Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 16.10.1997, Az.: 1 A 27/96
Entzug einer Außendienstzulage nebst Aufwandsentschädigung; Tätigkeit als Militärkraftfahrlehrer im Offiziersrang; Spezifische Zulag der Bundeswehr
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 16.10.1997
- Aktenzeichen
- 1 A 27/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 11157
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGLUENE:1997:1016.1A27.96.0A
Rechtsgrundlagen
- Nr. 4 der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B
- § 48 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG
Verfahrensgegenstand
Stellenzulage (Außen- und Geländedienst),
Prozessführer
Hauptmann ...
Prozessgegner
Bundesrepublik Deutschland,
vertr. d.d. Bundesminister der Verteidigung,
dieser vertr.d.d. Wehrbereichsverwaltung II,
Hans-Böckler-Allee 16, 30173, Hannover,
Redaktioneller Leitsatz
Soldaten der Bundeswehr erhalten eine Außendienstzulage dann, wenn sie überwiegend - mehr als 50 % seiner Tätigkeit - als Führer oder Ausbilder im Außen- und Geländedienst verwendet werden.
In der Verwaltungsrechtssache
hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Lüneburg
auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 1997
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ... als Vorsitzenden,
die Richter am Verwaltungsgericht ... und ... als beisitzende Berufsrichter sowie
die ehrenamtlichen Richterinnen Bloom und Dammann
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Bescheid der Flugabwehrraketengruppe 25 vom 18. Oktober 1995 in der Fassung des Beschwerdebescheides des Flugabwehrraketengeschwaders 3 vom 1. Februar 1996 wird aufgehoben.
Die Verfahrenskosten trägt die Beklagte; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen den Entzug einer Außendienstzulage nebst Aufwandsentschädigung, welche ihm 1992 durch entsprechende Bewilligungsbescheide für den Zeitraum Oktober 1985 bis Januar 1989 nachträglich zugestanden worden war.
Er war zunächst als Feldwebel - damit Soldat auf Lebenszeit - beim Flugabwehr-Raketengeschwader 3 (Raketengeschwader 25) der Bundeswehr tätig, uzw. als Militärkraftfahrlehrer in der Fahrschule. In dieser Verwendung als Fahrlehrer war die Ausbildungs- und Tätigkeitsnummer des ihm übertragenen Dienstpostens (ATN 564 4868) im Katalog der zulageberechtigenden Tätigkeiten aufgeführt, der vom Bundesminister der Verteidigung in Ausfüllung des ihm gesetzlich eingeräumten Gestaltungsspielraums und entsprechender Verwaltungsvorschriften aufgestellt wird. Demgemäß war ihm ab Februar 1983 auch die Außendienstzulage zuerkannt worden. Danach wechselte der Kläger in die Offizierslaufbahn. Er wurde Leiter der Fahrschule. Ihm wurde in dieser neuen Tätigkeit die ATN 564 4825 zuerkannt und die Außendienstzulage erstmals ab November 1983 bewilligt (bis Juni 1985). Anschließend erhielt der Kläger als Leiter der Fahrschule "Flugabwehrraketengeschwader 25" die Zulage einige Jahre lang nicht mehr, weil bei einem organisatorischen Wechsel der Fahrschule des Verbandes (vom Stab zum Versorgungverband) zwar der Entzug, aber nicht auch die erneute Bewilligung veranlaßt wurde, weil irrtümlich angenommen wurde, daß gar kein Entzug erfolgt sei (vgl. Schreiben des Kommodore vom 13.08.1992). Erst mit Bescheid vom 30. August 1989 wurde die Zulage dem Kläger - zusammen mit der zum 1. Januar 1988 eingeführten Außendienst-Aufwandsentschädigung - ab 1. Februar 1989 wieder bewilligt. Durch Mitteilung des Flugabwehrraketengeschwaders 25 vom 25. Februar 1992 an das Wehrbereichsgebührnisamt II in Hannover wurde dann nochmals unterstrichen, daß die Zahlung der Außendienstzulage weiterzugewähren ist.
