Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 24.04.1990, Az.: 5 U 106/89

Erstattung von Lebensversicherungsleistungen eines verstorbenen Steuerberaters; Vorliegen eines Schenkungsangebotes durch Abschluss von Abtretungsverträgen hinsichtlich des Anspruchs auf eine Lebensversicherungssumme; Freigabe einer Lebensversicherungssumme an einen Erben

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
24.04.1990
Aktenzeichen
5 U 106/89
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1990, 26163
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1990:0424.5U106.89.0A

Fundstellen

  • NJW-RR 1991, 26-28 (Volltext mit amtl. LS)
  • VersR 1990, 1378-1379 (Volltext mit red. LS)
  • WM 1991, 1797-1800 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZBB 1991, 272

In dem Rechtsstreit
...
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 27. März 1990
unter Mitwirkung des
Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts xxx der
Richterin am Oberlandesgericht xxx und des
Richters am Oberlandesgericht xxx
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. Juni 1989 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 16.500,-- DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Der Wert der Beschwer übersteigt 40.000,-- DM.

Tatbestand

1

Der Kläger, Konkursverwalter über den Nachlaß des verstorbenen Steuerberaters xxx nimmt die Beklagten als dessen Alleinerben auf Erstattung von Lebensversicherungsleistungen in Anspruch.

2

Der verstorbene Steuerberater xxx schloß je zwei Lebensversicherungen bei der xxx Lebensversicherungs aG und der xxx Lebensversicherungs AG ab. Nach den versicherungsvertraglichen Bestimmungen war der Verstorbene im Erlebensfall Bezugsberechtigter, seine damalige Ehefrau widerruflich im Todesfall. Nach Scheidung der Ehe widerruf der Verstorbene die Bezugsberechtigung seiner früheren Ehefrau und benannte seine beiden Kinder, die Beklagten, als Bezugsberechtigte im Todesfall. Am 05.11.1985 trat der Verstorbene seine Rechte aus den vier Lebensversicherungsverträgen zur Sicherung eines Darlehens an die Volksbank Oldenburg ab. In den jeweiligen gleichlautenden Abtretungserklärungen heißt es unter Nr. 4:

"Der Sicherungsgeber widerruft für die Dauer der Abtretung eine etwa bestehende Bezugsberechtigung. Diesem Widerruf stimmt der unwiderruflich Bezugsberechtigte durch Mitunterzeichnung hiermit zu. Wenn die Bank die abgetretenen Versicherungsansprüche freigibt, lebt die Bezugsberechtigung wieder auf; ein Überschuß aus der Verwertung der Versicherungsansprüche ist von der Bank an den bisherigen Bezugsberechtigten auszuzahlen."

3

Die Abtretung wurden den Lebensversicherern angezeigt, welche die eingetretenen Veränderungen dem Versicherungsnehmer bestätigten. Der Versicherungsnehmer verstarb am 23.12.1987. Zu diesem Zeitpunkt waren die Kredite, welche die xxx dem Verstorbenen gewährt hatte und die durch die Lebensversicherungen gesichert wurden, noch nicht abgelöst. Sie überstiegen der Höhe nach die Summe der Lebensversicherungen. Die Volksbank beantragte mit Schreiben vom 28.12.1987 an die Lebensversicherer die Auskehrung der Versicherungssummen, die daraufhin einen Betrag von insgesamt 137.341,51 DM an die Volksbank überwiesen, der am 22. bzw. 25.01.1988 der Bank gutgeschrieben wurde. Die xxx überwies diesen Betrag am 28.01.1988 auf das bei ihr geführte Konto Nr. xxx des Verstorbenen. Nach dem Verkauf der Steuerberaterpraxis des Verstorbenen wurden die durch die Lebensversicherungen gesicherten Darlehen der Volksbank aus dem Verkaufserlös abgelöst. Die Mutter der Beklagten überwies den Betrag von 137.341,51 DM am 22.02.1988 auf ein Konto bei der xxx.

