Landgericht Oldenburg
Urt. v. 29.01.1965, Az.: 2 O 297/64
Zulässigkeit des Rechtsweges bei einer Klage eines Belegarztes gegen den Krankenhausträger; Kündigung eines Belegarztvertrages aus wichtigem Grunde; Rechtliche Einordnung eines Zulassungsvertrages; Auslegung einer Vereinbarung über die Dauer einer vertraglichen Bindung eines Krankenhauses gegenüber einem Belegarzt; Vertraglicher Ausschluss des Kündigungsgrundes
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 29.01.1965
- Aktenzeichen
- 2 O 297/64
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1965, 10519
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:1965:0129.2O297.64.0A
Rechtsgrundlagen
- § 241 BGB a.F.
- § 305 BGB a.F.
- § 13 GVG
- § 157 BGB
- § 242 BGB
Redaktioneller Leitsatz
Die Umstellung eines Krankenhauses als Belegkrankenhaus in ein geschlossenes Fachkrankenhaus kann einen wichtigen Grund zur Kündigung eines Belegarztvertrages darstellen, sofern die Maßnahme eine sinnvolle Verbesserung und Entwicklung des Krankenhauses bewirkt und es dem Krankenhausträger nicht zuzumuten ist, zu Gunsten der Fortsetzung der Belegarzttätigkeit auf diese Umstellung zu verzichten.
In dem Rechtsstreit
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts in Oldenburg (Oldb)
auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Januar 1965
unter Mitwirkung ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 570,00 DM vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte betreibt als rechtsfähige Stiftung das St. Marien-Hospital in Vechta. An diesem Krankenhaus, welches ursprünglich ohne geschlossene Abteilungen als reines Belegkrankenhaus geführt wurde, war der Kläger sei 1937 als Belegarzt zugelassen. Als die Beklagte im April 1946 eine geschlossene chirurgisch-gynäkologische Abteilung einführen wollte, trafen der Kläger und drei andere Belegärzte am 18.04.1946 mit dem Facharzt Dr. Timphus eine Vereinbarung, wonach dieser die neue Abteilung übernehmen sollte und die Zusammenarbeit der Belegärzte mit der geschlossenen Abteilung geregelt wurde. Das Kuratorium der Beklagten stimmte dieser Vereinbarung am 24.04.1946 zu und erklärte durch Beschluß vom selben Tage die chirurgisch-gynäkologische Abteilung, die Abteilung für Hals-, Nasen-Ohrenkrankheiten und die Abteilung für Augenkrankheiten zu einer geschlossenen Abteilung, welcher 60 Betten zur Verfügung gestellt werden sollten. Die Zahl der restlichen, den anderen praktizierenden Ärzten zur Verfügung stehenden Betten sollte vergrößert werden. In dem Beschluß ist u.a. nicht ausgeführt; Die von den Ärzten getroffene Vereinbarung vom 18.04.1946 werde von dem Kuratorium begrüßt und einstimmig angenommen. Das Kuratorium hoffe, daß durch die jetzt getroffene Neuregelung unter den im Hause tätigen Ärzten ein einmütiges, kollegiales Zusammenarbeiten für immer garantiert sei zum Wohle der Kranken und auch im Interesse der Ärzte und des Krankenhauses.
Nachdem die Beklagte im Mai 1951 die Einrichtung einer geschlossenen Abteilung für Kinderkrankheiten angekündigt hatte, erließ sie unter dem 20.09.1951 eine neue, 12 Punkte umfassende Krankenhausordnung. In den Punkten 1 und 9 ist bestimmt, daß das St. Marien-Hospital ein Belegkrankenhaus ist, daß der Pflegesatz die ärztlichen Leistungen nicht einschließt, sondern daß die Belegärzte für ihre Leistungen selbst liquidieren und daß die Einrichtungen des Krankenhauses - mit Ausnahme gewisser Operationsräume und des Behandlungszimmers der Kinderstation - allen zugelassenen Belegärzten für ihre Patienten zur Verfügung stehen. In Punkt 2 ist u.a. bestimmt: "Die ärztliche Tätigkeit im St. Marien-Hospital ist an die Zulassung durch das Kuratorium, die, soweit nicht ein besonderer Vertrag vorliegt, in allen Fällen unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs gilt, gebunden. ..." In Punkt 5 sind außer den 1946 eingeführten geschlossenen Abteilungen weitere Abteilungen für innere Krankheiten, für Kinder- und Säuglingskrankheiten und für Zahn- und Kieferkrankheiten zu geschlossenen Fachabteilungen und eine Infektionsabteilung zu einer vorläufig geschlossenen Fachabteilung erklärt, während nach Punkt 6 allen am Hause zugelassenen praktischen Ärzten die allgemeine Abteilung und ein eigenes Ambulatorium zur Verfügung stehen soll. In Punkt 11 ist u.a. ausgeführt: Die Belegärzte müßten auch die wirtschaftlichen Belange des St. Marien-Hospitals beachten und vertreten. Es sei ihre selbstverständliche Pflicht, die im Krankenhaus befindlichen elektro-physikalischen Heilgeräte, die Röntgeneinrichtung und das Labor auch für ihre Ambulanz in Anspruch zu nehmen. Nach einer Aussprache zwischen dem Vorsitzenden des Kuratoriums der Beklagten und den praktischen Ärzten vom 10.10.1951 über die in der neuen Krankenhausordnung enthaltene weitere Einschränkung der Tätigkeit der Belegärzte schrieb der Kläger am 13.10.1951 an die Beklagte:
"... Ich selbst habe, trotz erheblicher Bedenken, im Interesse einer friedlichen Regelung und Zusammenarbeit mit dem St. Marienhospital dieser Regelung zugestimmt.
