann, wenn er tatsächlich wie rechtlich die Möglichkeit gewährleistet, mit Personen- und kleineren Versorgungsfahrzeugen an die betreffenden Grundstücke heranzufahren und sie von da ab - ggf. über einen Geh- oder Radweg - zu betreten. (Nds. OVG, Urt. v. 16.10.2007 - 9 LC 54/05 -, juris Rn. 16).

Ob ein befahrbarer Privatweg, der in eine öffentliche Straße einmündet, schon als eine selbständige Erschließungsanlage oder nur als eine unselbständige Zuwegung anzusehen ist, hängt vom Gesamteindruck ab, den der Privatweg nach den tatsächlichen Verhältnissen einem unbefangenen Beobachter vermittelt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 24.3.2015 - 9 LB 57/14 -, juris Rn. 27; BVerwG, Urt. v. 2.7.1982 - 8 C 28, 30, 31.81 -, juris Rn. 16). Der Ausdehnung der Anlage kommt dabei besondere Bedeutung zu, aber auch die Breite der Anlage, Art und Anzahl der an sie angrenzenden Grundstücke, ihre Ausstattung mit Fahrbahnen, Gehwegen, Beleuchtungs- und Entwässerungseinrichtungen sowie ihre Funktion im Vergleich zur Funktion der nächstgelegenen öffentlichen Straße können von Bedeutung sein (Nds. OVG, Urt. v. 24.3.2015 – 9 LB 57/14 -, juris Rn. 24). Das Maß der Abhängigkeit zwischen einer Verkehrsanlage und der Straße, in die sie einmündet, ist deshalb von besonderem Gewicht, weil eine Verkehrsanlage ohne Verbindungsfunktion (Sackgasse) ausschließlich auf die Straße angewiesen ist, von der sie abzweigt, sie darin einer unselbstständigen Zufahrt ähnelt und deshalb der Eindruck der Unselbstständigkeit häufig auch noch bei einer Ausdehnung erhalten bleibt, bei der eine Anlage mit Verbindungsfunktion schon den Eindruck der Selbstständigkeit erweckt. Danach ist davon auszugehen, dass eine für das Befahren mit Kraftfahrzeugen aller Art vorgesehene, bis etwa 100 m lange und nicht verzweigte Sackgasse, die eine ihrer Ausdehnung nach angemessene Anzahl von Grundstücken erschließt, regelmäßig als erschließungs- und straßenausbaubeitragsrechtlich unselbstständig zu qualifizieren ist, während eine Sackgasse regelmäßig als selbstständig zu gelten hat, wenn sie entweder länger als 100 m ist oder vor Erreichen dieser Länge (mehr oder weniger) rechtwinklig abknickt oder sich verzweigt (Nds. OVG, Urt. v. 20.7.2007 - 9 LC 59/06 -, juris Rn. 29 sowie jeweils Urt. v. 16.10.2007 - 9 LC 54/05 -, juris Rn. 18; Urt. v. 24.3. 2015 - 9 LB 57/14 -, juris Rn. 27; Urt. v. 21.5.2019 - 9 LC 110/17 -, juris Rn. 89). Die grundbuchmäßige Selbstständigkeit einer Privatstraße ist keine Voraussetzung dafür, sie als selbstständige Erschließungsanlage anzusehen (BVerwG, Urt. v. 16.9.1998 - 8 C 8.97 -, juris Rn. 26; Nds. OVG, Urt. v. 24.3.2015 - 9 LB 57/14 -, juris Rn. 23). Demgegenüber sind private Wege und Zufahrten auf Anliegergrundstücken, die lediglich der internen Erreichbarkeit einzelner Teilflächen des Grundstücks oder bestimmter Standorte dienen, nicht aber der Erschließung weiterer Grundstücke, keine Erschließungsanlagen im Sinne des § 123 Abs. 2 BauGB (Nds. OVG, Urt. v. 24.3.2015 - 9 LB 57/14 -, juris Rn. 24; BVerwG, Urt. v. 16.9.1998 - 8 C 8.97 -, juris Rn. 26; Nds. OVG, Beschl. v. 13.2.2015 - 9 LA 73/13 -, juris Rn. 8).

Ausgehend von diesen Maßstäben bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass der Privatweg eine selbständige Erschließungsanlage darstellt. Der Privatweg erschließt zwar lediglich vier bebaute Grundstücke und weitere unbebaute Grundstücke. Er weist jedoch eine Länge von insgesamt etwa 175 m auf und knickt nach ca. 50 m annähernd rechtwinklig ab, so dass er bereits den Eindruck der Selbständigkeit erweckt.

(d) Nicht zu beanstanden ist zudem, dass die Antragsgegnerin das unmittelbar südlich an die Straße D. grenzende Grundstück im Eigentum der T. U. (OHE) AG (lfd. Nr. V., Flurstück N., Flur F., Gemarkung A-Stadt) nur teilweise in die Aufwandsverteilung einbezogen hat und den Bereich der Gleisanlagen von der Aufwandsverteilung ausgenommen hat.

Als vom Straßenausbau nicht bevorteilt gelten die Grundflächen von Erschließungsanlagen i. S. v. § 127 Abs. 2 BauGB und § 123 Abs. 2 BauGB, sofern sie kraft einer entsprechenden Festsetzung im Bebauungsplan oder kraft Widmung für eine öffentliche Zweckbestimmung nur öffentlich nutzbar sind und insoweit für andere als Erschließungszwecke, insbesondere für private Zwecke, nicht genutzt werden können (Nds. OVG, Urt. v. 27.4.2010 - 9 LC 271/08 -, juris Rn. 30). Das Schienengelände der OHE AG ist zwar – ebenso wie das Schienengelände der W. X. AG (vgl BVerwG, Urt. v. 11.12.1987 -, 8 C 858.86 -, juris Rn. 27) – nicht als Erschließungsanlage i. S. v. §§ 123 Abs. 2, 127 Abs. 2 BauGB anzusehen. Dennoch sind die Grundflächen der Gleisanlagen, da es sich um eine öffentliche Verkehrsfläche handelt nicht als vom Straßenausbau bevorteilte Fläche anzusehen, so dass sie – anders als die in anderer Weise betrieblich genutzten Teilflächen – bei der Aufwandsverteilung nicht zu berücksichtigen sind (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 27.4.2010 - 9 LC 271/08 -, juris Rn. 37).

(6) Der Antragsteller ist als Eigentümer des Grundstücks A-Straße (Flurstücksnummer E., Flur F., Gemarkung A-Stadt), das unmittelbar an der ausgebauten Einrichtung liegt und von dem aus daher die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung besteht, auch beitragspflichtig.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Antragsgegnerin ist nur zu einem geringen Teil unterlegen, so dass dem Antragsteller die Kosten ganz auferlegt werden.

4. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG unter Berücksichtigung von Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Hiernach war der Streitwert auf 1/4 des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes (131,19 EUR), mithin in Höhe von 32,80 EUR, festzusetzen.