Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 12.04.1988, Az.: 4 U 278/85
Anspruch auf Unterlassung des Fliegenlassens von Bienen; Bienenflug auf ein Nachbargrundstück als Zuführung unwägbarer Stoffe; Charakterliche Eigenschaften von Carnica-Bienen; Gefährlichkeit von Bienen für Pferde; Kriterien für die Beurteilung einer wesentlichen Beeinträchtigung eines Grundstücks durch Bienenflug sowie die maßgebliche Perspektive; Zehn Bienenvölker als durchschnittliche Größe von Hobby-Imkern gehaltener Bestände
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 12.04.1988
- Aktenzeichen
- 4 U 278/85
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1988, 18952
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1988:0412.4U278.85.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hildesheim - 17.10.1985 - AZ: 5 O 63/85
Rechtsgrundlagen
- § 906 Abs. 1 BGB
- § 1004 BGB
- § 862 BGB
- § 906 BGB analog
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Die Haltung rassereiner sanftmütiger Carnica-Bienen hat sich weitgehend durchgesetzt, sodass es auch kaum zu Kreuzungen mit stechlustigeren Bienen anderer Rassen kommen kann. Von Bienen mit den Eigenschaften der Rasse Carnica gehen Gefährdungen und Belästigungen bei objektiver Beurteilung nicht aus. Die Buckfast-Biene hat fast gleichgute Eigenschaften wie die Carnica-Biene.
- 2.
Auch wenn in einem Dorf jahrelang kein Bienenvolk mehr existiert haben sollte, kann eine erneut aufgenommene Bienenhaltung nicht als ortsunüblicher Immissionsherd gewertet werden, da zur traditionellen bäuerlichen Tierhaltung auch die Imkerei gehört.
- 3.
Rein subjektive Abneigungen, selbst wenn sie krankhaft überhöht und vom Betroffenen nicht mehr steuerbar sein sollten, stellen noch keine Beeinträchtigung im Sinne von § 906 Abs. 1 BGB dar. Maßgebend ist vielmehr das Empfinden eines Durchschnittsbenutzers eines vergleichbaren Grundstücks.
Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat
auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 1988
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters ... sowie
der Richter ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung gegen das am 17. Oktober 1985 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger ist durch diese Entscheidung in Höhe von 15.000 beschwert.
Tatbestand
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke im Dorf ... bei ... Der Kläger ist Eigentümer eines ca. 5.000 qm großen Grundstücks, dessen Gelände vom Dorfrand nach Norden hin ansteigt und auf dem zunächst ein Stall mit Reithalle, weiter oberhalb ein Wohnhaus stehen. Auf dem Grundstück befinden sich außerdem Gartenanlagen in Wohnhausnähe, Obstbäume sowie Wiesenland.
Nördlich davon - durch einen öffentlichen Weg vom Grundstück des Klägers geschieden - liegt das ca. 800 qm große Grundstück des Beklagten, auf dem dieser ein Bienenhaus errichtet hat. Dort sind durchschnittlich 10 Bienenvölker untergebracht. Die Entfernung zwischen dem Bienenhaus und dem Wohnhaus des Klägers beträgt ca. 100 m.
Außerdem hat der Kläger eine Obstplantage gepachtet, die jenseits eines anderen öffentlichen Wegs westlich der Grundstücke beider Parteien liegt. Soweit das Grundstück des Beklagten nicht dem Pacht- und dem Wohngrundstück des Klägers benachbart ist, grenzt es an die offene Feldmark. Die Grundstücke beider Parteien liegen im unbeplanten Außenbereich.
Der Kläger betreibt nach eigenen Angaben aus Liebhaberei Landwirtschaft, züchtet insbesondere Pferde, für die er 400 m nördlich von seinem Wohngrundstück noch eine Weide gepachtet hat. Auch der Beklagte betreibt Bienenzucht nur nebenberuflich.
Der Kläger wendet sich gegen die "massive Bienenhaltung" auf dem Grundstück des Beklagten, weil dadurch auch sein Grundstück durch Bienen erheblich beeinträchtigt werde:
- a)
Zum einen vertrügen sich Bienenhaltung und Pferdezucht nicht. Pferde reagierten schreckhaft auf Bienen. Durch Bienen verursacht, sei ein von seinem Sohn jahrelang unfallfrei gerittenes Pony am 20.4.1985 durchgegangen und bei dem Versuch, es zu parieren, auf dem gepflasterten Weg "Zur Finie" ausgerutscht und gestürzt, wobei sein Sohn eine komplizierte Knieverletzung davongetragen habe.
- b)
Durch Ausscheidungen der Bienen würden in seinem Garten Wäsche, Auto, Fensterscheiben usw. beschmutzt.
- c)
Durch die Bienen werde die Gartenbenutzung beeinträchtigt: Die Bewohner würden auf der Terrasse, bei der Arbeit im Garten und Kinder auf dem Spielplatz am Haus von Bienen angeflogen oder müßten damit rechnen, beim - insbesondere barfüßigen - Laufen durch das Gras oder bei der Gartenarbeit gestochen zu werden. Besonders gefährdet sei seine Tochter, die an einer Bienenallergie zweiten Grades leide.
- d)
Durch intensive Bestäubung brächten die Obstbäume auf dem Wohn- und Pachtgrundstück unerwünscht übermäßige Obsternten mit kleineren Früchten als früher.
Die Bienenhaltung sei in ... und ... nicht ortsüblich: Es gebe hier keine nennenswerten Bienenbestände. Selbst wenn der Beklagte nur 8 Völker halte, wären die Belästigungen gleich groß, und für die Pferde bestehe weiterhin Lebensgefahr.
Der Kläger hat beantragt,
es dem Beklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festgesetzten Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM und/oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu untersagen, die von ihm auf dem Flurstück ... der Flur ... der Gemarkung ... gehaltenen Bienen fliegen zu lassen.
Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Er bestreitet die Gefährlichkeit seiner Bienen für Menschen oder Pferde. Es handele sich um Bienen der ausgesprochen friedlichen Rasse "Carnica". Sie flögen auf das Grundstück des Klägers ausschließlich zur Nahrungssuche; dadurch werde der Kläger nicht wesentlich beeinträchtigt. Der Reitunfall seines Sohnes sei Folge davon, daß dieser übermütig geritten und das Tier auf dem damals neu gepflasterten, sehr steil abfallenden Weg ausgerutscht sei; Bienen hätten daran keinen Anteil gehabt. Menschen und Pferde seien zudem bisher nicht gestochen worden. Der Kläger und seine Familie nutzten ihr Grundstück wie vor Errichtung des Bienenhauses. Bienenhaltung sei in ... ortsüblich.
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme (Augenscheinseinnahme, Vernehmung von Sachverständigen und Zeugen) die Klage abgewiesen, weil die von den 10 Bienenvölkern des Beklagten ausgehenden Einflüsse nur geringfügig seien, der Kläger also in der Benutzung seines Grundstücks nur unwesentlich beeinträchtigt werde (§ 906 Abs. 1 BGB).
Mit seiner Berufung beanstandet der Kläger, das Landgericht habe die Beweislast verkannt, indem es ihm den Nachweis einer erheblichen Beeinträchtigung seines Grundstücks auferlegt habe. Die Sachverständigen hätten auch nicht die erforderliche Sachkunde über die Gefährlichkeit von Bienen für Pferde gehabt. Insoweit habe das Gericht die Stellungnahme von praktischen Tierärzten einholen müssen. Der Kläger wiederholt und präzisiert seinen Vortrag über die Beeinträchtigungen seines Grundstücks durch Bienen des Beklagten. Er behauptet u.a., das Obst auf seinen Grundstücken werde nicht mehr geerntet: Die Kirschbäume seien voller Bienen gewesen, diese hätten auch Pflaumen und Birnen gefressen. Unter der Last von Obst seien die Äste gebrochen. Inzwischen seien auch mehrere Personen auf seinem Grundstück von Bienen gestochen worden:
- Am 28.6.1986 ein Freund seiner Tochter,
- am 29.6.1986 er, der Kläger, selbst zweimal und ein weiteres Mal am 8.7.1987, als der Sachverständige ... das Bienenhauses des Beklagten besichtigte
- und am 26.6.1987 Herr ... im Jeep des Klägers.
Eine zusätzliche Gefahr gehe von der Königinnnenzucht des Beklagten aus: Da zu diesem Zweck jede Woche einmal die Beuten geöffnet werden müßten, würden die Bienen jeweils stark beunruhigt und dann Mensch und Tier in ihrer Umgebung angreifen. Aus einem Privatgutachten des Sachverständigen ..., des Leiters des Fachbereiches Bienenkunde an der Waliser Universität Cardiff, gehe hervor, daß der Sanftmut von Bienen der Rasse Carnica Grenzen gesetzt seien und sie "aller Voraussicht nach schwitzende Tiere und Leute in 50 bis 100 m Entfernung von den Bienenkästen angreifen werden, während der Bearbeitung der Bienen durch den Bienenhalter"... oder wenn "das Bienenvolk ohne Königin ist (ein normaler Zustand, wenn Bienenstöcke zur Fortpflanzung für Königinnen benutzt werden)"... Außerdem behauptet der Kläger unter Bezugnahme auf ein Privatgutachten des Prof. Dipl.-Ing. ..., daß Bienengeräusche, auf Tonband aufgenommen, sehr brave Versuchstiere zu heftigen Abwehrversuchen veranlaßt hätten; ohne besondere Vorsorge wären sie durchgegangen. Für die Beeinträchtigungen seines Grundstücks seien die richterlichen Feststellungen bei den jeweiligen Augenscheinseinnahmen nicht von wesentlicher Bedeutung. Die Situation bei der landgerichtlichen Beweisaufnahme könne der Beklagte manipuliert haben. Als der Senat das Grundstück besichtigt habe, seien die Bienen ausschließlich auf die blühenden Linden orientiert gewesen.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM und/oder Ordnungshaft zu unterlassen, die von ihm auf dem Flurstück ... der Flur ... der Gemarkung ... gehaltenen Bienen auf das Grundstück des Klägers in ... (Flurstück ... der Flur ... der Gemarkung ...) fliegen zu lassen.
Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Er behauptet, seine Bienenvölker seien reinrassige Carnica-Bienen, deren Zucht streng überwacht werde. Sofern der Kläger beim Besichtigungstermin des Sachverständigen ... am 8.7.1987 überhaupt gestochen worden sei, habe er das auf eigenes Ungeschick zurückzuführen, weil er mit kurzen Hosen zu dicht an eine unmittelbar zuvor geöffnete Beute herangetreten sei. Im übrigen bestreitet der Beklagte, daß Bienen seiner Völker Personen auf dem Grundstück des Klägers gestochen hätten. Er meint, die Nahrungssuche von Bienen im Garten müsse jeder vernünftige Gartenbesitzer hinnehmen, dies sei keine Beeinträchtigung. Alle Detaildarstellungen des Klägers hierzu seien übertrieben. Die Bienenhaltung sei von alters her in ländlichen Gebieten üblich, insbesondere auch im Raum von ... Der Beklagte bestreitet jegliche Manipulation seiner Bienen bei der Ortsbesichtigung durch das Landgericht. Er behauptet, der Kläger habe zunächst gegen das Aufstellen von 7 Bienenvölkern auf dem Nachbargrundstück nicht protestiert, er habe erst gegen den Bau des Bienenhauses Einspruch erhoben. Bienenvölker könnten nicht überall einfach hingestellt werden, sie bedürften des Schutzes gegen natürliche Unbilden wie gegen menschlichen Unfug; ihm, dem Beklagten, seien ein Bienenwagen und etliche Völker, die er in freier Feldmark aufgestellt gehabt habe, zerstört worden.
