Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.03.2023, Az.: 10 K 202/22

Abzugsfähigkeit von Stellplatzkosten im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung; Stellplatzkosten im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung gehören auch nach der gesetzlichen Neufassung des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG zu den sonstigen (in voller Höhe abziehbaren) Mehraufwendungen (entgegen BMF-Schreiben vom 25. November 2020 IV C 5-S 2353/19/10011:006 zur steuerlichen Behandlung der Reisekosten von Arbeitnehmern, BStBl. I 2020, 1228)

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
16.03.2023
Aktenzeichen
10 K 202/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 25101
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE::2023:0316.10K202.22.00

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - AZ: VI R 4/23

Fundstellen

  • AuA 2023, 53
  • BBK 2023, 807
  • DStR 2023, 1879-1882
  • DStRE 2023, 1150
  • GStB 2023, 447
  • StX 2024, 57

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Zuordnung der Aufwendungen für einen separat angemieteten Kfz-Stellplatz zu den Unterkunftskosten einer doppelten Haushaltsführung.

Der Kläger ist verheiratet und wird einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Er ist seit Oktober 2019 Gebietsverkaufsleiter eines in D-Stadt ansässigen Großhandels-Unternehmens und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sein Tätigkeitsbereich erstreckt sich auf den Einzugsbereich E-Stadts sowie Teile Schleswig-Holsteins, Niedersachsens und Mecklenburg-Vorpommerns. Ihm steht für seine Tätigkeit ein Büro in E-Stadt sowie ein durch den Arbeitgeber überlassener Firmenwagen zur Verfügung.

Neben seiner Hauptwohnung in A-Stadt unterhält der Kläger seit August 2019 eine angemietete Zweitwohnung in E-Stadt; im Untergeschoss des Mehrfamilienhauses befindet sich eine zu diesem Objekt gehörende Tiefgarage. In dem vom Kläger für die Zweitwohnung abgeschlossenen Wohnungsmietvertrag heißt es unter § 1 Ziff. 2 u.a.:

"Der Mieter ist berechtigt, [...] folgende Einrichtungen [...] 1 TG-Platz wird mit sep. Vereinbarung vermietet [...] mitzubenutzen."

und unter § 30:

"Das separat abgeschlossene Mietverhältnis für den Stellplatz ist an diesen Wohnungsmietvertrag bzgl. Laufzeit und Kündigungsfrist gebunden. Die monatliche Zahlung für Wohnung, Nebenkostenvorauszahlung und Stellplatz soll in einer Summe per Dauerauftrag zum 01. eines Monats gezahlt werden."

Entsprechend dieser Vereinbarung schloss der Kläger zugleich mit dem Wohnungsmietvertrag einen gesonderten Garagen-/Stellplatz-Mietvertrag ab. Die monatliche Stellplatzmiete beträgt X €. Anfallende Nebenkosten werden - so wurde unter § 8 vereinbart - jährlich mit den Nebenkosten der Wohnung abgerechnet. Zudem wurde auch in diesem Vertrag festgehalten, dass die Vermietung des Stellplatzes an den Wohnungsmietvertrag gebunden ist.

Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2020 (Streitjahr) machte der Kläger die jährlichen Stellplatzkosten von X € neben - nicht im Streit stehenden - Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung als sonstige Werbungskosten geltend. Der Beklagte versagte dem mit Bescheid vom 22. Februar 2022 unter Verweis auf den - im Streitfall ausgeschöpften - gesetzlichen Höchstbetrag der Mehraufwendungen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 Einkommensteuergesetz -EStG- von 12.000 € jährlich die Anerkennung. Nach dem einschlägigen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -BMF- vom 25. November 2020 (BStBl. I 2020, 1228) seien die Aufwendungen für den Stellplatz Teil der (gedeckelten) Unterkunftskosten und deshalb nicht zusätzlich abziehbar. Der hiergegen eingelegte Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg. Soweit die finanzgerichtliche Rechtsprechung - wie vom Kläger geltend gemacht - Abweichendes vertrete, sei dem aus Sicht des Beklagten nicht zu folgen.

Im Klageverfahren verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Auffassung des Beklagten stehe im Widerspruch zur früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- (Urteil vom 13. November 2012 VI R 50/11, BStBl. II 2013, 286) sowie zu den rechtskräftigen Entscheidungen des Finanzgerichts Saarland (Urteil vom 20. Mai 2020 2 K 1251/17, EFG 2020, 1408) und des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 21. September 2022 3 K 48/22, EFG 2023, 114).

