Arbeitsgericht Osnabrück
Beschl. v. 21.02.2012, Az.: 3 BV 7/11
Arbeitskampfmaßnahme; Arbeitskampfparität; Streikbrucharbeit; Unterlassung von Einstellungen; Versetzung
Bibliographie
- Gericht
- ArbG Osnabrück
- Datum
- 21.02.2012
- Aktenzeichen
- 3 BV 7/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 44297
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 100 BetrVG
- § 101 BetrVG
- § 23 Abs 3 BetrVG
- § 80 Abs 2 S 1 BetrVG
- § 99 Abs 1 BetrVG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Dem Betriebsrat steht auch bei Verletzung des Mitbestimmungsrechtes bei Einstellungen
kein allgemeiner Unterlassungsanspruch zu.
2. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei personellen Einzelmaßnahmen tritt im Hinblick auf die Neutralitätspflicht der Betriebspartner untereinander zurück, soweit die personelle Maßnahme zur Minderung und Abwehr von Streikfolgen dient.
3. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Betriebsrat rechtzeitig vor Durchführung personeller Maßnahmen unter Namensnennung sowie nach Art und Umfang mitzuteilen, welche Arbeitnehmer er vorübergehend zur Streikabwehr einsetzen will. Das gilt auch bei Streikbrucharbeit eigener Arbeitnehmer. Die Arbeitskampfparität wird dadurch nicht zum Nachteil des Arbeitgebers beeinträchtigt.
Tenor:
1. Dem Bet. zu 2 wird aufgegeben, dem Bet. 1 für den Zeitraum von Arbeitskampfmaßnahmen in ihrem Betrieb unter Namensnennung im Voraus mitzuteilen, welche Überstunden, Schichtverschiebungen, kurzfristige Versetzungen, Einstellungen von Mitarbeitern von fremden Firmen beabsichtigt sind.
2. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten stritten ursprünglich um den Antrag des Beteiligten zu 1 als Betriebsrat im Betrieb der Beteiligten zu 2 dieser aufzugeben, eine namentlich bezeichnete Person aus dem Betrieb zu entlassen bzw. der Beteiligten zu 2 zu untersagen die Einstellung dieser Person aufrechtzuerhalten und der Beteiligten zu 2 aufzugeben, es zu unterlassen, Einstellungen ohne vorherige Zustimmung des Antragsstellers oder für den Fall der Zustimmungsverweigerung ohne arbeitsgerichtlich ersetzte Zustimmung des Beteiligten zu 1 vorzunehmen. Mit Schriftsatz vom 15.12.2011 kündigte der Beteiligte zu 1 die Umstellung seiner Anträge an.
Der Beteiligte zu 1 ist der im Betrieb der im Beteiligten zu 2 gewählte Betriebsrat. Die Beteiligte zu 2 unterhält in A-Stadt in Bahnhofsnähe einen großen Kinobetrieb.
Die Beteiligte zu 2 beschäftigte in der Zeit vom 18.11.2011 bis zum 11.12.2011 in insgesamt 7 Fällen eine teils bestimmt bezeichnete, teils unbekannte Anzahl von Personen in ihrem Osnabrücker Betrieb. Über die Einstellung dieser Personen wurde der Beteiligte zu 1 als Betriebsrat des Osnabrücker Betriebes weder im Vorfeld dieser Beschäftigung informiert, noch wurde seine Zustimmung als Betriebsrat zu den personellen Maßnahmen der Beteiligten zu 2 eingeholt.
Die vorbezeichneten personellen Einzelmaßnahmen der Beteiligten zu 2 fanden ausnahmslos während der Zeiten von Arbeitskämpfen am Standort A-Stadt im Betrieb der Beteiligten zu 2 statt. An den von dem Beteiligten zu 1 angegebenen Tagen wurde der Standort der Beteiligten zu 2 in A-Stadt jeweils im Rahmen eines Warnstreiks von Arbeitnehmern bestreikt. Die Beschäftigung der Mitarbeiter im Betrieb der Beteiligten zu 2, soweit sie von dem Beteiligten zu 1 für den Zeitraum vom 18.11.2011 - 11.12.2011 gerügt worden ist, diente dem arbeitskampfbedingten Ausfall von Personal bei der Beteiligten zu 2. Im Servicebereich der Beteiligten zu 2 wurde eine Liste (Ablichtung Bl. 28 d.A.) vorgefunden, aus der sich nicht nur die Telefonnummern bereits beschäftigter Mitarbeiter, sondern auch die Rufnummern „externer“ Personen ergab. Der Betriebsratsvorsitzende der Beteiligten zu 1 war in Person zugleich örtlicher Leiter des von der Gewerkschaft getragenen Warnstreiks.
Auf den schriftlichen Protest des Beteiligten zu 1 gegenüber der Beteiligten zu 2 im Hinblick auf die vorbezeichneten personellen Maßnahmen antwortete diese mehrfach, sie habe keinerlei Mitbestimmungsrechte des Beteiligten zu 1 verletzt und werde dies auch in Zukunft nicht tun.
Bereits zuvor hatte am 30.09.2011 die ortsansässige Theaterleitung im Betrieb der Beteiligten zu 2 dem bei ihr als Vorführer tätigten Mitarbeiter B. H. den Auftrag erteilt dem externen A. H. in einer Schulung das Filmvorführen beizubringen. Dies wurde durch den Mitarbeiter H. der Beteiligten zu 2 dann weisungsgemäß ausgeführt.
