Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 09.08.2017, Az.: 2 A 101/17

AME; Anerkennung; Erneuerung; Flugmedizinischer Sachverständiger

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
09.08.2017
Aktenzeichen
2 A 101/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 54132
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Flugmedizinische Sachverständige (AME), deren Anerkennungszeitraum abgelaufen ist, müssen für ihre erneute Anerkennung nicht in jedem Fall den flugmedizinischen Grundlehrgang wiederholen.

2. Auch nach Anhang III (Teil-MED) der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 wird eine Anerkennung als flugmedizinischer Sachverständiger nur verlängert, wenn 20 Stunden Fortbildung während des zurückliegenden Anerkennungszeitraums absolviert wurden.

Tenor:

Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin erneut im bisherigen Umfang als flugmedizinische Sachverständige für Tauglichkeitsuntersuchungen der Klasse 2 und LAPL anzuerkennen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des festzusetzenden Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Verlängerung, hilfsweise die Erneuerung ihrer Anerkennung als flugmedizinische Sachverständige.

Die Klägerin, die als Fachärztin für Innere Medizin in Hannover praktiziert, beantragte am 23.01.2012 beim Luftfahrt-Bundesamt die Anerkennung als flugmedizinische Sachverständige (AME) für die Tauglichkeitsklasse 2. Das Luftfahrt-Bundesamt leitete den Vorgang zunächst zuständigkeitshalber an die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr - Sachgebiet Luftverkehr - weiter und übernahm das Verfahren erneut, nachdem es auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011, die in Deutschland am 08.04.2013 in Kraft trat, für die Anerkennung von flugmedizinischen Sachverständigen für die Tauglichkeitsklasse 2 zuständig geworden war. Im Rahmen des Anerkennungsverfahrens legte die Klägerin unter anderem eine Bescheinigung vor, aus der sich ergab, dass sie in der Zeit vom 1. bis 9. September 2012 an einem Grundlehrgang in Flugmedizin (Fliegerarztlehrgang 22 Basic nach JAR-FCL 3 der Deutschen Akademie für Flug- und Reisemedizin) teilgenommen hatte. Am 27.02.2013 nahm sie zudem an einer Informationsveranstaltung des Luftfahrt-Bundesamtes teil, deren Gegenstand die Anwendung der luftverkehrsrechtlichen Bestimmungen nach der EU-Verordnung Nr. 1178/2011 war und die von der Behörde als 5-stündige Fortbildungsveranstaltung für Flugmediziner anerkannt war. Mit Bescheid vom 05.09.2013 erkannte das Luftfahrt-Bundesamt die Klägerin für die Dauer von drei Jahren bis zum 04.09.2016 als flugmedizinische Sachverständige für die Tauglichkeitsklassen 2 und LAPL an.

Danach war die Klägerin als Fliegerärztin tätig und nahm an folgenden Fortbildungsveranstaltungen teil, die vom Luftfahrt-Bundesamt stundenweise für die fliegerärztliche Fortbildung anerkannt waren und zwar:

22.01.2016

2:45 h

Refresherseminar Fliegerarztlehrgang

23.01.2016

6:45 h

Refresherseminar Fliegerarztlehrgang

24.01.2016

1:30 h

Refresherseminar Fliegerarztlehrgang

24.01.2016

2:00 h

Workshop „Gültigkeit von Tauglichkeitszeugnissen…“

06.08.2016

2:00 h

Informationsveranstaltung des LBA zur 15. Änd. LuftVG

Am 15.08.2016 beantragte die Klägerin die Verlängerung ihrer Anerkennung als flugmedizinische Sachverständige. Mit Schreiben vom 19.08.2016 informierte die Behörde die Klägerin darüber, dass sie bisher nicht nachgewiesen habe, im zurückliegenden Anerkennungszeitraum im Umfang von mindestens 20 Stunden an anerkannten Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen zu haben. Die Teilnahme an der Informationsveranstaltung des Luftfahrt-Bundesamtes im Februar 2013 könne nicht berücksichtigt  werden, weil die Veranstaltung vor der Anerkennung der Klägerin als AME durchgeführt worden sei. Am 19.09.2016 teilte das Luftfahrt-Bundesamt der Klägerin sodann mit, dass die Geltung ihrer Anerkennung abgelaufen sei, nachdem sie die Verlängerungsvoraussetzungen nicht nachgewiesen habe. Ihre Berechtigung, Tauglichkeitsuntersuchungen durchzuführen, sei deshalb erloschen. Zugleich wurde sie gebeten mitzuteilen, ob sie an ihrem Verlängerungsantrag festhalten wolle. Dies bejahte die Klägerin mit Schreiben vom 30.09.2016 und wies ergänzend darauf hin, dass sie in der Zeit vom 22. bis 24.09.2016 an einer vom Luftfahrt-Bundesamt im Umfang von 11 Stunden anerkannten Fortbildungsveranstaltung teilgenommen habe. Für den Fall, dass eine Verlängerung nicht mehr möglich sei, beantrage sie hilfsweise eine neue Anerkennung als AME.