Wegen weiterer Einzelheiten zum zweitinstanzlichen Vorbringen der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze sowie deren Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Augenscheinseinnahme am 2.7.1986 und gemäß dem Beschluß vom 12.1.1987 (Bl. 363-365) durch Einholung zweier schriftlicher Sachverständigengutachten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahmen wird auf den Vermerk zur Augenscheinseinnahme (Bl. 292 d.A.) sowie auf die Gutachten von ... vom 12.12.1987 (als Aktenheft lose) und von ... vom 30.12.1987 (Bl. 484-488 d.A.) verwiesen. Beide Sachverständige haben ihre Gutachten vor dem Senat mündlich erläutert.
Gründe
Die Berufung hat keinen Erfolg.
1.
Der Bienenflug auf ein Nachbargrundstück wird nach jetzt ganz herrschender Ansicht zu den Immissionen im Sinne von § 906 Abs. 1 BGB gerechnet (vgl. RGZ 141, 406, 408; BGHZ 16, 374 [BGH 28.02.1955 - III ZR 136/54]; OLG Köln und Koblenz RdL 1986, 46 und 325). Anspruchsgrundlage des vom Kläger erhobenen Abwehranspruchs sind deshalb hinsichtlich des ihm gehörenden Grundstücks §§ 1004, 906 BGB, hinsichtlich des Pachtgrundstücks § 862 in entsprechender Anwendung von § 906 BGB - insoweit wird zutreffend die Ansicht vertreten, ein Mieter oder Pächter könne keine größeren Rechte haben als ein Eigentümer (BGHZ 15, 148 [BGH 29.10.1954 - V ZR 53/53]).
2.
Der Senat will nicht ausschließen, daß die beiden Grundstücke durch die Bienen des Beklagten mehr als nur unwesentlich beeinträchtigt werden. Insoweit sind folgende Gesichtspunkte von Bedeutung:
a)
Nach den auf Probenuntersuchungen des Sachverständigen - ... beruhenden Feststellungen handelt es sich bei den Bienen des Beklagten um solche der Rasse Carnica. Diese Bienen zeigen sowohl aufgrund natürlicher Veranlagung als auch infolge züchterischer Auslese Menschen gegenüber ein weitestgehend neutrales Verhalten; sie gelten als extrem friedfertig (Gutachten Seite 8). Lediglich beim unmittelbaren Eingriff in das Volk oder im engsten Anflugbereich sowie im Falle der Notwehr bei Existenzbedrohung ist damit zu rechnen, daß eine Carnica-Biene sticht. Insoweit unterscheiden sich die Carnica-Bienen (die heute ganz überwiegend in der Bundesrepublik gehalten werden) deutlich von den bis nach Kriegsende am häufigsten verbreiteten deutschen Bienen, die wesentlich stechlustiger waren. Zudem ist für die Beurteilung der Gefährlichkeit von Bienen generell von Bedeutung, daß diese auf ihrer Nahrungssuche außer Wasserstellen fast ausschließlich Pflanzen anfliegen, hingegen nicht blutsaugende Insekten sind.
b)
Die Behauptung des Klägers, sein Grundstück, das vor allem auch für Pferdehaltung angelegt sei, werde bei der Nutzung für diesen Zweck durch die Bienen des Beklagten besonders beeinträchtigt, ist durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt worden. Irgendwelche konkreten Zwischenfälle auf seinem Grundstück hat der Kläger dazu nicht angeführt. Keines seiner Pferde ist - soweit feststellbar - auf seinem Grundstück bislang von einer Biene gestochen worden. Der Reitunfall des Sohnes des Klägers ereignete sich auf einem öffentlichen Weg, noch dazu an einer besonders gefährdeten Stelle, am Übergang des unbefestigten zu dem - damals neu - gepflasterten Teil des Weges, der an dieser Stelle steil abzufallen beginnt.
Keiner der im Laufe des Rechtsstreits zugezogenen Sachverständigen konnte aus eigener Kenntnis von einer Gefährdung von Pferden durch Bienen im hiesigen Raum berichten. Der Sachverständige Prof. Dr. Stephan hat darüber hinaus eine Umfrage bei 13 erfahrenen Tierärzten gehalten mit dem Ergebnis, daß auch diesen in den letzten Jahrzehnten keine Zwischenfälle, bei denen Pferde von Bienen angegriffen worden sind, bekannt geworden waren. Auch seine Computerrecherche blieb ergebnislos.
Die gegenteiligen Informationen des Klägers stammen fast ausschließlich aus der Literatur und betreffen Verhältnisse, die Jahrzehnte zurückliegen, als auch in der Bundesrepublik eine verkreuzte und aggressive Landbiene verbreitet war (so der Sachverständige ..., Bl. 10 seines Gutachtens), die in der Nähe ihrer Stände sowohl Menschen wie Tiere angriff. Auch aus der vom Kläger eingeholten "gutachterlichen Stellungnahme" des Tierarztes ... vom 20.5.1985 (Bl. 55, 56 d.A.) wird nur auf Literaturfälle hingewiesen; eigene Erfahrungen über Unverträglichkeit von Bienen und Pferden konnte ... nicht mitteilen. Dasselbe gilt für die vom Kläger vorgelegten privaten "Gutachten" des Fachtierarztes für Pferde ... vom 20.5.1985 und des ... vom Institut für Tierzucht und Tierhaltung der Universität Kiel vom 27.3.1986 (Bl. 64, 271 d.A.). Alle diese Stellungnahmen enthalten recht allgemeine Äußerungen über "Bienen" (wenn nicht lediglich "Fluginsekten"), berücksichtigen jedenfalls nicht die besonderen Eigenschaften der erst in den letzten Jahrzehnten zu optimaler Umweltverträglichkeit heran gezüchteten Carni-ca-Bienen. Für diese sind, wie die Sachverständigen ... und ... überzeugend ausgeführt haben, Pferde lediglich Hindernisse in ihrer Flugbahn, die sie wegen ihrer Größe in aller Regel rechtzeitig wahrnehmen und denen sie deshalb ausweichen können. Entgegen der Eigenart jener Insekten, die Pferde stechen und an deren Körper ihre Eier ablegen, haben Bienen an Pferden überhaupt kein Interesse. Die These: "Schweiß des Pferdes lockt Fliegen und Bienen an" (so ..., Bl. 64 d.A.), trifft nach der mündlichen Stellungnahme des Sachverständigen ... im Senatstermin jedenfalls für Carnica-Bienen nicht zu. - Soweit der Kläger und seine Privatsachverständigen, aber auch der Sachverständige ... in seinem Gutachten (Seite 10) auf die Möglichkeit eines Zusammentreffens der Pferde mit den Bienen des Beklagten auf dem Weg zur Pferdekoppel auf der "Steinbank" hinweisen, bedarf dies keiner weiteren Erörterung, weil dem Kläger hinsichtlich der Situation jedenfalls auf diesem öffentlichen Weg ein nachbarrechtlicher Abwehranspruch gegen den Beklagten nicht zusteht.
