Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 14.02.2005, Az.: 2 B 86/04

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
14.02.2005
Aktenzeichen
2 B 86/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 43284
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOSNAB:2005:0214.2B86.04.0A

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: planungsrechtliches Einvernehmen der Gemeinde

hat das Verwaltungsgericht Osnabrück - 2. Kammer - am 14. Februar 2005 beschlossen:

Tenor:

  1. Der Antrag wird abgelehnt.

    Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

    Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.

    Der Streitwert wird auf 60.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens zum Bauvorhaben des Beigeladenen.

2

Der Beigeladene ist Vollerwerbslandwirt. Durch den Pachtvertrag vom 20.07.2004 hat er den im Eigentum seines Vaters stehenden landwirtschaftlichen Betrieb in einer Größe von 118,1395 ha (einschließlich hinzu gepachteter Flächen) für die Dauer von 12 Jahren mit der Option, das Vertragsverhältnis jeweils für 1 Jahr stillschweigend zu verlängern, gepachtet. Die Hofstelle liegt innerhalb der bebauten Ortslage von E. - Unter dem 25.11.2003 beantragte der Beigeladene, ihm die nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz erforderliche Genehmigung zum Bau und Betrieb einer Hähnchenmastanlage mit 81.600 Tierplätzen auf dem von ihm gepachteten, bisher landwirtschaftlich genutzten, nördlich des F. weges in G. liegenden Grundstückes (Katasterbezeichnung: Gemarkung H., Flur 4, Flurstück 134) zu erteilen. Das Grundstück ist weitläufig von unbebauten, im Wesentlichen ebenfalls landwirtschaftlichen genutzten Flächen umgeben. Ein etwa 550 m weiter nördlich liegendes Grundstück wird als Sandabbaufläche genutzt. In einer Entfernung von ca. 320 m bis zu 570 m zum Vorhaben stehen innerhalb der nicht bebauten Ortslage verstreut zehn Wohnhäuser; etwa 440 m südöstlich der geplanten Ställe liegt eine durch den Bebauungsplan Nr. 2 der Antragstellerin festgesetzte, aus elf Wohnhäusern bestehende Siedlung.

3

Der Beigeladene plant die Errichtung von zwei baugleichen, parallel zueinander stehenden und parallel zu dem in Ost-West-Richtung verlaufenden F. weg ausgerichteten, jeweils mit einem Satteldach versehenen (Firsthöhe 7,80 m), 85,73 m langen und 20,73 m breiten, an der Ostseite durch einen 15 m langen Querbau miteinander verbundenen Hähnchenmastställen mit jeweils 40.800 Tierplätzen. Im Innenhof ist der Bau von vier Futtermittelsilos sowie eines Schmutzwasserbehälters vorgesehen. Die Frischwasserversorgung soll durch einen noch anzulegenden Brunnen sichergestellt werden. Die erforderlichen Anlieferungen und Abtransporte von Tieren, Futter und Stalldung (ca. fünf Lkw pro Woche) sollen von der südlich verlaufenden Landesstraße I. (L I.) aus über einen kurzen Teil der dort nach Norden abzweigenden J. Landstraße und dann ca. 400 m weit über den F. weg, über den auch der nördlich der geplanten Anlage abgebaute Sand abgefahren wird, erfolgen bzw. in umgekehrter Richtung verlaufen. Der F. weg hat nach dem Auszug aus dem Liegenschaftskataster -gemessen von der nördlichen bis zur südlichen Straßengrenze - eine Breite von 9,50 Metern. - Es ist vorgesehen, die Stallanlage mit Ausnahme der vom F. weg aus vorgesehenen Zufahrt zum Grundstück mit einer achtreihigen Hecke aus standortgerechten heimischen Laubgehölzen einzugrünen.

4

Im Raumordnungsprogramm des Antragsgegners (RROP 1994) sind in Bezug auf das zur Bebauung vorgesehene Grundstück des Beigeladenen die regionalplanerischen Zielsetzungen 'Gebiet mit besonderer Bedeutung für Erholung, Natur und Landschaft sowie Naturpark' enthalten. In dem Entwurf einer Fortschreibung des RROP für den Landkreis Osnabrück liegt das Grundstück in einem Bereich, für den die raumordnerische Zielsetzung 'Naturpark, Vorsorgegebiet für Natur und Landschaft, Vorsorgegebiet für Erholung und Vorsorgegebiet für Landwirtschaft auf Grund besonderer Funktionen der Landwirtschaft' ausgewiesen werden sollen. Nach der Stellungnahme des Antragsgegners werden originäre regionalplanerische Ziele durch das Vorhaben des Beigeladenen nicht berührt. - Das Grundstück ist Teil des Landschaftsschutzgebietes "Naturpark Nördlicher K. -L."; es liegt am südlichen Rand des in diesem Bereich ca. 160 m weiter südlich bzw. an der östlichen Grundstücksgrenze (ca. 125 m entfernt) endenden Landschaftsschutzgebietes. Dieser Bereich wurde von der Unteren Naturschutzbehörde am 24.08.2004 anhand der fachlichen Kriterien für die Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten mit dem Ergebnis überprüft, dass dieser Landschaftsteil wegen der fehlenden Ausstattung des Gebietes mit entsprechenden Merkmalen bei einer künftigen Überarbeitung der Grenzen des Landschaftsschutzgebietes nicht mehr als solches ausgewiesen werden würde. - Etwa 120 m nordöstlich der nordöstlichen Ecke des geplanten Stallgebäudes befindet sich ein kleinerer, ehemals Feuchtbrachen-, jetzt aber stark verbuschter Bereich, der als besonders geschütztes Biotop i.S.v. § 28 a NNatG qualifiziert worden ist. Seitens einer Bürgerinitiative, die sich gegen die Errichtung der geplanten Hähnchenmastanlage wendet, wurde die von der Firma Dipl.-Ing. M. N., O. Landschaftsplanung und Städteökologie, P., erstellte "Faunistische Untersuchung Feuchtbiotop am F, weg ..." vom 27.07.2004 vorgelegt. Der Sachverständige stellt darin fest, dass im Rahmen der ersten, aber noch nicht ausreichenden Begehung des Bereiches über 70 verschiedene Pflanzenarten festgestellt worden seien, darunter drei oder vier Arten, die in der Roten Liste gefährdeter Pflanzen stünden. Tiergruppen seien nicht untersucht worden. - Unter dem 18.05.2004 erteilte der Antragsgegner die Genehmigung zur Erstaufforstung der ca. 140 m südöstlich der Südostecke des geplanten Stallgebäudes liegenden, 1,75 ha großen Fläche mit der Katasterbezeichnung Gemarkung H., Flur 4, Flurstück 139.

5

Geplant ist eine sog. Kurzmast von Hähnchen. Dazu werden die Tiere auf der mit Stroh und/oder Sägespänen bedeckten Bodenplatte der Ställe 35 Tage lang gemästet, am 36. Tag ausgestellt und mit Lkws abgeholt. Vom 37. bis zum 39. Tag werden die Ställe dergestalt ausgemistet, dass das Kot-/ Einstreugemisch mit Hilfe eines mit geeigneten technischen Vorrichtungen versehenen Traktors aus den Ställen geschoben wird. Diesen Hähnchenmist bringt der Beigeladene entweder unverzüglich auf seine Felder auf oder lässt ihn dem diesbezüglichen, zwischen ihm und der Landwirtschaftlichen Nährstoffbörse R. (S.) geschlossenen Optionsvertrag zufolge unverzüglich vom Grundstück abfahren. Anschließend werden die Ställe unter Einsatz eines Hochdruckreinigers gesäubert; das Reinigungswasser wird in den dafür gebauten Schmutzwasserbehälter geleitet und nach kurzzeitiger Zwischenlagerung mit einem Tankfahrzeug abtransportiert. Am 40. Tag werden die Ställe desinfiziert und vom 41. bis zum 43. Tag für die Aufnahme von Küken am 44. Tag vorbereitet.