Da dieses Abkommen nicht schriftlich niedergelegt wurde, muß ich zunächst betonen, daß ich es trotzdem für alle Beteiligten für verbindlich halte, und daß dieser Zustand auch in Zukunft nicht zum Nachteile der prakt. Ärzte abgeändert werden darf, Vorsorglich weise ich aber darauf hin, daß die Regelung vom 10. Oktober 1951, soweit ich daran beteiligt hin, ein freiwilliges Entgegenkommen von meiner Seite aus bedeutet. Für den Fall, daß entgegen der Erwartung aller Beteiligten eine Abänderung dieses Abkommens zu meinem Nachteil erfolgen sollte, erkläre ich hiermit ausdrücklich, daß dann für mich der Vertrag vom 12./24.04.1946 maßgeblich ist und daß ich die mir daraus zustehenden Rechte in vollem Umfange für mich in Anspruch nehmen werde.
Der Vertrag vom 18./24.04.1946 und die darin enthaltenen Zugeständnisse der prakt. Ärzte basieren auf der, damaligen ausdrücklichen Zusicherung des Kuratoriumsmitgliedes, Herrn Bankdirektor Sander, daß den prakt. Ärzten keine weiteren Einschränkungen ihrer Tätigkeit im St. Marienhospital in Vechta auferlegt werden sollen."
In den folgenden 11 Jahren wurde gemäß der Krankenhausordnung vom 20.09.1951 verfahren. Am 30.04.1962 schrieb die Beklagte an den Kläger und die übrigen Belegärzte: Bis zum 30.09.1962 werde das St. Marienhospital von einem Belegkrankenhaus auf ein geschlossenes Fachkrankenhaus umgestellt werden. Nach diesem Zeitpunkt könnten die Ärzte, Betten im Marienhospital nicht mehr belegen. Die Neuordnung werde von personellen und sachlichen Verhältnissen erfordert, weil das St. Marienhospital sonst den Aufgaben einer zeitgemässen Krankenanstalt nicht mehr gerecht werden könne.
Seit dem 01.10.1962 übt der Kläger im St. Marien-Hospital, welches seitdem als geschlossenes Fachkrankenhaus betrieben wird, keine Belegarzttätigkeit mehr aus.
Der Kläger ist der Ansicht, daß er weiterhin berechtigt sei als Belegarzt im St. Marien-Hospital tätig zu werden. Er führt aus: Durch die Zustimmung des Kuratoriums der Beklagten zu der Vereinbarung der Ärzte vom 18.04.1946 und die Übersendung des Beschlusses des Kuratoriums vom 24.04.1946 an die Belegärzte sei ein Vertrag oder Vergleich zwischen den Parteien dahin zustandegekommen, daß die Belegarztverhältnisse für die Lebenszeit der Belegärzte Geltung haben sollten. Dieser Vertrag stelle zugleich einen "besonderen Vertrag" i.S. der Nr. 2 der Krankenhausordnung vom 20.09.1951 dar. Außerdem, so behauptet er, habe der damalige Vorsitzende des Kuratoriums, Bankdirektor Dr. Sander, bei Gelegenheit des Vergleichs im April 1946 den Belegärzten ausdrücklich zugesichert, daß eine weitere Einschränkung ihrer Belegarzttätigkeit künftig nicht mehr erfolgen werde. Durch diese Zusicherung sei damals die Entscheidung des Klägers wie auch der Anderen Belegärzte, der Einschränkung ihrer Rechte zuzustimmen, entscheidend mitbestimmt worden. Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien könne daher nur aus wichtigem Grunde gelöst werden.
Die von der Beklagten angegebenen Kündigungsgründe seien zu allgemein und nicht zutreffend. Die Zweckmässigkeit oder Notwendigkeit einer Umstellung des St. Marien-Hospitals in ein geschlossenen Fachkrankenhaus sei als Kündigungsgrund vertraglich ausgeschlossen. Außerdem folge aus dem Rechtsgedanken des § 779 BGB und dem Gesichtspunkt des Wegfalles der Geschäftsgrundlage, daß die Beklagte jetzt nicht mit derselben Begründung kündigen dürfe, mit welcher bereits zweimal die Rechte des Klägers eingeschränkt worden seien, wobei jedesmal ausdrücklich vereinbart worden sei, daß eine weitere Einschränkung seiner Rechte nicht Platz greifen sollte.
