Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 15.10.1996, Az.: 1 WS 186/96
Vorläufiges strafprozessuales Berufsverbot gegen einen Rechtsanwalt wegen Verwertung gestohlener Schecks
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 15.10.1996
- Aktenzeichen
- 1 WS 186/96
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1996, 21384
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1996:1015.1WS186.96.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- NULL
Rechtsgrundlagen
- § 70 StGB
- § 132a StPO
Amtlicher Leitsatz
Zum vorläufigen strafprozessualen Berufsverbot gegen einen Rechtsanwalt
Gründe
Nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen bestehen dringende Gründe für die Annahme, dass gegen den Angeklagten ein Berufsverbot nach § 70 StGB angeordnet wird, § 132 a StPO. Er hat durch seine maßgebliche Mitwirkung bei der Verwertung der gestohlenen Schecks unter bewusster Missachtung der ihm gerade durch seinen Beruf gestellten Aufgaben seine Tätigkeit dazu ausgenutzt, einen diesen Aufgaben zuwiderlaufenden Zweck zu verfolgen (BGH St 28, 84 ff; JR 1990, 295; Dreher/Tröndle, StGB, 47. Aufl., Rn 3 ff zu § 70). Er hat das Mandat des regelmäßig von ihm rechtlich beratenen und vertretenen H B dazu benutzt, diesem die Verwertung der Schecks anzutragen und sie nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen dazu zu überlassen. Zumindest dadurch hat er unter Ausnutzung seiner beruflichen Tätigkeit gehandelt und diese missbraucht. Nach seinen eigenen Angaben bei der polizeilichen Vernehmung am 20. Juni 1996 war ihm bekannt, dass sich B, mit dem ihn nur das Verhältnis "zwischen Anwalt und Mandant" verband, "in einem entsprechenden Milieu" bewegte.
In seinem Verhalten offenbart sich seine Bereitschaft, seine berufliche Tätigkeit bedenkenlos und nicht nur gelegentlich mit der Förderung schwer wiegender Kriminalität einschlägiger Kreise zu verbinden. Dadurch hat er in grober Weise seine beruflichen Pflichten verletzt. Das gilt umso mehr, als er in seinem Verhalten auf Fortsetzung bedacht war, wie durch die nach dem Inhalt der Akten belegten regelmäßigen Telefonate mit dem Zulieferer S und dem Abnehmer B belegt ist.
Die Anordnung des vorläufigen Berufsverbots verletzt den Angeklagten nicht in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Sein Verhalten bei der Verwertung der Schecks indiziert eine fortbestehende Gefahr für Rechtssuchende und Rechtspflege in nächster Zeit (vgl. dazu BVerf/G 48, 292, 299). Es offenbar seine bedenkenlose Bereitschaft, seine berufliche Tätigkeit zu seinem Vorteil in massiver Weise zu kriminellen Zwecken zu nutzen. Weiterungen sind vorgegeben. Bei seiner polizeilichen Vernehmung hat der Angeklagte nicht in Abrede genommen, das Verlangen B nach Unterschriften des ursprünglichen Scheckbesitzers und Stempelabdrücken an den Schecklieferanten übermittelt zu haben. Nach den Angaben S hat der Angeklagte auch noch Anfang 1996 bis zur Aufdeckung der Straftaten Interesse an weiteren Schecks bekundet. dass bei der bestohlenen Firma bereits ermittelt wurde, war ihm zu dieser Zeit bekannt. Bei dieser Sachlage ist die konkrete Gefahr weiteren Missbrauchs seiner Berufstätigkeit durch den Angeklagten unabweisbar evident. Ein Zuwarten mit der Anordnung des Berufsverbots bis zum Abschluss des Hauptverfahrens ist nicht zu verantworten.