Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 23.09.2020, Az.: 3 Kap 1/16

Entscheidungserhebliche Feststellungsziele von Erweiterungsanträgen; Fragestellungen zur Darlegungslast und Beweislast ohne Bezug zum Kapitalanlagerecht oder Kapitalmarktrecht kein tauglicher Gegenstand eines Feststellungsziels

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
23.09.2020
Aktenzeichen
3 Kap 1/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 63873
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Ist ein Feststellungsziel auf die Frage gerichtet, ob bzw. wann eine Insiderinformation im Sinne von § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung vorgelegen hat, muss das Feststellungsziel auch bestimmt bezeichnen, welche kursbeeinflussende Tatsache Gegenstand der rechtlichen Prüfung im Musterverfahren sein soll. Dies setzt aber nicht voraus, dass eine fiktive Ad-hoc-Mitteilung formuliert wird (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 10. Juli 2018 - II ZB 24/14, NJW-RR 2019, 38).

  2. 2.

    Allgemeine rechtliche Fragestellungen zur Darlegungs- und Beweislast ohne Bezug zum Kapitalanlage- bzw. Kapitalmarktrecht sind kein tauglicher Gegenstand eines Feststellungsziels i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 KapMuG.

  3. 3.

    Eine Erweiterung des Musterverfahrens um rechtliche oder tatsächliche Vorfragen eines Tatbestandsmerkmals, über das ohnehin mit bindender Wirkung entschieden wird, ist in der Regel nicht sachdienlich i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KapMuG. Die bloß abstrakte, nicht näher konkretisierte Möglichkeit, dass die begehrte Feststellung in einem Ausgangsverfahren zukünftig Relevanz entfalten könnte, genügt nicht, um eine Sachdienlichkeit der Erweiterung zu begründen.

Tenor:

A. Das Musterverfahren wird um folgende Feststellungsziele erweitert:

I. Auf Antrag der Musterbeklagten zu 1) aus dem Schriftsatz vom 14. Mai 2019

  1. 2.

    a) (7)

Es wird festgestellt, dass der objektive Tatbestand des § 37b Abs. 1 WpHG a.F. tatsächlich vorhandenes Wissen bei

(a) den allein für die Erfüllung der Ad hoc-Publizitätspflicht handlungsverantwortlichen Vorstandmitgliedern des Emittenten;

(b) - hilfsweise - mindestens einem Vorstandsmitglied des Emittenten;

(c) - äußerst hilfsweise - mindestens einem Vorstandsmitglied oder einem Mitglied eines Gremiums, auf das die Ad hoc-Pflicht ausdrücklich delegiert wurde,

im Hinblick auf alle eine Veröffentlichungspflicht begründenden Umstände voraussetzt.

  1. 2.

    a) (10)

Es wird festgestellt, dass der Vorstand der Musterbeklagten zu 1) sich zur Erfüllung seiner Ad hoc-Verantwortung der "Konzern-Clearingstelle für Ad hoc-Publizität" bedient und damit eine Delegationsentscheidung im Sinne der Feststellungsziele 7 c, 8 c und 9 b getroffen hat. Eine weitergehende konkludente Delegationsentscheidung wurde von dem Vorstand der Musterbeklagten zu 1 nicht getroffen.

  1. 2.

    a) (11)

Es wird festgestellt, dass sich die Kenntnis i.S.d. § 37b Abs. 1 WpHG a.F. auf sämtliche weiteren Elemente des objektiven Tatbestandes beziehen muss.

  1. 2.

    a) (14)

Es wird festgestellt, dass die kapitalmarktrechtliche Haftung nach § 37b WpHG a.F.

(a) keine zurechnungsbegründenden Organisations-, Compliance- oder Informationsbeschaffungspflichten des Vorstands des Emittenten beinhaltet, so dass eine Zurechnung des Wissens nachgeordneter Mitarbeiter des Emittenten ausscheidet;

(b) - hilfsweise - lediglich eine kapitalmarktspezifische Instruktionspflicht des Vorstands des Emittenten begründet, die dieser durch Erlass einer ordnungsgemäßen, die Anforderungen des BaFin-Emittentenleitfaden in der jeweils gültigen Fassung genügenden Organisationsanweisung erfüllt, so dass eine Zurechnung des Wissens nachgeordneter Mitarbeiter des Emittenten nur bei einer

(i) qualifiziert schuldhaften Verletzung dieser Instruktionspflicht nach Maßgabe des § 37b Abs. 2 WpHG a.F.

(ii) - hilfshilfsweise - schuldhafter Verletzung dieser Instruktionspflicht in Betracht kommt;

(c) - äußerst hilfsweise - lediglich eine allgemeine kapitalmarktspezifische Organisationspflicht des Vorstands des Emittenten begründet, die dieser durch den Aufbau einer ordnungsgemäßen Ad hoc-Struktur erfüllt, so dass eine Zurechnung des Wissens nachgeordneter Mitarbeiter des Emittenten nur bei einer

(i) qualifiziert schuldhaften Verletzung dieser kapitalmarktspezifischen Organisationspflicht nach Maßgabe des § 37b Abs. 2 WpHG a.F.

(ii) - hilfshilfsweise - schuldhafter Verletzung dieser kapitalmarktspezifischen Organisationspflicht in Betracht kommt;

(d) - höchst äußerst hilfsweise - lediglich eine allgemeine Organisationspflicht des Vorstands des Emittenten begründet, die dieser durch anerkannte Standards erfüllende Unternehmens- und Compliancestrukturen erfüllt, so dass eine Zurechnung des Wissens nachgeordneter Mitarbeiter des Emittenten nur bei einer

(i) qualifiziert schuldhaften Verletzung dieser allgemeinen Organisationspflicht nach Maßgabe des § 37b Abs. 2 WpHG a.F.

(ii) - hilfshilfsweise - schuldhafter Verletzung dieser allgemeinen Organisationspflicht

in Betracht kommt.

II. Auf die Anträge von California State Teachers' Retirement System (CalSTRS) u.a. sowie Wells Fargo Funds Trust u.a.

  1. 1.

    Aus dem Schriftsatz der Kanzlei quinn emanuel vom 26. Januar 2017

IV

Die Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung der Insiderinformation, dass die Musterbeklagte zu 1) gegenüber der EPA und CARB am 3. September 2015 eingestanden hat, die Stickoxidausstoßwerte in bestimmten Diesel-Pkw mittels einer in den USA als illegal einzustufenden Softwareveränderung (defeat device) manipuliert zu haben (Feststellungsziel A.XVIII I.-3. des Vorlagebeschlusses vom 5. August 2016), hat die Musterbeklagte zu 1) spätestens mit Ablauf des 4. September 2015 verletzt.

  1. 2.

    Aus den Schriftsätzen der Kanzlei quinn emanuel vom 31. Mai 2019 und 30. September 2019 in Verbindung mit dem Schriftsatz der Kanzlei Arnold & Porter vom 15. Oktober 2019

6.a)

Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, war spätestens ab dem 6. Juni 2008 bekannt, dass die Musterbeklagte zu 1) für die Dauer des Einsatzes der Dieselaggregate mit der internen Bezeichnung EA 189 in ihren Dieselfahrzeugen, beginnend mit dem Modelljahr 2009, entgegen früherer öffentlicher Verlautbarungen nicht in der Lage war, Fahrzeuge mit Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA jeweils geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen. Diese Personen entschieden sich daher (bzw. nahmen Entscheidungen anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis und akzeptierten diese), PKW mit Dieselmotoren bis auf weiteres, jedenfalls aber für das Modelljahr 2009, auf Grundlage unrichtiger, allein durch eine nach geltenden Vorschriften in den USA unzulässige Manipulationssoftware erreichte Testwerte für NOx-Emissionen, deren Einhaltung Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung aller von der Musterbeklagten zu 1) für den U.S. amerikanischen Markt hergestellten Diesel-PKW war, in Verkehr zu bringen. Daraufhin wurden sämtliche für den U.S.-Markt bestimmten Diesel-PKW für das Modelljahr 2009 mit entsprechender Manipulationssoftware ausgestattet.

(i) Bei diesen Umständen handelte es sich um eine unverzüglich, spätestens am 31. August 2008 zu veröffentlichende, die Musterbeklagte zu 1) unmittelbar betreffende Insiderinformation im Sinne von §§ 13, 15 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

(ii) Die Unterlassung der vorgenannten Personen, die unverzügliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung durch die Musterbeklagte zu 1) aufgrund dieser Insiderinformation zu veranlassen, ist sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

(iii) Diese Unterlassung war in Bezug auf die Beeinflussung von Anlageentscheidungen Dritter auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB.

(iv) Die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung erfolgte vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

6.b)

Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, war zu dem Zeitpunkt, zu dem sie entschieden hatten (bzw. eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis nahmen und diese akzeptierten), Fahrzeuge des Modelljahres 2010 auf den Markt zu bringen, spätestens ab August 2009, bekannt, dass die Musterbeklagte zu 1) für die Dauer des Einsatzes der Dieselaggregate mit der internen Bezeichnung EA 189 in ihren Dieselfahrzeugen, beginnend mit dem Modelljahr 2009, und damit auch für das Modelljahr 2010, weiterhin entgegen früherer öffentlicher Verlautbarungen nicht in der Lage sein würde, Fahrzeuge mit Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA jeweils geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen. Sie entschlossen sich daher (bzw. nahmen eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis und akzeptierten diese), PKW mit Dieselmotoren des Typs EA 189 bis auf weiteres, jedenfalls aber für das Modelljahr 2010, weiterhin und wie bereits für das Modelljahr 2009 auf Grundlage unrichtiger, allein durch eine nach geltenden Vorschriften in den USA unzulässige Manipulationssoftware erreichte Testwerte für NOx-Emissionen, deren Einhaltung Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung aller von der Musterbeklagten zu 1) für den U.S. amerikanischen Markt hergestellten Diesel-PKW war, in Verkehr zu bringen. Es wurden sämtliche für den U.S.-Markt bestimmten Diesel-PKW für das Modelljahr 2010 mit entsprechender Manipulationssoftware ausgestattet.