Im Betrieb A-Stadt der Beteiligten zu 2 sind insgesamt 51 Arbeitnehmer beschäftigt. Davon sind 5 Arbeitnehmer in Vollzeit, 2 Arbeitnehmer in Teilzeit und der Rest, mithin der ganz überwiegende Anteil der Arbeitnehmer, in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis.
Der Beteiligte zu 1 ist der Ansicht, dass bei den streitigen Beschäftigungsmaßnahmen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates verletzt worden seien. In Anbetracht der jeweiligen Beantwortung der Fragen des Betriebsrates bezüglich der Einstellung sei nicht zu erwarten, dass die Beteiligten zu 2 ihre rechtswidrige Praxis einstellen werde. Dies gelte umso mehr, als aufgrund des derzeitigen Verhaltens der Beteiligten zu 2 zu befürchten sei, dass erneut betriebsfremde Personen im Bereich der Projektion und des Services beschäftigt würden. Die aufgefundene Liste mit den Namen und Telefonnummern bereits beschäftigter sowie externer Personen diene offenbar dazu, dass von den Teamleitern kurzfristig derartige Personen eingestellt werden sollten. Es sei zu befürchten, dass die Beteiligte zu 2 das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG nicht ordnungsgemäß durchführen werde. Dabei handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Wie auch die vorangegangene Maßnahme in Bezug auf den A. H. zeige, verstoße die Beteiligte zu 2 seit Wochen beharrlich und grob gegen ihre Pflichten gem. § 99 BetrVG, in dem sie offensichtlich Einstellungen ohne Anhörung des Betriebsrates durchführe, geschweige dessen Zustimmung einhole oder ihn auch nur informiere. Zumindest die durchgeführte Maßnahme im Hinblick auf den A. H. sei als vollständiges ignorieren der Mitbestimmungsrechte des Beteiligten zu 1 und als grober Verstoß zu qualifizieren. Bei dem Vorführen von Filmen habe es sich um eine unmittelbare betriebliche Tätigkeit gehandelt, so dass hier sowohl eine Informationspflicht der Beteiligten zu 2 wie auch eine Zustimmungspflicht des Beteiligten zu 1 gem. § 99 BetrVG zur Einstellung und Beschäftigung dieses Mitarbeiters bestanden hätte. Trotz der tatsächlichen mehrfachen Beschäftigung betriebsfremder Personen im Betrieb der Beteiligten zu 2 werde der Beteiligte zu 1 nicht im Rahmen seiner gesetzlichen Ansprüche beteiligt. Der Beteiligte zu 1 könne nicht darauf verwiesen werden in jedem Einzelfall ein Verfahren nach § 101 BetrVG auf Aufhebung der einzelnen personellen Maßnahmen durchzuführen. Dies gelte umso mehr, da die Beschäftigungen offensichtlich nur kurzfristig seien und somit ein derartiges Verfahren bereits inhaltlich ins Leere laufen würde.
Außerdem habe die Beteiligte zu 2 bereits den ansonsten bei ihr als freien Mitarbeiter beschäftigten T. A. als Filmvorführer schulen lassen, um ihn möglicherweise auch in dieser Funktion einzusetzen. Jedenfalls deute die überreichte Telefonliste mit dem sich darauf befindlichen Namen des Herrn A. darauf hin.
Um seine entsprechenden gesetzlichen Aufgaben erfüllen zu können benötige der Beteiligte zu 1 die diesbezüglichen Informationen. Ihm stehe jedenfalls hilfsweise der Unterrichtungsanspruch gem. § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG zu. Der Betriebsrat werde nur durch die Verwirklichung der Informationsansprüche in die Lage versetzt seine Überwachungspflicht nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG wahrzunehmen und zu überprüfen ob der Arbeitgeber die gesetzlichen Arbeitszeiten und weitergehende Tarifvorschriften einhalte. Nur auf dieser Grundlage entsprechender Informationen vermöge der Betriebsrat zu erkennen, ob der Arbeitgeber im Rahmen des Arbeitskampfes Maßnahmen beabsichtigt, die durch diesen selbst nicht bedingt sind, so dass ggf. das betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmungsrecht für derartige Streikmaßnahmen entfalle.
Der Beteiligte zu 1 beantragt,
1. der Beteiligten zu 2 aufzugeben, es zu unterlassen, Einstellungen von Arbeitnehmern mit Ausnahme von leitenden Angestellten vorzunehmen, so lange der Antragssteller seine Zustimmung dazu nicht erteilt hat, diese Zustimmung nicht arbeitsrechtlich ersetzt worden ist, oder nicht eine vorläufige personelle Maßnahme nach § 100 BetrVG durchgeführt worden ist;
2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung gem. Ziffer 1 der Beteiligten zu 2 ein Ordnungsgeld anzudrohen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, ersatzweise Ordnungshaft;
Hilfsweise:
3. Der Beteiligten zu 2 aufzugeben, für den Zeitraum von Arbeitskämpfen in ihrem Betrieb unter Namensnennung im Voraus mitzuteilen, welche Überstunden, Schichtverschiebungen, kurzfristige Versetzungen, Einstellungen und Beschäftigungen von Mitarbeitern von fremden Firmen beabsichtigt sind;
4. Hilfsweise:
Festzustellen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, dem Antragssteller für den Zeitraum von Arbeitskampfmaßnahmen in ihrem Betrieb unter Namensnennung im Voraus mitzuteilen, welche Überstunden, Schichtverschiebungen, kurzfristige Versetzungen, Einstellungen und Beschäftigung von Mitarbeitern von fremden Firmen beabsichtigt sind;
Ganz hilfsweise:
5. Festzustellen, dass der Beteiligte zu 1 bei der Einstellung von kurzzeitig befristeten oder zur Aushilfe tätigen Mitarbeitern ein Mitbestimmungsrecht hat.