1992 lehnte das Wehrbereichsgebührnisamt II dann eine vom Kläger beantragte Festsetzung einer Ausgleichszulage gem. § 13 Abs. 5 BBesG ab, weil die hier streitige Außendienstzulage nicht mindestens 10 Jahre lang gewährt worden sei. In diesem Zusammenhang wurde dem Kläger nun durch Bescheid der Flugabwehrraketengruppe 25 vom 25. Juni 1992 jedoch noch nachträglich - für den Zeitraum vom 1. Oktober 1985 bis zum 31. Januar 1989 - die Außendienstzulage nebst Aufwandsentschädigung unter ausdrücklichem Verzicht auf die Einrede der Verjährung zuerkannt, was durch den nachfolgenden Bescheid vom 13. August 1992 insofern korrigiert wurde, daß speziell die Aufwandsentschädigung nur vom 1. Januar 1988 an, also ab ihrer Einführung, bewilligt wurde.
Aufgrund eines Erlasses des Bundesministers der Verteidigung (v. 30.12.1994) wurden in einer Reihe von Fällen die Bewilligungsbescheide für Außendienstzulagen einer Überprüfung unterzogen, u.a. auch der Fall des Klägers. Mit Schreiben vom 5. Oktober 1995 übersandte die ... Luftwaffendivision in ... dem Kommandeur des Flugabwehrraketengeschwaders ... den Entwurf zur Rücknahme der nachträglichen Bewilligungen mit der Maßgabe, einen Schadensbericht abzugeben. In diesem Schreiben heißt es u.a.:
Die WBV II bitte ich darauf hinzuweisen, daß wir nur die Bescheide vom 25.06.1992 und 13.08.1992 für die Bewilligungszeiträume vom 01.10.1985 bis 29.01.1989 bzw. vom 01.01.1988 bis 29.01.1989 zurückgenommen haben und dem Soldaten im übrigen schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Bewilligungsbescheide zugestanden wird.
Durch den angefochtenen Bescheid des Kommandeurs der Flugabwehrraketengruppe 25 vom 18. Oktober 1995 wurden daraufhin die Bewilligungsbescheide vom 25. Juni und 13. August 1992, mit denen dem Kläger die Außendienstzulage nebst Entschädigung noch nachträglich für die Zeit 1985 bis 1989 zuerkannt worden war, wieder zurückgenommen.
Der Kläger ist in seiner dagegen gerichteten Beschwerde der Ansicht, die Außendienstzulage habe ihm auch für den Zeitraum 1985 bis 1989 zugestanden, weil er neben den Aufgaben des Fahrschul-Leiters mit der ATN 564 4825 auch noch die Aufgaben eines Kraftfahr-Lehrers mit der ATN 564 4868 wahrgenommen habe. Diese Tätigkeit sei unverzichtbarer Bestandteil und Kern der Leitertätigkeit. Demgemäß hänge die Bewilligung der Zulage nebst Aufwandsentschädigung nur vom tatsächlich geleisteten Außendienst ab, der bei ihm jedoch nicht in Frage gestellt werden könne. Hiervon abgesehen komme ihm Vertrauensschutz zugute. Erst aufgrund eines Hinweises des Wehrbereichsgebührnisamtes II - durch den Sachbearbeiter ... - habe er die Nachbewilligung der Zulage beantragt, da ihm gesagt worden sei, es komme allein auf die tatsächliche Tätigkeit als Ausbilder im maßgeblichen Zeitraum an. Er sei davon ausgegangen, daß ihm die Zulage dann erst nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage zuerkannt worden sei. - Durch den Beschwerdebescheid des Kommodore des Flugabwehrraketengeschwaders 3 "OL" vom 1. Februar 1996 - zugestellt am 13. Februar 1996 - wurde diese Beschwerde mit der Begründung zurückgewiesen, die zur nachträglichen Bewilligung führenden Bescheide vom Juni und August 1992 seien zu Recht gemäß § 48 VwVfG zurückgenommen worden, weil dem Kläger die Außendienstzulage nebst Entschädigung für den streitigen Zeitraum gar nicht zugestanden habe: Erst die Wahrnehmung von Aufgaben auf einem durch eine entsprd. ATN gekennzeichneten Dienstposten berechtige zum Bezug der Außendienstzulage. Da nun die Tätigkeit als Militärkraftfahrlehrer im Offiziersrang, also als Leiter der Fahrschule, mit Erlaß des Bundesministers der Verteidigung vom 01.07.1972 aus dem Katalog der zulagenberechtigenden Tätigkeiten herausgenommen und erst durch den Erlaß vom 30.01.1989 wieder aufgenommen worden sei, fehle eine entscheidende Grundvoraussetzung für die Bewilligung der Zulage im hier streitigen Zeitraum. Nach den Tätigkeitsstandards und der Rahmendienstanweisung für den Fahrschulleiter bestehe dessen Hauptaufgabe in der Leitungsfunktion und nicht (mehr) im Einsatz als Fahrlehrer, dem allerdings die Zulage gemäß den Erlassen des Bundesministers der Verteidigung fortlaufend zugestanden habe. Ein Vertrauensschutz für den Zeitraum 1985 bis 1989 komme nicht in Betracht, weil die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungsbescheide ohne Mühe erkennbar gewesen sei: Nur bei einer zulagenberechtigenden ATN und Wahrnehmung eines entsprechenden Aufgabengebietes kam - wie allgemein bekannt - die Bewilligung der Außendienstzulage in Betracht, weshalb dem Kläger die Rechtslage bekannt gewesen sein dürfte, er zumindest schwere Zweifel an der Rechtmäßigkeit hätte haben müssen.
Zur Begründung seiner am 11. März 1996 erhobenen Klage trägt der Kläger vor, die Zulageberechtigung des Klägers werde nicht dadurch berührt, daß seine Tätigkeit als Leiter der Fahrschule einige Jahre nicht im Katalog der zulagenberechtigenden Aufgabengebiete aufgenommen war. Denn er habe nur in geringem Umfang Leitungsaufgaben wahrgenommen, vielmehr in erster Linie die Tätigkeit eines Kraftfahrlehrers (mit der ATN 564 4868) ausgeübt. Das habe daran gelegen, daß andernfalls der Bedarf des Verbandes nicht zu decken gewesen sei. In dieser Tätigkeit als Fahrlehrer habe er ohne Dienstzeitausgleich 5-7 Überstunden pro Woche geleistet. Wenn sein Tätigkeitsfeld (nur) offiziell anders bezeichnet und beschrieben worden sei, dann könne das nicht zu seinem Nachteil ausschlagen. Zudem bestehe ein untrennbarer Zusammenhang zwischen den beiden hier einschlägigen Ausbildungs- und Tätigkeitsnummern. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Ausweisung im Katalog zulagenberechtigender Tätigkeiten keineswegs konstitutiv; es komme vielmehr darauf an, ob der Kläger mehr als 50 % seiner Tätigkeit der zulagenberechtigenden Aufgabe gewidmet habe. Schließlich sei ihm ein schutzwürdiges Vertrauen zuzuerkennen, da ihm das "Hin und Her" in der Erlaßlage nicht nachvollziehbar sei, es sich ganz offensichtlich gerade nicht um einen zweifelsfrei zuzuordnenden Dienstposten handele. Der angebliche Fehler sei dann selbst auf Seiten der Beklagten erst nach 3 Jahren erkannt worden, was für sich spreche. Ein weitergehender Kenntnisstand als in der spezialisierten Verwaltung könne ihm nicht abverlangt werden.