6

Möglich sind acht sog. Mastdurchgänge, geplant sind sieben. Die Be- und Entlüftung des jeweiligen Stallraumes soll durch eine computergesteuerte Zwangsentlüftung in Form einer automatischen Unterdrucklüftungsanlage reguliert werden. Der Lufteintritt erfolgt dabei über Zuluftventile, die sich an jeder Stalllängsseite befinden. Die Abluft wird mit Hilfe von Ventilatoren, die in kompakter Anordnung in der Stallraumdecke am westlichen Ende der Gebäude verankert sind, aus dem Stallinnern abgesaugt und über einen zentralen rechteckigen Abluftschacht mit einer Austrittsfläche von rund 12m2 nach außen abgeführt. Der Luftaustritt sollte ursprünglich in einer Höhe von 10 m über Grund bzw. rund 2,2 m über dem Gebäudefirst liegen. Mittlerweile ist geplant, den zentralen Luftaustrittsschacht rund 11m oberhalb der Geländeoberfläche enden zu lassen. Zusätzlich wird bei Bedarf eine Kühl-Sprühanlage eingesetzt. Zu den übrigen Antragsunterlagen legte der Beigeladene dem Antragsgegner auch das von ihm in Auftrag gegebene Gutachten der Landwirtschaftskammer Weser-Ems vom April 2004 über die von der geplanten Tierhaltung ausgehenden Geruchs-, Ammoniak- und Staubimmissionen vor. Der Sachverständige kommt unter Anwendung der TA-Luft, der VDI 3472 und der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) zu dem Ergebnis, dass es nicht zu Geruchsstoffeinträgen komme, die im Außenbereich unzulässig wären. Hinsichtlich der durch die geplante Anlage bedingten Ammoniakimmissionen habe die diesbezügliche Ausbreitungsrechnung ergeben, dass die maximal zulässige Konzentration lediglich im Bereich des Baugrundstückes, nicht aber in den angrenzenden Bereichen überschritten werde. Auch die von der geplanten Tierhaltung ausgehende Zusatzbelastung der Luft mit Schwebstaub liege im Bereich der den nächstgelegenen Wohnhäusern zugeordneten Grundstücksflächen deutlich unter dem einzuhaltenden Irrelevanzwert von 1,2 µg/m3. - Das Vorhaben wurde im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens öffentlich bekannt gemacht, die Verfahrensunterlagen wurden öffentlich ausgelegt und die daraufhin eingegangenen Einwendungen in dem am 01.07.2004 durchgeführten öffentlichen Erörterungstermin behandelt. Aufgrund der danach vorgenommenen Prüfung kam der Antragsgegner zu der Ansicht, dass das Vorhaben des Beigeladenen genehmigungsfähig sei.

7

Bereits unter dem 23.12.2003 und 16.06.2004 hatte die Antragstellerin ihre nach § 36 BauGB erforderliche Einwilligung zum Vorhaben des Beigeladenen zum einen mit dem Hinweis auf den fehlenden Anschluss des Baugrundstückes an die Wasserversorgung sowie an die Abwasserentsorgung und zum anderen im Wesentlichen mit folgenden Erwägungen versagt: Es erscheine bereits sehr zweifelhaft, ob es sich bei der geplanten Stallanlage um ein Vorhaben handele, das einem landwirtschaftlichen Betrieb diene, oder ob die Tierhaltung nicht vielmehr als eine gewerbliche Nutzung zu qualifizieren sei. Jedenfalls aber stehe dem Vorhaben entgegen, dass es sich dabei um eine mit der Darstellung des Baugrundstückes im Regionalen Raumordnungsprogramm des Antragsgegners (RROP 1994) als Naturpark und als Gebiet mit besonderer Bedeutung für die Erholung sowie für Natur und Landschaft unvereinbare raumbedeutsame Maßnahme handele und daher eine Raumverträglichkeitsprüfung hätte durchgeführt werden müssen.

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Es sei fraglich, ob die Zielsetzungen des Regionalen Raumordnungsprogrammes angesichts der mit der vorgesehenen Nutzung des Grundstückes verbundenen, erheblichen Immissionen noch erreicht werden könnten. Das gelte auch in Bezug auf die im Entwurf des neuen RROP des Antragsgegners enthaltenen Ausweisungen. Des Weiteren fehle es an der für die Frage der Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung notwendigen standortbezogenen Vorprüfung. Ferner widerspreche das Vorhaben den von dem insoweit eingesetzten Arbeitskreis formulierten Zielen der Dorferneuerung des Ortsteiles ... . Insbesondere stehe das Vorhaben der beabsichtigten Entwicklung einer touristischen Nutzung des Bereiches entgegen. Schließlich sei die erforderliche Erreichbarkeit des Grundstückes durch Lastkraftwagen nicht gewährleistet. Der schmale F. weg diene als gegenwärtig verkehrssichere Verbindung für Fahrradfahrer und andere Kraftfahrzeuge zwischen dem Bereich Q. und dem Ortsteil T.. Für den bei der Realisierung des Vorhabens des Beigeladenen entstehenden Lkw-Verkehr sei die Straße nicht breit genug und müsse daher mit unverhältnismäßig hohem Aufwand ausgebaut werden.

9

Unter dem 06.09.2004 hörte der Antragsgegner die Antragstellerin zu der beabsichtigten Ersetzung ihres Einvernehmens i.S.v. § 36 BauGB an, erläuterte in Auseinandersetzung mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen, dass das Vorhaben des Beigeladenen unter natur-schutz-, immissionsschutz-, planungs- und erschließungsrechtlichen Gesichtspunkten zulässig sei und räumte eine ca. vierwöchige Erklärungsfrist sein. Nachdem am 11.10.2004 ein Gespräch zwischen Vertretern des Antragsgegners und der Antragstellerin über die Zulässigkeit der Stallanlage geführt worden war, ersetzte der Antragsgegner das Einvernehmen der Antragstellerin zum Bauvorhaben des Beigeladenen durch den dem Bürgermeister der Antragstellerin am selben Tage ausgehändigten Bescheid vom 08.10.2004. Darin setzt sich der Antragsgegner ausführlich mit der Auffassung der Antragstellerin, der Zulassung der Stallanlage stünden öffentliche Belange entgegen, auseinander. Ferner ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung des Bescheides an und führte zur Begründung dieser Maßnahme aus, dass der Beigeladene einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Genehmigung habe; die aber könne nur ausgesprochen werden, wenn die Antragstellerin ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben erkläre oder wenn das Einvernehmen - wie hier geschehen - ersetzt werde. Es liege im überwiegenden wirtschaftlichen Interesse des Beigeladenen, diese Ersetzung für sofort vollziehbar zu erklären, um so eine unnötige Verzögerung der Fortführung des Genehmigungsverfahrens zu verhindern und damit eine sachgerechte, vernünftige Führung seines Betriebes zu ermöglichen. Das Interesse der Antragstellerin, von den Rechtswirkungen der Ersetzung bis zum rechtskräftigen Abschluss eines gegen den Bescheid gerichteten Widerspruchs- und Klageverfahrens verschont zu bleiben, sei nicht so gewichtig wie das Interesse des Beigeladenen an der unverzüglichen Fortsetzung des Genehmigungsverfahrens.