Mit Bescheid vom 15.11.2016 lehnte das Luftfahrt-Bundesamt daraufhin eine Verlängerung der Anerkennung mit der Begründung ab, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, in dem Zeitraum vom 05.09.2013 bis 04.09.2016 mindestens 20 Stunden Fortbildung absolviert zu haben. Die von ihr vorgelegten Bescheinigungen würden lediglich einen Zeitraum von 15 Stunden belegen. Ihre Teilnahme an Veranstaltungen im Februar 2013 und Ende September 2016 könne nicht berücksichtigt werden, weil diese außerhalb der Geltungsdauer ihrer Anerkennung als AME stattgefunden hätten.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, den sie damit begründete, die Beklagte habe den ihr eingeräumten Ermessensspielraum nicht genutzt. Die von ihr Ende September 2016 besuchte Veranstaltung habe nur wenige Wochen nach dem Ablauf ihrer Anerkennung stattgefunden und müsse deshalb berücksichtigt werden. Ihre Bereitschaft zur Fortbildung werde auch dadurch belegt, dass sie gegenüber der Ärztekammer nicht nur - wie verlangt - in den zurückliegenden 5 Jahren 250 Stunden ärztlicher Fortbildung nachgewiesen habe, sondern 350 Stunden. Diesen Widerspruch wies das Luftfahrt-Bundesamt mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2017 aus den Gründen des Ausgangsbescheides zurück. Auf den hilfsweise gestellten Antrag, die Klägerin erneut als AME anzuerkennen, ging der Widerspruchsbescheid nicht ein.

Daraufhin hat die Klägerin am 02.03.2017 den Verwaltungsrechtsweg beschritten und am 14.03.2017 im Hinblick auf eine neue Anerkennung als AME Untätigkeitsklage (Az. 2 A 125/17) erhoben, die mit der zuvor erhobenen Klage unter dem Aktenzeichen 2 A 101/17  verbunden wurde. Zur Begründung ihrer Klage wiederholt sie ihr Vorbringen und trägt ergänzend vor: Für die Frage, ob sie die notwendigen 20 Stunden Fortbildung absolviert habe, sei auf den Zeitpunkt des Erlasses des Ablehnungsbescheides abzustellen. Unter Einbeziehung der Fortbildungsveranstaltung, die sie Ende September 2016 besucht habe, habe sie eine Fortbildung im Umfang von 26 Stunden nachgewiesen. Sollte eine Verlängerung nicht mehr möglich sein, müsse die Beklagte sie jedenfalls erneut als AME anerkennen, weil sie die Voraussetzungen hierfür erfülle. Ihre Teilnahme an einem flugmedizinischen Grundlehrgang im September 2012 genüge den Anforderungen. Zwar habe dieser Lehrgang zu einer Zeit stattgefunden, als in Deutschland die Bestimmungen der JAR-FCL 3 noch galten, er sei aber bereits auf die künftigen Regelungen der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 ausgerichtet gewesen, weil die Verordnung in vielen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft bereits am 09.04.2012 in Kraft getreten war. Für Deutschland sei ihr Inkrafttreten lediglich auf der Grundlage einer sog. „opt-out“ Möglichkeit um ein Jahr hinausgeschoben worden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Luftfahrt-Bundesamtes vom 05.11.2016 i.d.G. des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2017 zu verpflichten, die Anerkennung der Klägerin als flugmedizinische Sachverständige über den 04.09.2016 hinaus zu verlängern,

hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin erneut als flugmedizinische Sachverständige anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erwidert: Für die Teilnahme an Auffrischungsschulungen könnten nur solche Veranstaltungen anerkannt werden, die innerhalb des Anerkennungszeitraums vom 05.09.2013 bis 04.09.2016 durchgeführt worden seien. In diesem Zeitraum habe die Klägerin nur 15 Stunden Fortbildung als flugmedizinische Sachverständige absolviert. Das Erfordernis von 20 Stunden Fortbildung, die innerhalb des Anerkennungszeitraums liegen müssten, ergebe sich aus dem Guidance Material (GM) zu Part-MED der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011. Ein Ermessensspielraum stehe ihr nicht zu. Die Klägerin habe bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des GM nicht erfüllt. In welchem Umfang die Klägerin ihren allgemeinen ärztlichen Fortbildungsverpflichtungen gegenüber der Ärztekammer nachgekommen sei, sei für die Entscheidung irrelevant.