(i) Bei diesen Umständen handelte es sich um eine unverzüglich, spätestens am 31. August 2009 zu veröffentlichende, die Musterbeklagte zu 1) unmittelbar betreffende Insiderinformation im Sinne von §§ 13, 15 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

(ii) Die Unterlassung der vorgenannten Personen, die unverzügliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung durch die Musterbeklagte zu 1) aufgrund dieser Insiderinformation zu veranlassen, ist sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

(iii) Diese Unterlassung war in Bezug auf die Beeinflussung von Anlageentscheidungen Dritter auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB.

(iv) Die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung erfolgte vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

6.c)

Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, war zu dem Zeitpunkt, zu dem sie entschieden hatten (bzw. eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis nahmen und diese akzeptierten), Fahrzeuge des Modelljahres 2011 auf den Markt zu bringen, spätestens ab August 2010 bekannt, dass die Musterbeklagte zu 1) für die Dauer des Einsatzes der Dieselaggregate mit der internen Bezeichnung EA 189 in ihren Dieselfahrzeugen, beginnend mit dem Modelljahr 2009, und damit auch für das Modelljahr 2011, weiterhin entgegen früherer öffentlicher Verlautbarungen nicht in der Lage sein würde, Fahrzeuge mit Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA jeweils geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen. Sie entschlossen sich daher (bzw. nahmen eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis und akzeptierten diese), PKW mit Dieselmotoren des Typs EA 189 bis auf weiteres, jedenfalls aber für das Modelljahr 2011, weiterhin und wie bereits für die Modelljahre 2009 und 2010 auf Grundlage unrichtiger, allein durch eine nach geltenden Vorschriften in den USA unzulässige Manipulationssoftware erreichte Testwerte für NOx-Emissionen, deren Einhaltung Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung aller von der Musterbeklagten zu 1) für den U.S. amerikanischen Markt hergestellten Diesel-PKW war, in Verkehr zu bringen. Es wurden sämtliche für den U.S.-Markt bestimmten Diesel-PKW für das Modelljahr 2011 mit entsprechender Manipulationssoftware ausgestattet.

(i) Bei diesen Umständen handelte es sich um eine unverzüglich, spätestens am 31. August 2010 zu veröffentlichende, die Musterbeklagte zu 1) unmittelbar betreffende Insiderinformation im Sinne von §§ 13, 15 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

(ii) Die Unterlassung der vorgenannten Personen, die unverzügliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung durch die Musterbeklagte zu 1) aufgrund dieser Insiderinformation zu veranlassen, ist sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

(iii) Diese Unterlassung war in Bezug auf die Beeinflussung von Anlageentscheidungen Dritter auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB.

(iv) Die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung erfolgte vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

6.d)

Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, war zu dem Zeitpunkt, zu dem sie entschieden hatten (bzw. eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis nahmen und diese akzeptierten), Fahrzeuge des Modelljahres 2012 auf den Markt zu bringen, spätestens ab August 2011 bekannt, dass die Musterbeklagte zu 1) für die Dauer des Einsatzes der Dieselaggregate mit der internen Bezeichnung EA 189 in ihren Dieselfahrzeugen, beginnend mit dem Modelljahr 2009, und damit auch für das Modelljahr 2012, weiterhin entgegen früherer öffentlicher Verlautbarungen nicht in der Lage sein würde, Fahrzeuge mit Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA jeweils geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen. Sie entschlossen sich daher (bzw. nahmen eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis und akzeptierten diese), PKW mit Dieselmotoren des Typs EA 189 bis auf weiteres, jedenfalls aber für das Modelljahr 2012, weiterhin und wie bereits für die Modelljahre 2009 bis 2011auf Grundlage unrichtiger, allein durch eine nach geltenden Vorschriften in den USA unzulässige Manipulationssoftware erreichte Testwerte für NOx-Emissionen, deren Einhaltung Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung aller von der Musterbeklagten zu 1) für den U.S. amerikanischen Markt hergestellten Diesel-PKW war, in Verkehr zu bringen. Es wurden sämtliche für den U.S.-Markt bestimmten Diesel-PKW für das Modelljahr 2012 mit entsprechender Manipulationssoftware ausgestattet.

(i) Bei diesen Umständen handelte es sich um eine unverzüglich, spätestens am 31. August 2011 zu veröffentlichende, die Musterbeklagte zu 1) unmittelbar betreffende Insiderinformation im Sinne von §§ 13, 15 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

(ii) Die Unterlassung der vorgenannten Personen, die unverzügliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung durch die Musterbeklagte zu 1) aufgrund dieser Insiderinformation zu veranlassen, ist sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

(iii) Diese Unterlassung war in Bezug auf die Beeinflussung von Anlageentscheidungen Dritter auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB.

(iv) Die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung erfolgte vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

6.e)

Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, war zu dem Zeitpunkt, zu dem sie entschieden hatten (bzw. eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis nahmen und diese akzeptierten), Fahrzeuge des Modelljahres 2013 auf den Markt zu bringen, spätestens ab August 2012 bekannt, dass die Musterbeklagte zu 1) für die Dauer des Einsatzes der Dieselaggregate mit der internen Bezeichnung EA 189 in ihren Dieselfahrzeugen, beginnend mit dem Modelljahr 2009, und damit auch für das Modelljahr 2013, weiterhin entgegen früherer öffentlicher Verlautbarungen nicht in der Lage sein würde, Fahrzeuge mit Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA jeweils geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen. Sie entschlossen sich daher (bzw. nahmen eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis und akzeptierten diese), PKW mit Dieselmotoren des Typs EA 189 bis auf weiteres, jedenfalls aber für das Modelljahr 2013, weiterhin und wie bereits für die Modelljahre 2009 bis 2012 auf Grundlage unrichtiger, allein durch eine nach geltenden Vorschriften in den USA unzulässige Manipulationssoftware erreichte Testwerte für NOx- Emissionen, deren Einhaltung Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung aller von der Musterbeklagten zu 1) für den U.S. amerikanischen Markt hergestellten Diesel-PKW war, in Verkehr zu bringen. Es wurden sämtliche für den U.S.-Markt bestimmten Diesel-PKW für das Modelljahr 2013 mit entsprechender Manipulationssoftware ausgestattet.

(i) Bei diesen Umständen handelte es sich um eine unverzüglich, spätestens am 31. August 2012 zu veröffentlichende, die Musterbeklagte zu 1) unmittelbar betreffende Insiderinformation im Sinne von §§ 13, 15 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

(ii) Die Unterlassung der vorgenannten Personen, die unverzügliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung durch die Musterbeklagte zu 1) aufgrund dieser Insiderinformation zu veranlassen, ist sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

(iii) Diese Unterlassung war in Bezug auf die Beeinflussung von Anlageentscheidungen Dritter auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB.

(iv) Die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung erfolgte vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

6.f)

Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, war zu dem Zeitpunkt, zu dem sie entschieden hatten (bzw. eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis nahmen und diese akzeptierten), Fahrzeuge des Modelljahres 2014 auf den Markt zu bringen, spätestens ab August 2013 bekannt, dass die Musterbeklagte zu 1) für die Dauer des Einsatzes der Dieselaggregate mit der internen Bezeichnung EA 189 in ihren Dieselfahrzeugen, beginnend mit dem Modelljahr 2009, und damit auch für das Modelljahr 2014, weiterhin entgegen früherer öffentlicher Verlautbarungen nicht in der Lage sein würde, Fahrzeuge mit Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA jeweils geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen. Sie entschlossen sich daher (bzw. nahmen eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis und akzeptierten diese), PKW mit Dieselmotoren des Typs EA 189 bis auf weiteres, jedenfalls aber für das Modelljahr 2014, weiterhin und wie bereits für die Modelljahre 2009 bis 2013 auf Grundlage unrichtiger, allein durch eine nach geltenden Vorschriften in den USA unzulässige Manipulationssoftware erreichte Testwerte für NOx-Emissionen, deren Einhaltung Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung aller von der Musterbeklagten zu 1) für den U.S. amerikanischen Markt hergestellten Diesel-PKW war, in Verkehr zu bringen. Es wurden sämtliche für den U.S.-Markt bestimmten Diesel-PKW für das Modelljahr 2014 mit entsprechender Manipulationssoftware ausgestattet.

(i) Bei diesen Umständen handelte es sich um eine unverzüglich, spätestens am 31. August 2013 zu veröffentlichende, die Musterbeklagte zu 1) unmittelbar betreffende Insiderinformation im Sinne von §§ 13, 15 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

(ii) Die Unterlassung der vorgenannten Personen, die unverzügliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung durch die Musterbeklagte zu 1) aufgrund dieser Insiderinformation zu veranlassen, ist sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

(iii) Diese Unterlassung war in Bezug auf die Beeinflussung von Anlageentscheidungen Dritter auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB.

(iv) Die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung erfolgte vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

6.g)

Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, war zu dem Zeitpunkt, zu dem sie entschieden hatten (bzw. eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis nahmen und diese akzeptierten), Fahrzeuge des Modelljahres 2015 auf den Markt zu bringen, spätestens ab August 2014 bekannt, dass die Musterbeklagte zu 1) für die Dauer des Einsatzes der Dieselaggregate mit der internen Bezeichnung EA 189 in ihren Dieselfahrzeugen, beginnend mit dem Modelljahr 2009, und damit auch für das Modelljahr 2015, weiterhin entgegen früherer öffentlicher Verlautbarungen nicht in der Lage sein würde, Fahrzeuge mit Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA jeweils geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen. Sie entschlossen sich daher (bzw. nahmen eine solche Entscheidung anderer Mitarbeiter des Konzerns der Musterbeklagten zu 1) zur Kenntnis und akzeptierten diese), PKW mit Dieselmotoren des Typs EA 189 bis auf weiteres, jedenfalls aber für das Modelljahr 2015, weiterhin und wie bereits für die Modelljahre 2009 bis 2014 auf Grundlage unrichtiger, allein durch eine nach geltenden Vorschriften in den USA unzulässige Manipulationssoftware erreichte Testwerte für NOx-Emissionen, deren Einhaltung Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung aller von der Musterbeklagten zu 1) für den U.S. amerikanischen Markt hergestellten Diesel-PKW war, in Verkehr zu bringen. Es wurden sämtliche für den U.S.-Markt bestimmten Diesel-PKW für das Modelljahr 2015 mit entsprechender Manipulationssoftware ausgestattet.