Gegen die Kündigungsgründe der Beklagten führt der Kläger folgende Entschließung des 27. Deutschen Ärztetag an: "Die deutsche Ärzteschaft steht auf dem Standpunkt, daß ein sinnvoller Einsatz ärztlichen Könnens durch die Erhaltung und Förderung belegärztlicher Tätigkeit auch in kleineren Krankenhäusern oder Krankenhausabteilungen gegeben ist. Anders gearteten Bestrebungen in einzelnen Bundesländern kann aus ärztlicher Sicht nicht gefolgt werden. Die Möglichkeit der Fortsetzung der ambulanten Behandlung durch den gleichen behandelnden Arzt auch bei Notwendigkeit stationärer Behandlung hat sich in vielen Staaten der Welt zum Wohle der Kranken segensreich ausgewirkte." Er beruft sich ferner auf eine Veröffentlichung der Belegärzte des St. Marien-Hospitals in der Oldenburgischen Volkszeitung vom 28.06.1962 und behauptet außerdem, die Beklagte habe sowohl vor Einrichtung der geschlossenen chirurgisch-gynäkologischen Abteilung im Jahre 1946, als auch vor Einrichtung der Kinderstation im Jahre 1951 den Belegärzten gegenüber mit unwahren Angaben gearbeitet, indem sie behauptet habe, die Einrichtung der geschlossenen chirurgischen Abteilung sei von der Ärztekammer und die der Kinderstation von der Obermedizinalbehörde gefordert worden.
Der Kläger ist der Ansicht, daß der Kündigung seines Belegarztvertrages seitens der Beklagten der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehe, und trägt dazu vor: Die Beklagte habe im Interesse der Förderung der Rentabilität des Hospitals Wert darauf gelegt, daß der Kläger und die übrigen Belegärzte das medizinische Instrumentarium des Hospitals benutzten. Der Kläger habe dagegen im Vertrauen auf seine mit der Beklagten getroffenen Vereinbarungen die Ausstattung seiner eigenen Praxis und seines Instrumentariums vernachlässigt. Er sei jetzt nicht mehr oder nur unter unverhältnismässig hohen Aufwendungen in der Lage seine Praxis ohne des Hospitals auszuüben, und müsse jetzt seine Patienten, soweit ihm die erforderliche Ausstattung fehle, weiterhin dem Hospital überweisen. Für die Beklagte bedeute das eine nicht unerhebliche Einnahmequelle. Auch in seiner Ausbildung habe sich der Kläger als Nachfolger seines Vaters, der vor ihm als Belegarzt am St. Marien-Hospital tätig gewesen sei, ganz auf die Belegarzttätigkeit eingerichtet. Die Vermutung sei nicht von der Hand zu weisen, daß sich die Beklagte von langer Hand mittelbar eine zusätzliche Einnahmequelle habe verschaffen wollen, indem sie die Belegärzte zunächst in dem sicheren Glauben gewiegt habe, daß sie ihre Tätigkeit weiter ausüben könnten, um sie dann plötzlich vor die Tür zu setzen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger als bei dem St. Marien-Hospital in Vechta zugelassenem Belegarzt für seine Patienten, die einer stationären Behandlung bedürfen, mit Ausnahme der Patienten, die wegen einer chirurgischen oder gynäkologischen Erkrankung der operativen Behandlung im aseptischen Operationsraum bedürfen oder deren Erkrankung auf einem Berufsunfall beruht, sowie mit Ausnahme weiter der Patienten, die das 12. Lebensjahr nicht vollendet haben und einer stationären inneren Behandlung bedürfen, im St. Marien-Hospital in Vechta
- a)
Krankenbetten in der jeweils erforderlichen Anzahl zur Verfügung zu stellen, soweit sie nicht anderweitig belegt sind,
- b)
den Zutritt zu den Räumen, in denen sich die zu a) bezeichneten Krankenbetten befinden, zu gestatten,
- c)
die zur Behandlung dieser Patienten erforderliche Einrichtungen zur Benutzung zu überlassen,
- d)
die zur Behandlung und Versorgung dieser Patienten erforderlichen Sachleistungen und Dienstleistungen durch das Personal des Hospitals gegen Zahlung der hierfür festgesetzten oder üblichen Vergütung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen und im Falle der Verurteilung der Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung - evtl. gegen Sicherheitsleistung - abzuwenden.
Sie bezweifelt die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtsweges, weil sie früher als "fromme Stiftung" eine der katholischen Kirche angehörige juristische Person gewesen sei.