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid für 2020 vom 22. Februar 2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2022 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten i.H.v. X € berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner bisherigen Auffassung fest.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Einkommensteuerbescheid für 2020 vom 22. Februar 2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2022 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Beklagte hat die Aufwendungen des Klägers für den Stellplatz unzutreffend den Unterkunftskosten der Zweitwohnung zugeordnet und deshalb unter Bezugnahme auf den gesetzlichen Höchstbetrag vom Werbungskostenabzug ausgenommen.

1. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten. Da der Kläger in A-Stadt und damit außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte (in E-Stadt) einen eigenen Hausstand unterhält und zudem am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt, liegen - was zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist - die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vor.

2. Zu den notwendigen Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung zählen neben Aufwendungen für wöchentliche Familienheimfahrten und (zeitlich befristeten) Verpflegungsmehraufwendungen v.a. die notwendigen Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort. Seit der Neufassung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG zum Veranlagungszeitraum 2014 können die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung einer inländischen Unterkunft höchstens mit 1.000 € im Monat angesetzt werden. Von den (nur begrenzt abziehbaren) Unterkunftskosten sind nach ständiger und im Anschluss an die gesetzliche Neufassung fortgeführter Rechtsprechung des BFH sonstige notwendige Mehraufwendungen abzugrenzen (BFH-Urteil vom 4. April 2019 VI R 18/17, BStBl. II 2019, 449).

Entgegen der Ansicht des Beklagten gehören die Mietkosten des Klägers für den Tiefgaragen-Stellplatz i.H.v. X € nicht zu den Kosten der Wohnung. Vielmehr sind sie unter Beachtung der Einzelfallumstände nur mittelbar und gelegentlich im Zusammenhang mit der Anmietung bzw. Nutzung der Zweitwohnung angefallen und deshalb den sonstigen notwendigen Mehraufwendungen zuzuordnen. Die Stellplatzanmietung und -nutzung ist im Streitfall - anders als der Beklagte offenbar meint - nicht mit derjenigen der Zweitwohnung gleichzusetzen.

a) Welche Aufwendungen der doppelten Haushaltsführung als sonstige Kosten einzuordnen oder auf "die Nutzung der Unterkunft" entfallen und daher nur in Höhe der gesetzlichen Höchstgrenze abziehbar sind, wird durch das Gesetz nicht näher bestimmt. Im Schrifttum, in der Rechtsprechung und durch die Finanzverwaltung werden hierzu unterschiedliche Sichtweisen vertreten (vgl. zusammenfassende Darstellung in BFH-Urteil vom 4. April 2019 a.a.O. m.w.N.); dies gilt auch für die Einordnung zusätzlicher Stellplatzkosten am Zweitwohnsitz (vgl. FG Saarland, Gerichtsbescheid vom 20. Mai 2020 2 K 1251/17, EFG 2020, 1408 m.w.N.).

aa) Vom Wortlaut der Norm ausgehend versteht der BFH - und dem folgend der Senat - die von der Abzugsbeschränkung erfassten Unterkunftskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG als die Summe aller Aufwendungen, die der Steuerpflichtige getragen hat, um die Unterkunft zu nutzen, soweit sie ihr einzeln zugeordnet werden können (BFH-Urteil vom 4. April 2019 a.a.O.). Dies gilt für die Bruttokaltmiete, aber auch für alle (warmen und kalten) Betriebskosten einschließlich Stromkosten, da diese ebenfalls durch den Gebrauch der Unterkunft entstehen (BFH-Urteil vom 4. April 2019 a.a.O.; FG München, Urteil vom 26. November 2021 8 K 2143/21, EFG 2022, 322; Brandis/Heuermann/Thürmer, EStG, § 9 Rn. 402; Schmidt/Krüger, EStG, 41. Aufl., § 9 Rn 246; a.A. Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff/Geserich, EStG, § 9 Rn. G 135). Nicht zu den nur beschränkt abzugsfähigen Unterkunftskosten, sondern zu den sonstigen notwendigen Mehraufwendungen, gehören demgegenüber Aufwendungen des Steuerpflichtigen für Haushaltsartikel und Einrichtungsgegenstände (BFH-Urteil vom 4. April 2019 a.a.O.; BMF-Schreiben vom 25. November 2020, BStBl. I 2020, 1228; weitergehend Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff/Geserich, EStG, § 9 Rn. G 121). Hat der Steuerpflichtige eine möblierte oder teilmöblierte Wohnung angemietet, liegt in der gestatteten Mitbenutzung der Möbel regelmäßig ebenfalls ein gesteigerter und in Geld messbarer, ggf. der Höhe nach zu schätzender eigener Nutzungswert.