Die Beteiligte zu 2 hält die Antragsänderung nicht für sachdienlich und verweigert ihre Zustimmung.
Die Beteiligte zu 2 ist des Weiteren der Auffassung, dass dem Betriebsrat bei den gegenständlichen personellen Maßnahmen ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG nicht zur Seite stehe. Es könne keine Rede davon seien, dass die Beteiligte zu 2 seit Wochen beharrlich und grob gegen ihre Pflichten im Rahmen der personellen Einzelmaßnahme nach § 99 BetrVG verstoße. Die Beteiligte zu 2 müsse als Arbeitgeberin dem Betriebsrat bei personellen Einzelmaßnahmen dann nicht beteiligen, wenn - wie vorliegend - zur Ersetzung arbeitskampfbeteiligter Arbeitnehmer Einstellungen oder Versetzungen von Streikbrechern vorgenommen werden, um den Betrieb während der Zeit des Arbeitskampfes aufrechtzuerhalten. Vielmehr habe die Beteiligte zu 1 in diesem Zusammenhang mehrfach betont, dass es außerhalb von Streikmaßnahmen die Einstellung von Mitarbeitern ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrates bzw. Zustimmungsersetzung durch das Arbeitsgericht auch zukünftig nicht geben werde. Für die Zeiträume von arbeitskampfbedingten Maßnahmen sei eine Einschränkung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates dann gegeben, wenn die Mitbestimmung des Betriebsrates nicht mit dem Grundsatz der Kampfparität vereinbar sei. Der Arbeitgeber müsse den Betriebsrat mithin nicht beteiligten, wenn er zur Ersetzung arbeitskampfbeteiligter Arbeitnehmereinstellungen oder Versetzungen von Streikbrechern vornehme, um seinen Betrieb während der Zeiten des Arbeitskamprechtes aufrechtzuerhalten. Die im Betriebsverfassungsrecht statuierte absolute Friedenspflicht zwischen den Betriebsparteien als auch der arbeitskampfrechtliche Grundsatz der Kampfparität führten dazu, dass die Beteiligungsrechte des Betriebsrates durch das Gebote der Neutralität im Arbeitskampf eingeschränkt würden. Dies gelte für den Zeitraum bestehender Arbeitskampfmaßnahmen auch für die vom Betriebsrat geltend gemachten Informationsrechte. Die vorherige Mitteilung der geplanten arbeitgeberseitigen Reaktionen auf erwartete Arbeitskampfmaßnahmen würden in gleicher Weise die Arbeitskampfparität beeinträchtigen wie ein Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1 anlässlich der konkreten personellen Einzelmaßnahme. Aus diesem Grunde entfielen auch Unterrichtungsansprüche des Betriebsrates nach § 80 Abs. 2 s. 1 BetrVG in Zeiten eines Arbeitskampfes, wenn und sofern diese Unterrichtungsansprüche wie vorliegend die Arbeitskampfparität beeinträchtigten. Die geltend gemachten Informations- und Unterrichtungsansprüche seien derart eng mit den während Zeiten eines Arbeitskampfes nicht bestehenden Mitbestimmungsrechten verbunden, dass sie deren Schicksal teilen müssten. Dies gelte vor allem im Hinblick darauf, dass in den Fällen, in denen eine Trennung der verschiedenen Rolle der beteiligten Personen aus tatsächlichen Gesichtspunkten nicht möglich sei auch Informationsrechte des Betriebsrates während eines Arbeitskampfes suspendiert seien. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Vorsitzende des Betriebsrates und die regionale Streikleitung der den Arbeitskampf führenden Gewerkschaft wie vorliegend personenidentisch sind. In diesem Fall sei es faktisch ausgeschlossen, dass die betreffende Person noch trennscharf zwischen denjenigen Informationen unterscheiden könne, die der Neutralität des Betriebsverfassungsrechtes unterfielen und solcher Informationen, die für den Arbeitskampf verwendet werden dürften. Eine solche Unterscheidung sei aus offensichtlichen Gründen nicht möglich. Sie zu erwarten erscheine lebensfremd, da die betroffene Person die vom Arbeitgeber gegebenen Informationen im Rahmen seiner Tätigkeit als Vertreter der streikführenden Gewerkschaft vergessen müsste, also einer Art schizophrener Zustand zu erreichen sei.
Bereits die von dem Betriebsrat beanspruchte Mitteilung im Hinblick auf Personalmaßnahmen sei in diesen Zeiten geeignet die Kampfparität erheblich zu beeinträchtigen, und zwar in gleicher Weise wie die Ausübung des Mitbestimmungsrechtes nach § 99 BetrVG eingeschränkt sei. Bereits die Weitergabe der vom Arbeitgeber beabsichtigten Reaktionen an den Arbeitskampfgegner stelle eine nicht hinzunehmende und von den Grundsätzen des Arbeitskampfrechtes nach Artikel 9 Abs. 3 GG nicht gedeckte Beeinträchtigung der Arbeitskampfparität zum Nachteil des Arbeitgebers dar. Ein Betriebsrat, der in dieser Situation dann „zufälliger Weise“ Beteiligungsrechte einfordere, beständen sie auch nur in bloßen Informationsrechten, forsche dadurch gezielt Arbeitskampfreaktionen des Arbeitgebers als Arbeitskampfgegner aus und bediene sich dazu der Rechte des BetrVG, die ihn für diese Situation nicht zuständen. Beanspruche der Betriebsrat Beteiligungs- oder Auskunftsrechte, die sich zeitlich, räumlich oder inhaltlich auf Maßnahmen des Arbeitgebers im aktuellen Arbeitskampf im unmittelbar bestreikten Betrieb bezögen, so überschreite der Betriebsrat damit als Organ und auch jedes einzelne Betriebsratsmitglied seiner aus § 74 Abs. 2 BetrVG der Neutralitätspflicht widersprechenden Kompetenzen. Der Arbeitgeber sei sodann berechtigt die Weitergabe der begehrten Informationen zu verweigern.