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Gegen die Verfügung hat die Antragstellerin am 28.10.2004 Widerspruch eingelegt und vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Zur Begründung dieses Antrages legt sie zunächst ihre Ansicht dar, dass es mangels einer echten Abwägung der gegenseitigen Interessen an einer hinreichenden Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides fehle. In der Sache wiederholt und vertieft die Antragstellerin die in ihren schriftlichen Erklärungen vom 23.12.2003 und 16.06.2004 enthaltenen Erwägungen.

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Ergänzend trägt sie im Wesentlichen vor, die Stallanlage sei nicht genehmigungsfähig, denn durch ihre Nutzung komme es zu - insbesondere unter Berücksichtigung des Gebotes der Rücksichtnahme - unzulässigen Geruchs-, Geräusch-, Staub- und anderen schädlichen Immissionen, weil die Anlage nicht den erforderlichen Abstand zur Wohnbebauung, zu dem nordöstlich liegenden schutzbedürftigen Biotop sowie zur südöstlich liegenden Aufforstungsfläche einhalte. Die im Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer Weser-Ems enthaltenen diesbezüglichen Aussagen seien nicht verwertbar, weil das Gutachten auf fehlerhaften tatsächlichen Annahmen beruhe. Insbesondere gehe der Sachverständige unzutreffender Weise von einer Kurzmast der Hähnchen, von fehlerhaft berechneten Großvieheinheiten, einer zu günstigen Bewertung der technischen Ausstattung der Ställe und von der Verwendung einer tatsächlich nicht eingeplanten Sprühkühlanlage aus. Der anfallende Festmist und die damit zusammenhängenden Immissionen hätten keine Berücksichtigung gefunden. Im Übrigen seien weder die angewandte VDI 3472, noch die TA-Luft und die GIRL zur Ermittlung der von Hühnerställen stammenden Immissionen geeignet. Des Weiteren habe der Sachverständige auch die Menge des aus den geplanten Stallgebäuden entweichenden Staubes nicht richtig berechnet. Da er auch insoweit von falschen Grundannahmen ausgegangen sei, komme der Sachverständige zu der unzutreffenden Aussage, dass der Bagatellmassenstrom von Staub nicht überschritten werde. Im Raum P. würden die Staubgrenzwerte bereits seit dem Jahre 2001 nur noch gerade eingehalten, sodass jede zusätzliche Belastung der Luft mit Staub unzulässig sei. Da die Staubkonzentrationen im gesamten Regierungsbezirk Weser-Ems oberhalb der zulässigen Grenze lägen, lasse die Bezirksregierung seit zwei Jahren in ständiger Praxis Intensivtierhaltungen ohne Staubfilter nicht mehr zu. So müsse auch hier verfahren werden. Im Übrigen sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass inzwischen 20 % bis 30 % der Bevölkerung an Atemswegserkrankungen und Allergien litten, sodass bei der Beurteilung der zulässigen Staubimmissionen nicht auf den gesunden Menschen, sondern auf die breite Bevölkerungsschicht der atemswegserkrankten oder an Allergien leidenden Personen abzustellen sei.

12

Die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruches gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 08.10.2004 wiederherzustellen.

13

Der Antragsgegner setzt sich eingehend mit dem Vorbringen der Antragstellerin auseinander. Der Beigeladene unterstützt die Auffassung des Antragsgegners; beide beantragen,

den Antrag abzulehnen.

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Wegen des weiteren Vertrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

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II.

Der Antrag ist zulässig; er ist jedoch nicht begründet, denn das Interesse des Beigeladenen, das von der Antragstellerin versagte Einvernehmen zu seinem Bauvorhaben zu ersetzen, überwiegt das Interesse der Antragstellerin, von den Folgen der Vollziehung des angefochtenen Bescheides bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den von ihr erhobenen Rechtsbehelf verschont zu bleiben, so dass der Antragsgegner zu Recht die sofortige Vollziehung der Ersetzungsverfügung angeordnet hat.

16

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen einen belastenden Verwaltungsakt, dessen sofortige Vollziehung die Behörde - wie hier - im überwiegenden Interesse eines Beteiligten gem. Abs. 2 S. 1 Nr. 4 der e.g. Vorschrift angeordnet und nach Abs. 3 der Vorschrift begründet hat, ganz oder teilweise wiederherstellen. Die Voraussetzungen dafür liegen hier nicht vor.

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Entgegen der Ansicht der Antragstellerin fehlt es nicht schon an einer hinreichenden Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides. Sinn und Zweck des Begründungszwanges i.S.v. § 80 Abs. 3 VwGO ist es, sicherzustellen, dass die Behörde sich der durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung geschaffenen Ausnahmesituation hinsichtlich der rechtlichen Position des Betroffenen, insbesondere dessen Rechtsschutzes, bewusst ist. Dementsprechend müssen die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben werden, die die Behörde bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen; dabei sind an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Eyermann, VwGO, 11. Aufl., § 80 Rdnr. 42 f.). Diesen Erfordernissen entspricht die vom Antragsgegner gegebene Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung. Er hat im Einzelnen dargelegt, dass der Beigeladene im Hinblick darauf, dass dessen Vorhaben genehmigungsfähig sei, ein besonderes Interesse daran habe, die Ersetzung des bauplanungsrechtlichen Einvernehmens der Antragstellerin für sofort vollziehbar zu erklären, um so eine sachlich nicht begründete Verzögerung des Genehmigungsverfahrens und daraus resultierende wirtschaftliche Einbußen zu verhindern, und dass dieses Interesse dasjenige der Antragstellerin, von den Folgen der sofortigen Vollziehbarkeit des angefochtenen Bescheides vorerst verschont zu bleiben, überwiege. Ob diese Erwägungen zutreffend sind, berührt demgegenüber nicht die Frage, ob eine ausreichende (formelle) Begründung im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO überhaupt vorliegt, sondern allein die Frage, ob der angeordnete Sofortvollzug der Sache nach gerechtfertigt ist.

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Letzteres ist hier der Fall. Die insoweit nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung, in die auch die bereits überschaubaren Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfes einzubeziehen sind, fällt zu Lasten der Antragstellerin aus, denn nach der in diesem Verfahren durchzuführenden summarischen Prüfung bestehen keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ersetzung des bauplanungsrechtlichen Einvernehmens der Antragstellerin.

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Nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB kann die nach Landesrecht zuständige Behörde ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen. Von dieser Befugnis hat der Antragsgegner aller Voraussicht nach zu Recht Gebrauch gemacht, weil die Antragstellerin ihr Einvernehmen zu Unrecht versagt hat.

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Die Ersetzung des Einvernehmens setzt in formeller Hinsicht voraus, dass die Bauaufsichtsbehörde die Gemeinde anhört (§ 28 VwVfG) und ihr dabei erläutert, warum die Verweigerung des Einvernehmens rechtswidrig ist (vgl. Große-Suchsdorf/ Lindorf/ Schmaltz/ Wiechert, NBauO, 7. Aufl., § 73 Rdnr. 25). Dem hat der Antragsgegner durch die formelle schriftliche Anhörung der Antragstellerin vom 06.09.2004 und auch durch das demselben Zweck dienende Gespräch mit ihrem Bürgermeister nebst anderen Personen am 11.10.2004 Rechnung getragen.