bb) Nach dieser Maßgabe sind entgegen der Auffassung des Beklagten (und des BMF) gesonderte Stellplatzkosten, wie sie der Kläger hier geltend macht, keine Unterkunftskosten. Auch der BFH rechnete Stellplatz- und Garagenkosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung schon bislang den sonstigen Mehraufwendungen und nicht den beschränkt abzugsfähigen beruflichen Mobilitätskosten zu (BFH-Urteil vom 13. November 2012 VI R 50/11, BStBl. II 2013, 286). Hieran hat sich durch die gesetzliche Neuregelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG nichts geändert (ebenso FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21. September 2022 3 K 48/22, EFG 2023, 114; FG Saarland, Gerichtsbescheid vom 20. Mai 2020 2 K 1251/17, EFG 2020, 1408; Schmidt/Krüger a.a.O., § 9 Rn. 254; Korn/Fuhrmann, EStG, § 9 Rz. 111.5; Brandis/Heuermann/Thürmer, a.a.O., § 9 Rz. 402; Bordewin/Brandt/Köhler, EStG, § 9 Rn. 1087; Herrmann/Heuer/Raupach/Bergkemper, EStG/KStG, § 9 EStG Anm. 493 aE, 498; Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff/Geserich, a.a.O., § 9 Rn. G 135; Littmann/Bitz/Pust/Teller, EStG, § 9 Rn. 756 aE). Denn diese Kosten werden (ebenso wie die Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände oder für gemietete Möbel) nicht unmittelbar durch die Nutzung der Zweitwohnung verursacht, sondern durch die dem Stellplatzmieter eröffnete und vom reinen Gebrauchswert der Wohnung zu trennende (deshalb i.d.R. auch zusätzlich zu vergütende) Möglichkeit, den eigenen (Firmen-)Pkw in der Tiefgarage geschützt abstellen zu können. Hierfür ist unerheblich, dass die durch den Kläger abgeschlossenen Mietverträge inhaltlich aufeinander Bezug nehmen. Auch der Umstand, dass sich die Tiefgarage im gleichen Gebäude befindet und der Stellplatz durch den gleichen Vermieter überlassen wurde, nimmt dem Kläger nicht den mit der Stellplatzüberlassung verbundenen Mehrwert an Gebrauchsmöglichkeiten. Der Senat bezweifelt deshalb, dass der Fall tatsächlich anders zu beurteilen wäre, wenn Unterkunft und Stellplatz "eine untrennbare Einheit" bildeten (so FG Saarland Gerichtsbescheid vom 20. Mai 2020 2 K 1251/17, EFG 2020, 1408; ähnlich auch FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21. September 2022 3 K 48/22, EFG 2023, 114). Dies kann letztlich aber offenbleiben. Denn der festgestellte Sachverhalt liefert keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zweitwohnung des Klägers ausnahmsweise (im Sinn einer Nutzungseinheit) nur gemeinsam mit dem Tiefgaragenstellplatz hätte angemietet werden können.

cc) Das durch den Senat zugrunde gelegte Begriffsverständnis der Unterkunftskosten entspricht (auch nach der Neufassung) dem Sinn und Zweck des Gesetzes.

Nach der Begründung des Gesetzentwurfs (BTDrucks 17/10774, S. 13) sollte - zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen und um "den Bereich der doppelten Haushaltsführung zu vereinfachen" - "für das Inland auf die von den Arbeitgebern als aufwendig beschriebene Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete (Durchschnittsmietzins) verzichtet und stattdessen auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abgestellt" werden. Die Festsetzung des Betrags von 1.000 € orientiere "sich dabei an einer von der Rechtsprechung bisher immer herangezogenen, nach Lage und Ausstattung durchschnittlichen, ca. 60 m2 großen Wohnung". Deren Bruttokaltmieten lägen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Deutschland weit überwiegend innerhalb dieser Preisgrenze.