Nichts anderes ergäbe sich auch aus der aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.12.2011 - 1 ABR 2/10 -. Die Ausdehnung des Wegfalls der Mitbestimmungsrechte im Arbeitskampf auch auf eine nicht vom Arbeitskampf unmittelbar betroffenen Betrieb, der lediglich Streikbrecher für einen bestreikten Betrieb zur Verfügung stellen sollte zeige, dass eine Einschränkung der Arbeitskampfparität zu Lasten des Arbeitgebers nicht hingenommen werden könne.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten in den Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere soweit sie aktenmäßig bezeichnet worden sind.
II.
Die Anträge sind zulässig.
Zwar hat der Betriebsrat als Beteiligter zu 2 mit der Antragsschrift vom 13.10.2011, Bl. 1, dort Bl. 2 d.A. zunächst andere Anträge gestellt, auf die er dann im Schriftsatz vom 15.12.2011 Bl. 17 und 18 d.A. und zuletzt gem. Protokoll über die Kammerverhandlung vom 17.02.2012 Bl. 54 Rs. d.A. umgestellt hat. Diese Antragsänderung ist zulässig. Gem. § 81 Abs. 3 S. 1 ArbGG ist eine Änderung eines Antrages im Beschlussverfahren zulässig, wenn die übrigen Beteiligten zustimmen oder die Änderung sachdienlich ist. Eine beidseitige Zustimmung zur Antragsänderung liegt zwar nicht vor. Die Beteiligte zu 2 hat ihre Zustimmung ausdrücklich verneint. Anstelle der Zustimmung der Beteiligten ist die Antragsänderung aber auch dann zulässig, wenn das Gericht sie für sachdienlich erachtet. Sachdienlichkeit liegt vor, wenn die Früchte des bisherigen Verfahrens für die Entscheidung über den geänderten Antrag nutzbar gemacht werden können und wenn zu erwarten ist, dass nach dem neuen Antrag der Streit besser oder endgültig beigelegt werden kann und ein weiteres Verfahren vermieden wird (vgl. Schwab - Weth ArbGG 2. Auflage 2008, § 81 Rd.-Ziff. 117).
Diese Voraussetzung hält die Kammer vorliegend für gegeben. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass die Anträge in der sprachlichen Fassung lediglich modifiziert, zum Teil identisch sind. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass wegen des ursprünglichen Antrages auf Entlassung bzw. Untersagung der Einstellung einer bestimmten Person mit den vorliegenden Anträgen zu 1 und zu 2 diese auf einen allgemeinen, generellen Antrag umgestellt worden sind. Daraus wird deutlich, dass die Grundsätze der ursprünglichen Antragsfassung nunmehr in allgemeiner Form auch maßgeblich sind für die weitere Beurteilung der umgestellten Anträge.
Darüber hinaus wird die Antragsänderung im Hinblick auf den nunmehr gestellten Antrag zu Ziffer 3 deshalb für sachdienlich erachtet, weil es auf gleicher Sachbehaltsbasis um einen vergleichbares Anliegen seitens des Antragsstellters/Beteiligter zu 1 geht und mit diesem Antrag die betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten der Betriebspartner im Betrieb der Beteiligten zu 2 bei Streikmaßnahmen umfassender festgelegt werden. Aufgrund dessen erübrigt sich auf vergleichbarer Sachverhaltsbais ein weiteres Beschlussverfahren über die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates im weiteren Sinne bei Streikmaßnahmen im Betrieb der Beteiligten zu 2.
Der Antrag des Beteiligten zu 1 auf Unterlassung ist unbegründet. Der Beteiligte zu 1 als Betriebsrat im Betrieb der Beteiligten zu 2 hat gegen diese keinen Anspruch auf gerichtliche Entscheidung, der Beteiligten zu 2 aufgegeben, es zu unterlassen, Einstellungen von Arbeitnehmern mit Ausnahme von leitenden Angestellten vorzunehmen, solange der Beteiligte zu 1 seine Zustimmung dazu nicht erteilt hat, diese Zustimmung nicht arbeitsgerichtlich ersetzt worden ist oder nicht eine vorläufige personelle Maßnahme nach § 100 BetrVG durchgeführt worden ist.
