Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 29.12.2004, Az.: 7 B 4953/04
Betreuungsbedarf; Einrichtungsträger; einstweilige Anordnung; Ermessen; Ermessensreduzierung auf Null; Kontrahierungszwang; Leistungsvereinbarung; Sozialbehörde; Sozialhilfe; stationäre Leistung; teilstationäre Leistung; Vergütungsvereinbarung
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 29.12.2004
- Aktenzeichen
- 7 B 4953/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 50932
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 93 Abs 2 BSHG
- § 75 Abs 2 SGB 12
- § 75 Abs 3 SGB 12
- § 76 SGB 12
- § 123 Abs 1 S 2 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zumindest eine vorläufige Leistungsvereinbarung ist Voraussetzung für eine Vergütungsvereinbarung, die nur bis zur Antragstellung bei der Schiedsstelle zurückwirken kann.
Tenor:
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig das Leistungsangebot des Antragstellers vom 10.3.2004 nach Maßgabe des Protokolls der Unterredung der Beteiligten vom 6.8.2004 und des Schreibens des Antragstellers vom 17.9.2004, Seite 3 (Personalschlüssel 3,0 mit Leitung), bis zur Entscheidung der Klage, die ohne vorherige Einigung der Beteiligten spätestens bis zum 30.6.2005 zu erheben ist, anzunehmen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
Der Antragsteller betreibt in Einbeck die Heilpädagogischen Förderstätten. Dazu gehört u.a. ein 1991 in Betrieb genommener Sprachheilkindergarten mit 32 genehmigten Plätzen.
Zunächst wurden zwischen dem Antragsgegner, vertreten durch das Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben (NLfZSA) Vergütungen (Pflegesätze/Entgelte) für die erbrachten Leistungen vereinbart. Vereinbarungen, die die erbrachten Leistungen schriftlich niederlegen, bestehen nicht.
Der Antragsteller trat dem ab 1.1.2002 gültigen Landesrahmenvertrag (LRV I) bei, der die Rahmenbedingungen für die von den stationären und teilstationären Einrichtungen zu erbringenden Leistungen sowie für in der Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe ambulant erbrachte Hilfen nach § 72 BSHG, für die hierfür zu zahlenden leistungsgerechten Vergütungen inklusive der Zahlungsweise, für das Verfahren über die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen und für Organisations- und Verfahrensfragen regelt. Der Vertrag enthält eine bis zum 31.12.2003 befristete Übergangsregelung, nach der nach der bisher angewendeten Einrichtungssystematik abgerechnet werden soll und die eine Vergütungserhöhung festschreibt.
Sie trat hingegen nicht dem Landesrahmenvertrag zur Vergleichbarkeit (LRV II; sog. Korridorverfahren) bei.
Nach der Bitte um neue Verhandlungen über die Pflegesätze und der Aufforderung des NLfZSA, zunächst Leistungs- und Prüfungsangebote vorzulegen, übersandte der Antragsteller mit Schreiben vom 10.3.2004 ein Angebot auf Abschluss einer Leistungs- und Prüfungsvereinbarung.
Mit Schreiben vom 29.6.2004 bat das NLfZSA um Mitteilung, ob und inwieweit die angebotenen Leistungen von den bisher erbrachten Leistungen abweichen würden.
In einer „Vergütungsverhandlung“ am 5.8.2004 wurde die aktuell vorgehaltene Personalausstattung dargelegt. Der Antragsteller erklärte weiter, dass keine Anhebung der vom ihm bislang angebotenen Qualität, d.h. keine Verbesserung der Personalausstattung beabsichtigt sei.
Hinsichtlich der Vergütung wurde unter anderem vom Antragsteller darauf hingewiesen, dass defizitär gearbeitet würde, weil man sich bei der Ermittlung der Pflegesätze im Jahr 1991 schlicht verkalkuliert habe.
