Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 09.02.2015, Az.: 32 Ss 167/14
Auswirkungen der Nichtgewährung des letzten Wortes bei einem geständigen Angeklagten auf Schuldspruch und Rechtsfolgenausspruch
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 09.02.2015
- Aktenzeichen
- 32 Ss 167/14
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2015, 23238
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2015:0209.32SS167.14.0A
Rechtsgrundlagen
- StPO § 258 Abs. 2
- StPO § 337 Abs. 1
Fundstellen
- NJW-Spezial 2015, 410
- StRR 2015, 202
Amtlicher Leitsatz
Bei einem geständigen Angeklagten kann bei Nichtgewährung des letzten Wortes zwar der Rechtsfolgenausspruch, regelmäßig aber nicht der Schuldspruch auf einem solchen Verfahrensfehler beruhen.
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird gem. § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hannover zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Hannover hat den Angeklagten mit dem angefochtenen Urteil vom 29.07.2014 wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils 30,- € verurteilt.
Zur Tat hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Angeklagte am 04.08.2013 gemeinsam mit seiner Freundin, der Zeugin O., das Maschseefest in H. aufgesucht hatte. Diese hatte sich von dem Zeugen L. "angemacht" gefühlt. Daraufhin suchte der Angeklagte gegen 03:50 Uhr eine Gruppe um den Zeugen L. sowie den Zeugen L. auf und forderte diese zum Verlassen des Maschseefestes auf. Im Rahmen eines zunächst verbalen Streits verpasste der Angeklagte sodann dem Zeugen H. mit der flachen Hand eine Ohrfeige. Letzterer wehrte sich und schlug zurück, wodurch der Angeklagte umfiel. Der Zeuge H. lief anschließend von dem Angeklagten weg. Dieser lief jedoch dem Zeugen H. hinterher und brachte ihn zu Boden. Über ihm stehend versetzte der Angeklagten dem am Boden liegenden Zeugen H. nun zahlreiche Faustschläge. Letztlich ging ein unbeteiligter Zeuge dazwischen und zog den Angeklagten von dem Zeugen H. herunter. Der Zeuge H. erlitt eine Prellung am rechten Auge, eine oberflächliche Kratzverletzung am Kinn sowie Schürfwunden am Schienbein und im Bereich der linken seitlichen Thoraxwand.
Der Angeklagte hat über seinen Verteidiger ein vollumfängliches Geständnis abgegeben.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Nichterteilung des letzten Wortes rügt. Ferner erhebt er die allgemeine Sachrüge und beantragt, das angefochtene Urteil mit seinen Feststellungen aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 29.07.2014 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben, die weiter gehende Revision gem. § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hannover zurückzuverweisen.
II.
Das Rechtsmittel des Angeklagten hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen erweist es sich als unbegründet.
1.) Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils wegen vorsätzlicher Körperverletzung hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
Auf dem dargelegten und im Rahmen einer zulässigen Verfahrensrüge ausgeführten Verfahrensfehler der Nichtgewährung des letzten Wortes an den Angeklagten gem. § 258 Abs. 2 StPO kann der Schuldspruch nicht beruhen. Bei einem geständigen Angeklagten kann zwar der Rechtsfolgenausspruch, regelmäßig aber nicht der Schuldspruch auf einem solchen Verfahrensfehler beruhen (vgl. BGH, NStZ 2012, 587, Beschluss vom 17.07.2012, Az.: 5 StR 253/12; BGH, NStZ-RR 2010, 152, Beschluss vom 04.02.2010, Az.: 1 StR 3/10). Der Senat kann angesichts des vollumfänglichen Geständnisses des Angeklagten durch Verteidigererklärung in der Hauptverhandlung und der ansonsten gegebenen klaren Beweislage ausschließen, dass der Angeklagte in einem letzten Wort etwas insofern Erhebliches hätte bekunden können.
Insoweit verwirft der Senat die Revision des Angeklagten auf Antrag der Staatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 2 StPO.
2.) Dagegen kann der Ausspruch über die Strafe auf dem Verfahrensfehler beruhen.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte, wäre ihm das letzte Wort erteilt worden, Ausführungen gemacht hätte, welche die Strafzumessung zu seinen Gunsten beeinflusst hätten.