Auf den Vortrag des Klägers erwidert sie: Die ärztliche Tätigkeit des Klägers und der anderen Belegärzte im St. Marien-Hospital sei von ihr nur geduldet worden. Vertraglich habe sich die Beklagte niemals gebunden. In ihrer Zustimmung zu der Vereinbarung der Ärzte vom 18.04.1946, welche sie diesen damals anheimgegeben habe, könne weder ein Vergleich, noch überhaupt eine vertragliche Bindung der Beklagten im Verhältnis zum Kläger gesehen werden. Dem Kläger sei im Verhältnis zu den übrigen Belegärzten keine Sonderstellung eingeräumt worden. Auch Dr. Sander habe immer in Übereinstimmung mit der Beklagten den Standpunkt vertreten, daß ein Rechtsanspruch der Belegärzte auf Ausübung ihrer Belegarzttätigkeit im St. Marien-Hospital nicht anerkannt werden könne. Die Krankenhaus Ordnung vom 1951 sei für alle Belegärzte verbindlich in Kraft gesetzt worden, ohne daß ihre Zustimmung dazu vorher eingeholt worden sei. Die Belegärzte seien vor die vollendete Tatsache der Errichtung der geschlossenen Kinderstation gestellt worden, weil sie nach der Auffassung der Beklagten nicht berechtigt gewesen seien, die Maßnahmen der Beklagten zu durchkreuzen.
Die Beklagte ist daher der Ansicht, daß sie jederzeit zum Widerruf der Zulassung des Klägers, mindestens aber in entsprechender Anwendung des § 624 BGB zur Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten berechtigt gewesen sei.
Im übrigen macht sie geltend, daß die Umstellung des St. Marien-Hospitals in ein geschlossenes Fachkrankenhaus, die nicht wieder rückgängig gemacht werden könne, durch wichtige Gründe geboten gewesen sei. Durch die Einrichtung einer Abteilung für praktische Ärzte im Belegarztverhältnis werde die Aufrechterhaltung eines ordnungsmässigen Krankenhausbetriebes gefährdet. Zur Ergänzung ihres Vortrages beruft sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf eine in der Oldenburgischen Volkszeitung vom 19.06.1962 veröffentlichte Erklärung ihres Kuratoriums. Des weiteren trägt sie vor: Sie habe die Umstellung des St. Marien-Hospitals auf dringende Empfehlung aller maßgeblichen staatlichen und kirchlichen Stellen durchgeführt. In den letzten beiden Jahren vor der Umstellung habe sie mit "Unterschuß" gearbeitet. Als Hauptursache dafür habe die bischöfliche Finanzkammer der Kölner Kirchenprovinz in ihren Prüfungsberichten die ärztlichen Verhältnisse im Krankenhaus angesehen. Nach der Umstellung des Krankenhauses habe sich für das Jahr 1963 ein nicht unerheblicher Ertrag ergeben.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf ihre in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Schriftsätze, die Vereinbarung der Ärzte vom 18.04.1946, den Beschluß des Kuratoriums der Beklagte vom 24.04.1946, die Krankenhausordnung vom 20.09.1951 und die Oldenburgischen Volkszeitungen vom 19. und 28.06.1962 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, insbesondere bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des Rechtsweges. Es handelt sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit i.S. des § 13 GVG. Abgesehen davon, daß es sich bei der Beklagten nicht um eine Stiftung des öffentlichen Rechts handelt - denn der Organisation des St. Marien-Hospitals fehlt die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung und seine Aufgaben liegen nicht im Funktionsbereich Öffentlicher Gewalt -, kommt es für die Frage, ob die Rechtsbeziehunge zwischen den Parteien dem Privatrecht oder dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind, nicht darauf an, ob die Beklagte eine juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts ist, sondern allein auf den Charakter der streitigen Rechtsbeziehungen, auf Grund derer der Kläger als Belegarzt im St. Marien-Hospital tätig war. Die beiderseitigen Rechte und Pflichten zwischen dem Belegarzt und dem Krankenhausträger, allgemein als Belegarztvertrag oder Zulassungsvertrag bezeichnet, sind aber privatrechtlicher Natur; der Belegarzt ist freiberuflicher Mitarbeiter des Krankenhauses.
Die Klage ist aber nicht begründet. Die Beklagte konnte zwar die Zulassung des Klägers als Belegarzt des St. Marien-Hospitals nicht frei widerrufen. Sie war aber dem Kläger gegenüber zur Kündigung berechtigt und hat durch ihr Schreiben vom 30.04.1962 eine wirksame Kündigung ausgesprochen, derzufolge sie zur Fortsetzung des Belegarztverhältnisses nicht mehr verpflichtet ist.
Obschon Vereinbarungen über die Begründung des Belegarztverhältnisses zwischen den Parteien im Jahre 1937 nicht mehr in Einzelheiten festgestellt werden können, ist davon auszugehen, daß der Kläger das Belegungsrecht auf Grund eines gegenseitigen Vertrages ausgeübt hat, kraft dessen die Beklagte verpflichtet war, dem Kläger für seine einer stationären Behandlungen bedürfenden Patienten Betten sowie die Einrichtung des Krankenhauses zur Verfügung zu stellen. Soweit die Beklagte jetzt die Auffassung vertritt, daß die Zulassung des Klägers als Belegarzt für sie unverbindlich gewesen sei, und dazu vorträgt, daß sie die Belegarzttätigkeit des Klägers wie auch der anderen Belegärzte am St. Marien-Hospital nur geduldet habe, kann ihr nicht gefolgt werden. Der Kläger brauchte sich nicht einseitig der Entscheidungsgewalt der Beklagten zu unterwerfen. Belegarzt und Krankenhausträger stehen in ihren sich ergänzenden Bemühungen um die Heilung der Kranken als gleichberechtigte Mitarbeiter nebeneinander. In diesem Sinne haben die Parteien auch tatsächlich zusammengearbeitet. Zumindest bis zum Jahre 1946 hat die Beklagte den Kläger als freien Mitarbeiter des Krankenhauses erkennbar respektiert; Anhaltspunkte dafür, daß das Belegarztverhältnis des Klägers abweichend von der allgemeinen Übung etwa in der Form einer einseitigen, allein im Belieben der Beklagten liegenden Zulassung begründet worden sein könnte, sind nicht erkennbar. Die Verfassung der Stiftung ist übrigens insoweit ohne Bedeutung, weil die am St. Marien-Hospital tätigen Ärzte nicht zu den Destinatären der Stiftung gehören.