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Aber auch in materiell-rechtlicher Hinsicht unterliegt die Ersetzung des Einvernehmens keinen rechtlichen Bedenken. Versagen darf die Gemeinde das der Sicherung ihrer Planungshoheit dienende Einvernehmen gem. § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 d.G. ergebenden Gründen. Einschlägig ist hier die Vorschrift des § 35 BauGB. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin bestehen keine begründeten Zweifel daran, dass das im Streit stehende Vorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb dient und deshalb als privilegiertes Vorhaben i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einzustufen ist. Durchgreifende Bedenken an der vom Gesetz für eine Privilegierung geforderten Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Betätigung (landwirtschaftlicher Betrieb i.S.v. § 35 BauGB) folgen nicht aus dem Umstand, dass der Beigeladene den Betrieb lediglich für 12 Jahre gepachtet hat. Die Betriebseigenschaft scheitert nicht von vornherein daran, dass die Betriebsflächen nicht oder nicht vollständig im Eigentum des Betriebsinhabers stehen. Entscheidend ist, ob das Merkmal der Dauerhaftigkeit auch in Bezug auf die zivilrechtlichen Nutzungsmöglichkeiten der land- oder forstwirtschaftlichen Flächen gegeben sind. Eine diesbezüglich ausreichende Sicherheit kann auch im Falle des Eigentums eines Familienmitgliedes des Betriebsinhabers an den landwirtschaftlichen Flächen und Einrichtungen angenommen werden (vgl. Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Stand: 01.07.2004, § 35 Rdnr. 30 m.w.N.). Angesichts der Tatsache, dass der Betrieb des Beigeladenen im Eigentum dessen Vaters steht, erscheint die Nutzungsmöglichkeit der betrieblichen Einrichtungen und Betriebsflächen durch den Beigeladenen auch im Hinblick darauf, dass er den landwirtschaftlichen Betrieb lediglich für die Dauer von 12 Jahren (mit der Möglichkeit der Verlängerung des Vertrages) gepachtet hat, auf Dauer hinreichend gesichert. - Anders als die Antragstellerin behauptet, fällt auch die geplante Tierhaltung unter den Begriff der Landwirtschaft im Sinne des Baugesetzbuches ist nach § 201 d.G. auch die Tierhaltung, soweit das dafür erforderliche Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann. Das ist hier der Fall, der Beigeladene hat unter dem 21.04.2004 nachvollziehbar dargelegt, dass er in der Lage ist, auf 97,43 ha der zur Zeit bewirtschafteten Fläche von insgesamt etwa 118 ha das für die gesamte Hähnchenmast erforderliche Futter zu erzeugen. Ob er diese Futtermittel tatsächlich auf seinen Flächen erzeugt, ist wegen der dem Gesetz zugrunde liegenden abstrakten Betrachtungsweise rechtlich unerheblich.

22

Dem Vorhaben stehen auch öffentliche Belange nicht entgegen. — Nach § 35 Abs. 1 BauGB ist ein privilegiertes Vorhaben u.a. dann zulässig, wenn ihm insbesondere die im Abs. 3 der Vorschrift genannten öffentlichen Belange nicht entgegenstehen. Der Beantwortung der Frage, ob einem privilegierten Vorhaben ein öffentlicher Belang entgegensteht, liegt eine Abwägung zwischen dem Zweck des Vorhabens und dem öffentlichen Belang zugrunde, wobei zu Gunsten privilegierter Vorhaben stets das ihnen vom Gesetzgeber zuerkannte gesteigerte Durchsetzungsvermögen in Rechnung zu stellen ist (vgl. Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg/ Krautzberger, aaO., § 35 Rdnr. 60 m.w.N.). Unter Berücksichtigung dessen steht dem Vorhaben des Beigeladenen nichts im Wege.

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Zu Unrecht geht die Antragstellerin davon aus, dass eine Genehmigung der Stallanlage den Zielen der Raumordnung widerspreche. Nach § 35 Abs. 3 Satz 2 1. HS BauGB dürfen raumbedeutsame Vorhaben den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen. Widersprechen kann ein Vorhaben den Zielen der Raumordnung nur, wenn diese für die Beurteilung eines Einzelvorhabens sachlich und räumlich hinreichend .konkretisiert sind, also insbesondere standortbezogene Aussagen in Form von Vorranggebieten, Vorbehaltsgebieten und Eignungsgebieten enthalten (vgl. Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg/ Krautzberger, aaO., § 35 Rdnr. 118 f. m.w.N.). Bereits daran fehlt es hier. Das Regionale Raumordnungsprogramm des Antragsgegners (RROP 1994) enthält lediglich weniger konkret gefasste, allgemeine raumordnerische Zielsetzungen, die den beispielsweise in § 35 Abs. 3 BauGB enthaltenen Planungsaussagen gleichstehen und deshalb in diesem Zusammenhang unerheblich sind (vgl. Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/ Krautzberger, aaO., § 35 Rdnr. 118). Das gilt - unabhängig von der Frage, ob der Entwurf der Fortschreibung des RROP des Antragsgegners bereits Rechtswirkungen entfaltet - in entsprechender Weise für die im e.g. Entwurf enthaltenen, ihrer inhaltlichen Qualität nach den raumordnerischen Zielsetzungen im RROP 1994 gleichzusetzenden Ausweisungen. Abgesehen davon dürfte es sich bei dem Vorhaben des Beigeladenen auch nicht um ein raumbedeutsames Vorhaben i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 2 1. HS BauGB handeln. Raumbedeutsam sind Vorhaben nur dann, wenn durch sie der Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung bzw. Funktion eines Gebietes beeinflusst wird. Das ist in Bezug auf das hier betroffene Vorhaben nicht erkennbar. Es liegt in einem unter dem Aspekt der Bedeutung des Gebietes für die Erholung und den Landschaftsschutz deutlich vorbelasteten Teil des Außenbereiches und dürfte dort kaum zu einer spürbaren Belastung führen. In diesem Bereich befinden sich in einem Umkreis von 600 m zahlreiche, vornehmlich zu Wohnzwecken genutzte Gebäude, in einer Entfernung von nur etwa 250 m verläuft südlich die relativ verkehrsreiche L l. und in einem Abstand von rund 750 m die viel befahrene Eisenbahnlinie U. - V.. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist der Antragsgegner zu Recht davon ausgegangen, dass originäre regionalplanerische Ziele durch das Vorhaben nicht berührt werden und deshalb eine Raumverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist.

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Entgegen der Ansicht der Antragstellerin steht dem Vorhaben auch nicht der Belang des Landschaftsschutzes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB) entgegen. Zwar liegt das Vorhaben - noch - innerhalb des Landschaftsschutzgebietes "Nördlicher K. -L." und ist daher dem Grunde nach geeignet, das Landschaftsschutzgebiet zu beeinträchtigen. Eine Beeinträchtigung dieses Gebietes, die geeignet wäre, die Errichtung und Nutzung der Stallanlage auszuschließen, liegt jedoch nicht vor. Das folgt aus der nachvollziehbaren Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 02.09.2004. Sie kommt nach einer örtlichen Überprüfung des das vorgesehene Baugrundstück umgebenden Bereiches anhand der fachlichen Kriterien für die Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten aufgrund der erhobenen Befunde zu der einleuchtenden Einschätzung, dass das Landschaftsbild in diesem Gebiet die e.g. Kriterien - nur - durchschnittlich erfülle und dieser Bereich damit bei einer künftigen Überarbeitung der Grenzen des Landschaftsschutzgebietes nicht mehr als schutzwürdiges Gebiet ausgewiesen werden würde. Daran wird deutlich, dass es durch die Stallanlage jedenfalls nicht zu einer das Vorhaben ausschließenden Beeinträchtigung des Landschaftsschutzgebietes kommt. Abgesehen davon kann das dem landwirtschaftlichen Betrieb des Beigeladenen dienende privilegierte Vorhaben auch nach § 2 Abs. 2 i.V.m. § 7 Buchstabe c der Verordnung zum Schütze von Landschaftsteilen in den Landkreisen Bersenbrück, Osnabrück, Meile und Wittlage vom 12.05.1965 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Osnabrück 1965, S. 64) im Landschaftsschutzgebiet zugelassen werden, denn es handelt sich um eine von der e.g. Bestimmung insoweit vorausgesetzte Nutzung im Rahmen einer ordnungsgemäß betriebenen Landwirtschaft.