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Flugabwehrraketengruppe 25 vom 18. Oktober 1995 in der Fassung des Beschwerdebescheides des Flugabwehrraketengeschwaders ... vom 1. Februar 1996 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist unter Vertiefung der in den angefochtenen Bescheide dargelegten Gründe der Auffassung, die Gewährung einer Zulage komme nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften nur dann in Betracht, wenn eine zulagenberechtigende Ausbildungs- und Tätigkeitsnummer zuerkannt, ein entsprd. Aufgabengebiet übertragen und ein Außen- und Geländedienst im erforderlichen Umfang abgeleistet worden sei. Nur bei einer Kumulation dieser Voraussetzungen könne eine Außendienstzulage zuerkannt werden. Da es hier schon an der ATN für den ihm übertragenen Dienstposten in der Zeit 1985-1989 fehle, was konstitutiv sei, habe er auch keinen Anspruch auf die Außendienstzulage. Auf die ATN für Fahrlehrer könne der Kläger nicht zurückgreifen, da er als Leiter der Fahrschule eingesetzt war und nicht als Fahrlehrer.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Die angefochtenen Bescheide, durch die die vorangegangenen Bewilligungsbescheide aufgehoben wurden, sind rechtswidrig und daher aufzuheben.
1.
Die "Vorbemerkungen" zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B sind als Teil der Anlage I Bestandteil des Bundesbesoldungsgesetzes und damit von gleicher Rechtsqualität. Sie haben als gleichsam vor die Klammer gezogene Regelungen vor allem Entlastungsfunktion, da andernfalls bei den einzelnen Ämtern stets wiederholt zu regeln wäre, was der Gesetzgeber rechtstechnisch in den "Vorbemerkungen" untergebracht hat. Im Abschnitt II werden die Voraussetzungen verschiedener Zulagen näher bestimmt, in Nr. 4 u.a. die der sog. Außendienstzulage, die 1971 - entsprechend einer Forderung des Weißbuches 1970 (S. 97 Nr. 116) - eingeführt wurde (Art. II § 8 Abs. 2 des 1. BesVNG/BGBl. I S. 208). Es handelt sich um eine spezifische Zulage der Bundeswehr, die nur Soldaten gewährt wird. Nach dieser Nr. 4 der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B erhalten Soldaten die Außendienstzulage dann, wenn sie überwiegend als Führer oder Ausbilder im Außen- und Geländedienst verwendet werden. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung erläßt der Bundesminister der Verteidigung die zur Durchführung erforderlichen näheren Verwaltungsvorschriften. - Den ihm damit eingeräumten Gestaltungsspielraum hat der Bundesminister der Verteidigung mit Herausgabe der Vorläufig. Durchführungsbestimmungen zur Außendienstzulage v. 28.06.1971 (VR IV 4 - Az 19-02-09) und mit der Allgem. Verwaltungsvorschrift vom 20.08.1980 (VR I 3 - Az 19-02-08/08; veröffentl. in VMBl. 1980, 461) ausgefüllt.