Die Frage, ob die Beklagte den Vertrag mit dem Kläger durch ihr Schreiben vom 30.04.1962 kündigen konnte, kann nicht unmittelbar aus gesetzlichen Vorschriften beantwortet werden, weil der Belegarztvertrag unter keinem der gesetzlich geregelten Vertragstypen passt.
Der Vertrag hat keine Merkmale des Dienstvertrages. Der Kläger war seinen Patienten, nicht jedoch der Beklagten gegenüber zur Leistung ärztlicher Versorgung verpflichtet. Er war auch nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt, seine Patienten in das St. Marien-Hospital einzuweisen. Soweit das Hilfspersonal der Beklagten für die Patienten des Klägers tätig wurde, geschah dies auf Grund und im Rahmen des zwischen der Beklagten und den Patienten geschlossenen Verpflegungs- oder Unterbringungsvertrages, über welchen die Beklagte mit den Patienten unmittelbar abrechnete (vgl. auch Kuhns-Schmelcher, Das gesamte Recht der Heilberufe, Stichwort "Belegarzt" I 221). Für ein Innenverhältnis zwischen den Parteien, kraft dessen etwa die eine ihre dem Kranken gewährten Leistungen als Erfüllungsgehilfe der anderen erbracht hätte, ist dem Sachverhalt und dem Vortrag der Parteien nichts zu entnehmen. Die Dienstpflichten der Parteien gingen zwar in die gleiche Richtung, blieben aber von - einander getrennt und schufen keine unmittelbare rechtliche Bindung zwischen den Parteien. Keine Partei hatte der anderen gegenüber die Stellung des Dienstberechtigten oder Dienstverpflichteten. Darum kommt insbesondere die Anwendung der §§ 623, 624 BGB nicht in Betracht.
Die für die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft geltenden Vorschriften sind ebenfalls nicht anwendbar; das Belegarztverhältnis hat keinen gesellschaftsrechtlichen Charakter. Zwar können die Beiträge der Gesellschafter auch in Diensten bestehen, welche Dritten geleistet werden. Es fehlt aber an der Gemeinschaftlichkeit der Dienstleistungen, insbesondere an einer gemeinschaftlichen Willensbildung hinsichtlich dieser Leistungen und an Einwirkungsmöglichkeiten oder Kontrollrechten der Parteien in gemeinschaftlichen Angelegenheiten. Die Heilung der Kranken wurde von den Parteien auch nicht als Gemeinschaftszweck in der Weise verfolgt, daß die Leistungen wenigstens wirtschaftlich der Gemeinschaft zuflossen (vgl. BGH Urteil v. 12.03.1952, Entscheidungen in Kirchensachen Bd. 1 S. 248 ff, 254, 255), sondern die Parteien liquidierten bei den Patienten jede für sich.
Auch mietrechtlichen Charakter hat das Belegarztverhältnis nicht. Soweit die Beklagte verpflichtet war, Krankenzimmer und Betten für die Patienten des Klägers zur Verfügung zu stellen, handelte es sich nicht um eine Gebrauchsüberlassung an den Kläger, sondern im Verhältnis zu diesem um eine Einschränkung der Dispositionsfreiheit der Beklagten bei der Leitung des Krankenhauses (vgl. BGH a.a.O.S. 256). Darum kommen auch die §§ 567 oder 566, 565 a.F. BGB nicht zur Anwendung.