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Auch der Einwand der Antragstellerin, durch die geplante Stallanlage komme es zu schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, ist nicht begründet. Insbesondere verstößt eine Genehmigung der Stallanlage nicht gegen das in diesem Rahmen zu berücksichtigende - objektiv rechtliche - Gebot der Rücksichtnahme. Der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkung bedeutet in Übereinstimmung mit § 3 BlmSchG, dass es sich um Immissionen handeln muß, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Diese Begriffsbestimmung kann auch im Rahmen des § 35 Abs. 3 BauGB herangezogen werden (vgl. BVerwG, U.v. 25.02.1977 - 4 C 22.75 -, BVerwGE 52, 122). Dabei sind unter Immissionen Einwirkungen auf Menschen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen zu verstehen, wie Einwirkungen auf die Luft, Verunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen; Nachteile sind insbesondere Vermögenseinbußen, die durch körperliche Einwirkungen hervorgerufen werden, Belästigungen, Beeinträchtigungen des körperlichen und seelischen Wohlbefindens. Die Erheblichkeit von Nachteilen und Belästigungen setzt voraus, dass das übliche und zumutbare Maß überschritten wird, wobei es nicht auf die enteignungsrechtliche Zumutbarkeit im Sinne eines schweren und unerträglichen Eingriffs ankommt, sondern auf die nach der gegebenen Situation bestehende Unzumutbarkeit, die die bebauungsrechtliche Prägung der Situation und die tatsächliche und planerische Vorbelastung berücksichtigt (vgl. u.a. BVerwG, U.v. 30.09.1983 - 4 C 18.80 -, RdL 1984, 223; U. v. 27.02.1992 - 4 C 50.89 -, BauR 1992, 49-1). Anhaltspunkte für die Unzumutbarkeit von Beeinträchtigungen geben die technischen Regelwerke des Immissionsschutzes (hier einschlägig: TA-Luft, VDI-Richtlinie 3472 [Hühner], GIRL), die unter Berücksichtigung der konkreten bauplanungsrechtlichen Verhältnisse Anwendung finden können (vgl. BVerwG, U. v. 21.01.1983 - 4 C 59.79 -, BauR 1983, 143). Mangels entsprechender normativer Vorgaben kann hinsichtlich einer Hähnchenmastanlage regelmäßig auf die Aussagen der TA-Luft und der VDI-Richtlinie 3472, insbesondere auf die darin enthaltenen Abstandsregelungen, zurückgegriffen werden, weil diese auf entsprechenden Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und deshalb auch für die Gerichte eine gewichtige, die Erheblichkeitsgrenze des § 3 Abs. 1 BlmSchG gesetzeskonform absteckende Entscheidungshilfe darstellen (vgl. u.a. Nds. OVG, U. v. 19.01.1995 -1 L 166/90 -, BRS 57 Nr. 106; U. v. 18.02.1998 - 7 L 2108/96 -, NuR 1998, 661; U. v. 06.03.1998 - 7 L 4554/96 u.a. -, Nds. Rpfl. 1998, 299; B. v. 06.12.2001 - 1-MA 3356/01 -, NVwZ-RR 2002, 731).

26

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der erforderliche Abstand zwischen der geplanten Stallanlage und der übrigen Bebauung, dem Biotop und der Erstaufforstungsfläche eingehalten. Das folgt aus dem in sich schlüssigen und auch im Übrigen nachvollziehbaren Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer Weser-Ems vom April 2004. Danach ergibt sich unter Berücksichtigung des für die nach § 4 BlmSchG genehmigungsbedürftige Anlage des Beigeladenen geltenden, aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BlmSchG folgenden Vorsorgegebotes unter Anwendung der TA-Luft ein zur Vermeidung von Geruchsimmissionen notwendiger Abstand zur nächsten Wohnbebauung, zu der nicht vereinzelt im Außenbereich liegende Hausgrundstücke zählen, ein Mindestabstand von 270 m. Dieser Abstand ist nicht nur gegenüber der durch den Bebauungsplan Nr. 2 der Antragstellerin festgesetzten, etwa 440 m entfernt liegenden Wohnsiedlung, sondern auch gegenüber den - insoweit rechtlich nicht relevanten - übrigen einzelnen Wohnhäusern im Außenbereich eingehalten. - Dem kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, es sei ein größer bemessener Abstand erforderlich, weil der Sachverständige von falschen tatsächlichen Annahmen ausgegangen sei. Entgegen ihrer Behauptung beabsichtigt der Beigeladene nicht eine Tierhaltung im sog. Langmastverfahren, für das nach Ziffer 5.4.7.1 - Tabelle 10 - der TA-Luft ein höherer GV (Großvieheinheiten)-Schlüssel zu berücksichtigen und deshalb möglicherweise ein größerer notwendiger Abstand zur Wohnbebauung erforderlich wäre. Tatsächlich enthält der Genehmigungsantrag und die diesbezügliche Erläuterung vom 23.06.2004 die ausdrückliche Erklärung des Beigeladenen, dass die Tiere lediglich 35 Tage lang im sog. Kurzmastverfahren gehalten werden sollen. Das hat der Sachverständige seinen Berechnungen zu Recht zugrunde gelegt.

27

Der Betrieb der geplanten Stallanlage wird den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen zufolge auch nicht zu Geruchsimmissionen führen, die unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der benachbarten Grundstücke unzumutbar wären. In Anwendung der der Konkretisierung des e.g. Schutzgebotes dienenden VDI 3472 ergibt sich unter Berücksichtigung einer Bewertung der technischen Ausstattung der Stallanlage mit 95 Punkten und einer Bestandsgröße von 122,40 GV ein (voller) Richtlinienabstand von rund 300 m. Damit ist der gegenüber der rund 440 m entfernten Wohnbebauung notwendige Abstand, aber auch der gegenüber dem nächsten, ca. 320 m entfernt liegenden einzelnen Wohnhaus im Außenbereich (zu dem nach 3.2.3.2 der VDI 3472 lediglich der um 50 v.H. reduzierte Abstand von 150 m gewahrt werden müsste) erforderliche Abstand eingehalten. Aus welchem Grunde die Antragstellerin demgegenüber von einer Tierbestandsgröße von 220 GV und einer Bewertung der Stallanlage mit 75 Punkten ausgeht, ist nicht nachvollziehbar. Abgesehen davon ist der Sachverständige - anders als die Antragstellerin behauptet - zutreffend von einer höheren als 1,5 m über dem höchsten Dachpunkt liegenden Austrittsöffnung der Abluftanlage ausgegangen, denn die Oberkante der Austrittsöffnung der Stallentlüftung sollte nach dem ursprünglichen Genehmigungsantrag bereits 2,20 m oberhalb des Dachfirstes liegen. Diesen Antrag hat der Beigeladene unter dem 23.06.2004 insoweit geändert, als die Oberkante des Abluftkamins nunmehr sogar 3 m oberhalb des Dachfirstes liegen wird. Auch mit dem Einwand, der vom Beigeladenen beabsichtigte Einbau einer Sprühkühlanlage habe bei der Ermittlung des notwendigen Abstandes nicht berücksichtigt werden dürfen, kann die Antragstellerin nicht gehört werden, denn diese Anlage ist ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen (letzter Satz auf Seite 6 des Gutachtens) bei der Beurteilung der Stallanlage außer Betracht geblieben. Zu Unrecht beanstandet die Antragstellerin weiterhin, die aus dem anfallenden Festmist stammenden Immissionen seien bei der Immissionsprognose nicht berücksichtigt worden. Die während der Mastphase auftretenden Emissionen aus dem Kot-Einstreu-Gemisch sind bei der Punktebewertung der Stallanlage unter dem Kriterium "Kotverfahren ..." berücksichtigt worden. Nach der Mastphase entstehen keine entsprechenden Emissionen, da der Festmist nicht gelagert, sondern nach der Entfernung aus den Ställen unverzüglich abgefahren wird. Aber selbst wenn man der Ansicht der Antragstellerin darin folgen würde, dass der notwendige Richtlinienabstand 400 m betrage, änderte das nichts an der diesbezüglichen Zulässigkeit der Stallanlage, denn auch insoweit würde der notwendige Abstand gegenüber der durch den Bebauungsplan Nr. 2 der Antragstellerin festgesetzten Wohnbebauung - und mit 200 m auch gegenüber dem der Stallanlage nächstgelegenen Außenbereichsgebäude (320 m entfernt) - eingehalten werden. Die Behauptung, die e.g. Siedlung liege lediglich 360 m vom Emissionsschwerpunkt entfernt, ist angesichts der vorliegenden maßstabsgerechten Kartenauszüge nicht nachvollziehbar; anhand des Kartenmaterials ergibt sich eine Entfernung von wenigstens 420 m zwischen dem Emissionsschwerpunkt und der Wohnsiedlung.