Auch das Privatgutachten des ... vom 27.1.1988 (Bl. 540, 541) zeigt keine Umstände auf, die eine reale Gefährdung der Pferde des Klägers durch die Bienen des Beklagten ernsthaft annehmen lassen. Der Sachverständige ... hat dazu überzeugend in seiner mündlichen Anhörung ausgeführt, der von ... geschilderte Tonbandversuch sei wenig aussagefähig, d.h. aber, zu Beweiszwecken ungeeignet, ... hat dazu ausgeführt, es sei mit normaler Aufnahme- und Wiedergabetechnik nicht möglich, Insektenfluggeräusch unverändert und frei von Nebengeräuschen zu reproduzieren. Es kommt hinzu, daß fraglich bleibt, ob alle für ein Pferd wesentliche Frequenzbereiche aufgenommen werden können, und es ist auch nicht erforscht, in welcher Weise Pferde unterschiedliche Insektengeräusche differenzieren. - Soweit der Kläger ... als Zeugen dafür benannt hat, daß ihm 1985 "durch Bienensummen" ein Pferd durchgegangen ist, ist der Vortrag unsubstantiiert; im übrigen sind die in das Wissen von ... Bestellten Vorgänge nicht erkennbar von Bienen ausgelöst worden.
Insgesamt wird mithin die vom Kläger auf seinem Grundstück betriebene Pferdehaltung von den Bienen des Beklagten nicht nennenswert beeinträchtigt.
c)
Die Behauptung des Klägers, auf seinem Grundstück würden zum Trocknen aufgehängte Wäsche, sein PKW und die Fensterscheiben des Wohnhauses durch Ausscheidungen der Bienen, insbesondere im Frühjahr verunreinigt, hat seine Ehefrau als Zeugin bestätigt. Sie hat in erster Instanz glaubhaft ausgesagt, sie wasche täglich, und jedenfalls im Frühjahr wiesen stets einige Teile dunkelgelbe langgezogene Flecken auf (nach Feststellungen des Senats beim Augenscheinstermin: bis 2 mm breit, bis 10 mm lang), sie sammele diese Stücke und wasche sie am Ende der Woche, nochmals. Auch der Sachverständige ... hat in seinem Gutachten ausgeführt, während der Zeiten ausgeprägter Reinigungsflüge (nach der Winterpause und nach längeren Schlechtwetterperioden) werde aufgehängte Wäsche mit hoher Wahrscheinlichkeit verschmutzt (Bl. 7 d. Gutachtens). Hinsichtlich der Wäsche kann dadurch jedenfalls in einigen Wochen des Frühjahrs durch die benachbarten Bienen eine nennenswerte Beeinträchtigung eintreten, wenn es sich auch im Einzelfall um Bagatellen handelt. - Hinsichtlich der Verunreinigung des PKW des Klägers hat der Sachverständige ... überzeugend ausgeführt, daß die Kottropfen der Bienen nach dem Eintrocknen mit dem Insektenschlag zu vergleichen seien, der auf den Frontflächen eines PKW bei Fahrten an warmen Sommertagen entsteht. Dieser Insektenschlag wird von jedem PKW-Halter als unvermeidliche Gebrauchserscheinung hingenommen. Die daneben auftretenden Kottropfen der Bienen stellen keine nennenswerte zusätzliche Beeinträchtigung dar, zumal sie - wie der Kläger selbst einräumt - den Fahrzeuglack nicht beschädigen. Für sich allein genommen bedeuten diese Verunreinigungen eine nur unwesentliche Beeinträchtigung des Klägers bei der Benutzung seines Grundstücks, wobei zu berücksichtigen ist, daß die Garage des Klägers auf dem dorfnah gelegenen Südteil des Grundstücks liegt und er sein Fahrzeug regelmäßig dort, nicht nördlich des Wohnhauses zum Bienenhaus hin abstellen wird.
d)
Eine wesentliche Beeinträchtigung des Klägergrundstücks vermag der Senat auch nicht darin zu sehen, daß infolge reichlicher Bestäubung der Obstbäume dem Kläger überreiche Ernten zuwachsen. Wer Nutzpflanzen zieht, tut das in der Absicht, von ihnen auch Nutzen zu erzielen. Eine Dosierung der Ernten liegt ohnehin nur bedingt in menschlicher Macht. Gute Ernten sind jedenfalls kein Schaden oder eine Beeinträchtigung im Sinne von § 906 BGB. Der Obstgarten wird zudem wegen der relativen Seltenheit solcher Bestände in der näheren Umgebung von ... gern auch von anderen Bienenvölkern als denen des Beklagten angeflogen, wie der Sachverständige ... in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat (dort Seite 5).
