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  • ab 01.01.2021 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 5 AbluftRAnlRdErl - Berücksichtigung der Bioaerosolproblematik bei der Durchführung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren für Schweinehaltungsanlagen und Geflügelhaltungsanlagen

Bibliographie

Titel
Durchführung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren; Abluftreinigungsanlagen in Schweinehaltungsanlagen und Anlagen für Mastgeflügel sowie Bioaerosolproblematik in Schweine- und Geflügelhaltungsanlagen
Redaktionelle Abkürzung
AbluftRAnlRdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
28500

Nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg spricht Erhebliches dafür, dass von Tierhaltungsbetrieben luftgetragene Schadstoffe, wie insbesondere Stäube, Pilzsporen oder ähnliche Mikroorganismen und Endotoxine, ausgehen, die grundsätzlich geeignet sind, nachteilig auf die Gesundheit der benachbarten Anwohnerinnen und Anwohner einer Anlage einzuwirken. Gibt es hinreichende Gründe für die Annahme, dass Immissionen möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen, ist es Aufgabe der Vorsorge nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, solche Risiken insbesondere durch Emissionsbegrenzungen, ggf. auch unterhalb der Gefahrengrenze nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, zu minimieren (OVG Lüneburg, Beschl. vom 9.8.2011 - 12 LA 55/10 -, Beschl. vom 13.3.2012 - 12 ME 270/11 -).

Gemäß den Vorsorgeanforderungen nach Nummer 5.4.7.1 TA Luft sind bei der Errichtung von Tierhaltungsanlagen u. a. die Möglichkeiten zu prüfen, die Emissionen an Keimen und Endotoxinen durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zu vermindern.

Nach derzeitigem Kenntnisstand können eine Risikobewertung und die Festlegung möglicherweise erforderlicher Maßnahmen bezüglich Bioaerosolemissionen aus immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Tierhaltungsanlagen nur auf der Basis der Umstände des konkreten Einzelfalles ggf. im Rahmen eines Sachverständigengutachtens gemäß § 13 der 9. BImSchV in Anlehnung an die Festlegungen in Nummer 4.8 TA Luft erfolgen.

Bei der Durchführung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren für Schweine- und Geflügelhaltungsanlagen der Nummern 7.1.1.1, 7.1.1.2, 7.1.2.1, 7.1.2.2, 7.1.3.1, 7.1.3.2, 7.1.4.1, 7.1.4.2, 7.1.7.1, 7.1.7.2, 7.1.8.1, 7.1.8.2, 7.1.9.1, 7.1.9.2 und 7.1.11.1 bis 7.1.11.3 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV sind von den Antragstellern Sachverständigengutachten zu den Bioaerosolemissionen zu verlangen, wenn Hinweise auf eine mögliche gesundheitliche Beeinträchtigung durch Bioaerosolemissionen aufgrund der Tierhaltungsanlage vorliegen. Hinweise für das Erfordernis einer Prüfung auf Bioaerosolbelastungen im Rahmen eines Sachverständigengutachtens können z. B. sein:

  1. a)

    der Abstand zwischen der nächsten Wohnbebauung bzw. dem nächsten Aufenthaltsort, an dem sich Menschen nicht nur vorübergehend aufhalten, und einer Schweinehaltungsanlage beträgt weniger als 350 m,

  2. b)

    der Abstand zwischen der nächsten Wohnbebauung bzw. dem nächsten Aufenthaltsort, an dem sich Menschen nicht nur vorübergehend aufhalten, und einer Geflügelhaltungsanlage beträgt weniger als 500 m,

  3. c)

    es liegen ungünstige Ausbreitungsbedingungen vor, z. B. Kaltluftabflüsse in Richtung der benachbarten Wohnbebauung,

  4. d)

    weitere bioaerosolemittierende Anlagen befinden sich in der Nähe (1 000-m-Radius),

  5. e)

    es bestehen empfindliche Nutzungen in der Nachbarschaft (z. B. Krankenhäuser),

  6. f)

    es liegen bereits gehäufte Beschwerden der Anwohnerinnen und Anwohner wegen nachgewiesener, gesundheitlicher Beeinträchtigungen (spezifische Erkrankungsbilder) aufgrund von Emissionen aus Tierhaltungsanlagen vor,

  7. g)

    die benachbarte Wohnbebauung liegt in Hauptwindrichtung in weniger als 1 000 m Entfernung von der emittierenden Anlage,

  8. h)

    es liegt eine gegenüber der natürlichen Hintergrundkonzentration an Bioaerosolen bereits erhöhte Bioaerosolkonzentration vor.

Die Aufzählung der Hinweise ist nicht abschließend *). Bei Vorliegen eines der gegebenen Hinweise soll im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens ein Sachverständigengutachten zu Bioaerosolemissionen gefordert werden. Die in Absatz 4 Satz 2 Buchst. a und b genannten Entfernungsangaben sind nicht als Mindestabstände zu verstehen, weil auch über die genannten beispielhaften Abstände hinaus noch relevante Konzentrationen von anlagenspezifischen Bioaerosolen auftreten können.

Im Hinblick auf die Begrenzung relevanter Emissionen von Bioaerosolen orientiert sich die Darstellung und Bewertung derzeit häufig an anerkannten Maßnahmen zur Staubreduzierung gemäß der VDI-Richtlinie 4250 Blatt 3. In der Fachwelt wird davon ausgegangen, dass Systeme, die ihre Wirksamkeit in Bezug auf eine Partikel- bzw. Staubabscheidung bewiesen haben, auch geeignet sind, Bioaerosole abzuscheiden. Insofern können durch eine Abluftreinigungsanlage, die der Staubabscheidung dient und die für den Einsatz im Bereich von Schweine- und Geflügelhaltungsanlagen grundsätzlich geeignet ist, nach dem aktuellen Stand die Möglichkeiten zur Reduzierung der Bioaerosolemissionen ausgeschöpft werden. Im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens für eine Schweine- oder Geflügelhaltungsanlage kann von der zuständigen Genehmigungsbehörde auf die Forderung eines Sachverständigengutachtens zu Keimemissionen verzichtet werden, wenn der Antragsteller für eine solche Tierhaltungsanlage eine für die Partikel- bzw. Staubabscheidung geeignete Abluftreinigungsanlage vorsieht.

Die Hinweise wurden in Anlehnung an den VDI-Richtlinienentwurf 4250 Blatt 1, Stand: November 2011, festgelegt.

Außer Kraft am 1. Januar 2027 durch Nummer 6 des Runderlasses vom 2. November 2020 (Nds. MBl. S. 1367)