Die Prozeßbeteiligten sind übereinstimmend der Auffassung, daß die Zulagengewährung zunächst einmal die Übertragung einer zulageberechtigenden Funktion und deren Wahrnehmung voraussetzt und sodann die überwiegende (tatsächliche) Tätigkeit des Funktionsinhabers im Außen- und Geländedienst. Die zum erstgenannten Merkmal von der Beklagten vertretene Auffassung, allein entscheidend sei die Zuordnung einer zulageberechtigenden Ausbildungs- und Tätigkeitsnummer (ATN), woran es hier gerade für den streitigen Zeitraum fehle, erscheint sehr formal und läßt die Funktionswahrnehmung selbst außer Betracht. Auch die hiermit verknüpfte Auffassung, die Zu- oder Aberkennung einer ATN sei jeweils "konstitutiv", so daß allein schon die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Katalog zulageberechtigender Tätigkeiten ausschlaggebend dafür sei, ob eine Zulage zustehe oder nicht, vermag nicht zu überzeugen. Denn nicht die materiell ausgeübte Funktion wäre dann maßgeblich für die Zuerkennung der Zulage, sondern allein die - mehr oder weniger von Zufällen oder Versäumnissen abhängige - Aufnahme in den Katalog. Das steht mit den gesetzlichen Regelungen und der einschlägigen Rechtsprechung des OVG Lüneburg nicht im Einklang (vgl. dazu dessen Urt. v. 22.10.1996 - 2 L 4536/94 -). In der gesetzlichen Regelung fehlt jeder Hinweis auf eine Ermächtigung, die Zulagenberechtigung durch Vergabe von ATN abschließend festzulegen. Die ATN wird denn auch nur als Hilfsmittel verwendet, um gruppenweise die Zuordnung zur Führer- oder Ausbilderfunktion gemäß militärischen Anforderungen (deklaratorisch) festzulegen. Eine abschließende Regelung ist damit nicht verbunden. Insoweit sei auf das Urteil des BVerwG v. 24.08.1995 (Buchholz 240.1 Nr. 15 BBesO) sowie das des OVG Lüneburg v. 22.10.1996 (2 L 4536/94) verwiesen.
Kommt es für die Zulagenberechtigung somit nicht auf die Zu- oder Aberkennung einer zulagenberechtigenden ATN an, so ist für den Klageerfolg entscheidend, ob der Kläger, dem für den hier streitigen Zeitraum fraglos Funktionen als Führer und Ausbilder übertragen waren, tatsächlich auch als "Führer und Ausbilder" im Außen- und Geländedienst tätig war, uzw. überwiegend, also mit mehr als 50 % seiner Tätigkeit. Insoweit hat der Kläger glaubhaft und unwidersprochen vorgetragen, er habe selbst Lehrtätigkeit wahrgenommen, Überstunden abgeleistet und nur in geringerem Umfang Leitungsfunktionen wahrgenommen. In der mündlichen Verhandlung hat er glaubhaft ausgeführt, daß "er 2/3 seiner Zeit im Außendienst verbracht habe und während der Zeit 1985 bis 1989 sehr viel Mehrarbeit geleistet habe." Da Maßstab für das Überwiegen der Tätigkeit die regelmäßige Dienstzeit ist, die bei Soldaten mangels Anwendbarkeit der beamtenrechtlichen Vorschriften über Arbeitszeiten (vgl. VO v. 24.09.1974, BGBl. I S. 2357) nur schwer bestimmbar ist, ist unter Berücksichtigung üblicher Dienstzeiten eines Soldaten davon auszugehen, daß die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben ein Überwiegen seiner Tätigkeit im Außendienst ergibt. Das stimmt mit dem überein, was im Verfahren vor dem OVG Lüneburg (a.a.O.) seitens der Bundeswehr geäußert worden ist, nämlich daß Ausbildungstätigkeiten des Leiters auch im Außendienst vorkommen und daß sich ein Fahrschulleiter auch in der Vergangenheit in die praktische Ausbildung einplanen konnte. Hiervon abgesehen berechtigt auch eine Wahrnehmung von Führungsfunktionen im Außendienst zum Bezug der Zulage, so daß die Unterscheidung von Ausbilder- oder Führerfunktionen nicht maßgeblich ist. Entscheidend ist nur die überwiegende Wahrnehmung dieser (ggf. beiden) Funktionen im Außen- und Geländedienst. Ein solches Überwiegen der maßgeblichen Tätigkeiten liegt hier vor.
Der praktische Fahrunterricht gehört auch - wie vom OVG Lüneburg (a.a.O., S. 9 des Urteilsabdrucks) zu Recht betont wird - zum Außendienst im Sinne der Zulagenregelung. Die allgemeine Verwaltungsvorschrift (VMBl. 1980, S. 481) bestimmt dazu ausdrücklich:
Außen- und Geländedienst ist jeder militärische Dienst außerhalb der ortsfesten Unterkünfte im Freien ...