e)
Ob die Gartennutzung für die Familie des Klägers jedenfalls zeitweise durch die Bienen des Beklagten mehr als nur unwesentlich beeinträchtigt wird, erscheint zweifelhaft.
aa)
Insoweit ist aufgrund des Gutachtens von ... davon auszugehen, daß jedenfalls zur Zeit der Obstbaumblüte und dann, wenn zahlreiche Blumen im Garten des Klägers blühen, eine größere Anzahl von Bienen das Grundstück besucht, da sie die nächstgelegenen Trachtquellen bevorzugen. Außerhalb der Blütezeit oder wenn attraktivere Nahrungsquellen in der näheren Umgebung zu finden sind, ist hingegen mit einem stärkeren Anflug von Bienen nicht zu rechnen, wie sich bei den beiden Ortsterminen - des Landgerichts am 1.10.1985 und des Senats am 2.7.1986 - gezeigt hat; die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe seine Bienen vor der Augenscheinseinnahme durch das Landgericht manipuliert, ist eine unbewiesene Vermutung geblieben. Der Sachverständige ... hat dazu in seinem Gutachten ausgeführt, während der gesamten Vegetationsperiode seien stets kleine Angebote von Trachtquellen zu erwarten, die Sammelbienen anlocken, jedoch keinen auffälligen Massenbeflug auslösen dürften.
bb)
Die Ehefrau des Klägers hat darüber hinaus als Zeugin ausgesagt, sie fühle sich durch die umherfliegenden Bienen erheblich gestört, sowohl wenn sie im Garten arbeite als auch wenn sie zur Entspannung auf der Terrasse ruhe. Bei dem Ortstermin des Senats erklärte die Zeugin, sie könne schon das Summen von Bienen nicht ertragen. Die Kinder des Klägers ließen sich - so die Zeugin - durch die Bienen wohl nicht so stören. Der Kläger hat ergänzend vorgetragen, daß die Bienen die Familie und Gäste beim Essen auf der Terrasse, bei der allgemeinen Freizeitnutzung des Gartens, die Kinder auch beim Satteln der Pferde beeinträchtigten. Er hat darüber hinaus auf verschiedene Stichverletzungen durch Bienen verwiesen.
Der Beklagte hat diese Stichverletzungen bestritten, ein sicherer, durch ärztliches Attest belegter Nachweis liegt für keinen Fall vor. Es ist allerdings davon auszugehen, daß der Kläger bei der Besichtigung des Bienenhauses durch den Sachverständigen ... von einer Biene aus dem Bestand des Beklagten gestochen wurde. Insoweit ergibt sich jedoch aus dem Anhang zum Gutachten von ..., daß der Kläger trotz der Warnung des Sachverständigen sehr nahe an ein in Bodennähe aufgestelltes Volk, das durch vorherige Inspektion beunruhigt war, herangetreten war; er wurde in den unbekleideten Unterschenkel gestochen. Dieser Stich ist jedoch für die Beurteilung, ob die Bienen des Beklagten für das Grundstück des Klägers eine Gefährdung und damit eine nicht nur unwesentliche Beeinträchtigung im Sinne von § 906 Abs. 1 BGB darstellen, ohne Bedeutung; denn dem Vorfall lagen außergewöhnliche Umstände zugrunde, die eine Wiederholung auf dem Grundstück des Klägers nicht befürchten lassen: Unmittelbar zuvor war ein ohnehin nur außerplanmäßig aufgestelltes Jungvolk durch öffnen in Augenschein genommen worden; trotz Warnung hielt sich der mit Shorts bekleidete Kläger nur 1 1/2 m von dem beunruhigten Volk entfernt auf. In dieser besonderen Situation - Eingriff in Waben und Agieren am Flugloch - ist es nach den Ausführungen des Sachverständigen ... nicht völlig auszuschließen, daß auch Carnica-Bienen gelegentlich zur sozialen Verteidigung gegen eine vermeintlich akute Bedrohung einen sich bewegenden Körper stechen. Es dürfte eher bemerkenswert sein, daß nur eine Biene den Kläger (und niemand der sonstigen Begleiter) gestochen hat, daß also alle übrigen Bienen keine aggressiven Reaktionen gezeigt haben. Dies läßt insbesondere den Schluß zu, daß auch bei Eingriffen des Imkers in ein Volk nicht mit dem Eindringen aggressiver Bienen auf das 70 bis 80 m entfernte Grundstück des Klägers zu rechnen ist. Selbst wenn man jedoch die Behauptung des Klägers über Bienenstiche, die er und andere Personen auf seinem Grundstück erlitten haben sollen, als zutreffend unterstellt, handelt es sich - auf die Jahre verteilt um wenige Stiche, kaum einen Bienenstich jährlich. Insoweit unterscheiden sich die tatsächlichen Umstände auf dem Grundstück des Klägers entscheidend von denen, die der Entscheidung des OLG Koblenz vom 26.9.1967 (RdL 1968, 325) zugrunde lagen; diese Entscheidung basiert darauf, daß jedes Familienmitglied jährlich etwa zehnmal gestochen worden war, woraus mit Recht das Gericht die Störung durch einfliegende Bienen als wesentlich angesehen hat.
Die Behauptung des Klägers, es sei ihm und seiner Familie unmöglich, in Ruhe im Garten zu sitzen, insbesondere auf der Terrasse oder im Garten zu essen und Speisen und Getränke offen aufzustellen, wird durch die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ... widerlegt. Sofern die Bienen überhaupt das meist nur relativ geringe Trachtangebot im Garten des Klägers anfliegen, verhalten sie sich Personen gegenüber neutral, weichen ihnen bei einem Zusammentreffen fluchtartig aus und sind nur auf Pflanzen, insbesondere Blüten, orientiert. Abgesehen von dem Besuch des relativ kleinen Angebots von Trachtquellen wird das Wohngrundstück des Klägers allenfalls überflogen, und zwar in aller Regel über die Wipfel der Bäume hinweg, wobei, selbst wenn sich in diesem Bereich eine Flugstraße bilden sollte, eine Gefährdung der Personen auf dem Grundstück des Klägers nach den mündlichen Gutachten-Ergänzungen des Sachverständigen ... nicht eintritt infolge der fehlenden Aggressivität der Carnica-Bienen.