28

Bereits aufgrund der Beurteilungen der Geruchsimmissionen anhand der TA Luft und der VDI 3472 ergibt sich, dass es nicht zu im Außenbereich unverträglichen Belastungen durch Geruchsstoffe kommt, so dass es der weiteren Untersuchung auf der Grundlage der GIRL - die die e.g. Ergebnisse im Übrigen bestätigt - nicht mehr bedurfte; auf die diesbezüglichen Einwände der Antragstellerin kommt es daher rechtlich nicht an.

29

Anders als die Antragstellerin meint, kommt es durch die aus der geplanten Stallanlage stammenden Ammoniak(NH3)-Immissionen auch nicht zu einer Beeinträchtigung des Biotops. Der Sachverständige hat anhand der unter Berücksichtigung des Anhanges 3 der TA Luft durchgeführten Ausbreitungsrechnung bezüglich der durch die geplante Stallanlage verursachten Ammoniak(NH3)-Immissionen nachvollziehbar dargetan, dass im Bereich des ca. 120 m nordöstlich der Emissionsquelle liegenden, nach Maßgabe des § 28 a NNatG besonders geschützten Biotops der für NH3-empfindliche Pflanzen geltende Konzentrationsgrenzwert von 3 µg/m³ in der Luft nur in einem kleinen, südwestlich gelegenen Bereich, ansonsten gar nicht erreicht werde. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass es sich bei diesem Ökosystem der Auskunft der sachverständigen Unteren Naturschutzbehörde zufolge nicht um ein NH3-empfindliches Biotop handelt. Ferner ist zu berücksichtigen, dass in dem hier betroffenen Gebiet nach den Feststellungen des Sachverständigen keine Vorbelastung besteht und demzufolge auch der diesbezügliche Grenzwert von 10 µg/m³ Luft nicht erreicht wird.

30

Entsprechendes gilt hinsichtlich der Befürchtung einer Schädigung eines eventuell schon vorhandenen Bestandes von (Jung-)Bäumen auf dem südöstlich der Baufläche liegenden Flurstück 139, dessen Erstaufforstung unter dem 07.07.2004 genehmigt worden ist. Aus dem Gutachten, das zwar nicht die Untersuchung gerade dieser Fläche zum Gegenstand hatte, geht jedoch aufgrund einer Ausbreitungsrechnung bezüglich der für Waldbereiche relevanten NH3-N-Deposition, speziell aus der diesbezüglichen Grafik (Anlage VIII zum Gutachten), verlässlich hervor, dass das innerhalb des 600 m-Radius umfassenden Untersuchungsgebietes liegende Flurstück 139 keinerlei NH3-N-Belastung ausgesetzt sein wird und deshalb von der geplanten Anlage unberührt bleibt. Aus diesem Grunde bedarf es auch nicht der Klärung der Fragen, die sich daraus ergeben könnten, dass die Aufforstungsgenehmigung erst nach dem bereits unter dem 25.11.2003 vom Beigeladenen gestellten Antrag auf Erteilung der Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz ausgesprochen, inzwischen vom Beigeladenen angefochten worden und nach dem bisherigen Erkenntnisstand noch nicht umgesetzt worden ist.

31

Anders als die Antragstellerin vorträgt ist, nach der in diesem Verfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung auch eine Belastung des Umfeldes der geplanten Stallanlage mit einer unzulässigen, insbesondere gesundheitsgefährdenden Konzentration von Staub nicht zu erwarten. Unter Berücksichtigung der ursprünglich geplanten Höhe der Abluftschächte auf den Ställen von 10m über der Geländeoberkante und der dadurch nicht eingehaltenen Bedingungen für die Ableitung des Abluftstromes i.S.v. Ziff. 5.5.2 der TA Luft, sowie unter der Annahme des im Rahmen des EU-Forschungsvorhabens TAKAI et al. 1998 ermittelten - gegenüber den in der Bundesrepublik Deutschland für die Hähnchenhaltung bisher zu Grunde gelegten, um 360 mg höheren - Staubmassenstromes von 3.165 mg einatembarem Staub je Stunde und Großvieheinheit (GV) ergibt sich bei 122,4 GV mit 387,40 g/h ein um ca. 387% über dem in der TA Luft festgesetzten Schwellenwert für den Bagatellmassenstrom von diffusen Quellen i.H.v. 0,1 kg Staub/h liegender Staubmassenstrom. Angesichts dessen, dass deshalb eine gesonderte Ausbreitungsrechnung erforderlich wird, und mit Rücksicht auf den Umstand, dass für den Raum P. hinsichtlich der Jahre 2002 und 2003 keine Erkenntnisse über die Einhaltung des Grenzwertes der TA-Luft bzgl. der PM-10-Hintergrund-(Vor-)Belastung der Luft (Schwebestaub) vorlagen, hat der Sachverständige anhand einer nach Anhang 3 zur TA Luft durchgeführten Ausbreitungsrechnung geprüft, ob es zu einer Überschreitung der Irrelevanzgrenze für PM-10-Staub von 1,2 µg/m³ (das sind 3% des Immissionsjahreswertes/der Kenngröße von 40 µg/m³) kommt. Er ist mangels erkennbarer gegenteiliger Anhaltspunkte zu dem nachvollziehbaren Schluss gekommen, dass die von der geplanten Stallanlage ausgehenden PM-10-Konzentrationen in der bodennahen Luftschicht die Irrelevanzgrenze von 1,2 (µg/m³ in den Fällen, in denen Wohnhäuser überhaupt tangiert werden, um mindestens 70% unterschreiten. Eine Gesundheitsgefahr für die in der Nähe der Stallanlage lebenden Menschen kann damit hier mit der erforderlichen hinreichenden Sicherheit ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Beigeladene seinen Genehmigungsantrag unter dem 23.06.2004 insoweit geändert hat, als die Luftaustrittsöffnung der Abluftkamine auf 3 m oberhalb des Dachfirstes bzw. 11 m oberhalb der Geländeoberfläche erhöht werden sollen. Diese Maßnahme dürfte zu einer messbaren Verminderung der Staubkonzentrationen im Umfeld der Anlage führen. - Gegen die Beurteilung der Staubimmissionssituation kann die Antragstellerin nicht erfolgreich einwenden, der Sachverständige habe die Staubkonzentration nicht korrekt ermittelt, weil er von bereits überholten diesbezüglichen Grundannahmen ausgegangen sei.