Die Klägerin könne nur dann als flugmedizinische Sachverständige neu anerkannt werden, wenn sie zuvor erneut an einem fliegerärztlichen Grundlehrgang teilgenommen habe. Da die Verordnung (EU) 1787/2011 - anders als bei Piloten - eine Erneuerung abgelaufener Anerkennungen nicht vorsehe, müsse die Klägerin die Voraussetzungen der Erstanerkennung erfüllen. Soweit die Verordnung hierfür die Teilnahme an einem flugmedizinischen Grundlehrgang vorschreibe, sei damit ein Lehrgang gemeint, der auf den Bestimmungen dieser Verordnung aufbaue. Der von der Klägerin im September 2012 besuchte Grundlehrgang habe jedoch auf den Bestimmungen der seinerzeit noch geltenden JAR-FCL 3 beruht und könne deshalb nicht zugrunde gelegt werden. Der Umstand, dass die Klägerin erst nach dem Inkrafttreten der EU-Verordnung als AME anerkannt worden sei, ändere hieran nichts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist insgesamt zulässig. Soweit es den Hilfsantrag betrifft, ergibt sich dies aus § 75 VwGO, weil das Luftfahrt-Bundesamt über den Antrag der Klägerin auf erneute Anerkennung als AME vom 30.09.2016 nicht innerhalb von 3 Monaten entschieden hat. Die Klage ist mit dem Hilfsantrag auch begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Die Entscheidung des Luftfahrt-Bundesamtes, die Anerkennung der Klägerin als flugmedizinische Sachverständige nicht über den 04.09.2016 hinaus zu verlängern, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Gemäß Anhang III MED.D.030 S. 2 lit. b) der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 vom 03.11.2011 (ABl. L 311 vom 25.11.2011 S. 1 ff.), zuletzt geändert durch die VO (EU) Nr. 2016/539 vom 06.04.2016 (ABl. L 91 vom 07.04.2016 S. 1) wird die Anerkennung als flugmedizinischer Sachverständiger verlängert, sofern der Inhaber (u.a.) in den letzten 3 Jahren Auffrischungsschulung in Flugmedizin absolviert hat.

Näheres hierzu ist in den von der EASA gemäß Anhang I ARA.GEN.120 a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 erarbeiteten „Acceptable Means of Compliance (AMC) and Guidance Material to Part-MED“ vom 15.12.2011 geregelt. Nach ARA.GEN.105 Nr. 2 handelt es sich bei den „annehmbaren Nachweisverfahren“ um unverbindliche, von der Agentur akzeptierte Standards, die veranschaulichen, in welcher Weise die Einhaltung der Grundverordnung und ihrer Durchführungsbestimmungen erreicht werden kann. Als Guidance Material („Anleitungen“) wird nach ARA.GEN.105 Nr. 11 von der Agentur erarbeitetes nichtverbindliches Material bezeichnet, dass die Bedeutung einer Anforderung oder Spezifikation erläutert und zur Unterstützung bei der Auslegung der Grundverordnung, ihrer Durchführungsbestimmungen und von AMC dient. Zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen zur Verlängerung der Anerkennung als flugmedizinischer Sachverständiger sieht das Guidance Material in GM1 MED.D.030 (a) vor:

„During the period of authorisation, an AME should attend 20 hours of refresher training.”