Die Ausführungen des Sachverständigen ... werden nach der Überzeugung des Senats auch nicht durch die Stellungnahme des ... vom 30.1.1988 (Bl. 538, 539 d.A.) erschüttert, der die Sanftmut von Carnica-Bienen mit der Einschränkung gelten lassen will, daß sie "aller Voraussicht nach schwitzende Tiere und Leute in 50-100 m Entfernung von den Bienenkästen angreifen werden, während der Bearbeitung der Bienen durch den Bienenhalter"... oder wenn "das Bienenvolk ohne Königin ist (ein normaler Zustand, wenn Bienenstöcke zur Fortpflanzung für Königinnen benutzt werden)". ... hat in Kenntnis der Arbeiten von ... und aufgrund von Gesprächen mit Schülern von diesem bei seiner mündlichen Anhörung ausgeführt, daß der Stand der Bienenzüchtung in Großbritannien noch um Jahrzehnte hinter der in der Bundesrepublik zurückliegt und ... deshalb wohl von heterogenem Bienenmateriel mit schlechteren Eigenschaften ausgeht. Die von ihm geltend gemachten Einschränkungen bestünden jedenfalls gegenüber reinrassigen Carnica-Bienen neuerer Züchtung nicht.
Die Beeinträchtigung des Klägers und seiner Angehörigen durch die Bienen des Beklagten besteht mithin fast ausschließlich im subjektiven Bereich, insbesondere in der Angst vor Bienenstichen, d.h. aber in der Vorstellung von Bienen, wie sie früher begründet sein mochte (und heute noch im Ausland begründet sein mag). Wenn hingegen der Kläger und seine Angehörigen in ihrem Garten den Bienen mit der gleichen Toleranz begegneten, wie sie sie vernünftigerweise etwa gegenüber Schmetterlingen oder Spinnen zeigen sollten, könnte von einer wesentlichen Beeinträchtigung durch die Bienen des Beklagten wohl kaum die Rede sein.
In der Rechtsprechung ist die Frage, ob der vermehrte Bienenanflug von Ständen auf einem benachbarten Grundstück eine wesentliche Beeinträchtigung darstellt, unterschiedlich, von den Berufungsgerichten jedoch meist zugunsten der von Bienen gestörten Nachbarn beurteilt worden. Für die Beurteilung als wesentliche Beeinträchtigung wird neben der Menge der Bienen die Lage der Grundstücke und die Art der Benutzung der betroffenen Grundstücke als entscheidend angesehen (vgl. Meisner/Stern/Hodes/Dehner, Nachbarrecht, 6. Aufl., § 16 II 4, S. 352). So hat das Landgericht Kiel (MDR 1966, 412) dahin entschieden, daß für den Durchschnittsbewohner einer Stadt - da er wenig Erfahrungen mit Bienen habe und sich deshalb ihnen gegenüber oft nicht richtig verhalte - Bienen, die auf dem Nachbargrundstück gehalten werden, als wesentliche Beeinträchtigung gelten. In dem zugrundeliegenden Fall handelte es sich um ein Grundstück mit Hausgarten an der Peripherie des reinen Wohngebietes einer Stadt mit geschlossener Bauweise. - Das OLG Köln hat in einer Entscheidung vom 3.10.1967 (RdL 1968, 46) gemeint, für die Frage einer wesentlichen Beeinträchtigung im Sinne von § 906 BGB komme es nicht so sehr auf erlittene Bienenstiche als auf den Verlust an Annehmlichkeiten des Wohnens an. In bezug auf ein Grundstück mit vorstädtisch-dörflichem Charakter (ununterbrochener Bebauung mit Reihenhäusern und ausgedehntem Gartenland) hat es ausgeführt, die Annehmlichkeit des Wohnens werde bereits wesentlich beeinträchtigt durch die Besorgnis, die Bienen könnten stechen, selbst wenn es nie zu einem Stich gekommen sein sollte. Dies sei die Reaktion "der Durchschnittsbürger", insbesondere dann, wenn Kinder vorhanden seien, die sich den Bienen gegenüber nicht sachgerecht verhielten; derartige Umstände konnten dem Durchschnittsmenschen den Aufenthalt im Garten verleiden.
Alle diese Entscheidungen sprechen von Bienen schlechthin, und stellen nicht auf die Eigenschaft einer besonderen Zucht oder Rasse ab. Insoweit ist aber eine wesentliche Veränderung nach den Ausführungen des Sachverständigen ... insbesondere in den letzten Jahrzehnten eingetreten, während deren das Zuchtziel der Sanftmut bei vielen Züchtern mit an vorderster Stelle gestanden und sich die Haltung rassereiner Carnica-Bienen weitgehend durchgesetzt hat, so daß es auch kaum zu Kreuzungen mit stechlustigeren Bienen anderer Rassen kommen kann (die in der Gemeinde ... gehaltene Buckfast-Biene hat nach ... fast gleichgute Eigenschaften wie die Carnica-Biene). Für die erwähnten Entscheidungen aus den Jahren 1966 bis 1968 kann hingegen angenommen werden, daß sie noch nicht reinrassige Carnica-Bienenvölker betroffen haben. Davon abgesehen, handelt es sich bei dem Kläger mit seiner Familie nicht um Bewohner einer Stadt oder eines Reihenhauses am Stadtrand, er hat vielmehr bewußt ein kleines Dorf als Wohnort gewählt, um dort auch Pferdezucht treiben zu können. Mit dieser Tierhaltung verbunden ist jedoch in aller Regel die Existenz zahlreicher Insekten auf dem Grundstück, und zwar auch solcher, die stechen. Es vermag nicht zu überzeugen, wenn der Kläger die Bienen des Beklagten als Belästigung empfindet und deshalb die Beseitigung des Bienenhauses verlangt, andererseits jedoch die Insekten, die im dörflichen Bereich und insbesondere mit der Stallung auf seinem Wohngrundstück verbunden sind, gleichsam als Selbstverständlichkeit hinnimmt.
Die Toleranz gegenüber Bienen, auch wenn sie wegen eines Bienenhauses auf dem Nachbargrundstück in relativ größerer Zahl auftreten, ist, wie bereits oben angedeutet, letztlich eine Frage der Gewöhnung und Erziehung, jedenfalls dann, wenn es sich um Bienen mit den eingangs geschilderten Eigenschaften der Rasse Carnica handelt. Denn von ihr geht die vom Kläger angenommene Gefährdung und Belästigung bei objektiver Beurteilung nicht aus. Rein subjektive Abneigungen, selbst wenn sie krankhaft überhöht und vom Betroffenen nicht mehr steuerbar sein sollten, stellen noch keine Beeinträchtigung im Sinne von § 906 Abs. 1 BGB dar. Maßgebend ist vielmehr das Empfinden eines Durchschnittsbenutzers eines vergleichbaren Grundstücks (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 47. Aufl., § 906 Anm. 3 b m.w.H.; deshalb kann es auch nicht auf die Bienenallergie zweiten Grades der Tochter des Klägers entscheidend ankommen). Im Hinblick auf dieses Beurteilungskriterium mag es jedoch zweifelhaft sein, ob die Kenntnis von der Ungefährlichkeit der Bienen aus neueren Züchtungen und eine entsprechende Beeinflussung und Erziehung der Bevölkerung bereits so weit gediehen sind, daß eine entsprechend aufgeklärte Haltung gegenüber Bienen bei dem "Durchschnittsbenutzer" vorausgesetzt werden kann. Insoweit ist, worauf das OLG Köln (a.a.O.) hingewiesen hat, auch eine gegenläufige Tendenz zu berücksichtigen, die darin besteht, daß sich die Wohngewohnheiten verfeinern, insbesondere eine Steigerung der Bedürfnisse nach Annehmlichkeit des Wohnens unter Einschluß des Aufenthalts im Garten zu beobachten ist. Für die konkreten Gegebenheiten auf dem Grundstück des Klägers am Rande eines Dorfes mag das letztlich zu verneinen sein, kann jedoch hier dahingestellt bleiben.
3.
Denn die Haltung von 10 Bienenvölkern auf dem Grundstück des Beklagten ist für die Verhältnisse im Bereich von ... als ortsüblich anzusehen, ... und die bestehenden Beeinträchtigungen können vom Beklagten nicht durch Maßnahmen, die dem Beklagten unter den gegebenen Umständen wirtschaftlich zumutbar sind, verhindert werden, § 906 Abs. 2 BGB.
a)
Für die Ortsüblichkeit ist zum einen zu berücksichtigen, daß innerhalb des für Bienen üblichen Flugradius von 3 km vom Grundstück des Klägers entfernt jedenfalls zwei weitere Bienenstände unterhalten werden, nämlich zwei Bienenvölker in ... und 20 Volker in ... Die Bienen dieser Stände besuchen mit Sicherheit das Grundstück des Klägers und insbesondere das Pachtgrundstück zur Zeit der Obstbaumblüte in größerer Zahl, weil vergleichbare Obstbaumbestände (und damit vergleichbar attraktive Trachtangebote zur Zeit der Obstbaumblüte) in dem betreffenden Bereich kaum vorhanden sind; insoweit wird auf die Ausführungen des Sachverständigen ... in seinem Gutachten vom 12.12.1987, Anhang unter 2., verwiesen.
b)
Für die Ortsüblichkeit der vom Kläger beanstandeten Immissionen kann zudem nicht allein auf die Bienenhaltung abgestellt werden, sondern insgesamt auf die Existenz von Fluginsekten. Insoweit ist folgendes von Bedeutung: Die Grundstücke beider Parteien liegen in ländlicher Umgebung im Außenbereich der Gemeinde ... Der Kläger nutzt das ihm gehörende Grundstück nicht ausschließlich zu Wohn- und Erholungszwecken, sondern in erheblichem Umfang auch zur Tierhaltung: Außer Pferden und Ponys werden dort Schafe und eine Ziege gehalten; zumindest die Pferde und die Ziege weiden auch im Garten in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses, wie der Senat bei seinem Augenscheinstermin feststellen konnte, die Schafe unter den Obstbäumen des Pachtgrundstücks. Infolge der ländlichen Umgebung und speziell aufgrund der Tierhaltung des Klägers sowie infolge der Blumen und Obstbäume auf den Grundstücken ist davon auszugehen, daß sich auch ohne die Bienenhaltung des Beklagten zahlreiche Insekten auf diesen Grundstücken aufhalten, und zwar auch solche, die stechen. Schließlich gibt es in dem ländlichen Raum auch Wildbienen. Ein gegenüber städtischen Wohngrundstücken wesentlich höherer Insektenreichtum gehört zum Gepräge eines dörflichen Grundstücks, dessen natürliches Umfeld Weiden, Felder und Wälder sind. Auch ohne den Bienenstand des Beklagten lebte der Kläger mit seinen Angehörigen keinesfalls in einem insektenfreien Raum.
Schließlich ist nach Auffassung des Senats für die Ortsüblichkeit der Bienenhaltung im Raum ... und Umgebung nicht allein darauf abzustellen, ob und in welchem Umfang hier in den letzten Jahren und Jahrzehnten Bienenstände vorhanden waren. Selbst wenn in einem solchen Dorf jahrelang kein Bienenvolk mehr existiert haben sollte, kann eine erneut aufgenommene Bienenhaltung nicht als nunmehr ortsunüblicher Immissionsherd gewertet werden. Insofern ist vielmehr vom sozialen und natürlichen Charakter des gesamten Umfelds auszugehen. Dieser Charakter wird von vielfältiger Tierhaltung geprägt, und zur traditionellen bäuerlichen Tierhaltung gehört auch die Imkerei.