4

Über den Nachlaß des Steuerberaters xxx wurde am 25.10.1988 das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Konkursverwalter bestellt.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die von den Lebensversicherern gezahlten Beträge fielen insgesamt in die Nachlaßkonkursmasse und stünden daher nicht den Beklagten zu. Im Zeitpunkt des Versicherungsfalles sei die xxx anspruchsberechtigt gewesen, an welche die Versicherer auch gezahlt hatten. Nach Ablösung der gesicherten Darlehensverbindlichkeiten habe die Bank die Versicherungssumme für den Nachlaß freigegeben.

6

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 137.341,51 DM nebst 8,5% Zinsen auf 29.700,- DM sowie 8% Zinsen auf 107.641,51 DM seit dem 23.02.1988 zu zahlen.

7

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

8

Sie haben dazu die Ansicht vertreten, ihre Bezugsberechtigung habe nur für die Dauer der Sicherungsabtretung geruht und sei nach Eintritt des Versicherungsfalles sowie nach Ablösung der gesicherten Kredite wieder aufgelebt. Der Verstorbene habe die Ansprüche, die ihm nach Befriedigung der Bank aus den Versicherungssummen zugestanden hätten, im voraus an sie abgetreten. Zudem liege ein Vertrag zugunsten xxx von Todes wegen vor mit der Rechtsfolge, daß bei Tilgung der gesicherten Darlehensforderung die Versicherungssumme an die bisherigen Bezugsberechtigten falle.

9

Die 6. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg hat der Klage - bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen - stattgegeben. Die von den Lebensversicherern gezahlte Summe falle in den Nachlaß. Die xxx, die im Zeltpunkt des Versicherungsfalles anspruchsberechtigt gewesen sei, habe den Betrag für den Nachlaß freigegeben. Aus ihrem früheren Bezugsrecht könnten die Beklagten keine Rechte herleiten, da ein Wiederaufleben dieser Berechtigung nach Eintritt des Versicherungsfalles begrifflich ausgeschlossen sei. Den Sicherungsverträgen vom 05.11.1985 ließen sich auch keine Anhaltspunkte für einen Vertrag zwischen dem Verstorbenen und der Bank zugunsten der Beklagten entnehmen; es sei dort lediglich geregelt, daß das widerrufene Bezugsrecht der Beklagten bei einer Rückübertragung der Versicherungsansprüche an den Versicherungsnehmer zu dessen Lebzeiten wieder aufheben solle. Auch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung könne ein Vertrag zugunsten der Beklagten hinsichtlich der Auszahlung eines evtl. Verwertungsüberschusses nicht festgestellt werden.

10

Gegen dieses ihnen am 29.06.1989 zugestellte Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung vom 26.07.1989, die sie am 16.10.1989, einem Montag, begründet haben.

11

Sie wiederholen und ergänzen ihre bereits im ersten Rechtszug vorgetragene Auffassung, der Verstorbene habe die ihm gegen die xxx nach Tilgung der gesicherten Darlehen zustehenden Ansprüche auf Auskehrung der Versicherungssumme im voraus gemäß Nr. 4 der Abtretungserklärungen vom 05.11.1985 an sie abgetreten. Zumindest aber enthalte diese Bestimmung einen Vertrag zu ihren Gunsten (§ 328 BGB). Danach stünden ihnen bei Befriedigung der Bankenforderung Ansprüche auf die gesamte Versicherungssumme zu, die nicht in den Nachlaß falle.

12

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

13

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

14

Eine Vorausabtretung von Versicherungsansprüchen liege bereits deshalb nicht vor, weil es an einem entsprechenden Vertrag fehle.

15

Der Verstorbene habe lediglich einseitige Erklärungen gegenüber der Bank abgegeben, ohne die Beklagten vertreten zu haben. Die Zweitunterschrift des Verstorbenen auf der Rückseite der Vertragsformulare habe sich nur auf den Sondertatbestand der unwiderruflichen Bezugsberechtigung bezogen, von dem die Vertragsschließenden irrtümlich ausgegangen seien. Die Parteien des Sicherungsvertrages hätten auch kein unmittelbares Forderungsrecht für die Beklagten in einem Vertrag zugunsten Dritter begründen wollen, wie sich auch aus dem Umstand ergebe, daß der Verstorbene den Beklagten lediglich eine widerrufliche Bezugsberechtigung eingeräumt habe. Die fragliche Abrede des Sicherungsvertrages sei ebensowenig als Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall zu deuten, weil eine derartige Regelung nicht interessengerecht sei und die Parteien des Sicherungsvertrages kaum an eine solch ungewöhnliche Konstellation gedacht haben dürften.

16

Sollte der Vertrag gleichwohl im Sinne der Gegenseite auszulegen sein, so fechte er die darin liegende Rechtshandlung des Versicherungsnehmers wegen Gläubigerbenachteiligung (§ 31 Nr. 1 KO) an. Weitere anfechtbare Rechtshandlungen im Sinne dieser Bestimmung hätten die Beklagten dadurch begangen, daß sie nach dem Tode ihres Vaters den Erlös aus dem Verkauf der Steuerberaterpraxis in voller Höhe an die xxx ausgekehrt hätten, um dadurch die Freigabe der Versicherungssummen zu erreichen und diese zum Nachteil anderer Gläubiger dem Nachlaß zu entziehen.

17

Der Senat hat gemäß Beschluß vom 30.1.1990 Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27.3.1990 verwiesen.

18

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Berufung ist auch sachlich gerechtfertigt; sie führte zur Abweisung der Klage.

20

Die xxx. hat die Versicherungssumme in Höhe von insgesamt 137.341,51 DM in Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus den mit dem verstorbenen Steuerberater xxx zugunsten der Beklagten geschlossenen Verträgen (§ 328 Abs. 1 BGB) gemäß Nr. 4 letzter Halbsatz der Abtretungserklärungen vom 5.11.1985 an die Beklagten ausgekehrt, so daß der Betrag nicht dem Nachlaß zusteht. Demgemäß kann der Kläger keinen Rückzahlungsanspruch gemäß §§ 1978 Abs. 1, 1985, 1986 Abs. 1 u. 667 BGB mit Erfolg gegen die Beklagten geltend machen.

21

Zu Recht hat das Landgericht allerdings ausgeführt, daß die Beklagten aus ihrem früheren Bezugsrecht keine Ansprüche auf die Versicherungssumme herleiten können. Die Bezugsberechtigung der Beklagten ist vom Versicherungsnehmer gemäß Nr. 4 Satz 1 der Abtretungsverträge "für die Dauer der Abtretung" widerrufen worden. Sie waren damit im Zeitpunkt des Versicherungsfalls nicht bezugsberechtigt und konnten mit dem Versicherungsfall keine Ansprüche gemäß § 166 Abs. 2 VVG erwerben. Ein Erwerb der Bezugsberechtigung nach dem Versicherungsfall ist begrifflich ausgeschlossen, da ein Bezugsrecht als Anwartschaft auf die Versicherungsansprüche voraussetzt, daß der Versicherungsfall noch nicht eingetreten ist. Nach dem Versicherungsfall kann ein Bezugsrecht nicht mehr zum Anspruch auf die Versicherungsleistung erstarken (BGH VersR 1986, S. 231; OLG Frankfurt VersR 1984, S. 755). Insoweit wird die Ansicht des Landgerichts auch nicht von der Berufung angegriffen.

22

Den vorliegenden Sicherungsverträgen vom 5.11.1985 ist auch nicht zu entnehmen, daß der verstorbene Versicherungsnehmer im voraus die Ansprüche an die Beklagten abgetreten hat, die ihm nach Tilgung der gesicherten Darlehen gegen die Bank auf Auszahlung des Verwertungsüberschusses, hier in Höhe der gesamten Versicherungssummen, zustehen. Es fehlt insoweit an einem Abtretungsvertrag gemäß § 398 BGB zwischen dem Verstorbenen und den Beklagten. Die Beklagten sind nicht Vertragspartner der Abtretungserklärungen vom 5.11.1985 zwischen der xxx und dem Verstorbenen geworden. Auch aus den Zweitunterschriften des Versicherungsnehmers auf der Rückseite der jeweiligen Erklärungen läßt sich nicht sein Wille herleiten, etwa durch Insichgeschäft gemäß § 181 BGB Ansprüche auf Auskehrung eines Verwertungsüberschusses im voraus an die Beklagten abzutreten. Denn aus dem Sinnzusammenhang der Urkunde ergibt sich, daß der Verstorbene, der die Beklagten seinerzeit ohnehin nur gemeinsam mit ihrer Mutter vertreten konnte (§§ 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1 BGB), diese Unterschrift nur vorsorglich geleistet hat, um für den Fall einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung - die tatsächlich nicht vorlag - die Wirksamkeit der Abtretung sicherzustellen. Gemäß Nr. 4 Satz 2 hat der unwiderruflich Bezugsberechtigte den im Satz 1 erklärten Widerruf der Bezugsberechtigung durch Mitunterzeichnung zuzustimmen. Demgemäß hat der Vater der Beklagten die Abtretungserklärungen jeweils auch unter der Rubrik "Bezugsberechtigter gemäß Ziffer 4" mitunterzeichnet. Ein darüber hinausgehender Erklärungsinhalt läßt sich diesen Unterschriften jedoch nicht entnehmen.

23

Nr. 4 letzter Halbsatz der Abtretungsverträge vom 5.11.1985, wonach ein Überschuß aus der Verwertung der Versicherungsansprüche von der Bank an den bisherigen Bezugsberechtigten auszuzahlen ist, beinhaltet jedoch Verträge zwischen xxx und Versicherungsnehmer zugunsten der Beklagten gemäß § 328 Abs. 1 BGB mit der Maßgabe, daß die Beklagten Ansprüche auf die Versicherungssumme erst mit dem Tode des Versicherungsnehmers gemäß § 331 Abs. 1 BGB erwerben sollen (vgl. hierzu: OLG Hamm, VersR 1971, S. 246 ff.; OLG Frankfurt, VersR 1984, S. 755; Prölss-Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 24. Aufl. 1988, Anhang I zu §§ 159 bis 178 VVG, § 15 ALB, Anmerkung 7). Diese Auslegung ergibt sich aus dem Zusammenhang der Regelung in Nr. 4 der Sicherungsverträge. In Nr. 4 Satz 3 erster Halbsatz haben die Parteien den Fall geregelt, daß die Bank ohne Verwertung der Versicherungsansprüche diese noch zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers wieder freigibt, weil sich der Sicherungszweck erledigt hat. In diesem Fall soll der vor Abschluß des Abtretungsvertrages bestehende Zustand eintreten und die ursprüngliche Bezugsberechtigung wieder aufleben. Nr. 4 Satz 3 zweiter Halbsatz betrifft dagegen eine nach Verwertung der Versicherungsansprüche durch die Bank sich ergebende Situation; ein sich aus der Verwertung ergebender eventueller Überschuß soll in diesem Fall an den bisherigen Bezugsberechtigten gezahlt werden, der nach Befriedigung der Ansprüche der Bank in ähnlicher Weise wie vor der Sicherungsabtretung begünstigt werden soll. Da der Versicherungsnehmer den Beklagten allerdings nur eine widerrufliche Bezugsberechtigung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 ALB) eingeräumt hatte, ist davon auszugehen, daß sie zu seinen Lebzeiten noch keinen Anspruch auf einen etwaigen Verwertungsüberschuß erwerben sollten. Eine solche Regelung liefe sowohl der zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers bestehenden Anspruchsberechtigung als auch der bis zum Ableben des Versicherungsnehmers bestehenden Widerruflichkeit der Berechtigung zuwider.