Der Belegarztvertrag hat aber mit den erwähnten gesetzlich geregelten Vertragstypen gemeinsam den Charakter eines Dauerschuldverhältnisses. Nach den Umständen des Falles ist anzunehmen, daß die Parteien über die Dauer des Belegarztverhältnisses zunächst keine ausdrücklichen Vereinbarungen getroffen hatten. Die ergänzende Vertragsauslegung (§ 157 BGB) führt in solchen Fällen in der Regel zu dem Ergebnis, daß der Belegarztvertrag solange gelten soll, wie der Belegarzt seinen ärztlichen Beruf ausübt (Kuhns-Schmelcher a.a.O. I 189, 119; RG DB 1942, 1333). Das liegt hier umso näher, als der Vertrag viele Jahre lang praktiziert worden war und der Kläger sich ebenso wie vor ihm sein Vater in seiner Arztpraxis für dauernd auf das Belegungsrecht im St. Marien-Hospital eingerichtet hatte, was der Beklagten bekannt war, Außerdem durfte sich der Kläger durch den Beschluß des Kuratoriums der Beklagten vom 24.04.1946 in der Annahme bestärkt sehen, daß sein Belegarztvertrag auch in weiterer Zukunft Bestand haben werde. Zwar kann aus der abschließenden Formulierung des Beschlusses, das Kuratorium hoffe, daß durch die Neuregelung ein kollegiales Zusammenarbeiten "für immer garantiert" sei, nicht eine Garantie im Rechtssinne herausgelesen werden. Andererseits ist aber dieser Beschluß entgegen der Ansicht der Beklagten nicht etwa ohne Bedeutung für ihre vertraglichen Beziehungen zum Kläger, denn er läßt aus seinem gesamten Inhalt, besonders aus der Schlußklausel erkennen, daß die Beklagte damals die Belegarztverträge nicht als jederzeit frei widerruflich angesehen hat. Der Vertrag des Klägers ist daher zwar nicht als Vertrag auf Lebenszeit, wohl aber als Vertrag für die Dauer seiner ärztlichen Berufstätigkeit auszulegen. Daran konnte die Beklagte durch die in dem Punkt 2 der Krankenhaus Ordnung vom 20.09.1951 aufgenommene Klausel über den Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs der Zulassung der Belegärzte nichts ändern; denn der Kläger hat der Krankenhausordnung insoweit widersprochen, und durch einseitige Bestimmung konnte die Beklagte den Vertrag nicht abändern.
Charakterisiert wird der Belegarztvertrag außerdem durch das Erfordernis vertrauensvoller Zusammenarbeit im Krankenhaus und gegenseitiger Rücksichtnahme auf die Belange beider Teile, insbesondere auch ihrer wirtschaftlichen Interessen, was rechtlich zu einer Einschränkung der Dispositionsfreiheit auf beiden Seiter führte. Obwohl der Kläger als freier Mitarbeiter des Krankenhauses tätig war, war seinerseits eine gewisse Eingliederung in den Organismus und die äußere Ordnung des Krankenhausbetriebes notwendige und selbstverständliche Voraussetzung einer gedeihlichen Zusammenarbeit mit der Beklagten. Zur Benutzung der im Krankenhaus vorhandenen elektrophysikalischen Heilgeräte, der Röntgeneinrichtung und des Labors der Beklagten wäre er auch ohne die diesbezügliche Bestimmung in Punkt 11 der Krankenhausordnung von 1951 weitgehend nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen (vgl. Kuhns-Schmelcher a.a.O. I 198). Die Aufwirkungen dieser Verpflichtungen des Klägers auf seine Privatpraxis in Verbindung mit der Abstimmung der Vertragszeit auf die Dauer seiner beruflichen Tätigkeit lassen eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten der Beklagten gerechtfertigt und geboten erscheinen, welche aber dem Gesetz nicht unmittelbar entnommen werden kann, sondern aus dem Vertrag der Parteien und der Interessenlage gefunden werden muß. Danach erscheint es zweifelhaft, ob etwa eine Regelung, wie sie in den §§ 724, 723 II BGB für die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft und für die besonderen Dienstverhältnisse des § 627 BGB getroffen ist, daß nämlich die Beklagte auch ohne wichtigen Grund kündigen könnte, sofern die Kündigung nicht zur Unzeit erfolgte, dem Sinn und Zweck des Vertrages wie auch der Interessenlage der Parteien gerecht werden würde. Besonders der Umstand, daß sich der Kläger im Vertrauen auf seine vertraglichen Beziehungen zur Beklagten nach langjähriger Belegarztpraxis auf den Fortbestand seines Belegungsrechtes im St. Marien-Hospital für die Dauer der Ausübung seines Berufes in jeder Hinsicht eingerichtet hat, spricht dafür, daß die Beklagte nur kündigen konnte, wenn ihr die Fortsetzung des Vertrages wegen eines wichtigen Grundes nicht mehr zuzumuten war, daß also im vorliegenden Falle im Grundsatz den Entscheidungen des Reichsgerichts vom 08.06.1942 (DR 42, 1233) und des Bundesgerichtshofes vom 12.03.1952 (Entscheidungen in Kirchensachen a.a.O.) zu folgen wäre.
Im vorliegenden Fall konnte diese Frage offen gelassen werden. Das Schreiben der Beklagten vom 30.04.1962 enthält nämlich in jedem Falle eine wirksame Kündigung. Geht man davon aus, daß die Beklagte eine Kündigungsfrist einhalten mußte, um dem Kläger ausreichende Möglichkeit zur Vorbereitung der Umstellung seiner beruflichen Tätigkeit zu geben, ist die Kündigung inzwischen wirksam geworden. Nach dem seit der Kündigung verstrichenen langen Zeitraum wäre die erforderliche Kündigungsfrist jedenfalls abgelaufen. Wird stattdessen oder außerdem für die Wirksamkeit der Kündigung ein wichtiger Grund vorausgesetzt, muß die Wirksamkeit der Kündigung vom 30.04.1962 ebenfalls bejaht werden, denn auch ein wichtiger Kündigungsgrund liegt vor.
