Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 20.04.2021, Az.: 2 Ss(OWi) 92/21
Messgerät Leivtec XV 3 kein standardisiertes Messverfahren; Messwertabweichungen bei Leivtec XV 3
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 20.04.2021
- Aktenzeichen
- 2 Ss(OWi) 92/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 37100
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
- StVO StVO
Redaktioneller Leitsatz
Das Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung aufgrund einer Messung mit Leivtc XV 3 wird eingestellt, da aufgrund der Untersuchungen durch die PTB Messwertabweichungen nicht ausgeschlossen werden können und daher derzeit auch nicht von einem standardisierten Messverfahren ausgegangen werden kann.
Tenor:
Das Verfahren wird mit Zustimmung der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Betroffenen auf Kosten der Landeskasse, die auch die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten hat, eingestellt.
Gründe
Der Betroffene ist wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße verurteilt worden.
Die Geschwindigkeitsüberschreitung ist festgestellt worden mit dem Messgerät Leivtec XV 3. Im Messung-Start-Foto ist das Kennzeichen vom Messfeldrahmen vollständig umfasst, allerdings wegen Dunkelheit nicht erkennbar (erkennbar sind aber beide Scheinwerfer).
Der Senat verweist hinsichtlich der Problemstellung zunächst auf seinen bei juris veröffentlichten Beschluss vom 16. März 2021, 2 Ss (OWi) 67/21.
Die PTB hat mittlerweile umfangreiche eigene Untersuchungen angestellt. Sie hat dabei unzulässige Messwertabweichungen auch in den Fällen festgestellt, bei denen die Abbildung des Kennzeichens auf dem Messung-Start-Bild die Anforderungen der geänderten Bedienungsanleitung erfüllt (nachzulesen unter: https://doi.org/10.7795/520.20210406). Das betrifft -entgegen der ursprünglichen Annahme- auch Konstellationen, in denen das Kennzeichen vollständig vom Messfeldrahmen erfasst ist, wie die PTB am 9.4.2021 auf Anfrage des Senats mitgeteilt hat.
Allerdings hat die PTB in den Fällen, in denen das Messung-Start-Bild die Anforderungen der geänderten Bedienungsanleitung erfüllt, bei ihren Messungen Messwertabweichungen nur zugunsten Betroffener ermitteln können.
Gleichwohl sieht der Senat die Voraussetzungen eines standardisierten Messverfahrens derzeit nicht mehr als gegeben an, so dass ihm die Einstellung des Verfahrens - von besonderen Konstellationen, wie Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch oder extremen Geschwindigkeitsüberschreitungen abgesehen - auch in Fällen, in denen sich das Kennzeichen vollständig im Messfeldrahmen des Messung-Start-Fotos befindet, geboten erscheint. Ansonsten käme nämlich nur der Versuch einer Aufklärung im Einzelfall durch Einholung eines Sachverständigengutachtens in Betracht.
Die Kundeninformation der Leivtec Verkehrstechnik GmbH vom 12.3.2021, mit der sie ihre Kunden bittet, von weiteren amtlichen Messungen vorerst Abstand zu nehmen, ist auf deren Webseite abrufbar.