Ein Unterlassungsanspruch in der vorbezeichneten Weise steht den Beteiligten zu 1 nicht zu. Ein Unterlassungsanspruch lässt sich nicht aus § 101 BetrVG herleiten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beteiligte zu 2 durch eine kurzfristige Eingliederung betriebsfremder Personen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates betreffend Einstellung aus § 99 Abs. 1 BetrVG verletzt haben mag. Voraussetzung für einen gem. § 101 BetrVG zwangsgeldbewährten Unterlassungsanspruch in Form einer Verpflichtung zur Aufhebung einer durchgeführten Maßnahme gem. § 101 BetrVG ist das Vorliegen einer gerichtlichen rechtskräftigen Entscheidung auf Aufhebung einer Maßnahme nach § 99 Abs. 1 BetrVG. Erst wenn das Gericht rechtskräftig die Aufhebung einer Maßnahme des Arbeitgebers in diesem Zusammenhang anordnet und dieser sich trotzdem weigert der Anordnung nachzukommen, kann der Betriebsrat die Aufhebung bzw. Unterlassung mit Hilfe des Zwangsgeldes durchsetzen. Diese Hürde unterscheidet das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG von dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 BetrVG. Lediglich für das Mitbestimmungsrecht i.S.v. § 87 BetrVG ist im Falle der Zuwiderhandlung ein direkter Unterlassungsanspruch des einen Betriebspartners gegen den anderen gegeben. Bei etwaigem Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht aus § 99 BetrVG kann der Betriebsrat bei Einstellungen und Versetzungen nur deren Aufhebung verlangen. Genauso wie es unzulässig ist den Arbeitgeber zu verpflichten die Zustimmung nach § 99 BetrVG nachträglich einzuholen (Schaub Arbeitsrechtshandbuch, Koch 14. Auflage 2011 § 241 Rd.-Ziff. 70 m.w.N.) steht dem Betriebsrat neben dem Antrag nach § 101 BetrVG ein ggf. vorbeugender Unterlassungsantrag nur unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 BetrVG zu (Schaub - Koch a.a.O. Rd.-Ziff. 72).
Zwar ist es umstritten gewesen, ob neben einem etwaigen Anspruch des Betriebsrates unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 BetrVG, insbesondere unter der Voraussetzung des Vorliegens einer groben Pflichtverletzung gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten des Arbeitgebers, es einen allgemeinen und verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch gibt. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 23.06.2009 - 1 ABR 23/08 -) steht dem Betriebsrat jedoch kein allgemeiner Unterlassungsanspruch zur Seite, um eine gegen § 99 Abs. 1 BetrVG oder § 100 Abs. 2 BetrVG etwa verstoßende personelle Einzelmaßnahme zu verhindern (Schaub - Koch a.a.O. Rd.-Ziff. 72).
Der Beteiligte zu 1 hat gegen die Beteiligte zu 2 auch keinen Anspruch auf Unterlassung nach § 23 Abs. 3 BetrVG. Nach dieser Vorschrift kann der Betriebsrat bei groben Verstößen des Arbeitgerbers gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz bei dem Arbeitsgericht beantragen dem Arbeitgeber u.a. aufzugeben eine Handlung zu unterlassen. Voraussetzung für diesen Anspruch ist jedoch das Vorliegen eines groben Verstoßes des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz.
Vorliegend kann dahinstehen bleiben, ob die Beteiligte zu 2 den Betriebsrat bewusst von einer Beteiligung an den hier in Rede stehenden Einstellungen der externen Mitarbeiter ausgeschlossen hat. Jedenfalls ist die Beteiligte zu 2 nicht verpflichtet gewesen zu diesen personellen Maßnahmen die Zustimmung des Betriebsrates nach § 99 Abs. 1 BetrVG einzuholen. Die hier streitigen personellen Einzelmaßnahmen haben ausnahmslos während der Zeiten von Arbeitskämpfen am Standort im Betrieb der Beteiligten zu 2 in A-Stadt stattgefunden. An den von dem Beteiligten zu 1 angegebenen Tagen ist am Standort der Beteiligten zu 2 in A-Stadt jeweils im Rahmen eines Warnstreikes dieser Betrieb von Arbeitnehmern bestreikt worden. Dies sieht auch der Betriebsrat so, indem er unstreitig gestellt hat, dass die Beschäftigung der hier bezeichneten externen Mitarbeiter offensichtlich dazu gedient hat, dem arbeitskampfbedingten Ausfall von Personen bei der Beteiligten zu 2 zu dienen. Mithin geht es vorliegend nicht um die Frage, ob unabhängig von Streik im Betrieb des Arbeitgebers betriebsverfassungsrechtliche Rechte des einen oder anderen Betriebspartners einzuhalten sind.
Unbeschadet von der als solches nicht zweifelhaften Frage, dass während eines Arbeitskampfes der Betriebsrat als solches nicht suspendiert ist, ist auf Folgendes hinzuweisen: Im Falle eines Streikes und soweit personelle Maßnahmen zur Minderung und Abwehr von Streikfolgen dienen treten die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates auch im Hinblick auf § 99 Abs. 1 BetrVG den Interessen des Arbeitgebers gegenüber zurück. Anderenfalls besteht im Hinblick auch auf die Neutralitätspflicht der Betriebspartner des Betriebsverfassungsrechtes untereinander für den Zeitraum eines betrieblichen Streikes die Gefahr, dass das Gebot der Waffengleichheit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer insoweit gefährdet wird (vgl. dazu BVerfG 07.04.1997 - 1 BvL 11/96 - Rz. 114 m.w.N.).
Während eines Arbeitskampfes erlischt das Betriebsratsamt nicht. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates aus §§ 99 ff. BetrVG werden durch den Arbeitskampf nur insoweit eingeschränkt, wie es sich um arbeitskampfrelevante Maßnahmen handelt. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Betriebsrat dann nicht mitzubestimmen. Hinsichtlich derartiger Maßnahme gilt der Betriebsrat als funktionsunfähig, unabhängig davon, ob sich seine Mitglieder als Arbeitnehmer sämtlich, teilweise oder gar nicht am Streik beteiligen. Lediglich insoweit bestehen keine Einschränkungen der Mitbestimmungsrechte bei einem den Betrieb betreffenden Streik wegen Ein- und Umgruppierungen, da es sich dabei um einen reinen Normenvollzug handelt, sowie bei den Informationspflichten für Einstellungen und Versetzungen. Bei der Einstellung von Streikbrechern hat der Betriebsrat daher nur ein Unterrichtungsrecht, aber kein Zustimmungsverweigerungsrecht (siehe dazu unten). Diese Grundsätze gelten unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit des Arbeitskampfes (vgl. Schaub - Koch a.a.O. § 241 Rd.-Ziff. 7 m.w.N.).