Er liegt in der Umstellung des St. Marien-Hospitals in ein geschlossenes Fachkrankenhaus. Diese Umstellung war geeignet, eine sinnvolle Verbesserung und Entwicklung des Krankenhauses zu fördern, und der Beklagten konnte nicht zugemutet werden, zugunsten der Fortsetzung der Belegarzttätigkeit des Klägers auf diese Maßnahme zu verzichten. Auch wenn man den Ausführungen des Klägers und seiner Belegarztkollegen in der Oldenburgischen Volkszeitung vom 28.06.1962 darin folgt, daß die Ruhe und Versorgung der Kranken im St. Marien-Hospital nicht darunter gelitten habe, daß von insgesamt 240 Krankenbetten im Monatsdurchschnitt 30-40 Betten von den Belegärzten belegt waren, so läßt sich doch nicht bestreiten, daß die Planung und Durchführung des Krankenhausbetriebes in einem geschlossenen Fachkrankenhaus einfacher und leichter ist, als in einem Krankenhaus, an welchem Belegärzte zugelassen sind. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es sich für die Beklagte nicht um die Beendigung des Belegarztverhältnisses mit einem einzelnen Arzt handelte, sondern um eine generelle und vollständige Umstellung ihres Krankenhauses, der alle damals noch tätigen sechs Belegärzte weichen sollten. Die Tätigkeit mehrerer Belegärzte an einem Krankenhaus birgt für dieses zumindest die Gefahr vermehrter Unruhe und Belastung. Statt des einen, die geschlossene Abteilung leitenden Facharztes, der nach einem einheitlich geregelten und festliegenden Tagesplan seine Visite macht und seine Anweisungen gibt, kommen mehrere Belegärzte, die als freiberufliche Mitarbeiter des Krankenhauses die Aufgaben ihrer Praxis außerhalb des Krankenhauses nicht vernachlässigen dürfen, zu verschiedenen Zeiten in das Krankenhaus. Der Betrieb des Krankenhauses wird dadurch zumindest erschwert. Die Erschwerung wird besonders für das Krankenhauspersonal, insbesondere für die Schwestern spürbar, die nicht nur einem für die geschlossene Abteilung verantwortlichen Facharzt, sondern zu verschiedenen Zeiten mehreren Belegärzten zur Verfügung stehen müssen. Die größtmögliche Erleichterung der Arbeitsbedingungen des Krankenhauspersonals ist aber im Hinblick auf den ständig zunehmenden Personalmangel für den Krankenhausträger von wesentlicher Bedeutung.
Abgesehen von dieser Erleichterung der Organisation des Krankenhausbetriebes führte die Umstellung des Belegkrankenhauses in ein geschlossenes Fachkrankenhaus nicht nur zu einer Vereinfachung des Abrechnungswesens, sondern sie hat darüber hinaus für die Beklagte eine wesentliche finanzielle Bedeutung. Dies ergibt sich schon daraus, daß das St. Marien-Hospital als reines Fachkrankenhaus förderungswürdig i.S. der maßgebenden Richtlinien des Landes und des Bundes ist und dadurch bessere Möglichkeiten zur Modernisierung und Rationalisierung erlangt, was vor allem den Kranken zugute kommen wird. Unterstützt wird die finanzielle Bedeutung der Umstellung durch die Verordnung über Krankenhauspflegesätze im Lande Niedersachsen vom 03.04.1963 (Nds. GVBl, 1963.231), wonach das St. Marien-Hospital als geschlossenes Fachkrankenhaus in der Gruppenordnung des § 3 der VO höher eingestuft wird als vor der Umstellung. Die Tatsache, daß die Beklagte nach der Umstellung nicht mehr mit Defizit gearbeitet hat, spricht ebenfalls dafür, daß die Abschaffung des Belegarztsystems zu einer Verbesserung der Rentabilität des Krankenhauses geführt hat. Darauf, ab Überschuß im Jahre 1963 tatsächlich eine Folge der Abschaffung des Belegarztsystems war, kommt es allerdings nicht unbedingt an, weswegen auch die vom Kläger dagegen vorgebrachten Zweifel auf sich beruhen können. ... Zur Rechtfertigung der Kündigung genügt es ..., daß von der Umstellung des St. Marien-Hospitals eine wesentliche Verbesserung des Krankenhausbetriebes und der finanziellen Lage des Krankenhauses sowie eine Förderung seiner Entwicklung zu erwarten war. Diese Feststellung kann unbedenklich getroffen werden, ohne daß es noch näherer Darlegungen oder Untersuchungen bedarf. Die vom Kläger zitierte Entschließung des deutschen Ärztetages steht dem nicht entgegen, denn sie betont den sinnvollen Einsatz von Belegärzten in Krankenhäusern, ohne auf einen Vergleich des Belegarztsystems mit dem System des geschlossenen Fachkrankenhauses einzugehen.