Unveränderte Bezugsgröße sind demnach "nur" diejenigen (Unterkunfts-)Kosten, die üblicherweise in die Berechnung der durchschnittlichen Wohnungsmiete einfließen und damit auch von dem Pauschalbetrag von 1.000 €, der die aufwändige Berechnung der Durchschnittsmiete ersetzen soll, erfasst werden. Das sind neben der (Grund-)Miete die monatlich aufzuwendenden Beträge für Wasser, Kanalisation, Straßenreinigung, Müllabfuhr, Hausreinigung und -beleuchtung, Schornsteinreinigung, Hauswart, öffentliche Lasten, Gebäudeversicherung und Kabelanschluss. Nicht zur Bruttokaltmiete gerechnet werden Umlagen für Zentralheizung, Warmwasserversorgung, Untermietzuschläge und Zuschläge für Möblierung (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21. September 2022 a.a.O. unter Verweis auf Statistisches Bundesamt, www.destatis.de/Themen/Gesellschaft und Umwelt/Einkommen, Konsum und Lebensbedingungen/Bruttokaltmiete).

Dass für den zum Maßstab erhobenen Durchschnittshaushalt regelmäßig auch Stellplatzkosten anfielen und deshalb in die vorstehende Berechnung der gesetzlichen Betragsobergrenze von 1.000 € einbezogen worden wären, hat weder der Beklagte vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Zutreffend ist zwar, dass in der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache a.a.O.) beiläufig ausgeführt wird, dass von den Unterkunftskosten u.a. auch die Miet- oder Pachtgebühren für Pkw-Stellplätze erfasst seien. Allerdings bleibt eine weitergehende Einordnung dieser Annahme bzw. eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit der aus der bisherigen Rechtsprechung des BFH "übernommenen" Berechnungsgrundlage (Aufwendungen für eine durchschnittliche, ca. 60 m2 große Wohnung) aus. Ohnehin dürfen die Gesetzesmaterialien nicht dazu verleiten, die subjektiven Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen dem objektiven Gesetzesinhalt gleichzusetzen (BFH-Urteil vom 4. April 2019 a.a.O.; Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff/Geserich, a.a.O., § 9 Rn. G 121). Die Materialien können bei der Gesetzesauslegung nur unterstützend und insgesamt nur insofern herangezogen werden, als sie auf einen "objektiven Gesetzesinhalt schließen lassen" (BVerfG-Urteil vom 16. Februar 1983 2 BvE 1/83, BVerfGE 62, 1). Dies erfordert, dass der subjektive Wille des Gesetzgebers bzw. der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten auch im Gesetzestext Niederschlag gefunden hat (BFH-Urteil vom 30. September 2020 VI R 34/18, BStBl. 2021, 446). Hieran fehlt es. Eine beispielhafte oder gar abschließende Aufzählung der von der "Abgeltungswirkung" erfassten Unterkunftskosten enthält § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG nicht, ebenso wenig eine über den Bereich der berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten hinausgehende Begrenzung der (gesamten) Kosten der Zweitwohnung auf höchstens 1.000 €.

b) Das vom Beklagten zur Begründung seiner anderslautenden Auffassung zitierte BMF-Schreiben vom 25. November 2020 IV C 5-S 2353/19/10011:006 zur steuerlichen Behandlung der Reisekosten von Arbeitnehmern (BStBl. I 2020, 1228) rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Sogenannten norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften kommt keine Rechtsnormqualität zu; sie binden die Gerichte folglich nicht (vgl. nur BFH-Urteil vom 26. Februar 2002, BStBl. II 2002, 412 m.w.N.).

3. Die dem Kläger für den Stellplatz in E-Stadt entstandenen Kosten in Höhe von X € (= X €/Monat) waren angesichts der gerichtsbekannt angespannten Parkplatzsituation in der Innenstadt E-Stadts zudem dem Grunde und letztlich auch der Höhe nach i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG notwendig. Die Aufwendungen sind mit X €/Monat zwar hoch, bewegten sich im Streitjahr aber (noch) innerhalb des ortsüblichen Mietniveaus (vgl. beispielhaft www.adac.de/news/miete-garage-kosten/). Auf die weitergehende (hier allerdings auch zu bejahende) Frage, ob das Vorhalten eines Kraftfahrzeuges am Tätigkeitsort aus beruflichen Gründen notwendig war, kommt es nicht an (BFH-Urteil 13. November 2012 VI R 50/11, BStBl. II 2013, 286).

4. Die Klage hat danach in vollem Umfang Erfolg. Die Neuberechnung bzw. Neufestsetzung der Einkommensteuer 2020 wird dem beklagten Finanzamt gemäß § 100 Abs. 2 Sätze 2 und 3 FGO übertragen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung -ZPO-.

Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, da die Frage, ob Stellplatzkosten im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung auch nach der gesetzlichen Neufassung des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG zu den sonstigen Mehraufwendungen gehören oder auf "die Nutzung der Unterkunft" entfallen und daher nur begrenzt abziehbar sind, noch nicht höchstrichterlich entschieden ist.