Dies war Grundlage der Forderung der Beklagten, für eine AME-Verlängerung den Nachweis von 20 Stunden Fortbildung während des 3-jährigen Anerkennungszeitraums zu erbringen. Zwar handelt es sich bei den AMC und dem GM, wie sich aus den Definitionen in ARA.GEN.105 Nr. 2 und 11 ergibt, nicht um Regelungen, die im engeren Sinn für die rechtsanwendende Behörde bindend sind; sie werden jedoch vom Luftfahrt-Bundesamt im Interesse der Gleichbehandlung aller Bewerber und im Hinblick auf das europarechtliche Effizienzgebot (‚effet utile‘) wie eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift angewandt. Insoweit ist gegen die Forderung der Behörde, grundsätzlich die dort genannten Voraussetzungen einzuhalten, nichts einzuwenden, zumal auch § 24e Abs. 6 LuftVZO in der bis zum Inkrafttreten der VO (EU) Nr. 1178/2011 geltenden Fassung für eine Verlängerung der Anerkennung als flugmedizinischer Sachverständiger den Nachweis der Teilnahme an Fortbildungslehrgängen im Umfang von mindestens 20 Stunden seit der letzten Anerkennung oder Verlängerung verbindlich vorschrieb. Da die Fortbildung nach GM1 MED.D.030 (a) „during the period of authorisation“ zu absolvieren war, hat das Luftfahrt-Bundesamt zu Recht die Teilnahme an einer Informationsveranstaltung im Februar 2013 nicht berücksichtigt, weil diese vor der Anerkennung der Klägerin als flugmedizinische Sachverständige durchgeführt wurde. Eine Anerkennung der Teilnahme an der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrtmedizin in der Zeit vom 22. bis 24.09.2016, die vom Luftfahrt-Bundesamt als flugmedizinische Fortbildungsveranstaltung im Umfang von 11 Stunden anerkannt war, kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil die Tagung erst nach Ablauf der Geltungsdauer der Anerkennung als AME stattfand. Auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides, mit dem der Verlängerungsantrag der Klägerin abgelehnt wurde, kommt es insoweit nicht an. Eine Anerkennung der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, die vor oder nach dem Anerkennungszeitraum als AME stattfanden, würde eine ungerechtfertigte Bevorzugung der Klägerin gegenüber anderen AME bedeuten, die ihren Fortbildungsverpflichtungen - wie vom Luftfahrt-Bundesamt zu Recht gefordert - während des Anerkennungszeitraums nachkommen.

2. Dem Hilfsantrag war dagegen stattzugeben. Da die Klägerin alle Voraussetzungen hierfür erfüllt, war die Beklagte zu verpflichten, sie als flugmedizinische Sachverständige anzuerkennen.

Eine erneute Teilnahme der Klägerin an einem flugmedizinischen Grundlehrgang ist nicht erforderlich. Gemäß Anhang III MED.D.010 b) der VO (EU) Nr. 1178/2011 müssen Bewerber um eine Anerkennung als flugmedizinische Sachverständige mit Berechtigung zur Ausstellung, Verlängerung und Erneuerung von Tauglichkeitszeugnissen der Klasse 2 einen Grundlehrgang in Flugmedizin absolviert haben. Dies hat die Klägerin getan, indem sie in der Zeit vom 01.09. bis 09.09.2012 an dem Fliegerarztlehrgang 22 Basic der Deutschen Akademie für Flug-und Reisemedizin, der vom Luftfahrt-Bundes-amt als flugmedizinscher Grundlehrgang anerkannt war, mit Erfolg teilgenommen hat. Die Forderung des Luftfahrt-Bundesamtes nach einer erneuten Teilnahme der Klägerin an einem Grundlehrgang in Flugmedizin findet im Gesetz keine Stütze. Da die Verordnung weder eine zeitliche Befristung der Geltungsdauer der Bescheinigung über einen erfolgreichen Besuch des Grundlehrgangs vorsieht, noch eine Anerkennung der Teilnahme an einem Grundlehrgang ausschließt, der nach früherem Recht durchgeführt wurde, steht ihr Wortlaut einer Berücksichtigung des von der Klägerin im September 2012 besuchten Grundlehrgangs nicht entgegen. Davon ist offensichtlich auch die Beklagte im Zeitpunkt der Erstanerkennung der Klägerin ausgegangen, die sie am 05.09.2013 auf der Grundlage der Teilnahme an dem fliegerärztlichen Grundlehrgang im September 2012 ausgesprochen hat.