Eine grobe Pflichtverletzung der Beteiligten zu 2 in Bezug auf die Unterlassung der Einholung der Mitbestimmung gem. § 99 BetrVG kann auch nicht aus der Tatsache hergeleitet werden, dass die Beteiligte zu 2 es unterlassen hat, den Beteiligten zu 1 über anderweitige personelle Maßnahmen im Zusammenhang mit den Rechten aus § 99 BetrVG zu unterrichten. Unabhängig von der Frage, ob die Beteiligte zu 2 am 30.09.2011 tatsächlich den bei ihr als Vorführer tätigen Mitarbeiter B. H. damit beauftragt hat, eine betriebsfremde Person, nämlich den A. H., das Filmvorführen beizubringen, kann hierin jedenfalls derzeit nicht eine grobe Pflichtverletzung des Arbeitgebers bescheinigt werden. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob es sich dabei um eine ggf. lediglich kurze Schulung gehandelt haben mag. Dem Arbeitgeber kann jedenfalls nicht angelastet werden, dass hierin eine grobe Pflichtverletzung zu sehen ist, die einen Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG begründen könnte. Zum einen hat es sich hierbei unstreitig ebenfalls um eine Maßnahme im Rahmen der Wahrung der streikbedingten Kampfparität gehandelt. Zum anderen erscheint eine Einstellung im Betrieb der Beteiligten zu 1 durch diese Maßnahme als nicht vorliegend. Es hat sich nämlich nicht um ein Vorführen von Filmen gehandelt, welches als solches als unmittelbare betriebliche Tätigkeit und damit als Einstellung in den Betrieb eines Arbeitgebers gewertet werden könnte. Vielmehr ist auftragsgemäß dem H. durch den Mitarbeiter H. der Beklagten lediglich eine Schulung zuteil geworden. Entsprechendes gilt in Bezug auf den T. A..
Eine grobe Pflichtverletzung seitens des Arbeitgebers kommt auch keinesfalls unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass im Betrieb der Beklagte eine Liste vorgefunden wurde mit Telefonnummern bereits beschäftigter Mitarbeiter sowie externer Mitarbeiter. Selbst unterstellt diese Liste solle dazu dienen, dass diese Mitarbeiter kurzfristig zur Arbeitsleistung/Einstellung in dem Betrieb der Beteiligten zu 2 eingestellt werden sollten, ergibt sich daraus keine andere Beurteilung. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass keinerlei Anhaltspunkt dafür vorliegt die Beteiligte zu 2 würde diese Liste zu anderen Zwecken nutzen als zur Abwehr bzw. Milderung etwaiger Streikfolgen. Da es sich bei den hier streitigen Einsetzungen der bezogenen Mitarbeiter zu den angegebenen Daten jeweils um Streikbrechermaßnahmen im Rahmen von Warnstreiken gehandelt hat, hat die Beteiligte zu 2 berechtigter Weise damit rechnen dürfen, dass auch weitere Streiks, ggf. als Warnstreiks ihren Betrieb betreffen.
Mangels Anspruchs des Beteiligten zu 1 auf Unterlassung kann dem Beteiligten zu 2 auch nicht für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft angedroht werden.
Der Antrag zu Ziffer 3 des Beteiligten zu 1 ist jedoch im Wesentlichen begründet. Dem Beteiligten zu 2 ist aufzugeben, den in seinem Betrieb bestehenden Betriebsrat für den Zeitraum von Arbeitskampfmaßnahmen in seinen Betrieb unter Namensnennung im Voraus mitzuteilen, welche Überstunden, Schichtverschiebung, kurzfristige Versetzungen, Einstellungen von Mitarbeitern von fremden Firmen beabsichtigt sind. Der Beteiligten zu 1 kann von dem Beteiligten zu 2 diese Mitteilungen gem. § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG verlangen. Nach dieser Vorschrift ist der Betriebsrat durch den Arbeitgeber zur Durchführung von dessen Aufgaben nach dem Betriebsverfassungsgesetz rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Gem. § 80 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG hat der Betriebsrat als allgemeine Aufgabe darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze durchgeführt werden. Aus diesem Grunde muss der Betriebsrat wissen, welche Überstunden, Schichtverschiebungen, kurzfristigen Versetzungen und Einstellungen von Mitarbeitern von fremden Firmen in den Betrieb des Arbeitgebers beabsichtigt sind. Nur unter vorheriger Nennung der diesbezüglichen Namen kann der Betriebsrat seiner allgemeinen Aufgabe nach § 80 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG gerecht zu werden darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze in seinem Betrieb eingehalten werden. Soweit solche Mitarbeiter von fremden Firmen im Betrieb des Arbeitgebers Überstunden leisten, von Schichtverschiebungen betroffen sind, bzw. von kurzfristigen Versetzungen oder sich Einstellungen solcher Mitarbeiter von fremden Firmen in den Betrieb des Arbeitgebers ergeben, unterliegen diese grundsätzlich den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates gem. § 87 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 sowie § 99 Abs. 1 S. 1 1. Alternative BetrVG. Nur wenn der Betriebsrat im Betrieb des Arbeitgebers gem. § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG über derartige Maßnahmen zuvor rechtzeitig, umfassend und vollständig, mithin auch unter Namensnennung im Voraus informiert wird, ist er in der Lage seinen gesetzlichen Aufgaben gem. § 80 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG nachzukommen.