(i) Bei diesen Umständen handelte es sich um eine unverzüglich, spätestens am 31. August 2014 zu veröffentlichende, die Musterbeklagte zu 1) unmittelbar betreffende Insiderinformation im Sinne von §§ 13, 15 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

(ii) Die Unterlassung der vorgenannten Personen, die unverzügliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung durch die Musterbeklagte zu 1) aufgrund dieser Insiderinformation zu veranlassen, ist sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

(iii) Diese Unterlassung war in Bezug auf die Beeinflussung von Anlageentscheidungen Dritter auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB.

(iv) Die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung erfolgte vorsätzlich, hilfswei-se grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

7.

Die US Umweltbehörden EPA und CARB haben im Mai 2014 wegen im Normalbetrieb (außerhalb von Testumgebungen) auffälliger Stickoxid-Emissionswerte bei Diesel-Fahrzeugen der Musterbeklagten zu 1) Ermittlungen aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt waren in den USA sämtliche Diesel-PKW ab dem Modelljahr 2009 von der Musterbeklagten zu 1) allein auf Grundlage unrichtiger, allein durch eine nach geltenden U.S.-Vorschriften unzulässige Manipulationssoftware scheinbar erreichte Testwerte für NOx-Emissionen, deren Einhaltung, wie Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, wussten, Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung aller von der Musterbeklagten zu 1) für den U.S. amerikanischen Markt hergestellten Diesel-PKW war, in Verkehr gebracht worden. Es wurden sämtliche für den U.S.-Markt bestimmte Diesel-PKW der Musterbeklagten zu 1) ab dem Modelljahr 2009 mit entsprechender Manipulationssoftware ausgestattet, obschon Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind, deren Unzulässigkeit spätestens am 30. September 2008 ebenso kannten, wie das Unvermögen, die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte mit den Diesel-PKW der Musterbeklagten zu 1) ohne den Einsatz unzulässiger Motorsteuerungssoftware einzuhalten.

(i) Bei diesen Umständen handelte es sich um eine unverzüglich, spätestens am 31. Mai 2014 zu veröffentlichende, die Musterbeklagte zu 1) unmittelbar betreffende Insiderinformation im Sinne von §§ 13, 15 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

(ii) Die Unterlassung der vorgenannten Personen, die unverzügliche Veröffentlichung einer Ad hoc-Mitteilung durch die Musterbeklagte zu 1) aufgrund dieser Insiderinformation zu veranlassen, ist sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB.

(iii) Diese Unterlassung war in Bezug auf die Beeinflussung von Anlageentscheidungen Dritter auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB.

(iv) Die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung erfolgte vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung.

B. Folgende Erweiterungsanträge werden zurückgewiesen:

I. Der Musterklägerin aus dem Schriftsatz vom 4. August 2017

II. Der Musterbeklagten zu 1)

  1. 1.

    Aus dem Schriftsatz vom 28. Februar 2018

zu 2. a) (1) - (6)

zu 2. b) (1) und (2)

zu 3. a) - d)

  1. 2.

    Aus dem Schriftsatz vom 14. Mai 2019

zu 2. a) (8), (9), (12), (13), (15), (16), (17)

III. Der Beigeladenen California State Teachers' Retirement System u.a.

  1. 1.

    Aus dem Schriftsatz vom 26. Januar 2017

zu I. 1. - 5.

zu II. 1. und 2.

zu III. 1. und 2.

zu V. 1. - 4.

  1. 2.

    Aus dem Schriftsatz vom 31. Mai 2019 in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 30. September 2019

zu 1., 3., 4. a) und 5.

zu 6. soweit diese die Formulierung "insbesondere" [der USA] enthalten

IV. Der Beigeladenen Wells Fargo Funds Trust aus dem Schriftsatz vom 19. Juni 2019 i.V.m. dem Schriftsatz vom 15. Oktober 2019

zu (1) und (2)

Gründe

A. Zugelassene Erweiterungsanträge

I. Erweiterungsanträge der Musterbeklagten aus dem Schriftsatz vom 14. Mai 2019 zu Ziffern 2. a) (7), (10), (11) und (14)

In Bezug auf die Erweiterungsanträge zu 2. a) (7), (10) und (11) sowie teilweise zu 2. a) (14) - nämlich soweit dieser § 37b WpHG in der bis zum 2. Januar 2018 geltenden Fassung (im Folgenden § 37b WpHG a.F.) betrifft - sind die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 KapMuG erfüllt.

Es handelt sich um "weitere" Feststellungsziele i.S.d. § 15 Abs. 1 KapMuG, die Entscheidung eines Teils der zugrunde liegenden Rechtsstreite hängt hiervon ab (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KapMuG), sie betreffen den gleichen Lebenssachverhalt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KapMuG) und die Erweiterung ist sachdienlich (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KapMuG).

Die zugrunde liegenden Fragen haben neben der Beantwortung der klägerischen Feststellungsziele Relevanz. Sie sind - anders als die zurückgewiesenen Feststellungsziele aus dem Schriftsatz vom 14. Mai 2019 (dazu unten B. I. 2.) - keine Vorfragen zu Tatbestandsmerkmalen, die ihrerseits Gegenstand von Feststellungszielen sind, über die der Senat mit Bindungswirkungswirkung zu entscheiden hat. Die zu den jeweiligen Zeitpunkten beantragte Feststellung des Vorliegens einer Insiderinformation erfordert keine Entscheidung über die Frage, ob der objektive Tatbestand des § 37b Abs. 1 WpHG a.F. tatsächlich vorhandenes Wissen im Hinblick auf alle eine Veröffentlichungspflicht begründenden Umstände bei einem bestimmten Personenkreis voraussetzt. Auch die auf den subjektiven Tatbestand gerichteten Feststellungsziele der Klägerseite machen eine Befassung mit den Erweiterungsanträgen der Musterbeklagten zu 1) zu 2. a) (7), (11) und (14) nicht bzw. nicht notwendig überflüssig. Der Senat geht nach vorläufiger Rechtsauffassung davon aus, dass der subjektive Tatbestand des § 37b Abs. 2 WpHG a.F. auch dann erfüllt sein kann, wenn das erforderliche qualifizierte Verschulden bei dem verantwortlichen Bereichsleiter vorgelegen hat (vgl. Hinweise des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2019, Anlage 2 zum Sitzungsprotokoll, S. 29, 30). In dieser Konstellation würde eine Beantwortung der Feststellungsziele der Klägerseite zum Verschulden nicht ohne weiteres eine Klärung der Frage herbeiführen, ob der objektive Tatbestand des § 37b Abs. 1 WpHG a.F. tatsächlich vorhandenes Wissen bei den handlungsverantwortlichen Vorstandmitgliedern voraussetzt und ob bzw. inwieweit insoweit eine Wissenszu(sammen)rechnung zu erfolgen hat.

Zutreffend weist die Musterbeklagte zu 1) in ihrem Schriftsatz vom 17. September 2020 darauf hin, dass die vorstehenden Erwägungen auch für das Feststellungsziel 2. a) (10) zutreffen. Die hierin enthaltene Feststellung, dass sich der Vorstand der Musterbeklagten zu 1) der "Konzern-Clearingstelle für Ad hoc-Publizität" bedient und eine weitere Delegationsentscheidung nicht getroffen hat, kann bereits auf der Ebene des objektiven Tatbestands relevant werden. Würde das Feststellungsziel zu 2. a) (7) (c) bejaht werden, würde durch das im Erweiterungsantrag zu 2. a) (10) enthaltene Feststellungsziel der Personenkreis konkretisiert, dessen etwaige Kenntnis relevant wäre.

In Bezug auf den Erweiterungsantrag zu 2. a) (14) führen die oben genannten Erwägungen zu folgender Differenzierung. Ausgehend von der Rechtsauffassung der Musterbeklagten, der objektive Tatbestand des § 37b Abs. 1 WpHG a.F. enthalte ein Kenntniserfordernis, könnten die in 2. a) (14) enthaltenen Feststellungsziele Relevanz entfalten. Insoweit enthalten die Feststellungsziele auch nicht lediglich Vorfragen zu Tatbestandsmerkmalen, über die ohnehin mit Bindungswirkung zu entscheiden ist. Etwas anderes gilt in Bezug auf den subjektiven Tatbestand der geltend gemachten Haftungsnormen. Zutreffend weist die Musterbeklagte zu 1) darauf hin, dass sich die Frage der Zurechnung des Wissens nachgeordneter Mitarbeiter möglicherweise auch im Rahmen des Verschuldens stellen könnte. Insoweit handelt es sich allerdings lediglich um eine Vorfrage der ohnehin zu beantwortenden Feststellungsziele zum Verschulden. Bei isolierter Betrachtung des subjektiven Tatbestands bestünde vor diesem Hintergrund kein Bedürfnis für eine Entscheidung über die Feststellungsziele zu 2. a) (14).