24

Dagegen ist der fraglichen Regelung durchaus der Wille der Parteien des Abtretungsvertrages zu entnehmen, den Beklagten für den Fall des Todes des Versicherungsnehmers einen unmittelbaren Anspruch auf einen Verwertungsüberschuß zuzuwenden (§ 331 Abs. 1 BGB). Dieser Auslegung steht weder die zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers bestehende Anspruchsberechtigung noch die Widerruflichkeit der Bezugsberechtigung entgegen. Sie entspricht auch der Interessenlage der Parteien des Abtretungsvertrages. Finanzielle Belange der Bank werden durch die Auskehrung eines Verwertungsüberschusses ohnehin nicht berührt. Der Vorstellung und den Interessen des Versicherungsnehmers entspricht es, die bisherigen Bezugsberechtigten im Falle seines Todes in ähnlicher Weise wie vor Abschluß des Sicherungsvertrages zu begünstigen und ihnen einen auf Bereicherungsgrundsätze zu stützenden Anspruch gegen die Bank auf Auskehrung eines Verwertungsüberschusses zuzuwenden. Durch die Abtretungsverträge sollte die ursprüngliche Bezugsberechtigung mithin nur soweit außer Kraft gesetzt werden, wie es zur Sicherung der Bank unbedingt notwendig war (vgl. auch BGH NJW 90, S. 256/257).

25

Entgegen der Auffassung des Klägers haben die Parteien des Sicherungsvertrages damit auch keine ungewöhnliche Konstellation geregelt, da die Frage, wem die Versicherungssumme nach dem Tode des Versicherungsnehmers zustehen sollte, bereits wesentlicher Teil der Versicherungsverträge war. Die Regelung in Nr. 4 letzter Halbsatz betrifft nach ihrem Wortlaut zwar nur die Auskehrung eines eventuellen Verwertungsüberschusses. Die Bestimmung ist aber ebenso auf den hier vorliegenden Fall anzuwenden, daß die gesamte Versicherungssumme frei wird, weil die gesicherten Bankkredite aus anderen Mitteln abgelöst worden sind. Es ist nicht entscheidend, ob die Forderung der Bank aus Versicherungsleistungen oder anderweitig getilgt wurde.

26

Der zwischen den Parteien des Sicherungsvertrages geschlossene Vertrag zugunsten Dritter unterliegt nicht den erbrechtlichen Formvorschriften (Palandt-Heinrichs, BGB, 49. Aufl. 1990, § 331 Anm. 1 m.w.N.). Auch das Valutaverhältnis zwischen dem verstorbenen Versicherungsnehmer und den Beklagten ist nicht formgebunden. Insoweit liegt kein Schenkungsversprechen vor, sondern der Rechtsgrund dieser Drittbegünstigung ist unterhaltsrechtlicher Natur, da von dem Willen des Verstorbenen auszugehen ist, auch über seinen Tod hinaus für den Unterhalt seiner Kinder zu sorgen. Dabei ist es unerheblich, daß die gesetzliche Unterhaltspflicht des Versicherungsnehmers mit seinem Tod endete (Möller, Sieg, Johannsen, Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 8. Aufl. 1985, 5. Band, 2. Halbband, kommentiert von Winter, H166).

27

Im übrigen wäre der Formmangel eines Schenkungsversprechens auch gemäß § 518 Abs. 2 BGB geheilt. Denn der verstorbene Versicherungsnehmer hat den Beklagten mit Abschluß der Abtretungsverträge ein Schenkungsangebot hinsichtlich des Anspruchs auf die Versicherungssumme gemacht, das die Bank bei seinem Tode auftragsgemäß an die Beklagten weitergeleitet hat und von diesen angenommen worden ist (§§ 130 Abs. 2, 153 BGB). Die Annahmeerklärung liegt in der Beanspruchung der Versicherungsleistung (vgl. Prölls/-Martin, a.a.O., § 15 ALB, Anm. 5 m.w.N.).