Selbst wenn es in einem Dorf eine Zeitlang keine Bienenvölker mehr gegeben haben sollte, so war dieses Dorf von Bienen nicht gleichsam wie von einem Krankheitsherd oder Ungeziefer befreit, und die Wiederaufnahme der Bienenzucht bedeutet nunmehr nicht etwa eine Störung des dörflichen Charakters (wie es im Wohngebiet einer Stadt der Fall wäre), sondern die Wiederherstellung des normalen Zustands. In diesem Zusammenhang mag auch auf den hohen volkswirtschaftlichen Wert der Bienenhaltung für die Allgemeinheit hingewiesen werden, der sich weniger in der Honigerzeugung als in der ökologischen Funktion der Bienen bei der Bestäubung von Nutz- und Wildpflanzen zeigt.
c)
Im Hinblick auf die Frage, ob der Beklagte die ihm zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um die von seinem Grundstück ausgehenden Einwirkungen auf das Nachbargrundstück des Klägers zu mindern, ist die Anpflanzung von Büschen und Bäumen an der Grenze zum Grundstück des Klägers unstreitig. Der Senat hat in diesem Zusammenhang zudem die Frage geprüft, ob eine Verringerung der Zahl der Bienenvölker auf dem Grundstück des Beklagten dazu führen würde, die Zahl der auf das Grundstück des Klägers fliegenden Bienen nennenswert zu vermindern. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, daß der Beklagte seinerseits den Bestand auf seinem Grundstück in ... auf 10 Völker sowie deren Ableger beschränkt und sich bereit erklärt hat, auch künftig dort nicht mehr Bienenvölker zu halten. Die Anzahl von 10 Bienenvölkern entspricht etwa der durchschnittlichen Größe der von Hobby-Imkern gehaltenen Bestände (vgl. auch OLG Köln RdL 1968, 326; Gercke, Das Bienenrecht, S. 39). Eine Reduzierung dieses Bestands würde, wie der Sachverständige ... überzeugend ausgeführt hat, nicht zu einer spürbaren Minderung der von dem Kläger beanstandeten Beeinträchtigungen führen. Während der Blütezeit der Obstbäume (wenn also die Grundstücke des Klägers für Bienen besonders attraktiv sind) würden Bienen vom übrigen Einzugsbereich die Grundstücke in größerer Zahl anfliegen. Während der übrigen Zeit, in der es lediglich kleine Trachtquellen im Hausgarten gibt, würde sich der Anflug von Arbeitsbienen (Sammlern) kaum verändern. Der Beklagte kann auch nicht darauf verwiesen werden, Bienen zu halten, die dem Kläger und seiner Familie weniger lästig wären. Wie bereits eingangs ausgeführt, gehören die Bienen des Beklagten zu der besonders sanftmütigen Rasse Carnica; Bienen mit günstigeren Eigenschaften für die Verträglichkeit mit Menschen und Tieren gibt es nach den Ausführungen der Sachverständigen nicht. Die Buckfast-Biene hat - so ... - allenfalls gleich gute Eigenschaften.
Dem Beklagten kann schließlich in diesem Zusammenhang auch nicht entgegengehalten werden, er hätte seine Bienenvölker auf einem anderen Grundstück, insbesondere im freien, unbebauten Gelände unterbringen müssen. Er hat dazu einerseits überzeugend ausgeführt, daß er sich längere Zeit vor dem Erwerb seines Grundstücks in Wittenburg erfolglos um eine längerfristige Pacht oder den Ankauf eines Grundstücks, auf dem er ein Bienenhaus hätte errichten können, bemüht habe. Abgesehen davon, daß für ein derartiges Grundstück auch das Vorhandensein fester Wirtschaftswege erforderlich ist, bestehen auch rechtliche Hürden, etwa nach dem Grundstücksverkehrsgesetz. Andererseits ist ein im freien Gelände errichtetes Bienenhaus in hohem Maße ungeschützt und deshalb der Gefahr von Zerstörung oder Entwendung des Inventars ausgesetzt. Glaubhaft hat der Beklagte dazu ausgeführt, daß ihm ein im Freien aufgestellter Bienenwagen zerstört und etliche Völker gestohlen worden sind. Hingegen liegt sein Grundstück in ... zwar am Rand, aber noch im Schutzkreis der Ortschaft, wenngleich bereits im unbeplanten Außenbereich, wo es als Bauvorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG priviligiert errichtet werden konnte. Da sowohl das dem Kläger gehörende als auch das Pachtgrundstück ebenfalls im Außenbereich liegen, konnte der Beklagte bei Erwerb seines Grundstücks damit rechnen, daß die von dort aus betriebene Bienenzucht toleriert werde, zumal sie für die Obstplantage bei Anlegung eines normalen Beurteilungsmaßstabs als Vorteil angesehen werden konnte und von der Eigentümerin, ..., nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten auch als Vorteil angesehen wird (vgl. Bl. 565 d.A.). Es kann deshalb auch nicht festgestellt werden, daß ein vernünftiger Imker von Anfang an davon abgesehen hätte, auf dem dem Beklagten gehörenden Grundstück ein Bienenhaus zur Bienenzucht zu errichten.
4.
Insgesamt ergibt sich mithin, daß das Landgericht der Klage mit Recht nicht stattgegeben hat. Die Berufung ist vielmehr mit den Nebenentscheidungen aus §§ 97, 708 Ziff. 10, 713, 546 ZPO zurückzuweisen.
Streitwertbeschluss:
Der Kläger ist durch diese Entscheidung in Höhe von 15.000 beschwert.