Soweit sich der Erweiterungsantrag zu 2. a) (14) auf die Haftung nach § 37c WpHG a.F. bezieht, lässt sich die Sachdienlichkeit erst im Zusammenhang mit der Zulassungsentscheidung über die weiteren Erweiterungsanträge der Musterklägerin aus dem Schriftsatz vom 14. Februar 2020 beurteilen. Insoweit bleibt die Entscheidung einer weitergehenden Zulassung des Erweiterungsantrags zu 2. a) (14) somit vorbehalten. Von den bereits verfahrensgegenständlichen Feststellungszielen betrifft nur das Ziel XXII Ansprüche aus § 37c Abs. 1 WpHG a.F. Das Feststellungsziel zu XXII 4. ist auf die Feststellung gerichtet, "die Beklagte" habe die Unrichtigkeit der Insiderinformationen gekannt. Die Frage einer etwaigen Wissenszurechnung ist bei diesem Feststellungsziel inzident zu beantworten. Insoweit handelt es sich bei den in den Feststellungszielen zu (14) (a) - (d) im einzelnen aufgeführten Rechtsfragen lediglich um Vorfragen.

II. Erweiterungsanträge der Beigeladenen California State Teachers' Retirement System (CalSTRS) u.a.

1. Aus dem Schriftsatz vom 26. Januar 2017 zu IV

Die Voraussetzungen für die Zulassung dieses Erweiterungsantrags liegen vor.

Es handelt sich um ein "weiteres" Feststellungsziel i.S.d. § 15 Abs. 1 KapMuG. Ein "weiteres" Feststellungsziel ist nur dann gegeben, wenn es nicht bereits Gegenstand des Musterverfahrens ist. Es ist deshalb zu prüfen, ob es nicht bereits - ggf. mit anderer Formulierung oder anders eingebettet - geltend gemacht worden ist (Senat, Beschluss vom 20. Juni 2019 - 3 Kap 1/16 -; Gängel/Huth/Gansel, in: Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., § 15 KapMuG, Rn. 7). Dies ist hier nicht der Fall. Der Erweiterungsantrag geht über das Feststellungsziel XVIII aus dem Vorlagebeschluss hinaus. Dieses ist auf die Feststellung gerichtet, dass der Umstand des Geständnisses vom 3. September 2015 "unverzüglich" zu veröffentlichen war. Diese Feststellung würde keine Prüfung erfordern, innerhalb welchen Zeitraums die in Rede stehende Information - ihre Qualität als Insiderinformation unterstellt - hätte veröffentlicht werden müssen. Da die Musterbeklagte zu 1) diese Information nicht veröffentlicht hat, ist die Veröffentlichung - bei unterstellter Veröffentlichungspflicht - in jedem Fall nicht unverzüglich erfolgt, ohne dass es einer datumsmäßigen Festlegung bedürfte. Der Erweiterungsantrag konkretisiert den Zeitpunkt der Veröffentlichungspflicht mit dem Zusatz "spätestens mit Ablauf des 4. September 2015" und geht insoweit über das Feststellungsziel aus dem Vorlagebeschluss hinaus.

Auch die weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 S. 1 KapMuG sind erfüllt.

Der Erweiterungsantrag ist auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit zurückzuweisen. Die Formulierung "spätestens mit Ablauf des 4. September 2015" umschreibt den Prüfungsgegenstand des Feststellungsziels hinreichend klar. Sollte zu irgendeinem Zeitpunkt am 3. oder 4. September eine Ad-hoc-Pflicht bestanden haben, wäre die beantragte Feststellung mit der gewünschten Formulierung "spätestens mit Ablauf des 4. September 2015" zu treffen.

Die begehrte Feststellung hat auch nicht das Bestehen eines Anspruchs als solchen zum Gegenstand. Der Antrag fasst lediglich die Merkmale des Vorliegens einer Insiderinformation und die Verletzung der Pflicht zur Veröffentlichung derselben in einem Feststellungsziel zusammen. Diese Bündelung führt nicht dazu, dass "das Bestehen eines Anspruchs als solches" zum Prüfungsgegenstand des Feststellungsziels wird.

2. Aus den Schriftsätzen vom 31. Mai 2019 und 30. September 2019 zu 6. und 7.

Auch für diese Erweiterungsanträge liegen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 KapMuG vor. Die Erweiterungsanträge zu 6. sind jedoch nicht hinreichend bestimmt, soweit sie auf die Feststellung gerichtet sind, dass die eingesetzte Manipulationssoftware außerhalb der USA gegen geltende Vorschriften verstieß. Die Erweiterungsanträge sind deshalb mit der Einschränkung zuzulassen, dass nur der Verstoß gegen die in den USA geltenden Vorschriften Gegenstand der Feststellungsziele ist.

a)

Die Erweiterungsanträge zu 6. enthalten zunächst weitere Feststellungsziele i.S.d. § 15 Abs. 1 KapMuG. Sie benennen für unterschiedliche Zeitpunkte verschiedene Umstände, die in ihrer Gesamtheit zum jeweiligen Zeitpunkt eine Insiderinformation begründen sollen. Die Fassung der Feststellungsziele soll den in der Corealcredit-Bank-Entscheidung enthaltenen Vorgaben für die erforderliche Bestimmtheit von Feststellungszielen Rechnung tragen, die im Vorlagebeschluss des Landgerichts noch nicht berücksichtigt werden konnten. Dies führt dazu, dass die in den Erweiterungsanträgen zur Prüfung gestellte Informationslage umfassender ist, als dies bei den Feststellungszielen des Vorlagebeschlusses der Fall ist. Dies gilt auch im Verhältnis zum Feststellungsziel zu Ziffer A. V. des Vorlagebeschlusses. Die Erweiterungsanträge zu 6. gehen insoweit über das Feststellungsziel zu A. V. hinaus, als sie die weitergehenden Informationen enthalten, dass die Musterbeklagte zu 1) nicht in der Lage gewesen sei, Fahrzeuge mit Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA jeweils geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen, und dass die Einhaltung der tatsächlich nur durch Manipulation erreichten Testwerte Voraussetzung für den Verkauf und die Zulassung der Fahrzeuge gewesen sei. Die Feststellungsziele knüpfen zudem an andere Zeitpunkte an.

Die in den Erweiterungsanträgen enthaltenen Feststellungsziele sind auch weitestgehend hinreichend bestimmt. Zwar greift der Einwand der Musterbeklagten durch, dass die in den Erweiterungsanträgen enthaltene Formulierung "eine nach geltenden Vorschriften (insbesondere der USA) unzulässige Manipulationssoftware" nicht hinreichend bestimmt ist, soweit der Prüfungsgegenstand durch das Wort "insbesondere" auch auf Vorschriften außerhalb der USA erstreckt werden soll. Dies führt aber nicht zu einer Unzulässigkeit des gesamten Feststellungsziels. Lediglich der von der Formulierung betroffene, nicht bestimmte Teil des Feststellungsziels ist unzulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Januar 2018 - II ZB 14/16). Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Feststellungsziele insoweit zulässig sind, als die Feststellung begehrt wird, dass die Software in den USA unzulässig ist. Mit dieser Einschränkung sind die Erweiterungsanträge zuzulassen.

Die weiteren Einwendungen gegen die Bestimmtheit der Erweiterungsanträge greifen nicht durch.

Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass eine fiktive Ad-hoc-Mitteilung formuliert wird. Nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 10. Juli 2018 - II ZB 24/14 -, juris) müssen die (jeweiligen) Feststellungsziele (lediglich) bestimmt bezeichnen, welche konkreten Umstände, die in ihrer Gesamtheit eine Insiderinformation bilden sollen, Gegenstand der rechtlichen Prüfung im Musterverfahren sein sollen (a.a.O., Rn. 33). Diese Anforderung kann erfüllt werden, ohne dass hierfür ein konkreter Formulierungsvorschlag unterbreitet werden muss. Aus der vorgenannten Entscheidung ergibt sich auch nicht - wie die Musterbeklagte zu 1) meint -, dass bei einem Compliance-Verstoß die in Betracht kommenden Folgen zum Inhalt des Feststellungsziels gemacht werden müssten. Entscheidend ist allein, dass die zu prüfende - nicht öffentlich bekannte - Informationslage im Feststellungsziel bestimmt bezeichnet ist. Die so bestimmte Informationslage wird daraufhin überprüft, ob sie kursrelevant ist. Dabei können auch solche öffentlich bekannten Umstände berücksichtigt werden, die nicht im Feststellungsziel genannt sind.

Auch die verwendete Formulierung "Personen, die als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) zu qualifizieren sind", ist hinreichend bestimmt. Der Prüfungsumfang, der sich für den Senat hier stellt, erstreckt sich nicht auf eine unüberschaubare Anzahl von Personen. Er richtet sich vielmehr nach dem wechselseitigen Vortrag zu den in Betracht kommenden, namentlich benannten Personen. Auf wen hier abzustellen ist, würde sich ggf. aus den Gründen des Musterentscheids ergeben, der an der Bindungswirkung teilnimmt. Das gleiche gilt für die "früheren öffentlichen Verlautbarungen" zur Einhaltung der in den USA vorgegebenen Stickoxid-Grenzwerte. Auch hier bestimmt und begrenzt der Parteivortrag den Prüfungsumfang des Senats. Ferner ist auch eine hinreichende zeitliche Konkretisierung in den einzelnen Erweiterungsanträgen enthalten. Die Feststellungsziele sind darauf gerichtet, dass die dort genannte Informationslage jedenfalls bis zum 31. August des jeweiligen Jahres eine zu veröffentlichende Insiderinformation dargestellt habe ("spätestens am 31. August 2008" usw.).

Die Feststellungsziele sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt zu unbestimmt, dass sie auf die "jeweils" in den USA geltenden NOx-Grenzwerte abstellen. Die Feststellungsziele sind hinreichend bestimmt auf die Feststellung gerichtet, dass die Musterbeklagte zu 1) während des jeweiligen Zeitraums nicht in der Lage war, Dieselmotoren herzustellen, die die in den USA geltenden NOx-Grenzwerte erfüllen. Ob dies tatsächlich der Fall war, ist eine Frage der Begründetheit der Feststellungsziele.