Da der Wortlaut der Regelung in MED.D.010 b) insoweit unergiebig ist, ist die Frage, ob im Falle einer Erneuerung der Anerkennung als AME eine erneute Teilnahme an einem flugmedizinischen Grundlehrgang erforderlich ist, durch Auslegung zu ermitteln. Für die Klägerin ist das nicht der Fall. Aus dem Normprogramm der Regelungen zur AME-Anerkennung und deren Verlängerung ergibt sich für einen Erstbewerber um eine Anerkennung die Notwendigkeit, an einem flugmedizinischen Grundlehrgang teilzunehmen, in dessen Verlauf ihm die rechtlichen und medizinischen Grundlagen vermittelt werden, die bei einer Bescheinigung der Flugtauglichkeit zu beachten sind (MED.D.010 b). Nach seiner Anerkennung ist der praktizierende AME verpflichtet, sein Wissen durch den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen aufrechtzuerhalten („aufzufrischen“) und sich über medizinische und rechtliche Veränderungen zu informieren (MED.D.030 b). Die Regelungen zur Verlängerung in MED.D.030 lassen zudem erkennen, dass der Verordnungsgeber es nicht für erforderlich gehalten hat, von flugmedizinischen Sachverständigen, deren Erstanerkennung vor dem Inkrafttreten der Verordnung erfolgte, den erneuten Besuch eines flugmedizinischen Grundlehrgangs zu fordern. Er geht ersichtlich davon aus, dass es ausreicht, wenn sich ein praktizierender AME über die sich aus dem neuen Recht ergebenden medizinischen und rechtlichen Änderungen im Rahmen der vorgeschriebenen Fortbildung und des Eigenstudiums informiert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich sowohl der rechtliche Rahmen als auch die medizinischen Anforderungen beim Wechsel des Rechtsregimes von der JAR-FCL 3 zu Teil-MED der VO (EU) Nr. 1178/2011 nur geringfügig geändert haben. Dem Rechnung tragend fordert auch die Beklagte von flugmedizinischen Sachverständigen, die an einem Grundlehrgang nach altem Recht teilgenommen haben, im Falle einer Verlängerung ihrer Anerkennung nicht die Teilnahme an einem flugmedizinischen Grundlehrgang nach neuem Recht.

Eine sachliche Rechtfertigung dafür, von der Klägerin, die für einen überschaubaren Zeitraum nicht als AME anerkannt war, weil die Beklagte ihr die erneute Anerkennung über einen nunmehr fast einjährigen Zeitraum zu Unrecht vorenthalten hat, die Wiederholung des flugmedizinischen Grundlehrgangs zu fordern, besteht nicht. Ebenso wie flugmedizinische Sachverständige, deren Erstanerkennung vor dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 erfolgte und die sich danach durch den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen mit den geänderten medizinischen und rechtlichen Anforderungen vertraut gemacht haben, hat auch die Klägerin in einem Zeitraum von 3 Jahren und 7 Monaten (27.02.2013 bis 24.09.2016) Fortbildungsveranstaltungen im Umfang von 31 Stunden besucht. Zwar hat sie in dem 3-jährigen Zeitraum ihrer Anerkennung als AME davon nur 15 Stunden absolviert, sich aber in einem Gesamtumfang fortgebildet, der dem eines praktizierenden AME nicht nachsteht. Dieser müsste, wenn man einen sechsjährigen Zeitraum (2-malige Verlängerung) betrachtet, 40 Stunden Fortbildung absolvieren. Die Klägerin hat sich in einem Zeitraum von nur zweieinhalb Jahren bereits 31 Stunden fortgebildet und es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sie ihren Verpflichtungen nach GM1 MED.D.030 in Zukunft erneut nicht nachkommen wird. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass sie mit den Anforderungen, die sich aus der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 für einen flugmedizinischen Sachverständigen ergeben, hinreichend vertraut ist. Insoweit hat sie glaubhaft dargetan und hierfür Beweis angeboten, dass die Regelungen der Verordnung bereits Gegenstand des von ihr im September 2012 besuchten Grundlehrgangs gewesen sind. Für die Richtigkeit dieser Einlassung spricht, dass die Verordnung nach ihrem Art. 12 Absatz 1 bereits am 08.04.2012 allgemein in Kraft getreten war und ihre Bestimmungen daher hinlänglich bekannt waren. Im Hinblick auf das baldige Inkrafttreten auch in der Bundesrepublik Deutschland am 08.04.2013 liegt es nahe, sich im Verlauf eines flugmedizinischen Grundlehrgangs im September 2012 bereits mit diesen Regelungen vertraut zu machen. Unabhängig davon hat die Klägerin im Februar 2013 eine vom Luftfahrt-Bundesamt angebotene Informationsveranstaltung besucht, die mit 5 Stunden als fliegerärztliche Fortbildung anerkannt war und deren Gegenstand explizit die Neuregelungen nach der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 waren. Die weiteren Fortbildungsveranstaltungen, die sie nach ihrer Erstanerkennung im Umfang von 26 Stunden besucht hat, fußten ausschließlich auf dem neuen Recht. Die Forderung der Beklagten nach einer erneuten Teilnahme der Klägerin an einem flugmedizinischen Grundlehrgang findet nicht nur in der Verordnung keine Stütze, sondern verstößt zudem gegen den auch hier zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich im Hinblick darauf, dass die Klägerin nicht ausschließlich als flugmedizinische Sachverständige tätig ist, sondern diese Aufgaben im Rahmen ihrer übrigen Tätigkeit als praktizierende Ärztin wahrnimmt, an Nr. 26.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ Beilage 2013, 57).

Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Gericht liegen nicht vor.