28

Dem Kläger stehen keine Rückgewähransprüche gemäß §§ 37, 31 Nr. 1 KO gegen die Beklagten zu, da weder der Versicherungsnehmer noch die Beklagten selbst anfechtbare Rechtshandlungen i.S. des § 31 Nr. 1 KO begangen haben. Insoweit kommt nur der Tatbestand der Absichtsanfechtung in Betracht, die gemäß § 41 Abs. 1 Satz 3 KO auch noch innerhalb von 30 Jahren nach Konkurseröffnung (25.10.1988) erklärt werden kann. Auf andere Tatbestände kann die Konkursanfechtung nicht gestützt werden, da die Jahresfrist des § 41 Abs. 1 Satz 1 KO bei Erklärung der Anfechtung in der Berufungserwiderung vom 12.12.1989 verstrichen war. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Frist durch die Klageerhebung nicht unterbrochen worden, da die Klage nicht auf Konkursanfechtung gestützt, sondern ein schuldrechtlicher Rückgewähranspruch geltend gemacht worden ist. Dies aber ist nicht ausreichend (Kuhn/Uhlenbruck, KO, 10. Aufl. 1986, § 41 RN 10.a).

29

Bezüglich der Abtretungsverträge vom 5.11.1985 sind die Voraussetzungen des § 31 Nr. 1 KO schon deshalb nicht dargetan, weil der Kläger nicht ausführt, ob und gegebenenfalls welche Gläubiger der Gemeinschuldner im Zeitpunkt des Vertragsschlusses neben der xxx hatte. Zudem hat der Versicherungsnehmer bereits vor Abschluß der Sicherungsverträge die Beklagten als Bezugsberechtigte bestimmt, um sie für den Fall seines Todes zu sichern. Diese Begünstigung sollte auch nach Abtretung der Lebensversicherungsverträge soweit wie möglich erhalten bleiben. Eine Benachteiligungsabsicht läßt sich daraus nicht herleiten.

30

Nach der Beweisaufnahme kann auch nicht festgestellt werden, daß die Beklagten, die sich insoweit Kenntnisse und Verhalten ihrer Mutter zurechnen lassen müssen, anfechtbare Rechtshandlungen i.S. des § 31 Nr. 1 KO dadurch begangen haben, daß sie im Februar 1988 mit dem Erlös aus dem Verkauf der Steuerberaterpraxis ihres verstorbenen Vaters Verbindlichkeiten bei der xxx ablösten, die durch die Verträge vom 5.11.1985 durch Lebensversicherungen gesichert waren, und dadurch die Freigabe der Versicherungssumme zu ihren Gunsten erreichten. Der Tatbestand der Absichtsanfechtung setzt im hier vorliegenden Fall eines kongruenten Deckungsgeschäftes voraus, daß die Mutter der Beklagten im Februar 1988 Kenntnis von der Überschuldung des Nachlasses gehabt hat und es ihr darüber hinaus weniger auf die Erfüllung der Vertragspflicht gegenüber der xxx, als auf die Schädigung der übrigen Gläubiger angekommen ist. Das Bewußtsein des Schuldners, er werde nicht alle Gläubiger befriedigen können, so daß seine Handlung für diese nachteilig sein werde, reicht bei kongruenter Deckung regelmäßig nicht aus, um eine Benachteiligungsabsicht zu rechtfertigen (BGH WM 1969, S. 1079; ZIP 1984, S. 572, 579/580 ; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 10. Aufl. 1986, § 31 Rdnr. 7 - 7 d m.w.N.).