Die Feststellungsziele sind auch entscheidungserheblich i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KapMuG. In den Ausgangsverfahren werden Schadensersatzansprüche wegen behaupteter Ad-hoc-Pflichtverletzungen für Investitionsentscheidungen im maßgeblichen Zeitraum geltend gemacht. Sollten die Feststellungsziele oder eines von ihnen bejaht werden, wäre die entsprechende Ad-hoc-Pflichtverletzung mit Bindungswirkung für das Ausgangsverfahren festgestellt; umgekehrt wäre die fehlende Pflichtverletzung verbindlich festgestellt, wenn die Feststellungsziele verneint würden. Weitergehender Sachvortrag als der bereits umfangreich gehaltene ist zur Prüfung der Entscheidungserheblichkeit der Erweiterungsanträge nicht erforderlich. Gegenstand der Feststellungsziele und Erweiterungsanträge sind sämtliche Voraussetzungen einer Haftung aus § 37b WpHG a.F. bzw. § 826 BGB, einschließlich Verjährungs-, Kausalitäts- und Schadensfragen. Die Frage, ob der Vortrag, der zur Begründung der Feststellungsziele angeführt wird, schlüssig ist, ist keine Frage der Zulässigkeit des Erweiterungsantrags, sondern der Begründetheit des Feststellungsziels. Auch der darüber hinaus erhobene Einwand, der Erweiterungsantrag müsse (sämtliche) zur Begründung des jeweiligen Feststellungsziels dienenden Tatsachen und Beweismittel enthalten, greift nicht durch. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 KapMuG muss der Antrag die Feststellungsziele und die öffentliche Kapitalmarktinformation enthalten. Daneben wird zu verlangen sein, dass der Antrag die weiteren Tatsachen mitteilt, die das Oberlandesgericht für die Beurteilung der Zulässigkeit des Antrags benötigt (Vollkommer, in: KK-KapMuG, 2. Aufl., § 15, Rn. 22; Kruis, in: Wieczorek/Schütze, 4. Aufl., § 15 KapMuG, Rn. 7). Hierfür ist es aber ersichtlich nicht erforderlich, den bereits umfassend gehaltenen Vortrag im Musterverfahren nebst Beweisantritten im Erweiterungsantrag zu wiederholen.

Die Erweiterungsanträge betreffen schließlich auch den gleichen Lebenssachverhalt im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KapMuG. Dies gilt - ohne dass es hierauf für die Zulassung der Erweiterungsanträge ankommt - auch, soweit die Kursrelevanz der in den Feststellungszielen aufgeführten Umstände u.a. mit der Kommunikation der Musterbeklagten zu 1) zur sog. "Strategie 2018" begründet wird. Ob auch solche Erweiterungsanträge den gleichen Lebenssachverhalt betreffen, die Ansprüche aus § 826 BGB aufgrund behaupteter falscher Angaben zur Strategie 2018 ohne Bezug zur Ad-hoc- bzw. Regelpublizität der Musterbeklagten zu 1) zum Gegenstand haben, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung.

b)

Die von der Musterbeklagten zu 1) erhobenen Einwendungen (Schriftsatz vom 24. Juli 2020, S. 135, 136) gegen den Erweiterungsantrag zu Ziffer 7. sind mit denen zu 6. identisch. Es kann deshalb auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.

Auch die von der Musterbeklagten zu 2) erhobenen weiteren Einwendungen gegen die Zulassung dieses Erweiterungsantrags greifen nicht durch. Aus dem Sinnzusammenhang dieses Feststellungsziels ergibt sich ohne weiteres, dass mit der Formulierung "Einsatz unzulässiger Motorsteuerungssoftware" auf die im selben Feststellungsziel verwendete Formulierung "nach geltenden U.S.-Vorschriften unzulässige Manipulationssoftware" Bezug genommen wird.

Die mit dem Erweiterungsantrag begehrte Feststellung ist auch nicht vollständig im Feststellungsziel A. XII des Vorlagebeschlusses enthalten. Das Feststellungsziel geht insoweit über das Feststellungsziel aus dem Vorlagebeschluss hinaus, als es - den Anforderungen der Corealcredit-Bank-Entscheidung entsprechend - die aus Sicht der Kläger maßgebliche Gesamtinformationslage enthält. Insbesondere enthält der Erweiterungsantrag die begehrte Feststellung, dass in sämtliche Dieselfahrzeuge seit 2009 eine nach geltenden U.S.-Vorschriften unzulässige Manipulationssoftware eingebaut wurde und nur so die für die Zulassung erforderlichen Testwerte erreicht werden konnten. Hierbei handelt es sich um einen für die Bewertung der Gesamtinformationslage wesentlichen Gesichtspunkt.

III. Erweiterungsantrag der Beigeladenen Wells Fargo Funds Trust u.a. aus dem Schriftsatz vom 15. Oktober 2019 zu (3)

Dieser Erweiterungsantrag ist darauf gerichtet, die oben unter II. behandelten Erweiterungsanträge der Beigeladenen California State Teachers' Retirement System u.a. jeweils mit einer weiteren Ziffer (iv) um die Feststellung zu ergänzen, dass die Unterlassung dieser Ad-hoc-Mitteilung vorsätzlich, hilfsweise grob fahrlässig im Sinne des § 37b Abs. 2 WpHG in seiner bis zum 1. Juli 2006 (gemeint ist offensichtlich der 1. Juli 2016, vgl. Schriftsatz vom 19. Juni 2019, S. 7) geltenden Fassung erfolgte.

Auch für diesen Erweiterungsantrag liegen die Voraussetzungen des § 15 KapMuG vor. Es handelt sich zunächst um weitere Feststellungsziele i.S.d. § 15 Abs. 1 KapMuG. Der Bezugspunkt für das festzustellende qualifizierte Verschulden, nämlich die jeweilige Informationslage, ist ein anderer als in den Feststellungszielen des Vorlagebeschlusses. Der Erweiterungsantrag ist auch hinreichend bestimmt. Es ist unschädlich, dass dieser auf die in den Schriftsätzen der Beigeladenen California State Teachers' Retirement System u.a. formulierten Erweiterungsanträge Bezug nimmt. Die Erweiterungsanträge werden mit diesem Beschluss zeitgleich zugelassen. Es lässt sich vor diesem Hintergrund ohne weiteres ein Bezug zu den in diesen Erweiterungsanträgen enthaltenen Feststellungszielen herstellen (s. Tenor zu A. II. 2.).

B. Zurückgewiesene Erweiterungsanträge

I. Erweiterungsantrag der Musterklägerin aus dem Schriftsatz vom 4. August 2017

Mit diesem Erweiterungsantrag wird die Feststellung begehrt, dass die Musterbeklagte zu 1) die Beweislast - hilfsweise die sekundäre Darlegungslast - für die von ihr bestrittenen Tatsachen trägt, die den behaupteten Ansprüchen der Kläger sowie den Feststellungszielen des Musterverfahrens zugrunde liegen, soweit sie Umstände und Handlungen betreffen, die sich in Betrieben und Organisationen der Musterbeklagten zu 1) sowie mit ihr verbundenen Unternehmen ereignet haben und/oder von deren Organen und Angestellten begangen, veranlasst oder überwacht wurden.

Dieser Erweiterungsantrag ist unzulässig.

§ 2 Abs. 1 KapMuG enthält eine Legaldefinition des Begriffs der Feststellungsziele. Ein Feststellungsziel eines Musterverfahrens kann gemäß § 2 Abs. 1 KapMuG nur auf die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens anspruchsbegründender oder anspruchsausschließender Voraussetzungen oder auf die Klärung von Rechtsfragen gerichtet werden. Im Rahmen des Musterfeststellungsverfahrens können somit solche Tatsachen und Rechtsfragen einer Klärung zugeführt werden, die die Anwendung der Anspruchsnorm selbst begründen oder ausschließen oder der Konkretisierung einer anspruchsbegründenden oder anspruchsausschließenden Voraussetzung der Norm dienen (vgl. BGH, Beschluss vom 13.12.2011 - II ZB 6/09 -, NZG 2012, 107, 110; Beschluss vom 10.06.2008 - XI 26/07 -, NZG 2008, 592 [BGH 10.06.2008 - XI ZB 26/07]). Das Musterverfahren ist jedoch nicht auf die Klärung materiell-rechtlicher Anspruchsvoraussetzungen beschränkt, sondern erfasst auch die Voraussetzungen des prozessualen Anspruchs (BGH, Beschluss vom 21. Juli 2020 - II ZB 19/19 -, juris-Rn. 24).

Die mit dem vorliegenden Erweiterungsantrag begehrte Feststellung stellt jedoch keine solche Voraussetzung des prozessualen Anspruchs dar. Es handelt sich vielmehr um eine allgemeine rechtliche Fragestellung zur Darlegungs- und Beweislast ohne Bezug zum Kapitalanlage- bzw. Kapitalmarktrecht. Eine solche ist kein tauglicher Gegenstand eines Feststellungsziels i.S.d. § 2 Abs. 1 KapMuG (vgl. Kruis, KK-KapMuG, 2. Aufl., § 2 Rn. 62).

II. Erweiterungsanträge der Musterbeklagten zu 1)

1. Aus dem Schriftsatz vom 28. Februar 2018 zu 2. a) (1) - (6), 2. b) und 3.

Für die im Schriftsatz vom 28. Februar 2018 enthaltenen Erweiterungsanträge zu 2. a) (1) - (6), 2. b) und 3. liegen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 KapMuG nicht vor.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KapMuG ist das Musterverfahren nur dann um weitere Feststellungsziele zu erweitern, wenn das Oberlandesgericht die Erweiterung für sachdienlich erachtet. Die Sachdienlichkeit der beantragten Erweiterung des Musterverfahrens um ein neues Feststellungsziel ist unter Einschluss der vertypten Kriterien im Wege einer Gesamtabwägung zu prüfen und festzustellen (vgl. Vollkommer, in: KK-KapMuG, 2. Aufl., § 15 Rn. 20). Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass entsprechend dem mit dem KapMuG verfolgten Ziel, eine möglichst umfassende Klärung aller Tat- und Rechtsfragen herbeizuführen, grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen ist (vgl. Kruis, a.a.O.). Anderseits ist auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass den Beteiligten eines Musterverfahrens nicht per se dadurch effektiverer Rechtsschutz gewährt wird, dass eine möglichst große Zahl von Tat- und Rechtsfragen zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wird. Effektiver Rechtsschutz für die Beteiligten setzt vielmehr auch voraus, dass das Musterverfahren noch handhabbar bleibt und in möglichst angemessener Zeit abgeschlossen werden kann (Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2018 - 3 Kap 1/16 -, juris-Rn. 40).