Mit Schreiben vom 2.9.2004 teilte das NLfZSA mit, dass es eine höhere Qualität als die mit der bestehenden Vergütung mögliche derzeit nicht anzunehmen vermöge.
Mit weiterem Schriftwechsel wurde die Klärung des bestehenden Dissenses über die bestehende Qualität und ihre Finanzierbarkeit versucht.
Am 30.9.2004 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
Die Einrichtung arbeite defizitär und sei auf höhere Vergütung angewiesen. Diese könne aber nach der Spruchpraxis der Schiedsstelle nur erreicht werden, wenn zuvor eine Leistungsvereinbarung geschlossen worden sei. Eine rückwirkend höhere Vergütung sei nach § 93 b Abs. 1 Satz 1 BSHG ausgeschlossen. Der Antragsgegner habe nicht erläutert, worin der Dissens bestehe. Die bisherigen Leistungs- und Qualitätsstandards seien bekannt. Der Landesrahmenvertrag zur Vergleichbarkeit (LRV II) könne nicht herangezogen werden, da der Antragsteller diesem nicht beigetreten sei. Er sei im Rahmen der Betriebserlaubnis gehalten, den bestehenden Personalschlüssel vorzuhalten.
Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das Leistungsangebot des Antragstellers vom 10.3.2004 nach Maßgabe des Protokolls der gemeinsamen Unterredung der Parteien vom 6.8.2004 und des Schreibens des Antragstellers vom 17.9.2004 vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache anzunehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Es fehle am Anordnungsgrund.
Es werde nicht belegt, dass der Sprachheilkindergarten defizitär arbeite. Auch wenn dies zuträfe, ergäbe sich daraus nicht, dass der Sozialhilfeträger verpflichtet sei, Defizite eines Einrichtungsträgers zu vermeiden.
Der Antrag verstoße auch gegen den Landesrahmenvertrag, durch den der Antragsteller in ein bestimmtes Prozedere eingebunden sei.
Die vom Antragsteller mit der zuletzt vereinbarten Vergütung finanzierte, vorgehaltene Qualität sei durch die Vereinbarung des LRV I als ausreichend bestätigt (§ 21 Abs. 6 Satz 3 LRV I).
Es fehle aber auch am Anordnungsanspruch.
Die Rahmenleistungsbeschreibung sei in zwei - vor allem besonders kostenrelevanten- Punkten festlegungs- und ergänzungsbedürftig. So sei der Umfang der Leistung nur durch eine Mindestgrenze der Förderungs- und Betreuungszeit beschrieben. Die Personalausstattung sei nach Zahl und Qualifikation aufzuschlüsseln. Auch hinsichtlich der Öffnungszeit sei nur ein Mindestwert angegeben. Hinsichtlich Betreuungszeit und Öffnungsdauer hat die Antragsgegnerin ihre Bedenken in der mündlichen Verhandlung nicht aufrechterhalten.
Die Vertragspartner des LRV hätten bislang nicht für bestehende Einrichtungen die Leistungsvereinbarungen und dabei insbesondere die Daten der sächlichen und personellen Qualität (noch) nicht abstrakt geregelt (Einheitsqualität), sondern seien davon ausgegangen, dass die mit den Vergütungen finanzierbare Betreuungsqualität ermittelt werden würde, indem zunächst die „Pflegesätze“/Vergütungen gem. 21 LRV I budgetgerecht aufgeteilt würden, um aus dem „Ist“ der Grund- und Maßnahmepauschalen in Niedersachsen die hieraus finanzierbare Qualität bestimmbar zu machen. Der LRV 2 sehe eine Festlegung durch eine „Gemeinsame Kommission“ vor, der die Antragsgegnerin nicht vorgreifen könne.
