Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 27.04.1981, Az.: 11 WF 29/81

Anspruch auf Prozesskostenhilfe bei Nichtverwendung des entsprechenden Vordrucks für die Erklärung über persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
27.04.1981
Aktenzeichen
11 WF 29/81
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1981, 22922
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1981:0427.11WF29.81.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Emden - 19.02.1981

Fundstelle

  • NJW 1981, 1793 (amtl. Leitsatz)

In der Familiensache
...
hat der 11. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg
am 27. April 1981
durch
die unterzeichneten Richter
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengerichts - Emden vom 19. Februar 1981 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens-

Beschwerdewert: 1.400,-- bis 1.500,-- DM.

Gründe

1

Der Antragsteller hat mit einem am 6. Januar 1981 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz die Scheidung seiner Ehe beantragt. Mit demselben Schriftsatz hat er um Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gebeten. Des in § 117 Abs. 3 und 4 ZPO beschriebenen Vordrucks für die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat er sich nicht bedient. Das Amtsgericht hat durch Verfügung vom 6. Januar 1981 den Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers einen Vordruck der vorbezeichneten Art zugesandt und gebeten, diesen ausfüllen zu lassen. Nachem der Antragsteller auf diese Verfügung hin mehr als einen Monat untätig geblieben war, hat das Amtsgericht durch den angefochtenen Beschluß den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen.

2

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der geltend macht, die entsprechenden Vordrucke hätten ihm bei Antragstellung nicht vorgelegen und lägen ihm noch immer nicht vor. Es sei zulässig, die Vordrucke nachzureichen. Das Rechtsmittel ist nach§ 127 Abs. 2 ZPO zulässig, sachlich aber nicht gerechtfertigt. Das Amtsgericht hat seine den Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe ablehnende Entscheidung darauf gestützt, daß sich der Antragsteller entgegen § 117 Abs. 4 ZPO nicht des eingeführten Vordrucks für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bedient habe. Der Verstoß gegen den Benutzungszwang führe in entsprechender Anwendung von § 691 Abs. 1 ZPO zur Zurückweisung des Antrags, Das Amtsgericht folgt damit der vom Senat erstmals in seinem zur Veröffentlichung bestimmten Beschluß vom 30.01.1981 - 11 UF 1/81 - und seither in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung. An dieser Auffassung hält der Senat im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der in § 117 Abs. 4 ZPO getroffenen Regelung nach erneuter Überprüfung fest.

3

Keiner Entscheidung bedarf im vorliegenden Falle die - vom Senat im Beschluß vom 30.01.1981 verneinte - Frage, ob der zur Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch berufene Richter verpflichtet ist, dem Antragsteller ggfs. eine Frist zur Nachreichung des Vordrucks zu setzen und ihm so Gelegenheit zu geben, daß in der Nichtbenutzung des Vordrucks liegende förmliche Hindernis zu beheben. Vorliegend hat das Amtsgericht dem Antragsteller mit Verfügung vom 06.01.1981 den Vordruck zugesandt und gebeten, diesen auszufüllen. Damit hat es seine Bereitschaft erkennen lassen, Prozeßkostenhilfe - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - auch noch auf einen nachträglich eingereichten Vordruck hin zu bewilligen, wozu es selbstverständlich berechtigt war. Der Antragsteller hat sich jedoch dieses Vordrucks nicht bedient. Damit stellt sich hier nicht die Frage, ob (und gegebenenfalls mit Wirkung ab wann) auf einen nachgereichten Vordruck noch Prozeßkostenhilfe bewilligt werden kann. Soweit das Amtsgericht - in Anlehnung an die Auffassung des Senats - gleichwohl ausführt, zu einer Fristsetzung für die Nachreichung des Vordrucks bestehe keine Verpflichtung, handelt es sich hiernach erkennbar um eine die angefochtene Entscheidung nicht tragende Erwägung.