Nach diesen Maßgaben sind die Erweiterungsanträge zu 2. a) (1) - (6), 2. b) und 3. aus dem Schriftsatz der Musterbeklagten zu 1) vom 28. Februar 2018 nicht sachdienlich.

a)

Die Erweiterungsanträge zu 2. a) (1) - (4) betreffen Fragestellungen, die den rechtlichen Rahmen der Subsumtion unter die Tatbestandsvoraussetzungen einer Insiderinformation i.S.d. § 13 Abs. 1 WpHG in der bis zum 1. Juli 2016 geltenden Fassung (im Folgenden § 13 WpHG a.F.) im Zusammenhang mit einem "Compliance-Verstoß" bestimmen sollen. Sämtliche Feststellungsziele der Musterklägerin und der Beigeladenen, die die Verletzung von Ad-hoc-Pflichten betreffen, enthalten auch das Feststellungsbegehren, dass die dort im einzelnen aufgeführten Umstände (ggf. in ihrer Gesamtheit) eine Insiderinformation darstellen. Es ist deshalb gewährleistet, dass im vorliegenden Musterverfahren für die Zeitpunkte und die Umstände, für die bzw. aus denen in den Ausgangsverfahren Ansprüche hergeleitet werden, mit Bindungswirkung über das Vorliegen einer Insiderinformation entschieden wird. Es besteht vor diesem Hintergrund kein Bedürfnis für eine Entscheidung über solche Rechtsfragen, die lediglich den Rahmen der ohnehin zu treffenden Entscheidung bestimmen sollen.

Eine andere Bewertung rechtfertigt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass sich einzelne Feststellungsziele aus dem Vorlagebeschluss als unzulässig erweisen könnten. In einem solchen Fall wäre zu erwarten, dass die Musterklägerin oder die Beigeladenen die hierdurch etwaig entstehende(n) Lücke(n) durch zulässige Erweiterungsanträge schließen werden, wenn anderenfalls für von ihnen für maßgeblich erachtete Zeitpunkte oder Umstände eine Entscheidung mit Bindungswirkung unterbleiben würde. Auf diese Weise haben einige Beigeladene auch bereits auf den Umstand reagiert, dass infolge der strengen Maßstäbe für die Bestimmtheit von Feststellungszielen durch die Corealcredit-Bank-Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. Juli 2018 - II ZB 24/14 - die Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Senats in Bezug auf die Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses meist auf einzelne Aspekte oder Informationen des Gesamtsachverhalts beschränkt ist (vgl. hierzu die Hinweise des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2019, Anlage 2 zum Sitzungsprotokoll, S. 31, 32).

Auch die Möglichkeit, dass in den Ausgangsverfahren nach Abschluss des Musterverfahrens Ansprüche aus Publizitätspflichtverletzungen in Bezug auf andere Zeitpunkte und/oder andere (Gesamt-)Informationslagen hergeleitet werden könnten, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Eine Erweiterung des Musterverfahrens ist nicht schon dann sachdienlich, wenn die bloß abstrakte Möglichkeit besteht, dass die begehrte Feststellung in einem Ausgangsverfahren zukünftig Relevanz entfalten könnte. Es entspricht ersichtlich nicht dem Zweck des KapMuG, komplexe Rechtsfragen zu beantworten, deren Relevanz für die Ausgangsverfahren noch völlig ungewiss ist. Aus diesem Grund genügt auch der Hinweis der Musterbeklagten zu 1) aus dem Schriftsatz vom 17. September 2020, bei rund 2.000 Ausgangsrechtsstreitigkeiten seien zwangsläufig variierende Sachverhalte enthalten, nicht, um eine Sachdienlichkeit der begehrten Erweiterungen zu begründen. Der bloße Hinweis auf die Existenz variierender Sachverhalte ändert nichts daran, dass der Senat nach diesem Verständnis gezwungen wäre, ohne Bezug zu einer konkreten Fallgestaltung abstrakte und diffizile Fragestellungen zum rechtlichen Rahmen der Kapitalmarktinformationshaftung zu beantworten, obwohl gänzlich unklar ist, ob oder inwieweit es auf diese Fragestellungen in den Ausgangsverfahren überhaupt ankommen wird.

Soweit die Musterbeklagte zu 1) argumentiert, die in § 2 Abs. 1 S. 1 KapMuG vorgesehene Möglichkeit zur Klärung von Rechtsfragen würde keinen Sinn ergeben, wenn "Vorfragen" kein zulässiger Gegenstand von Feststellungszielen sein könnten, greift dies nicht durch. Rechtsfragen können bloße Vorfragen von ohnehin zu klärenden Tatbestandsmerkmalen sein. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob eine Erweiterung des Musterverfahrens um solche Rechtsfragen sachdienlich ist. Stellt sich eine Rechtsfrage nicht lediglich als Vorfrage zu einem ohnehin zu klärenden Tatbestandsmerkmal dar, kann eine hierauf gerichtete Erweiterung (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) selbstverständlich sachdienlich sein. Dementsprechend sind die Erweiterungsanträge zu 2. a) (7), (11) und (14 - teilweise) auch zugelassen worden (vgl. oben A. I.)

Diese Argumentation vermischt auch nicht - wie die Musterbeklagte zu 1) meint - die Prüfungsebenen der Entscheidungserheblichkeit und der Sachdienlichkeit. Auch wenn eine bestimmte rechtliche Fragestellung bei isolierter Betrachtung entscheidungserheblich sein mag, ändert dies nichts daran, dass zu überprüfen ist, ob eine Erweiterung des Musterverfahrens um diesen Gesichtspunkt auch sachdienlich ist. Dies ist hier aus den dargestellten Gründen nicht der Fall. Diese Bewertung enthält auch keine "Vorfestlegung" des Senats auf einen bestimmten Lösungsweg. Die Erwägungen greifen vielmehr unabhängig davon ein, wie der Senat die zur Entscheidung stehenden Feststellungsziele beantworten wird. Diese Bewertung entspricht offenbar auch dem Verständnis des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs. In seiner "Telekom-Entscheidung" hat der Senat die Feststellungen des Oberlandesgerichts Frankfurt zur Frage des Beurteilungsmaßstabs eines Prospektfehlers und zum Adressatenkreis des Prospekts aufgehoben (Beschluss vom 22. November 2016 - XI ZB 9/13 -, juris-Rn. 106, 107). Unabhängig davon, ob die Ausführungen des Oberlandesgerichts richtig seien, seien die Feststellungen schon deshalb aufzuheben, weil die Fragen in den Ausgangsverfahren nicht mehr entscheidungserheblich werden könnten. Die gerügten Unvollständigkeiten oder Unrichtigkeiten des Prospekts lägen nicht vor, ohne dass es auf den Maßstab der Auslegung konkreter Prospektangaben oder den Adressatenkreis geschuldeter Informationen ankomme. Die Fragen seien deshalb nicht mehr klärungsbedürftig. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat hier nicht einmal in Erwägung gezogen, dass die Fragestellung weiterhin Auswirkungen haben könnte, weil in einem der Ausgangsverfahren (zukünftig) weitergehende Prospektfehler behauptet werden könnten.

Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. Juli 2020 - II ZB 19/19 -folgt keine andere Bewertung. Es kann dahinstehen, ob der II. Senat des Bundesgerichtshofs hiermit zum Ausdruck gebracht hat, dass "er weder in Wortlaut noch Gesetzesgenese [des § 2 Abs. 1 KapMuG] Anhaltspunkte für eine restriktive Gesetzesauslegung sieht." Auf die hier relevante Fragestellung der Sachdienlichkeit der Erweiterung eines Musterverfahrens i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 3 KapMuG lassen sich die Erwägungen des Bundesgerichtshofs nicht übertragen.

Unabhängig hiervon sind die Erweiterungsanträge zu 2. a) (1) und (2) auch schon deshalb nicht sachdienlich, weil die gewählte Formulierung "ein latentes, d.h. nicht durch belastbare Anhaltspunkte hinreichend fass- und bewertbares Risiko" nicht geeignet ist, eine Klärung herbeizuführen. Die Fragestellung wird lediglich dahingehend verlagert, dass zu klären wäre, wann von einem "nicht hinreichend fass- und bewertbaren Risiko" auszugehen ist.

b)

Auch die Erweiterungsanträge zu 2. a) (5) und (6) sind nach den oben genannten Maßgaben nicht sachdienlich. Die hierin enthaltenen Feststellungsziele beschäftigen sich - zusammengefasst - mit der Rechtsfrage, ob der objektive Tatbestand des § 37b Abs. 1 WpHG a.F. voraussetzt, dass der handlungsverantwortliche Vorstand des Emittenten positive Kenntnis von den die Insiderinformation begründenden Umständen hat. Diese Fragestellung wird durch den Erweiterungsantrag zu 2. a) (7), (11) und (14) umfassend abgebildet. Die Musterbeklagte zu 1) hat auf den rechtlichen Hinweis des Senats keinen konkreten Gesichtspunkt aufgezeigt, aus dem sich ein berechtigtes Interesse an einer Entscheidung über die Feststellungsziele zu 2. a) (5) und (6) neben den Feststellungszielen zu 2. a) (7), (10), (11) und (14) ergeben könnte. Allein das denkbare Szenario, dass sich in einem etwaigen Rechtsbeschwerdeverfahren zeigen könnte, dass die höchstrichterliche Rechtsprechungslinie durch unterkomplexe und zu abstrakt formulierte Feststellungsziele nicht hinreichend abgebildet werde, begründet keine Sachdienlichkeit einer Erweiterung des Musterverfahrens. Auch insoweit gilt, dass die lediglich nicht auszuschließende Möglichkeit, dass eine Fragestellung in den Ausgangsverfahren relevant werden könnte, keine Befassung des KapMuG-Senats rechtfertigt.

