Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 04.12.2017, Az.: 12 UF 120/17

Anspruch auf Wertermittlung für Immobilien im Rahmen eines Zugewinnausgleichsverfahrens; Zuverlässige Wertermittlung durch den Auskunftpflichtigen selbst; Keine Verpflichtung zur Einschaltung eines Sachverständigen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
04.12.2017
Aktenzeichen
12 UF 120/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 49822
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG Gifhorn - 13.07.2017 - AZ: 16 F 320/17 GÜ

Redaktioneller Leitsatz

Ein Anspruch auf Wertermittlung für Immobilien im Rahmen eines Zugewinnausgleichsverfahrens, der im Auskunftanspruch nicht enthalten ist und zusätzlich geltend gemacht werden muss, geht auf zuverlässige Wertermittlung durch den Auskunftpflichtigen selbst, wenn auch erforderlichenfalls durch Einholung von Auskünften oder Einschaltung von Hilfskräften; einen Sachverständigen muss der Auskunftverpflichtete hingegen nicht beauftragen.

Tenor:

I. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf die Wertstufe: bis 600 € festgesetzt.

II. Die Beschwerdeführerin wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Beschwerde gegen den Teilanerkenntnisbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Gifhorn vom 13. Juli 2017 entweder als unzulässig zu verwerfen, jedenfalls aber ohne erneute mündliche Anhörung gem. §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG als unbegründet zurückzuweisen.

Gelegenheit zur Stellungnahme besteht bis zum 4. Januar 2018.

Gründe

I.

1. Der Senat hat bereits erhebliche Bedenken, ob der in vermögensrechtlichen Angelegenheiten erforderliche Beschwerdewert gem. § 61 Abs. 1 FamFG, § 3 ZPO vorliegend erreicht ist.

Soweit das Amtsgericht - Familiengericht - die erstinstanzliche Wertfestsetzung mit dem Verweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH XII ZB 12/16, Beschluss vom 11.05.2016) begründet hat, ist dies für die Frage einer Beschwer der in 1. Instanz unterlegenen Antragstellerin, deren Auskunftsantrag (teilweise) abgewiesen worden ist, ohne Belang.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH XII ZB 405/15, Beschluss vom 16.12.2015) richtet sich in diesen Fällen der Wert des Beschwerdegegenstandes nach dem wirtschaftlichen Interesse an der Erteilung der Auskunft, welches gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen ist (Zöller, 32. Auflage, § 3 "Auskunft"; BGH a.a.O., Tz. 13). Weil die Auskunft die Geltendmachung des Leistungsanspruches erst vorbereiten und erleichtern soll, beträgt der Wert des Auskunftsanspruches in der Regel einen Bruchteil, nämlich ein Zehntel bis ein Vierteil des Leistungsanspruches, und ist umso höher anzusetzen, je geringer die Kenntnisse des Anspruchsstellers von den zur Begründung des Leistungsanspruches maßgeblichen Tatsachen sind. Der Leistungsanspruch bildet die Schätzgrundlage für den anzusetzenden Wert und ist ebenfalls gem. § 3 ZPO zu schätzen. Dies geschieht nach objektiven Anhaltspunkten, wobei anhand des Tatsachenvortrages des Antragstellers danach zu fragen ist, welche Vorstellungen er sich vom Wert des Leistungsanspruchs gemacht hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob ein solcher Anspruch nach den festgestellten Verhältnissen überhaupt oder nur in geringerer Höhe in Betracht kommt, mit der Folge, dass das Interesse des Rechtsmittelklägers dann unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten entsprechend geringer zu bewerten ist. Maßgeblich für die Wertbemessung ist dabei der Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung.

Vorliegend streiten die Parteien darum, ob der Auskunftsanspruch der Antragstellerin mit der vom Antragsgegner erteilten Auskunft - nach der er keinen Zugewinn erzielt hat - bereits erfüllt ist. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Antragsgegner mit dem von der Antragstellerin angegriffenen Beschluss zur Auskunftserteilung auch bezüglich des Trennungs-Stichtages verpflichtet, daneben zur Vorlage eines bestimmten Bankbeleges zum Endvermögensstichtag.

Die Antragstellerin begehrt ausweislich ihres Beschwerdeantrages weitergehende Auskunft durch Vorlage von Sachverständigengutachten und Übertragungsverträgen sowie von Kreditverträgen einschl. dazugehöriger Zins- und Tilgungsplänen.

Mit welchem Wert dieses Verlangen zu bemessen ist, ist mangels nachvollziehbarer Darstellung der Größenordnung ihres (vorgestellten) Leistungsanspruches bisher vollkommen offen.

2. Daneben bestehen auch Zulässigkeitsbedenken bezüglich der Formulierung des Beschwerdeantrages; dieser dürfte keinen vollstreckungsfähigen Inhalt haben, soweit die Vorlage aller zum Eigentumserwerb geschlossenen Übertragungsverträge sowie aller Kreditverträge, die während der Ehezeit geschlossen worden sind, begehrt wird. Belege, die ein Auskunftspflichtiger vorlegen soll, müssen hinreichend konkretisiert sein.

II.

1. Die Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - stellt sich überdies hinsichtlich der materiellen Rechtslage nach Auffassung des Senats als vollinhaltlich zutreffend dar, weshalb der Beschwerde ein Erfolg versagt bleiben müsste.

Soweit die Beschwerdeführerin "im Wesentlichen" vom Antragsgegner erneut die Vorlage von Wertgutachten aller im Besitz des Antragsgegners befindlichen und während der Ehezeit in Besitz gelangten Immobilien, erstellt durch öffentliche und vereidigte Sachverständige, verlangt, existiert ein solcher Anspruch nicht.

Ein möglicher Anspruch auf Wertermittlung, der im Auskunftsanspruch nicht enthalten ist und zusätzlich geltend gemacht werden müsste, geht auf zuverlässige Wertermittlung durch den Auskunftspflichtigen selbst, wenn auch erforderlichenfalls durch Einholung von Auskünften oder Einschaltung von Hilfskräften; einen Sachverständigen muss der Auskunftsverpflichtete hingegen nicht beauftragen (Palandt, 76. Auflage, § 1379 Rdz. 15).

Im Übrigen liegen bereits auf Veranlassung des Antragsgegners erstellte Wertgutachten der Immobilien, bezogen auf den Wertermittlungstag 01.11.2015 vor; der Antragsgegner hat in der mündlichen Anhörung vom 27.06.2017 erklärt, dass die Wertermittlung den Werten zum Stichtag am 20.01.2016 (Endvermögen) entspricht. Gegenteiliges bringt auch die Beschwerdebegründung nicht vor.

2. Soweit darüber hinaus im Rahmen der Belegvorlage erneut die Vorlage aller zum Eigentumserwerb der Immobilien geschlossenen Übertragungsverträge begehrt wird, liegen diese bezüglich der M... Straße 33, W. und A. D...straße 9, W., bereits zur Akte vor. Hinsichtlich des weiteren Grundstückes W... weg 14 sind seitens des Antragsgegners die notwendigen Wertangaben im Zusammenhang mit der erteilten Auskunft bereits erfolgt; aus welchen Gründen insoweit ein weiterer Beleg erforderlich sein sollte, erschließt sich dem Senat nicht.

Der Beschwerdeführerin mag konzediert werden, dass im Zusammenhang mit der im Jahre 2009 erfolgten Reform nunmehr auch über § 1379 Abs. 1 Nr. 2 BGB weitergehend Belege erfordert werden können.

Das Amtsgericht - Familiengericht - ist dem Verlangen insoweit auch nachgekommen, als es den Antragsgegner verpflichtet hat, der Antragstellerin den Beleg zum Immobilienkredit der Volksbank ... zu bezeichneten Konto-/Vertragsnummer zum Endvermögensstichtag vorzulegen.

In Übereinstimmung mit der angefochtenen Entscheidung sieht auch der Senat aber keine weitergehende Verpflichtung des Antragsgegners zur Vorlage von allen Kreditverträgen während der gesamten Ehezeit. Abgesehen von der fehlenden Vollstreckbarkeit mangels ausreichender Konkretisierung besteht auch die Pflicht zur Belegvorlage nur orientiert an den jeweiligen Stichtagen. Sie erstreckt sich aber, weil der Antragsgegner weder Unternehmer noch Freiberufler ist, nicht auf die zu einem bestimmten Saldo führenden Einzelgeschäfte, um deren Berücksichtigungswürdigkeit beurteilen zu können.

Insoweit ist schon nicht ersichtlich, inwieweit es sich bei den verlangten Belegen um Unterlagen handeln sollte, ohne deren Vorlage der Zweck der Auskunft, dem anderen die ungefähre Berechnung des Zugewinnausgleichs zu ermöglichen, nicht erreicht werden kann.

Im Übrigen würde, selbst wenn sich in der Auflistung der Verbindlichkeiten des Antragsgegners (Endvermögen passiv) Verbindlichkeiten finden würden, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Immobilien des Antragsgegners stehen, dies allein über die Berücksichtigungswürdigkeit dieses Saldos noch nicht entscheiden. Daran zeigt sich aber auch, dass die geforderte Belegvorlage nicht zwecktauglich ist.

Nach Auffassung des Senats sollte die Antragstellerin in ihre wirtschaftlichen Überlegungen auch die Frage einbeziehen, ob die Durchführung des Beschwerdeverfahrens sinnvoll erscheint.