Im Rahmen der Mindestöffnungszeit und bei einer personellen Mindestausstattung mit einem Schlüssel von 1,5:8 Fachkräften und 0,54: Sprachtherapeuten sei es nach theoretischen Berechnungen für den Antragsteller möglich, den sozialhilferechtlich notwendigen Qualitätsstandard zu der letztmalig für das Jahr 2003 und gemäß § 93 b Abs. 2 Satz 4 BSHG fortgeltenden Vergütung zu erbringen. Es stünde dem Antragsteller darüber hinaus aus der derzeit geltenden Vergütung ein noch ausreichender Betrag beispielsweise für die Bereiche „Leitung“ und „übergreifende Fachdienste“ zur Verfügung.
Der Antragsgegner strebe eine Leistungsvereinbarung an, die bzgl. der Qualität mit der derzeitigen Vergütung auch finanzierbar sei.
Der sozialhilferechtliche Standard erfülle stets auch das ordnungsrechtliche Soll. Es gehe ausschließlich darum, welche Personalausstattung zum Erbringen der sozialhilferelevanten Leistungen erforderlich sei.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Der Antrag hat Erfolg.
Eine einstweilige Anordnung kann das Gericht gem. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur vorläufigen Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses dann erlassen, wenn glaubhaft gemacht ist, dass der geltend gemachte Anspruch gegenüber der Antragsgegnerin besteht und ohne eine vorläufige Regelung wesentliche, in § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO näher beschriebene Nachteile zu entstehen drohen (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO iVm § 920 Abs. 2 ZPO).
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
§ 93 BSHG eröffnet zwar nur einen Anspruch des Einrichtungsträgers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung ( BVerwG, Urt. v.30.9.1993 -5 C 41/91-, BVerwGE 94, 202, 211).
Die zahlreichen Änderungen des § 93 BSHG betreffen lediglich die Ausgestaltung der Vereinbarung, das Verbot der Rückwirkung, sowie die Kompetenzen der Schiedsstelle und Ähnliches, lassen aber nicht erkennen, dass entgegen der dem Gesetzgeber bekannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dem Einrichtungsträger dem Grunde nach nunmehr ein Anspruch auf Abschluss einer Leistungsvereinbarung zuerkannt werden sollte. Es wäre für den Gesetzgeber ein Leichtes gewesen, einen Kontrahierungszwang zu normieren. Indem er dies nicht getan hat, kann lediglich im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von einem Anspruch des Einrichtungsträgers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung ausgegangen werden.
Ein weites Ermessen steht dem Antragsgegner allerdings nicht zu. Ein Hilfebedürftiger ist in aller Regel auf das Bestehen der Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG angewiesen, wenn es um die Durchsetzung eines Anspruches auf Eingliederungshilfe für die in einer Einrichtung in Anspruch genommenen Leistungen bzw. um die Geltendmachung angemessener Wünsche geht (§ 3 Abs. 2 BSHG). Erfüllt die Einrichtung die Voraussetzungen des § 93 Abs. 1 BSHG, dürften sich kaum noch Ermessensgesichtpunkte gegen den Abschluss der Vereinbarung finden lassen (Münder, LPK-BSHG, 6. Aufl., § 93 Rdnr. 22).
Es bedarf hier jedoch nicht der abschließenden Beurteilung, ob eine Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich der Leistungsvereinbarung vorliegt.
Eine abschließende Ermessensentscheidung hat der Antragsgegner noch nicht getroffen. Er hat zwar über das NLfZSA im Schriftsatz vom 2.9.2004 ausgeführt, dass er sich nicht in der Lage sehe, einer höheren Qualität zuzustimmen, als sie mit der bisherigen Finanzierung erreichbar sei. Er hat aber die Verhandlungen noch nicht endgültig abgebrochen.