c)

Die weiteren Erweiterungsanträge zu 2. b) sollen den rechtlichen Rahmen der Subsumtion unter die Tatbestandsvoraussetzung des qualifizierten Verschuldens i.S.d. § 37b Abs. 2 WpHG a.F. bestimmen. Sämtliche Feststellungsziele der Musterklägerin und der Beigeladenen, die die Verletzung von Ad-hoc-Pflichten durch Unterlassen betreffen, enthalten auch jeweils das Feststellungsbegehren, dass ein der Musterbeklagten analog § 31 BGB zuzurechnendes qualifiziertes Verschulden i.S.d. § 37b Abs. 2 WpHG a.F. vorliegt. Es besteht kein Bedürfnis für eine Entscheidung über solche Rechtsfragen, die lediglich den Rahmen der ohnehin zu treffenden Entscheidung über ein etwaiges (ggf. analog § 31 BGB zuzurechnendes) Verschulden bestimmen sollen. Es gelten die Ausführungen zu oben B. I. 1. a) entsprechend.

d)

Die vier Erweiterungsanträge zu 3. enthalten Feststellungsziele, die den rechtlichen Rahmen der Subsumtion unter die Tatbestandsvoraussetzungen der Sittenwidrigkeit und des Vorsatzes i.S.d. § 826 BGB im Rahmen der Informationsdeliktshaftung bestimmen sollen. Die Feststellungsziele der Musterklägerin und der Beigeladenen sind jeweils auch darauf gerichtet, dass die von ihnen geltend gemachte Publizitätspflichtverletzung den Tatbestand einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung erfüllt. Es besteht auch insoweit kein Bedürfnis für eine Entscheidung über Rechtsfragen, die lediglich den Rahmen der ohnehin zu treffenden Entscheidung bestimmen sollen. Es gelten auch hier die Ausführungen zu oben B. I. 1. a) entsprechend.

2. Aus dem Schriftsatz vom 14.5.2019 zu 2. a) (8), (9), (12), (13), (15), (16), (17)

Auch diese Erweiterungsanträge sind nach den oben unter B. I. 1. a) dargestellten Maßgaben nicht sachdienlich i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KapMuG.

Die Erweiterungsanträge betreffen rechtliche Fragestellungen, die den rechtlichen Rahmen der Subsumtion unter § 15 WpHG a.F. und § 37b WpHG a.F. unter den Gesichtspunkten eines Kenntniserfordernisses bzw. von Haftungs- und Wissenszu(sammen)rechnung bestimmen sollen. Auch für eine Entscheidung über diese Feststellungsziele ist ein berechtigtes Interesse nicht ersichtlich.

a)

Dies gilt zunächst für den Erweiterungsantrag zu 2. a) (8). Neben der mit dem Erweiterungsantrag zu (7) verfolgten Feststellung, dass § 37b Abs. 1 WpHG a.F. tatbestandlich eine positive Kenntnis der für die Erfüllung der Ad-hoc-Publizitätspflicht handlungsverantwortlichen Vorstandmitglieder voraussetzt, bedarf es keiner gesonderten Feststellung, ob sich ein solches Erfordernis bereits aus dem Tatbestand des § 15 Abs. 1 WpHG a.F. ergibt. § 15 WpHG a.F. begründet eine Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen. § 37b WpHG a.F. knüpft an die Verletzung dieser Pflicht Schadensersatzansprüche. Sollte die in § 15 WpGH a.F. statuierte Pflicht positive Kenntnis des Emittenten voraussetzen, setzt auch die hieran anknüpfende Schadensersatzpflicht des § 37b WpHG a.F. positive Kenntnis voraus. Mit anderen Worten kann der Haftungstatbestand nicht weiter reichen als die Handlungspflicht, an die er anknüpft. Die etwaige Feststellung, dass § 37b WpHG a.F. keine Kenntnis des Vorstands des Emittenten voraussetzt, erfordert damit zwingend die Feststellung, dass sich ein solches Erfordernis auch nicht aus § 15 WpHG a.F. ergibt. Würde umgekehrt festgestellt, dass § 37b WpHG a.F. positive Kenntnis voraussetzt, besteht tatsächlich kein Interesse an der weitergehenden Feststellung, dass dies auch in Bezug auf § 15 WpHG a.F. der Fall ist. Etwas anderes folgt auch nicht für etwaige Ansprüche aus § 826 BGB. Es handelt sich insoweit lediglich um eine Vorfrage des ohnehin zu klärenden Merkmals der Sittenwidrigkeit. Sonstige Gesichtspunkte, unter denen eine Entscheidung über das Feststellungsziel relevant werden könnte, haben die Beteiligten nicht aufgezeigt. Allein die abstrakte Möglichkeit, dass die Fragestellung in den Ausgangsverfahren (aufgrund eines im Musterverfahren übersehenen Gesichtspunkts) noch relevant werden könnte, rechtfertigt nicht die Erweiterung des Musterverfahrens um diese Fragestellung.

b)

Auch der Erweiterungsantrag zu 2. a) (9) ist nicht sachdienlich. Dieses Feststellungsziel betrifft Fragen der Delegation bzw. Delegationsfähigkeit der Pflicht aus § 15 WpHG a.F. Diese Fragestellungen sind im Zusammenhang mit der Prüfung relevant, ob eine Haftungszurechnung aufgrund eines Verhaltens (bzw. Unterlassens) von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene analog § 31 BGB in Betracht kommt. Sofern auf ein Verhalten oder Unterlassen von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene abgestellt werden soll, erfordern aber bereits die im Vorlagebeschluss enthaltenen bzw. die mit diesem Beschluss zugelassenen Feststellungsziele zur behaupteten Ad-hoc-Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Prüfung eines qualifizierten Verschuldens eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob bzw. inwieweit eine Haftungszurechnung analog § 31 BGB ohne explizite (Teil-)Übertragung der Ad-hoc-Pflicht in Betracht kommt. Es besteht vor diesem Hintergrund kein berechtigtes Interesse daran, diese Gesichtspunkte noch einmal zum Gegenstand eines gesonderten Feststellungsziels zu machen. Auch insoweit wird auf die Ausführungen zu B. I. 1. a) Bezug genommen.

c)

Auch die Erweiterungsanträge zu 2. a) (12) und (13) sind nicht sachdienlich. Der Erweiterungsantrag zu 2. a) (12) betrifft u.a. Fragestellungen zur "mosaikartigen Zusammenrechnung" von Wissenselementen, die bei verschiedenen Personen vorliegen. Die relevanten Fragestellungen zur "mosaikartigen Wissenszusammenrechnung" in Bezug auf den objektiven Tatbestand des § 37b WpHG a.F. werden durch den - mit diesem Beschluss zugelassenen - Erweiterungsantrag zu 2. a) (14) umfassend abgebildet. In Bezug auf den subjektiven Tatbestand handelt es sich um eine ohnehin zu prüfende Vorfrage im Zusammenhang mit dem qualifizierten Verschulden. Insoweit gelten die gleichen Erwägungen wie vorstehend zu B. I. 2. b). Auch soweit der Erweiterungsantrag die Frage betrifft, ob die volle Tatbestandsverwirklichung des § 37b WpHG a.F. bei den ad-hoc-verantwortlichen Personen liegen muss, kann auf die Ausführungen zu B. I. 2. b) Bezug genommen werden.

Der Erweiterungsantrag zu 2. a) (13) ist auf die Feststellung gerichtet, dass § 15 WpHG a.F. keine Pflicht begründe, Informationen innerhalb der gesamten Unternehmensorganisation zu ermitteln und zu beschaffen. Die Beteiligten zeigen keine Gesichtspunkte auf, unter denen die Beantwortung dieses Feststellungsziels neben den mit diesem Beschluss zugelassenen Feststellungszielen, insbesondere zu Ziffer 2. a) (14), Relevanz entfalten könnte. Allein das denkbare Szenario, dass sich in einem etwaigen Rechtsbeschwerdeverfahren zeigen könnte, dass die höchstrichterliche Rechtsprechungslinie durch unterkomplexe und zu abstrakt formulierte Feststellungsziele nicht hinreichend abgebildet werde, begründet - wie bereits ausgeführt (vgl. oben zu B. I. 1. b) - keine Sachdienlichkeit einer Erweiterung des Musterverfahrens. Eine andere Bewertung rechtfertigt sich auch nicht aus einer möglichen Haftung aus § 826 BGB. Es handelt sich insoweit um eine Vorfrage des ohnehin zu beantwortenden Tatbestandsmerkmals der Sittenwidrigkeit.

d)

Die Erweiterungsanträge zu 2. a) (15) und (16) betreffen weitere Fragestellungen zu der von den Musterbeklagten vertretenen Rechtsauffassung, eine Haftung aus § 37b WpHG a.F. setze tatsächlich vorhandenes Vorstandswissen voraus. Auch insoweit zeigen die Beteiligten keine Gesichtspunkte auf, aufgrund derer die Beantwortung dieses Feststellungsziels neben den mit diesem Beschluss zugelassenen Feststellungszielen, insbesondere zu Ziffer 2. a) (7), Relevanz entfalten könnte.

e)

Der Erweiterungsantrag zu 2. a) (17) betrifft Fragestellungen zur Verschuldenszurechnung. Auch dieser Erweiterungsantrag ist nicht sachdienlich. Es gelten die gleichen Erwägungen, wie oben zu B. I. 2. b).