Zwar zählt der Dienst bei fliegenden und schwimmenden Einheiten sowie bei den Feldjägern - da gesondert durch spezielle Stellenzulagen (Nr. 5, 6, 9) bzw. Aufwandsentschädigungen abgegolten - generell nicht zum Außen- und Geländedienst, aber der ansonsten "im Freien" absolvierte Dienst (Manöver, Schießausbildung) wird von der Nr. 4 der Vorbemerkungen erfaßt, mag er auch in provisorischen Unterkünften oder im Schütze von technischem Gerät (Panzer, LKW) abgeleistet werden. Da praktischer Fahrunterricht in Kraftfahrzeugen unter Witterungseinflüssen und z.T. auch im Gelände stattfindet, gehört er ohne Zweifel auch zum Außendienst.
Somit war die Tätigkeit des Klägers auch im Zeitraum 1985 bis 1989 von Ausbildungstätigkeit im Außendienst geprägt, so daß ihm auch die entsprd. Zulage zusteht. Die Bewilligungen waren rechtmäßig, die angefochtenen Bescheide sind folglich rechtswidrig.
2.
Hiervon abgesehen kann sich der Kläger aber auch auf Vertrauensschutz gem. § 48 VwVfG berufen.
Vertrauensschutz kommt dem Kläger hier deshalb zugute, weil er auf die Sachkenntnis der Verwaltung vertrauen durfte und nicht etwa erkennen mußte, daß die Zuerkennung der Außendienstzulage - wollte man den Ausführungen unter 1. nicht folgen - rechtswidrig sein könnte (§ 48 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG). Angesichts des falschen Ausgangspunktes der Beklagten, der den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegt, konnte bei richtiger Betrachtung für einen unbefangenen, mit der Bewilligung von Zulagen nicht befaßten Soldaten gar nicht klar sein, daß die Bewilligungen wegen Fehlens der überwiegenden Ausbildertätigkeit rechtswidrig sein könnten. Denn schon der Tätigkeitsbereich auch des Fahrschulleiters war offenbar so strukturiert, daß die Inanspruchnahme der ATN für Fahrlehrer durchaus in Betracht kam. So hat es ja auch die Truppenverwaltung, die nicht als unkundig angesehen werden kann, gewertet und gesehen. Irgendeine "Offensichtlichkeit" der Rechtswidrigkeit (§ 48 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG) war mithin überhaupt nicht gegeben. Im übrigen konnte der Kläger auf das Spezialwissen der Verwaltung, die mit den einschlägigen Fragen immer wieder befaßt war und insofern einen deutlichen Erfahrungs- und Wissensvorsprung vor dem Kläger hatte, vertrauen und davon ausgehen, daß der Bewilligung eine sachgerechte Prüfung zugrunde liegt, zumal ihn ein Sachbearbeiter des Wehrbereichsgebührnisamtes II ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht hatte, daß er eine Nachbewilligung beantragen könne und solle. Er brauchte nicht etwa noch detailliertere Kenntnisse als die sach- und fachkundige Verwaltung zu haben, die aufgrund seines Antrages diese Nachbewilligung - aufgrund eigener Prüfung - dann durchgeführt hat. Irgendeine Kenntnis von der angeblichen Rechtswidrigkeit konnte und brauchte er nicht zu haben.
3.
Eine Verjährung (von 4 Jahren, § 197 BGB) kommt hier zwar in Betracht, da die Nachbewilligung erst 1992 erfolgte, ist aber deshalb unbeachtlich, da auf diese Einrede ausdrücklich verzichtet worden ist. Der Dienstherr kann sich zwar auf diese Einrede berufen, muß das aber nicht tun. Da er hier ausdrücklich darauf verzichtet hat, kommt eine Verjährung nicht zum Zuge.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.