Der Anspruch des Antragstellers scheitert nicht an einer Bindung an den Landesrahmenvertrag I (LVR I). Richtig ist zwar, dass der Antragsteller dadurch zunächst in ein bestimmtes Verfahrensschema eingebunden war, das sich aus § 21 LVR I ergibt. Diese Übergangsvorschrift regelt jedoch nur die Übergangszeit, die am 31.12.2003 endete. Sie trifft auch keine Regelung für die ab 1.1.2004 geltenden Vergütungen, sondern wollte lediglich den Zeitraum für die vorbereitenden Arbeiten sichern. Es ist nicht dem Antragsteller anzulasten, dass die zur Umsetzung notwendigen Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind. Es ist auch nicht erkennbar, dass diese kurz vor dem Abschluss stehen. Das sich anschließende sogenannte Korridorverfahren hat für den vorliegenden Fall schon deshalb keine Bedeutung, weil die Antragstellerin dem LRV II, der dieses Verfahren regelt, nicht beigetreten ist. Eine Geltung ergibt sich insbesondere nicht aus § 21 des LRV I, wie der Antragsgegner daraus glaubt herleiten zu können, dass die Vertragsparteien einvernehmlich festgestellt hätten, dass die zur Umsetzung vereinbarten Arbeiten in den vorgesehenen Zeiträumen nicht in ausreichendem Maße erbracht, geschweige denn abgeschlossen worden seien. Dazu hätten die Vertragsparteien einvernehmlich erklärt, gleichwohl an der Vereinbarung festhalten und sie umsetzen zu wollen. Selbst wenn eine derartige Erklärung abgegeben sein sollte, bedürfte sie zur Gültigkeit der Schriftform (§ 56 SGB X). Im übrigen bedarf auch eine Änderung des Vertrages (Verlängerung der Übergangszeit) des Beitritts des jeweiligen Einrichtungsträgers, um ihm gegenüber wirksam zu werden. Dementsprechend wäre eine Rückstellung der Entscheidung, die mit der Verlängerung der Zeit für die vorbereitenden Arbeiten begründet würde, ermessenswidrig.
In den Fällen, in denen eine Ermessensentscheidung aussteht oder eine ermessenswidrige Entscheidung vorliegt, ist das Gericht zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes befugt, die Behörde zu einer bestimmten Handlung zu verpflichten. Dies ergibt sich aus der in §§ 123 Abs. 3 VwGO, 938 Abs. 1 ZPO eingeräumten richterlichen Gestaltungsbefugnis, ohne die bei Ermessensspielräumen auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren kein effektiver Rechtsschutz denkbar wäre. Eine Verpflichtung, lediglich eine (neue) Entscheidung zu treffen, würde nämlich zu spät kommen, da der wesentliche Nachteil nicht mehr ausgeglichen werden könnte (OVG Lüneburg, Beschluss v. 23.8.1999 - 12 M 2996/99, FEVS 51, 312-314).
Im Rahmen der richterlichen Gestaltungsbefugnis ist festzustellen, dass die Ablehnung einer Leistungsvereinbarung ermessenswidrig wäre, würde sie darauf gestützt, dass eine derartige Vereinbarung die Grenzen der bisherigen Vergütung übersteige.
Die Leistung des Einrichtungsträgers ist von der sozialhilferechtlichen Notwendigkeit bestimmt. Sie hat nicht mehr und nicht weniger zu beinhalten als das sozialhilferechtlich Erforderliche. Bei gleicher grundsätzlicher Tauglichkeit ist aufgrund des allgemeinen Sparsamkeitsgebots die Leistung zu wählen, die bei gleichem Erfolg günstiger erbracht werden kann. Dies zeigt, dass Leistung und Vergütung zwar wechselseitig voneinander abhängen. In erster Linie ist aber die Erfüllung der sozialhilferechtlichen Erfordernisse zu berücksichtigen. Es wäre hingegen fehlerhaft, als Ausgangspunkt die Vergütung zu wählen und danach die Leistung ohne Rücksicht auf die sozialhilferechtlichen Erfordernisse zu bestimmen.
Dementsprechend kommt es nicht darauf an, welche Leistung mit der bestehenden Vergütung finanziert werden kann, sondern darauf, welche günstigste Leistung sozialhilferechtlich geboten ist.