Ein vertraglicher Ausschluß des vorstehenden Kündigungsgrundes ist nicht dargetan. Zwar ist dem Kläger darin zu folgen, daß die im April 1946 getroffenen Vereinbarungen der Ärzte, soweit sie die Einschränkung des Belegarztverhältnisses des Klägers betreffen, auch Inhalt seines Belegarztvertrages mit der Beklagten geworden sind. Für Vereinbarungen dahin, daß Tatsachen oder Sachverhalte, welche nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen den Tatbestand des wichtigen Kündigungsgrundes erfüllen, für den Belegarztvertrag des Klägers als Kündigungsgrund ausgeschlossen werden sollten, ist aber dem Beschluß des Kuratoriums vom 24.04.1946 nichts zu entnehmen. Der Schlußsatz des Beschlusses kann nicht als ein verbindliches Versprechen des Inhaltes aufgefaßt werden, daß die Beklagte für alle Zukunft auf die Einrichtung weiterer geschlossener Abteilungen und entsprechenden Einschränkungen der Rechte der Belegärzte verzichten wollte. Da die weitere Entwicklung der allgemeinen Verhältnisse nur für einen beschränkten Zeitraum vorauszusehen war, stand die Erklärung des Kuratoriums unter dem unausgesprochenen Vorbehalt der clausula rebus sic stantibus. Eine Beschränkung der Kündigung des Belegarztverhältnisses des Klägers aus wichtigem Grunde hätte nur wirksam vereinbart werden können, wenn die Beschränkungen in bestimmten Tatbestandsmerkmalen oder durch bestimmte Grundsätze festgelegt werden wären. Da dies nicht geschehen ist, muß angenommen werden, daß die Parteien die allgemein gültigen Rechtsgrundsätze uneingeschränkt gelten lassen wollten. Das Gleiche müßte für die nach der Behauptung des Klägers ihm von dem Bankdirektor Dr. Sander im April 1946 gegebene Zusicherung gelten, weswegen nicht nachgeprüft zu werden braucht, ob Dr. Sander eine solche Zusicherung erklärt hat und ob seine Erklärung für die Beklagte verbindlich war.
Der Kündigung der Beklagten steht hiernach weder der Rechtsgedanke des § 779 BGB noch der Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage entgegen. Die Kündigung ist auch im übrigen mit den Grundsätzen von Treu und Glauben vereinbar. Zwar mußte sich die Beendigung des Belegarztverhältnisses spürbar auf die Bedingungen und Möglichkeiten der weiteren beruflichen Tätigkeit des Klägers auswirken. Es ist aber nicht dargetan und nicht ersichtlich, daß dem Kläger diese Auswirkungen nicht zugemutet werden könnten. Seinen wirtschaftlichen Interessen kann gerechterweise nicht der Vorrang eingeräumt werden vor dem Interesse der Beklagten an der Modernisierung und Entwicklung ihres ... Krankenhauses, und seinem Vorbringen ist nichts dafür zu entnehmen, daß die für ihn aus der Umstellung folgenden finanziellen Nachteile, soweit sie durch angemessene und rentable Aufwendungen zur Modernisierung oder Ergänzung seines medizinischen Instrumentariums nicht gemildert werden können, unverhältnismässig groß seien, daß insbesondere seine Praxis ihm ein für einen praktischen Arzt ausreichendes oder angemessenes Einkommen nicht mehr gewähre. Sonstige Umstände, nach denen die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung als unzulässig oder sittenwidrig erscheinen könnte, sind nicht erkennbar. Sie unwahren Angaben, mit denen die Beklagte nach der Behauptung des Klägers im Zusammenhang mit der Einrichtung der geschlossenen Abteilungen in den Jahren 1946 und 1951 gearbeitet hatte, sind sowohl neben den damals tatsächlich vorhanden gewesenen sachlichen Gründen für die Einrichtung der geschlossenen Abteilungen, als auch neben dem jetzt vorliegenden Kündigungsgrund ohne Bedeutung. Die Vermutung des Klägers, daß die Beklagte mit ihrem Verhalten gegenüber den Belegärzten seit vielen Jahren das Ziel verfolgt habe, sich eine zusätzliche Einnahmenquelle zu verschaffen, und daß/deswegen die Belegärzte in Sicherheit gewiegt habe, um ihnen schließlich überraschend zu kündigen, findet in dem Sachverhalt keine Stütze. Es kann ernstlich nicht bezweifelt werden, daß die Beklagte vor der Umstellung des St. Marien-Hospitals sachliche, vor allem auch durch die allgemeine Entwicklung im Krankenhauswesen veranlaßte Überlegungen angestellt hat und sich von solchen sachlichen Überlegungen hat leiten lassen, zumal sie, was unstreitig ist, ihren Entschluß erst nach Empfehlungen der Leiter der Medizinalabteilung bei dem Verwaltungspräsidenten in Oldenburg und des Gesundheit samt es in Vechta, des Leiters der bischöflichen Finanzkammer in Münster und des Vorsitzenden der Ärztekammer in Oldenburg gefaßt hat.
Die Klage mußte nach alledem mit den Nebenentscheidungen aus den §§ 91 u. 710 ZPO abgewiesen werden.