32

Dafür gibt es keine vernünftigen Anhaltspunkte, denn der Sachverständige hat seinen Ausführungen die im Rahmen eines EU-Forschungsvorhabens (TAKAI et al. 1998) angestellten jüngsten Untersuchungen zu Staubimmissionen aus den Niederlanden, Großbritannien, Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland sowie die dabei gemessenen Staubmengen zugrunde gelegt. Jüngere Untersuchungen hat die Antragstellerin selbst nicht benannt. Zu Unrecht zieht sie aus dem Umstand, dass für den Raum P. nur noch für das Jahr 2001 Erkenntnisse über die PM-10-Staubbelastung vorliegen, wonach der nach der TA Luft geltende Grenzwert noch unterschritten wird, den Schluss, dann dürfe keine weitere Belastung hinzukommen. Vielmehr ist in einem solchen Falle eine aussagekräftigere, weil mehrere Parameter berücksichtigende Ausbreitungsrechnung zu fertigen, so wie der Sachverständige es auch getan hat. Für die Richtigkeit der in diesem Zusammenhang vorgetragenen, durch nichts belegten Behauptung, die Bezirksregierung Weser-Ems erteile seit etwa zwei Jahren für Intensivtierhaltungen generell keine Genehmigungen mehr, wenn nicht ein Staubfilter eingebaut werde, ist nichts erkennbar. Entgegen der Ansicht der Antragstellern besteht auch kein begründeter Anlass, bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Staubimmissionen statt gesunder Menschen die Menschen mit Atemwegserkrankungen und Allergien zum Maßstab zu nehmen, denn selbst wenn die Annahme zuträfe, dass 20% bis 30% der Bevölkerung ernsthaft unter den o.a. Erkrankungen litten, repräsentierte diese Zahl (jedenfalls noch) nicht den Durchschnitt der Bevölkerung. Schließlich vermag die Antragstellerin in diesem Zusammenhang auch aus der im Erörterungstermin am 01.07.2004 abgegebenen Erklärung eines ärztlichen Mitarbeiters des Gesundheitsamtes des Antragsgegners nichts für sich Günstiges herzuleiten, denn durch dessen Äußerung, es gebe keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über eine Gefährdung von Menschen und Tieren durch Stäube, Einzelfälle könnten in Bezug auf besonders empfindliche Personen allerdings nicht ausgeschlossen werden, sind entsprechende Gesundheitsgefahren nicht eingeräumt worden. Vielmehr ist unter Hinweis darauf, dass es wissenschaftlich anerkannte Studien, die ggf. etwas anderes belegten, bisher nicht gebe, erklärt worden, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen für Einzelne - bei entsprechenden persönlichen Dispositionen - lediglich nicht völlig ausgeschlossen werden könnten -eine Feststellung, die generell gilt.

33

Der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens des Beigeladenen dürfte entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht entgegenstehen, dass die mit dem Betrieb der Hähnchenmastanlage verbundenen Geräusche hinsichtlich ihrer Auswirkung auf die Umgebung nicht gutachterlich untersucht worden sind. Mit Rücksicht auf die Entfernungen zwischen den nächstgelegenen Wohnhäusern und den Ställen von rd. 320 m bis 370 m und auf die Lage der übrigen Wohngebäude dürfte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden können, dass es durch den betriebsbedingten Lkw-Verkehr (etwa 5 Lkw/Woche) zu keinen im Außenbereich unzumutbaren Störungen kommt. Das gilt erst recht für die innerhalb der Stallgebäude entstehenden, nach außen kaum wahrnehmbaren Geräusche.

34

Der geplanten Stallanlage steht auch nicht der öffentliche Belang der Landschaftspflege bzw. des Naturschutzes unter dem Aspekt der Bebauung des gegenwärtig landwirtschaftlich genutzten Flurstückes entgegen. Die mit der beabsichtigten Nutzung des Baugrundstückes verbundene Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes und der mit der künftigen Nutzung des Grundstückes verbundene Eingriff in das Landschaftsbild werden durch die künftige Eingrünung des für die Stallanlage in Anspruch genommenen Grundstücksteils mit einer achtreihigen, von ihrer Grundfläche her der künftig bebauten Fläche entsprechenden Hecke aus heimischen, landschafts- und standortgerechten Gehölzen ausgeglichen. Wie es im Landespflegerischen Planungsbeitrag vom 13.01.2004 nachvollziehbar dargelegt ist, ist die in WE ausgedrückte Eingriffsbilanz ausgeglichen.

35

Ebenfalls nicht gehört werden kann die Antragstellerin mit ihrem Vortrag, der Beigeladene habe die Stallanlage auch an einem für ihr Gebiet weniger belastenden Ort errichten können. Auch wenn man dieses Vorbringen dahin versteht, dass die Antragstellerin damit einen Verstoß gegen das aus § 35 Abs. 5 Satz 1 BauGB folgende Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereiches geltend machen will, trägt es ihr Begehren nicht. Das folgt bereits daraus, dass die e.g. Vorschrift keine Zulassungsvoraussetzung für Bauvorhaben beinhaltet. Vielmehr geht sie von der Zulässigkeit eines Vorhabens nach deren Absätzen 1 bis 4 aus und kann deshalb nur Rechtsgrundlage für Modifikationen des Bauvorhabens oder für Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung sein (vgl. BVerwG, U. v. 19.06.1991 - 4 C 11.89 -, BauR 1991, 579). Abgesehen davon hat der Beigeladene entgegen der diesbezüglichen Behauptung keine Möglichkeit, das Vorhaben auf seiner Hofstelle zu verwirklichen, denn die Nutzung eines Stalles der hier in Frage stehenden Art ist angesichts der Lage des Hofgeländes innerhalb der bebauten Ortslage und der beengten räumlichen Verhältnisse bereits aus immissionsschutzrechtlichen Gründen ausgeschlossen. Dass dem Beigeladenen hinsichtlich des Standortes der geplanten Stallanlage Alternativen zur Verfügung stünden, ist angesichts eines bestehenden Rechtsanspruches auf Genehmigung seines Vorhabens unter dem Aspekt der Baufreiheit rechtlich unerheblich.

36

Anders als die Antragstellerin es meint, ist das Baugrundstück nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand auch in ausreichender Weise wegemäßig erschlossen. — Die Zulässigkeit von privilegierten Vorhaben im Außenbereich setzt auch eine gesicherte Erschließung voraus. Die nach § 35 Abs. 1 BauGB geforderte ausreichende Erschließung richtet sich nach dem jeweiligen Vorhaben, den sich daraus ergebenden Anforderungen an die Erschließung und nach den örtlichen Gegebenheiten (vgl. BVerwG, U. v. 13.02.1976 - 4 C 53.74 -, BauR 1976, 185; u.V. 30.08.1985 - 4 C 48.81 -, BauR 1985, 661). Damit soll ein Mindestmaß an Zugänglichkeit des Grundstückes für Kraftfahrzeuge gewährleistet werden. Hinsichtlich des Umfanges der wegemäßigen Erschließung kommt es insbesondere auf die Größe des Betriebes, seine spezielle Ausprägung und das hiernach zu erwartende Verkehrsaufkommen an (vgl. BVerwG, U. v. 30.08.1985 - 4 C 48.81 -, aaO; U. v. 22.11.1985 - 4 C 71.82 -, BRS 44 Nr. 76). - Unter Berücksichtigung dessen ist eine ausreichende Erschließung als gesichert anzusehen. Die geplante Stallanlage soll über den F. weg erschlossen werden. Nach ihrer vorgesehenen Größe und Nutzung muss die Mastanlage wöchentlich von fünf Lastkraftwagen angefahren werden, wobei die Anzahl der Fahrten zu den Zeiten der Ein- und Ausstellung der Tiere höher sein und sich in der übrigen Zeit entsprechend verringern wird. Der F. weg ist entgegen der Befürchtung der Antragstellerin auch hinreichend tragfähig. Die Straße ist im Rahmen der Erschließung der nördlich des Vorhabens des Beigeladenen liegenden Sandgrube so ausgebaut worden, dass der mit der Ausbeutung der Sandgrube verbundene Lkw-Verkehr über sie abgewickelt werden kann und sie einer Belastung von bis zu 40 t Gesamtgewicht standhält. Das folgt aus der Erklärung der Straßenbauabteilung des Antragsgegners und der Erklärung des Straßenbauunternehmens, das die Straße Mitte der 90er-Jahre durch eine 50 cm starke Schotterschicht und eine 12 cm starke Tragschicht für eine Belastung durch Schwerlast-Lkw bis zu einem Gesamtgewicht 401 hergerichtet hat und dessen Vertreter nach einer Besichtigung der Straße im August 2004 erklärt hat, es gebe auf der Straße keinerlei Schadstellen. Lastkraftwagen mit einer höheren Gewichtsklasse als 40 t fahren die Mastanlage der Erklärung des Antragsgegners zufolge nicht an.