Der Antragsgegner hat mittels des Beispiels einer sozialhilferechtlich angemessenen Wohnung versucht, seine Position deutlich zu machen. So folge aus der Tatsache einer geringeren Miete nicht, dass die Wohnung nicht bedarfsgerecht sei, wie auch aus dem Umstand, dass einem anderen Sozialhilfeempfänger aufgrund höherer Unterkunftskosten gewährt würden, nicht folge, dass der Sozialhilfeempfänger mit dem niedrigeren Mietzins in einer nicht bedarfsgerechten Wohnung lebe.
Zwar trifft dies zu, hilft aber für den vorliegenden Fall deshalb nicht weiter, weil der Antragsgegner die fehlende Abhängigkeit zwischen bedarfsgerechter Leistung (angemessener und bedarfsgerechter Wohnraum) und Vergütung (übernommene Miete), die sich gerade auch aus seinem Beispiel ergibt, doch wieder herzustellen versucht, indem er darauf beharrt, dass der Antragsteller darlegen möge, welche Leistung er für die bislang gezahlte Vergütung habe erbringen können. Nicht darauf kommt es an, sondern ausschließlich auf die Frage, ob die Leistung, die erbracht worden ist, - sie ist nach unwiderlegtem Vorbringen des Antragstellers nunmehr Inhalt des Leistungsangebotes - sozialhilferechtlichen Erfordernissen gerecht wird.
Um bei dem Beispiel der Wohnung zu bleiben, will der Antragsteller gerade nicht in eine teurere Wohnung umziehen (die Leistung soll ja gleich bleiben), er möchte nur die von ihm behauptete Mieterhöhung hinsichtlich seiner alten Wohnung berücksichtigt wissen. Aus einer Mieterhöhung kann nämlich nicht auf eine den sozialhilferechtlichen Bedarf überschießende Leistungsverbesserung (unangemessene Wohnung) geschlossen werden.
Der Antragsteller begehrt keine Leistungsverbesserung mit der Folge einer Vergütungserhöhung. Er hat zum Ziel, bei gleicher Leistung eine höhere Vergütung zu erzielen, um, wie er behauptet, ein sonst anwachsendes Defizit zu vermeiden.
Der Antragsgegner geht selbst davon aus, dass die bisher erbrachte Leistung dem sozialhilferechtlich notwendigen Rahmen entspricht, indem er die vom Antragsteller bisher vorgehaltene Qualität als sozialhilferechtlich ausreichend ansieht. Dem entspricht es, dass der Antragsgegner tatsächlich bis heute Leistungen des Antragstellers ohne ausdrückliche Leistungsvereinbarung in Anspruch nimmt, ihm die Leistungskriterien deshalb nicht gänzlich unbekannt sein dürften. Er zahlt eine, wenn auch nach Auffassung des Antragstellers zu niedrige Vergütung. Insoweit erscheint es im Rahmen der richterlichen Gestaltungsbefugnis nicht unangemessen auf dieser Leistungsbasis den Antragsgegner zu der Annahme des Leistungsangebotes zu verpflichten.
Der Antragsgegner selbst hat das Angebot hinsichtlich der Leistungsvereinbarung im Wesentlichen nicht beanstandet.
Der von dem Antragsgegner im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstmalig genannte Personalschlüssel, den er für ausreichend hält und der in den noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen mit den Einrichtungsträgern erörtert worden sein soll, kann mangels nachvollziehbarer Angaben ebenso wenig als gesicherte Erkenntnis des sozialhilferechtlich notwendigen Betreuungsbedarfs angesehen werden wie der tatsächlich vorgehaltene Personalschlüssel.