III. Erweiterungsanträge der Beigeladenen California State Teachers' Retirement System u.a.

1. Aus dem Schriftsatz vom 26. Januar 2017 zu I., II. 1. und 2., III. und V.

Die Erweiterung des Musterverfahrens um die Feststellungsziele zu I. 1. - 5., II. 1. und 2., III. 1. und 2. und V. 1. - 4. ist nicht sachdienlich.

a)

Der Erweiterungsantrag zu I. 1. geht nur insoweit über das Feststellungsziel zu A. V. 1. des Vorlagebeschlusses hinaus, als die Zahl der in den USA verkauften PKW genannt wird. Insoweit handelt es sich jedoch nur um eine Vorfrage des ohnehin zu klärenden Tatbestandsmerkmals der Kursrelevanz.

Der Erweiterungsantrag zu I. 2. ist auf die Feststellung gerichtet, dass die Software zur Manipulation der Stickoxidwerte unter Emissionstestbedingungen spätestens ab November 2006 innerhalb der Abteilung Motorentechnik der Musterbeklagten zu 1) besprochen worden sei. Das Feststellungsziel A. I. des Vorlagebeschlusses ist auf die Feststellung gerichtet, es sei 2005 und 2006, spätestens 2007 entschieden worden, Abschalteinrichtungen zu implementieren. Die Entscheidung enthält notwendigerweise, dass dies zuvor besprochen worden ist. Neu ist deshalb lediglich der Ort "Abteilung Motorentechnik". Dass gerade dieser Gesichtspunkt für die Ausgangsverfahren von Relevanz ist, wird von den Beteiligten nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Die Erweiterungsanträge zu 3. - 5. betreffen die Fragen, welche Personen Kenntnis (hilfsweise grob fahrlässige Unkenntnis) von der Manipulation bei der Musterbeklagten zu 1) hatten und ob diese Kenntnis (bzw. grob fahrlässige Unkenntnis) der Musterbeklagten zu 1) zuzurechnen ist. Sämtliche Feststellungsziele der Musterklägerin und der Beigeladenen, die die Verletzung von Ad-hoc-Pflichten durch Unterlassen betreffen, enthalten auch jeweils das Feststellungsbegehren, dass ein der Musterbeklagten zu 1) analog § 31 BGB zuzurechnendes qualifiziertes Verschulden i.S.d. § 37b Abs. 2 WpHG a.F. bzw. i.S.d. § 826 BGB vorliegt. Im Rahmen dieser Feststellungsziele hat der Senat zu prüfen, welche Personen Kenntnis der maßgeblichen Umstände hatten und ob bzw. inwieweit deren Kenntnis bzw. Verhalten (oder Unterlassen) der Musterbeklagten zu 1) analog § 31 BGB zuzurechnen ist. Es sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, aus denen sich daneben ein berechtigtes Interesse an der Entscheidung über die Feststellungsziele zu 3. - 5. aus dem Schriftsatz vom 26. Januar 2017 ergeben könnte.

b)

Auch die beantragte Erweiterung um die Feststellungsziele zu II. 1. und II. 2. ist nicht sachdienlich. Die mit diesem Beschluss zugelassenen Erweiterungsanträge zu 6. a) - 6. g) aus dem Schriftsatz vom 31. Mai 2019 in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 30. September 2019 enthalten sämtliche Aspekte dieser Feststellungsziele und gehen darüber hinaus.

c)

Die Feststellungsziele zu III. 1. und 2. gehen in dem mit diesem Beschluss zugelassenen deutlich weitergehenden Erweiterungsantrag zu 7. aus dem Schriftsatz vom 31. Mai 2019 in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 30. September 2019 auf. Auch insoweit ist die Erweiterung des Musterverfahrens deshalb nicht sachdienlich.

d)

Die Feststellungsziele zu V. 1. - V. 4. betreffen die gegenstandslos gewordenen Erweiterungsanträge zu II. und III. (s. vorstehend B. II. 1. a) und b)). Auch insoweit ist die Erweiterung des Musterverfahrens nicht sachdienlich.

2. Aus dem Schriftsatz vom 31. Mai 2019 in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 30. September zu 1., 3., 4. a) und 5.

a)

Der Erweiterungsantrag zu 1. ist auf die Feststellung gerichtet, dass die Frage, ob ein Umstand Kursbeeinflussungspotential hat, auf der Grundlage der im Markt jeweils vorhandenen Informationen zu beurteilen ist. Diese Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig. Es ist allgemein anerkannt, dass der "verständige Anleger" i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 2 WpHG a.F. seine Entscheidung auf der Grundlage aller öffentlich bekannten Umstände trifft. Unabhängig davon handelt es sich hierbei um eine Fragestellung, die ohnehin bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals der Kursrelevanz zu berücksichtigen ist. Es ist deshalb nicht ersichtlich, unter welchem Gesichtspunkt ein berechtigtes Interesse an einer gesonderten Feststellung hierüber bestehen könnte.

b)

Der Erweiterungsantrag zu 3. betrifft die rechtliche Fragestellung, ob es für das Vorliegen einer Insiderinformation darauf ankommt, ob das Bekanntwerden der zugrundeliegenden Umstände in dem Zeitpunkt, zu dem eine Veröffentlichung an sich hätte erfolgen müssen, wahrscheinlich war. Auch die Erweiterung des Musterverfahrens um diesen Gesichtspunkt ist nicht sachdienlich. Sollte es auf diesen Gesichtspunkt ankommen, wird der Senat im Rahmen der Beantwortung der Feststellungsziele zum Vorliegen einer Insiderinformation zu den jeweiligen Zeitpunkten hierüber mit Bindungswirkung für die Ausgangsverfahren entscheiden. Sollte diese Fragestellung hingegen im Rahmen der Prüfung der Kursrelevanz offen bleiben können, ist nicht ersichtlich, unter welchem Gesichtspunkt ein berechtigtes Interesse an einer gesonderten Entscheidung hierüber bestehen könnte. Die bloße Möglichkeit, dass in den Ausgangsverfahren nach Abschluss des Musterverfahrens Ansprüche aus Publizitätspflichtverletzungen in Bezug auf andere Zeitpunkte und/oder andere (Gesamt-)Informationslagen hergeleitet werden könnten, genügt hierfür nicht (s. oben zu B. I. 1. a).

c)

Der Erweiterungsantrag zu 4. a) betrifft die Fragestellung, welche Maßstäbe bei der Prüfung der Kursrelevanz eines Teilelements eines Gesamtsachverhaltes anzulegen sind, insbesondere, ob die unterbliebene (aber rechtlich gebotene) Veröffentlichung eines Teilschrittes für die Veröffentlichungsbedürftigkeit eines zeitlich späteren Teilschrittes hinzugedacht werden kann. Wie bereits ausgeführt (B. I. 1. a)), enthalten sämtliche Feststellungsziele der Musterklägerin und der Beigeladenen, die die Verletzung von Ad-hoc-Pflichten betreffen, auch das Feststellungsbegehren, dass die dort im einzelnen aufgeführten Umstände (ggf. in ihrer Gesamtheit) eine Insiderinformation darstellen. Es ist deshalb gewährleistet, dass im vorliegenden Musterverfahren für die Zeitpunkte und die Umstände, für die bzw. aus denen in den Ausgangsverfahren Ansprüche hergeleitet werden, mit Bindungswirkung über das Vorliegen einer Insiderinformation entschieden wird. Es besteht vor diesem Hintergrund kein Bedürfnis für eine Entscheidung über die hier gegenständliche Rechtsfrage, die lediglich den Rahmen der ohnehin zu treffenden Entscheidung bestimmen soll.

d)

Der Erweiterungsantrag zu 5. beschäftigt sich mit der Rechtsfrage, ob §§ 15, 37b WpHG a.F. eine Kenntnis des Emittenten von den eine Insiderinformation bildenden Tatsachen voraussetzen. Auch diese Erweiterung ist nicht sachdienlich. Die zugrunde liegende Rechtsfrage wird durch die mit diesem Beschluss zugelassenen Erweiterungsanträge der Musterbeklagten zu 1. bereits umfassend behandelt (Erweiterungsanträgen (7), (10), (11), (14) aus dem Schriftsatz vom 14. Mai 2019; s. oben A. I.).

IV. Erweiterungsanträge der Beigeladenen Wells Fargo Funds Trust u.a. aus dem Schriftsatz vom 19. Juni 2019 i.V.m. dem Schriftsatz vom 15. Oktober 2019 zu (1) und (2)

Der Erweiterungsantrag zu (1) betrifft das zurückgewiesene und damit gegenstandslos gewordene Feststellungsziel zu Ziffer 5. aus dem Schriftsatz der Beigeladenen California State Teachers' Retirement System u.a. vom 31. Mai 2019 in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 30. September 2019 und ist deshalb nicht sachdienlich.

Der Erweiterungsantrag zu (2) betrifft die Fragestellung, welche Personen als verfassungsmäßig berufene Vertreter der Musterbeklagten zu 1) anzusehen sind. Sämtliche Feststellungsziele der Musterklägerin und der Beigeladenen, die die Verletzung von Ad-hoc-Pflichten durch Unterlassen betreffen (insbesondere auch die mit diesem Beschluss zugelassenen Feststellungsziele zu 6. a) - 6. g) und 7. der Beigeladenen California State Teachers' Retirement System u.a. vom 31. Mai 2019 in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 30. September 2019) enthalten - wie bereits ausgeführt - auch jeweils das Feststellungsbegehren, dass ein der Musterbeklagten zu 1) analog § 31 BGB zuzurechnendes qualifiziertes Verschulden i.S.d. § 37b Abs. 2 WpHG a.F. bzw. i.S.d. § 826 BGB vorliegt. Im Rahmen dieser Feststellungsziele hat der Senat zu prüfen, welche Personen Kenntnis der maßgeblichen Umstände hatten und ob bzw. inwieweit deren Kenntnis bzw. Verhalten (oder Unterlassen) der Musterbeklagten zu 1) analog § 31 BGB zuzurechnen ist. Es sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, aus denen sich daneben ein berechtigtes Interesse an der Entscheidung über eine Repräsentantenhaftung der hier im Einzelnen genannten Personen ergeben könnte.

Dr. Jäde
Dr. Hoffmann
Stephan