37

Dass es durch den zusätzlichen Lkw-Verkehr zu Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer, insbesondere im Begegnungsverkehr käme, erscheint ausgeschlossen. Zwar ist der als Straße ausgebaute Teil der insgesamt 9,50 m breiten Wegeparzelle lediglich rd. 3,50 m breit, jedoch können Fahrzeuge im Begegnungsverkehr an den ausgebauten Ausweichbuchten erforderlichenfalls aufeinander warten. Ein Anlass, die Straße aufgrund des zusätzlich entstehenden Verkehrs von im Durchschnitt einem Lkw/Werktag zu verbreitern, ist einstweilen nicht erkennbar. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass das privilegierten Zwecken dienende Vorhaben des Beigeladenen unter größtmöglicher Schonung des Außenbereiches zu errichten ist und demzufolge auch keine übertriebenen Anforderungen an die Ausmaße der straßenmäßigen Erschließung zu stellen sind (vgl. insoweit Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, aaO, § 35 Rn. 70). Angesichts dessen und mit Rücksicht auf den guten baulichen Zustand des F. weges ist nicht zu erwarten, dass durch das Bauvorhaben des Beigeladenen unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen auf die Antragstellerin zukommen (Aspekt des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BauGB). Hinsichtlich der von der Antragstellerin vorgetragenen Funktion des F. weges als ruhige, auch von Fahrradfahrern genutzte Verbindungsstraße ist zu berücksichtigen, dass diese Straße bereits seit Jahren auch für den mit dem Sandabbau zusammenhängenden, ausweislich ihres Ausbaues nicht unerheblichen Schwerlastverkehr genutzt wird. — Eine mangelnde Erschließung des zur Bebauung vorgesehnen Grundstückes folgt auch nicht daraus, dass es weder an die öffentliche Wasserversorgung noch an das öffentliche Abwassersystem angeschlossen ist, denn Gegenstand des Genehmigungsantrages ist die Anlage und Nutzung eines eigenen Brunnens des Beigeladenen sowie die Sammlung anfallender Abwässer im geplanten Schmutzwasserauffangbecken und der Abtransport sowie die ordnungsgemäße Entsorgung des Abwassers.

38

Schließlich bleiben auch die Rügen der Antragstellerin, es fehle an der für eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlichen standortbezogenen Vorprüfung, und das Vorhaben des Beigeladenen widerspreche den Zielen der Dorferneuerung im Ortsteil H. /W. ohne Erfolg, denn die Antragstellerin ist nicht befugt, die Versagung ihres Einvernehmens auf diese Gesichtspunkte zu stützen. Im Rahmen des § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB hat die Gemeinde grundsätzlich nur die sich aus den §§ 31, 33 bis 35 BauGB ergebenden Versagungsgründe zu prüfen. Außerhalb der in diesen Vorschriften zusammengefassten Beteiligungsrechte ist der Gemeinde nur dann das Recht eingeräumt, ihr Einvernehmen zu versagen, wenn im Einzelfall aus der Planungshoheit abgeleitete materielle Rechte berührt sind (vgl. Nds. OVG, B. v. 07.10.2004 -1 ME 169/04 -, BauR 2005, 69). Daran gemessen ist es der Antragstellerin verwehrt, ihr Einvernehmen mit der Begründung zu versagen, es fehle an der notwendigen Überprüfung nach § 3 c UVPG, denn das - behauptete - Unterlassen eines nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz vorgeschriebenen, dem immissionsschutzrechtlichen Verfahren spezifischen Verfahrensschrittes berührt nicht die materiellen, an die Planungshoheit der Antragstellerin anknüpfenden Rechte. Sie können unabhängig von der Durchführung eines Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens ausgeübt werden. Abgesehen davon hat der Antragsgegner unter dem 14.09.2004 die Vorprüfung nach § 3 c UVPG durchgeführt. - Auch der Einwand, das Vorhaben des Beigeladenen sei mit den Zielen der Dorferneuerung nicht vereinbar, trägt das Begehren der Antragstellerin nicht, denn selbst wenn dieses Vorbringen richtig sein sollte, würde die Antragstellerin dadurch nicht in ihrer Planungshoheit beeinträchtigt werden. Die Ziele der Dorferneuerung sind auf die Verbesserung einer bestehenden städtebaulichen Struktur gerichtet; sie beinhalten jedoch keine städtebaubezogenen Planungsentscheidungen i.S.d. §§ 31 u. 33 bis 35 BauGB. Dafür, dass sich die Entscheidungen zur Dorferneuerung hier zu Planungen im e.g. Sinne verdichtet hätten und die Antragstellerin deshalb in ihrer Planungshoheit betroffen sein könnte, liegen keine Anhaltspunkte vor.

39

Soweit die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen, es fehle an einer ordnungsgemäßen Abwägung ihrer Interessen an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung mit den Interessen an der sofortigen Vollziehbarkeit der Ersetzungsverfügung, zum Ausdruck bringen will, neben der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bedürfe es einer weiteren Interessenabwägung, ist dem nicht zu folgen. Ergibt nämlich die im Rahmen des auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gerichteten Verfahrens durchgeführte rechtliche Prüfung des angefochtenen Bescheides, dass der Rechtsbehelf im Hauptsacheverfahren - so wie es hier der Fall ist - erfolglos bleiben wird, so kann der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes allein schon aus diesem Grunde keinen Erfolg haben; einer weiteren Interessenabwägung bedarf es in diesem Falle nicht. Das folgt daraus, dass auch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausschließlich dem Schütze etwaiger (tatsächlich bestehender) individueller Rechte des Rechtsschutzsuchenden dient, nicht aber dazu, ihm vorläufig eine bestimmte Rechtsposition einzuräumen oder zu belassen, die einer Überprüfung im Hauptsacheverfahren nicht standhalten würde (vgl. Nds. OVG, B. v. 03.06.1993 -12 M 2023/93 -, Juris m.w.N.; B. v. 21.07.1993 - 12 M 2808/93-).

40

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

41

Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen beruht die Entscheidung auf § 162 Abs. 3 VwGO.

42

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG und unter Berücksichtigung der Ziffer 16 des Kataloges der Streitwertannahmen der Bausenate des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nach dem 01.01.2002 (Nds. VBl. 2002, 192) sowie der Spruchpraxis der Kammer in vergleichbaren Verfahren.