Zur vorläufigen Regelung bietet es sich an, vom bestehenden Status quo auszugehen, so wie das auch im Rahmenvertrag geschieht, der auch für die Übergangszeit bis 31.12.2003 einen entsprechenden finanziellen Ausgleich vorsieht. Der Antragsgegner kann nicht erwarten, dass er (in seinen Augen überhöhte Leistungen) ohne Entgelt entgegennehmen kann. Angemerkt sei, dass die Übergangsfassung des Landesrahmenvertrages (1999) seit spätestens 31.12.2001 außer Kraft ist.
Andererseits ist es ohne sichere bessere Erkenntnis auch nicht angängig hinter den Maßstäben zurückzubleiben, die das Landesjugendamt (Schreiben vom 19.11.2003) unter Bezugnahme auf die allgemeine Verwaltungspraxis (niedergelegt in 22.11-43360/1000 Mustereinrichtung eines Sonderkindergartens für Sprach- und Hörbehinderte , Landessozialamt Niedersachsen) für geboten hält. Zwar hat das Landesjugendamt nur die Formulierung gewählt, es bestehe kein Interesse daran, die nach der allgemein bekannten Verwaltungspraxis geltenden Standard abzusenken. Mit Standard wird jedoch regelmäßig die übliche und notwendige Leistung beschrieben, die regelmäßig auch Inhalt des sozialhilferechtlichen Anspruchs ist.
Zwar ist nicht auszuschließen, dass sich die Erkenntnis durchsetzt, dass auch ein niedrigerer Personalschlüssel eine ausreichende Betreuung und Förderung zulässt. Zu einer Umsetzung bedarf es jedoch der gesicherten Erkenntnis sowie der Abstimmung mit den Behörden, die für die Einhaltung des Ordnungsrechts Sorge zu tragen haben. Nur so wird sichergestellt, dass das sozialhilferechtlich Gebotene ordnungsrechtlichen Maßstäben genügt.
Dabei beschränkt sich die Verpflichtung entsprechend dem Antrag des Antragstellers auf die vorläufige Leistungsvereinbarung.
Der Antragsteller hat auch insoweit Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Erklärung (Annahme oder Ablehnung) allein zu seinem Angebot für eine Leistungsvereinbarung, die sich zwar bezogen auf die Gesamtvereinbarung nur als „Teileinigung“ darstellen würde, aber notwendig ist, um der Schiedsstelle Gelegenheit zu geben, die fehlende Einigung über die Vergütung zu ersetzen. Auch aus der Gestaltung durch den Gesetzgeber, dass die Schiedsstelle nur noch über die Vergütungsvereinbarung entscheidet, folgt, dass der Gesetzgeber eine Trennung zwischen Vergütungs- und Leistungsvereinbarung sieht.
Vorliegend geht es dementsprechend ausschließlich um die Leistungsvereinbarung, so dass es nicht darauf ankommt, inwieweit die gezahlte Vergütung ausreicht oder ein nicht anders zu beseitigendes Defizit aufgrund nicht angemessener Vergütung sich zu vergrößern droht. Eine dahingehende Glaubhaftmachung ist mithin entbehrlich.
Einer landesweiten Einigung wird mit der einstweiligen Anordnung nicht vorgegriffen, da es sich nur um eine vorläufige Regelung handelt, die aber zur Überbrückung der Zeit bis zu einer endgültigen Einigung erforderlich erscheint und von den Beteiligten auch ohne gerichtliche Anordnung hätte erfolgen können.
Die einstweilige Anordnung scheitert auch nicht am fehlenden Anordnungsgrund.
Ein wesentlicher Nachteil entsteht nicht erst dann, davon scheint die Antragsgegnerin auszugehen, wenn dem Antragsteller die Zahlungsunfähigkeit droht, sondern auch dann, wenn die Rechtsschutzmöglichkeiten ihre Effektivität zu verlieren drohen.
Da einerseits die Leistungsvereinbarung zwingende Voraussetzung für eine Vergütungsvereinbarung ist - diese hätte sonst keine tatsächliche Grundlage -, andererseits die Vergütungsvereinbarung nur insoweit zurückwirken kann, als ein entscheidungsfähiger Antrag der Schiedsstelle vorgelegt worden ist (Rückwirkung auf den Antrag bei der Schiedsstelle, § 93 b Abs. 2 Satz 2 BSHG), besteht für den Antragsteller der wesentliche Nachteil, dass er ohne einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich der Leistungsvereinbarung bei drohendem Defizit einen dann notwendigen Ausgleich nicht mehr erlangen kann, da nachträgliche Ausgleiche nicht vorgenommen werden dürfen (§ 93 b Abs. 1 Satz 1 BSHG).
Dabei ist nicht entscheidend, dass schon jetzt abschließend geklärt ist, ob dem Antragsteller tatsächlich eine höhere Vergütung zusteht, entscheidend ist vielmehr, dass eine Entscheidung der Schiedsstelle bzw. eine gerichtliche Überprüfung im Hauptsacheverfahren ins Leere gehen würden. Es nützt dem Antragsteller ein mögliches Obsiegen hinsichtlich der Leistungsvereinbarung nichts mehr hinsichtlich der Vergütung bis zur möglichen Antragstellung bei der Schiedsstelle. Damit würde aber der Rechtsschutz für den Zeitraum bis zur möglichen Antragstellung bei der Schiedsstelle ausgehöhlt. Anderes kann nur dann gelten, wenn es offensichtlich wäre, dass ein höherer Vergütungsanspruch als bisher ausgeschlossen werden kann. Die Berechnung des Antragsgegners gibt dafür nichts her, weil sie davon ausgeht, dass der Antragsteller bislang kostendeckend gearbeitet hat. Dies wird jedoch gerade bestritten. Zwar kann das vergangene Defizit nicht ausgeglichen werden. Es kann aber nicht verlangt werden, dass die Einrichtung weiterhin defizitär betrieben wird, soweit dies nicht auf unwirtschaftliches Verhalten der Einrichtung selbst zurückzuführen ist.
Dem Antragsgegner kann auch nicht beigepflichtet werden, wenn er davon ausgeht, dass der Gesetzgeber generell Defizite nicht ausschließt. Der Gesetzgeber berücksichtigt nur Defizite nicht, die aufgrund einer fehlerhaften Kalkulation oder im Rahmen unternehmerischen Risikos entstehen (es findet kein nachträglicher Ausgleich statt). Er geht bei der prospektiven Betrachtung jedoch schon davon aus, dass eine angemessene Vergütung gewährt wird. Eine Vergütung ist aber jedenfalls dann nicht angemessen, wenn für sie kein Anbieter die Leistung ohne Defizit erbringen kann.
Es kann dahinstehen, ob der Antragsteller neben der angestrebten Vereinbarung nach § 93 BSHG aus dem Gesichtspunkt eines faktischen Vertragsverhältnisses mit dem Antragsgegner oder aus ungerechtfertigter Bereicherung Geldforderungen stellen kann. Die Erfolgsaussichten liegen jedenfalls nicht auf der Hand und vermögen deshalb den entstehenden Nachteil nicht auszugleichen. Auch die verbleibende Forderung gegen den einzelnen Hilfeempfänger in der Einrichtung bietet keinen entsprechenden Ausgleich, da ihre Durchsetzbarkeit ebenfalls zweifelhaft ist.
Eine vorläufige Leistungsvereinbarung stellt sicher, dass auch über die Vergütung entschieden werden kann. Um den Beteiligten die Gelegenheit zu geben, sich über die Leistung doch noch zu einigen, ist die Verpflichtung zur Klageerhebung (§ 926 Abs. 1 ZPO) mit der aus dem Tenor ersichtlichen Frist versehen worden. Die Fristsetzung trägt dem Charakter der Vorläufigkeit Rechnung und verhindert, dass der Antragsgegner auf Dauer an der vorläufigen Regelung festgehalten wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.