Diese betriebsverfassungsrechtliche Pflicht besteht auch in Zeiten von Arbeitskampfmaßnahmen. Die Kammer bezieht sich hierzu insbesondere auf die derzeit nur als Pressemitteilung vorliegende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.12.2011 betreffend Mitbestimmung bei Versetzungen während des Arbeitskampfes. In der Pressemitteilung zu dieser Entscheidung (BAG 13.12.2011 - 1 ABR 2/10 -) hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass der Arbeitgeber nach § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG verpflichtet ist, den Betriebsrat rechtzeitig vor Durchführung der personellen Maßnahme mitzuteilen, welche Arbeitnehmer er vorübergehend zur Streikabwehr einsetzen wolle. Unabhängig davon, dass die vorbezeichnete Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.12.2011 sich inhaltlich mit der Frage der Mitbestimmung bei Versetzungen während eines Arbeitskampfes in Bezug auf einen nicht bestreikten Betrieb verhält, von dem aus in einen vom Arbeitskampf betroffenen Betrieb desselben Arbeitgebers arbeitswillige Arbeitnehmer hinversetzt werden, kann diese Entscheidung zur Begründung des vorliegenden Beschlusses herangezogen werden. Diese Entscheidung stellt insbesondere nicht die oben bezeichnete Rechtsprechung des BAG in Frage, nach dem die Verrichtung von Streikbrucharbeit nicht der Mitbestimmung des bestreikten Betriebes unterliegt. Vielmehr ist die Rechtsprechung des BAG in der Entscheidung vom 13.12.2011 - 1 ABR 2/10 - so aufzufassen, dass sie diese bisherige Rechtsprechung bestärkt und nunmehr auf die in Rechtsprechung und Literatur bisher streitige Frage ausweicht, dass nunmehr nach Auffassung des BAG eine Versetzung arbeitswilliger Arbeitnehmer von einem Betrieb des Arbeitgebers in einen ihm gehörenden bestreikten Betrieb zur Versetzung der Streikbrucharbeit ebenfalls nicht der Mitbestimmung des Betriebsrates des abgebenden Betriebes nach § 99 Abs. 1 BetrVG unterliegt.
Davon unabhängig verbleibt es nach Auffassung des BAG a.a.O. jedoch dabei, dass der Arbeitgeber nach § 80 Abs. 1 S. 1 BetrVG verpflichtet ist, den Betriebsrat rechtzeitig vor Durchführung der personellen Maßnahme mitzuteilen, welche Arbeitnehmer er vorübergehend zur Streikabwehr einsetzen will. Aus der Formulierung der Pressemitteilung ergibt sich im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu dieser Frage, dass es sich bei der Verpflichtung des Arbeitgebers nach § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG jedenfalls auch um eine entsprechende Unterrichtungsverpflichtung des Arbeitgebers im bestreikten Betrieb handelt. Ansonsten wäre die Formulierung des Bundesarbeitsgerichts in der bezeichneten Pressemitteilung unverständlich, nachdem der Arbeitgeber mitteilen muss, welche Arbeitnehmer er vorübergehend zur Streikabwehr einsetzen will. Die Streikabwehr findet nicht im mittelbar betroffenen anderen Betrieb des Arbeitgebers, sondern im bestreikten Betrieb statt.
Im Übrigen kann aus der vorliegenden Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts und der bisher zu dieser Frage ergangenen Rechtsprechung nur der Schluss gezogen werden, dass es jedenfalls auch bei der Unterrichtungspflicht nach § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG bei Streikmaßnahmen im bestreikten Betrieb verbleiben muss. Es wäre nämlich ein widersinniges Ergebnis, wenn im lediglich mittelbar von einem Streik betroffenen Betrieb weitergehende Unterrichtungspflichten in Bezug auf den Einsatz von Arbeitnehmer zur vorübergehenden Streikabwehr verpflichtend wären, als im bestreikten Betrieb selber.
Die Kammer hält die Einwendungen der Beteiligten zu 2 gegen die Auferlegung der Unterrichtungspflichten wie von dem Betriebsrat geltend gemacht für Zeiträume eines Streikes nicht für durchgreifend. Insbesondere ist die Kammer der Auffassung, dass durch die Auferlegung dieser Pflichten der Neutralitätsgrundsatz bei Streikmaßnahmen zur Aufrechterhaltung der sogenannten Arbeitskampfparität nicht tangiert ist. Zum einen ist mit dem Bundesarbeitsgericht nach bisheriger Rechtsprechung darauf hinzuweisen, dass die Interessen des Arbeitgebers hinsichtlich der gem. § 74 Abs. 2 BetrVG beinhalteten Neutralitätspflicht durch die sich in § 79 Abs. 1 BetrVG statuierten Geheimhaltungspflichten gewahrt sind. Unbeschadet dessen, dass vorliegend keinerlei Anhaltspunkt dafür besteht und von dem Arbeitgeber auch nicht ansatzweise vorgetragen worden ist, der Betriebsrat im Betrieb der Beteiligten zu 1 habe seine aus § 79 Abs. 1 BetrVG sich ergebenden Pflichten verletzt, erscheint die Arbeitskampfparität als gewahrt. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass Betriebsratsmitglieder zwar ihr Amt selbstverständlich nicht zur Durchsetzung etwaiger gewerkschaftlicher Ansprüche missbrauchen dürfen, andererseits Betriebsräten es grundsätzlich auch nicht verboten ist für gewerkschaftliche Positionen einzutreten. Sie dürfen es lediglich nicht in ihrer Funktion als Betriebsrat machen.
Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass es hier vorliegend dahinstehen bleiben kann, ob das eine oder andere Betriebsratsmitglied, ggf. der Betriebsratsvorsitzende als führender Vertreter der streikführenden Gewerkschaft vor Ort tangiert und ggf. den Streik leitet. Darauf kommt es vorliegend nicht an. Die von dem Betriebsrat geltend gemachten Rechte stehen nicht dem einzelnen Betriebsratsmitglied als solchem, sondern dem Betriebsrat als Gremium zu. Dabei kann dahinstehen bleiben, ob das eine oder andere Betriebsratsmitglied im Zusammenhang mit der Streikmaßnahme rechtlich verhindert sein mag oder nicht (befangen). Hierauf kommt es vorliegend nicht weiter an. Würde nämlich die von dem Betriebsrat als Gremium verlangte Information diesen vorenthalten, weil eines seiner Mitglieder in einer Funktion außerhalb des Betriebsrates an Streikmaßnahmen teilnimmt oder diese ggf. sogar leitet, dann würde der Betriebsrat als Gremium seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechte alleine deswegen verlustigt gehen, weil ggf. einer seiner Mitglieder eine spezielle Kenntnis hätte, die dieses Mitglied ggf. rechtswidrig ausnutzen könnte.
Die Beteiligte zu 2 kann auch nicht damit gehört werden, dass sich aus der Einschränkung des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates nach § 99 BetrVG zur Aufrechterhaltung der Arbeitskampfparität bei Streikmaßnahmen sich eine Aussetzung der entsprechenden Unterrichtungspflichten gegenüber dem Betriebsrat nach § 80 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ergibt. Dies ist gerade nicht der Fall. Vielmehr dienen die Unterrichtungsrechte nach oben genannter Vorschrift dazu, den Betriebsrat in die Lage zu versetzen zu prüfen, ob eines seiner Mitbestimmungsrechte tangiert ist oder nicht. Diese Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers bestehen jedenfalls dann, wenn sie ernsthaft in Betracht kommt auch wenn nach der Prüfung sich herausstellt ein Mitbestimmungsrecht sei nicht gegeben. Aus diesem Grunde muss der Betriebsrat in einem bestreikten Betrieb auch über die begehrten Informationen verfügen, um nämlich zu prüfen, ob er auch im Rahmen einer Streikmaßnahme weiterhin sein Mitbestimmungsrecht nach §§ 99 und/oder 87 BetrVG ausüben kann. Dies ist nämlich dann gegeben, wenn die nach diesen Vorschriften seitens des Arbeitgebers beabsichtigten Personalmaßnahmen nicht mit dem Streik im Zusammenhang stehen oder sonst streikbedingt sind.
Eine andere Beurteilung ergibt sich nach Auffassung der Kammer auch nicht dadurch, dass bei entsprechender Unterrichtung des Betriebsrates wie gegenüber dem Arbeitgeber verlangt er sich des Risikos der Weitergabe der von dem Arbeitgeber beabsichtigten Reaktionen an den Arbeitskampfgegner ausgesetzt sieht und dies eine nicht hinzunehmende Beeinträchtigung der Arbeitskampfparität zum Nachteil des Arbeitgebers sei. Unabhängig davon, dass vorliegend keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen und auch im Rahmen des Amtsermittlungsverfahrens in Beschlussverfahren ansonsten nicht ersichtlich ist, dass vorliegend der eine oder andere Betriebsrat als Teilnehmer/Leiter der Streikmaßnahme etwaige ihm als Betriebsrat bekannt gewordenen Informationen zum streikbedingten Vorteil ausgenutzt hat wird dadurch in die Arbeitskampftaktik des Arbeitgebers nicht maßgeblich eingegriffen. Nach obigen Ausführungen bleibt es vielmehr dabei, dass soweit streikbedingte Maßnahmen beabsichtigt sind ein entsprechendes Mitbestimmungsrecht für diese Zeiträume nicht besteht. Dies hindert jedoch nicht den Betriebsrat im Hinblick auf sonstige Mitwirkungsrechte ihn in die Lage zu versetzen seinerseits prüfen zu können und zu müssen, ob in Rede stehende Personalmaßnahmen personeller oder sozialer Art gegen die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze usw. verstoßen oder diese Personalmaßnahmen in streikbedingten Situationen ausnahmsweise die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nicht tangieren.
Soweit der Beteiligte zu 1 mit dem der Titulierung zugrunde liegenden Antrag auch die Mitteilungen in Bezug auf „Beschäftigungen“ verlangt hat, ist der Antrag von der Kammer ausgelegt worden. Danach ist das Begehren betreffend „Beschäftigungen“ von Mitarbeiter in dem Begehren betreffend „Einstellungen“ von Mitarbeitern enthalten und hat keiner gesonderten Titulierung bedurft. Bei dem Begriff „Einstellung“ handelt es sich um einen gesetzlichen Begriff gem. § 99 Abs. 1 BetrVG. Dieser bedeutet die tatsächliche Eingliederung von Personen in einem Betrieb, insbesondere also auch bei Aufnahme von „Beschäftigungen“.
Wegen der Begründetheit des als Antrag zu 3 gestellten Hilfsantrages ist über die weiteren Hilfsanträge nicht mehr zu entscheiden gewesen.