4

Vergebens beruft sich der Antragsteller darauf, daß ihm bei Antragstellung und auch noch zur Zeit der Einlegung der Beschwerde der Vordruck für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zur Verfügung gestanden habe. Vieles spricht dafür, diesem Vorbringen schon aus Rechtsgründen die Anerkennung zu versagen. Denn der Verordnungsgeber hat durch die Verordnung vom 24.11.1980 (BGBl. I S. 2163) die Benutzung der Vordrucke mit Wirkung vom 01.01.1981 angeordnet, ohne - was möglich gewesen wäre - für eine Übergangszeit eine erleichterte Form der Antragstellung zuzulassen. Er ist damit ersichtlich davon ausgegangen, daß die Vordrucke bis zum Beginn des Jahres 1981 bereit gestellt oder erforderlichenfalls, wie in der Praxis vielfach geschehen, den Betroffenen im Wege des fotomechanischen Abdrucks aus dem Bundesgesetzblatt zur Verfügung gestellt werden könnten. Jedoch gibt der vorliegende Fall keinen Anlaß, diese Frage abschließend zu entscheiden. Denn im hier zu entscheidenden Falle waren die Vordrucke bereits am Tage des Eingangs der Antragsschrift beim zuständigen Amtsgericht vorhanden. Bei dieser Sachlage kann sich jedenfalls die anwaltlich vertretene Partei nicht mit Erfolg auf das Fehlen der Vordrucke berufen. Sie hätte sich bei dem für die Entgegennahme des Antrags zuständigen Gericht über das Vorhandensein der Vordrucke vergewissern und alsdann die ihr zugänglichen Vordrucke benützen müssen. Nach alledem erweist sich die Beschwerde des Antragstellers als unbegründet. Jedoch gegen die abschließenden Ausführungen des Amtsgerichts Anlaß zu folgendem Hinweis: Wie der Senat bereits an anderer Stelle ausgeführt hat (Beschluß vom 19.03.1981 - 11 WF 18/81 - unveröffentlicht), entfaltet die die Prozeßkostenhilfe versagende Entscheidung keine Rechtskraft und hindert dementsprechend die Partei nicht, demnächst einen neuen formgerechten Antrag mit dem Ziel der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zu stellen. Liegen die sachlichen Voraussetzungen für die Bewilligung vor, so ist dem Antragsteller auf diesen neuen Antrag hin Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, allerdings erst mit Wirkung von dem Zeitpunkt an, in dem der Antrag nunmehr in der in § 117 ZPO bestimmten Form - unter Benutzung, des Vordrucks und Beifügung der in Absatz 2 der Vorschrift bezeichneten Belege - beim Amtsgericht gestellt ist. Es, ist also nicht so - wie möglicherweise das Amtsgericht annimmt -, daß dem Antragsteller Prozeßkostenhilfe im vorliegenden Scheidungsverfahren überhaupt nicht gewährt werden könnte. Dies ergibt sich nicht allein aus der fehlenden Rechtskraft der die Prozeßkostenhilfe versagenden Entscheidung, sondern auch aus dem Sinn der in § 117 ZPO getroffenen Regelung. Durch diese soll nicht eine bedürftige Partei die die Förmlichkeiten unbeachtet läßt, von der ihr an sich zustehenden Vergünstigung der Prozeßkostenhilfe für das gesamte Verfahren ausgeschlossen werden. Die Vorschrift soll vielmehr sicherstellen, daß der Antragsteller dem Gericht vollständige Angaben und nachprüfbare Unterlagen über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Verfügung stellt, so daß das Gericht alsbald über den Antrag entscheiden kann und verfahrensverzögernde Rückfragen vermieden werden. Die Regelung dient damit der Straffung und Beschleunigung des Verfahrens. Mit dieser Zielsetzung wäre es, auch wenn das Gesetz die Verantwortung für eine formgerechte und vollständige Antragstellung den Parteien aufbürdet, nicht vereinbar, einer Partei für das gesamte Verfahren die Prozeßkostenhilfe allein deswegen zu versagen, weil sie die Förmlichkeiten der Antragstellung nicht beachtet hat.

5

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO.