Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 22.01.2018, Az.: 13 WF 9/18

Erinnerung des beigeordneten Anwalts gegen die Festsetzung der Vergütung betreffend die Absetzung der Verfahrensgebühr; Eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinn

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
22.01.2018
Aktenzeichen
13 WF 9/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 66087
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG Papenburg - 11.12.2017 - AZ: 1 F 21/13 GÜ

In der Familiensache
Rechtsanwalt W.
als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn R.,
Antragsgegner,
Verfahrensbevollmächtigte zu 1 und 2:
Rechtsanwältin L.
Beschwerdeführerin,
gegen
I.
Antragstellerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwältin
hat der 13. Zivilsenat - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Richter am Oberlandesgericht M als Einzelrichter
am 22. Januar 2018
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Papenburg vom 11. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die Verfahrensbevollmächtige des Antragsgegners hat gegen die Festsetzung ihrer Vergütung als beigeordnete Anwältin Erinnerung eingelegt. Sie wendet sich gegen die Absetzung der Verfahrensgebühr sowie dagegen, dass die Vergütung nach dem RVG in der Fassung vor dem 01.08.2013 berechnet wurde. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Erinnerung durch Beschluss vom 11.12.2017 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners.

Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 56 Abs.2 S. 1, 33 Abs. 3 bis 8 RVG zulässig. In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat die geltend gemachte 1,3fache Verfahrensgebühr zu Recht abgesetzt, nachdem der Beschwerdeführerin bereits am 19.01.2016 eine Verfahrensgebühr ausgezahlt worden ist. Dass die Beschwerdeführerin diese Gebühr erhalten hat, bevor das Verfahren gegen den Antragsgegner als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Gemeinschuldners wieder aufgenommen worden ist, ist unerheblich. Denn bei einem Parteiwechsel erhält der Anwalt der beiden wechselnden Parteien nur eine Gesamtvergütung nach § 7 RVG i.V.m. Nr. 1008 RVG-VV (vgl. BGH, Beschluss vom 19.10.2006, V ZB 91/06, NJW 2007, 769 ff., juris). Bei dem Antrag auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs (gegen den Gemeinschuldner) und dem Antrag auf Feststellung des Anspruchs zur Insolvenztabelle (gegen den Insolvenzverwalter) handelt es sich um dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit. Der Anwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern, § 15 Abs. 2 RVG. Unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinn ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt besorgen soll. Nach § 22 Abs. 1 RVG kann eine Angelegenheit mehrere Gegenstände umfassen, mehrere Aufträge können dieselbe Angelegenheit betreffen (§ 15 Abs. 5 RVG), selbst wenn sie von verschiedenen Auftraggebern erteilt werden (§ 7 RVG). Entscheidend ist insoweit, ob zwischen den Aufträgen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielrichtung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der Tätigkeit gesprochen werden kann (BGH a.a.O., Rn. 13). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin wird der Anwalt nicht schon deshalb in zwei Angelegenheiten tätig, wenn er bei einem Parteiwechsel sowohl den alten als auch den neuen Auftraggeber vertritt (BGH a.a.O., Rn. 14). Maßgeblich ist vielmehr der Zusammenhang der Beauftragungen. Dies ist im vorliegenden Fall gegeben. Die Umstellung des Klageantrags von der Leistungs- in eine Insolvenzfeststellungsklage ist nicht einmal als Klageänderung nach § 263 ZPO anzusehen, sie ist vielmehr wegen einer "später eingetretenen Veränderung" gemäß § 264 Nr. 3 ZPO zulässig und lässt die Identität des geltend gemachten Anspruchs unberührt. Es handelt sich um eine verfahrensrechtliche Anpassung des Antrags an die insoweit maßgebenden Vorschriften der Insolvenzordnung (vgl. BGH, Beschluss vom 31.10.2012 - III ZR 204/12, ZIP 2012, 2369 Rn. 69, juris). Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliert der Schuldner nach § 80 InsO lediglich die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen, bleibt aber Rechtsinhaber. Der innere Zusammenhang wird auch in der verfahrensrechtlichen Vorschrift des § 250 ZPO deutlich: Wird das Verfahren mit Umstellung des Antrags auf die Feststellung zur Tabelle fortgesetzt, handelt es sich lediglich um die "Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens". Der Anwalt kann daher nur jeweils eine Pauschgebühr verlangen, die das Verfahren vor und nach dem Wechsel abdeckt.

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt auch, dass die Gebühr nicht nach der Tabelle zum Stand 1.8.2013 zu berechnen ist. Da der Begriff der Angelegenheit nicht von der Person des Auftraggebers abhängt, gilt dies nicht nur für Folgeaufträge desselben Mandanten wie bei einer Klageerweiterung oder Widerklage, sondern auch für das Hinzutreten eines weiteren Auftraggebers (BGH, Beschluss vom 19.10.2006, Rn. 22). Es bleibt vielmehr bei dem maßgeblichen Grundsatz, wonach der Zeitpunkt der Auftragserteilung in der Angelegenheit ausschlaggebend ist. Da der unbedingte Auftrag schon vor dem 1.8.2013 erteilt worden ist, ist die Vergütungsfestsetzung des Amtsgerichts auch insoweit zutreffend.