31

Es ist nicht bewiesen, daß die Mutter der Beklagten oder diese selbst im Zeitpunkt der Tilgung der Bankverbindlichkeiten am 18.2.1988 und der Überweisung der freigegebenen Lebensversicherungssumme auf ein xxx-Konto am 22.2.1988 Kenntnis von der Überschuldung des Nachlasses hatten. Die Beweisaufnahme hat Insoweit ein einheitliches Bild ergeben. Alle vom Senat dazu vernommenen Zeugen haben übereinstimmend bekundet, im Februar 1988 noch keine Kenntnis von der Überschuldung des Nachlasses gehabt zu haben. Die Zeugin xxx, Mutter der Beklagten und geschiedene Ehefrau des Steuerberaters xxx, hat sich seinerzeit durch einen Rechtsanwalt und durch einen Wirtschaftsprüfer, den Zeugen xxx in dieser Frage beraten lassen. Beide haben ihr übereinstimmend erklärt, daß auch nach Ablösung der bestehenden hohen Verbindlichkeiten mit einem positiven Nachlaß zu rechnen sei. Es werde voraussichtlich ein Bürogebäude im Wert von ca. 350.000,- DM für ihre Kinder verbleiben. Diese Einschätzung wird durch das vorliegende Schreiben des Zeugen xxx vom 25.1.1988 bestätigt, in dem - wenn auch unter Vorbehalten - der Nachlaßwert auf etwa 300.000,- DM geschätzt wird. Eine Abschrift dieses Schreibens ist der Zeugin xxx seinerzeit zugegangen. Auch aus dem Bericht des Klägers vom 19.1.1989 in dem Konkursverfahren 34 N 98/88 Amtsgericht Oldenburg geht hervor, daß die Beklagten zunächst von einem positiven Nachlaß ausgegangen sind. Dementsprechend haben sie die Erbschaft ihres Vaters angenommen.

32

Auch nach Eingang der Steuerbescheide vom 16.2.1988, mit denen das Finanzamt nach Durchführung einer Betriebsprüfung Steuerforderungen von mehr als 155.000,- DM geltend machte, gelangte die Zeugin xxx zu keiner gegenteiligen Beurteilung des Nachlaßwertes. Weder Rechtsanwalt xxx, den sie daraufhin konsultierte, noch der Zeuge xxx hielten wegen dieser Forderungen den Nachlaß für überschuldet. Nach Einschätzung des Zeugen xxx waren die Forderungen zum größten Teil unberechtigt; Ende März 1988 gelang es ihm, die Aussetzung der Vollziehung der Nachforderungen zu erreichen. Gegen eine positive Kenntnis von der Überschuldung des Nachlasses spricht auch der Auftrag zur Feststellung des Nachlaßvermögens , den die Zeugin xxx dem Zeugen xxx am 15.2.1988 erteilte und der erst nach Eingang der Einkommensteuerbescheide dahin erweitert wurde, festzustellen, ob der Nachlaß überschuldet sei. Wie der Zeuge xxx hierzu glaubwürdig ausgesagt hat, sind ihm erst Ende März 1988 Bedenken hinsichtlich der Überschuldung gekommen, als er erfuhr, daß sich das Risiko für den Nachlaß durch Bürgschaften an einer Bremer Abschreibungsanlage beachtlich erhöhen würde und daß wohl auch Rentenansprüche der Frau xxx sen. gegen den Nachlaß bestünden. Nach erneuten Berechnungen sei er dann Ende April 1988 zu dem in seinem Gutachten vom 26.4.1988 niedergelegten Ergebnis gekommen, daß von einer Überschuldung auszugehen sei.

33

Gegen eine entsprechende Kenntnis der Mutter der Beklagten sprechen schließlich die Angaben der Zeugen xxx und xxx. Der Zeuge xxx, Bruder des Verstorbenen, der langjährig als Bürovorsteher in dessen Praxis tätig war, war noch im Mai 1988 bei Stellung des Nachlaßvergleichsantrages der Auffassung, der Nachlaß sei wegen des umfangreichen Anlagevermögens nicht überschuldet. Ebenso lagen nach der Aussage des seinerzeit bei der xxx beschäftigten Zeugen xxx bei Freigabe der Versicherungsleistungen keinerlei Anhaltspunkte für eine Nachlaßüberschuldung vor; er habe davon erst im Nachhinein erfahren. Hiernach kann nicht festgestellt werden, daß die Mutter der Beklagten und Vertreter der xxx im Februar 1988 Kenntnis vom tatsächlichen Wert des Nachlasses hatten. Einer Vernehmung des früheren Mitarbeiters des Verstorbenen xxx bedurfte es danach nicht, da er nicht zum Kenntnisstand der Zeugin xxx und xxx benannt worden ist.

34

Die Klage war nach alldem abzuweisen.

35

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 und 546 Abs. 2 S. 1 ZPO.