Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.01.1986, Az.: 1 A 76/85

Verbot des Abschlusses eines Vertrages über einen Bebauungsplanung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
24.01.1986
Aktenzeichen
1 A 76/85
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1986, 14438
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1986:0124.1A76.85.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Schleswig - 11.06.1985 - AZ: 2 A 103/85
nachfolgend
BVerwG - 19.06.1986 - AZ: BVerwG 4 C 17.86

Verfahrensgegenstand

Erlaß eines Bebauungsplanes.

Prozessführer

der Firma ... Immobilien GmbH,

den Geschäftsführer ...,

Prozessgegner

die Gemeinde ...

Der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg
hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 1986
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Pietsch,
den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Bock und
den Richter am Verwaltungsgericht Gaßmann sowie
die ehrenamtlichen Richter Dietel und Eichstaedt
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer - vom 11. Juni 1985 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zum Erlaß eines Bebauungsplanes für das Gewerbegebiet ...-Süd. Die Gemeindevertretung der Beklagten hat den Beschluß gefaßt, für dieses Gebiet einen Bebauungsplan aufzustellen. Sie hat das Aufstellungsverfahren jedoch zunächst nicht weiter geführt, da sich nach ihren Angaben Schwierigkeiten wegen der erforderlichen Erschließung des Gebiets ergaben. Die Klägerin, die in dem Gebiet des beabsichtigten Bebauungsplanes erhebliche Grundflächen erworben hat, sieht sich an der wirtschaftlichen Verwertung dieser Flächen gehindert. Sie hat am 5. Februar 1985 bei dem Verwaltungsgericht Klage erhoben und diese im wesentlichen damit begründet, sie habe aufgrund einer mit der Beklagten getroffenen Vereinbarung einen Anspruch auf die Aufstellung des Planes. In dieser Vereinbarung habe sich die Beklagte zur Aufstellung des Planes verpflichtet, während sie selbst die Verpflichtung eingegangen sei, die Kosten der Planung zu übernehmen.

2

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, den Bebauungsplan Nr. 2. für das Gewerbegebiet ... - Süd binnen 10 Tagen zu erlassen.

3

Die Beklagte hat in dem erstinstanzlichen Verfahren keinen Antrag gestellt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach Anhörung der Beteiligter durch Gerichtsbescheid vom 11. Juni 1985, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, als unbegründet abgewiesen, weit die Klägerin keinen Anspruch auf den Erlaß des Bebauungsplanes habe. Die Klägerin hat gegen den ihr am 27. Juni 1985 zugestellten Gerichtsbescheid am 1. Juli 1985 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist sie im wesentlichen darauf, daß sie einen vertraglichen Anspruch gegen die Beklagte habe und daß sie im Vertrauen auf die Einhaltung des Vertrages erhebliche finanzielle Verpflichtungen eingegangen sei. Es könne auch keine Rede davon sein, daß die Erschließung des geplanten Gewerbegebietes Schwierigkeiten bereite.

4

Die Klägerin beantragt,

den angefochtenen Gerichtsbescheid zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, den Bebauungsplan Nr. ... für das Gewerbegebiet ... -Süd binnen einer Woche zu erlassen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

6

Zur Begründung verweist sie auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten einschließlich der eingereichten Unterlagen.

8

II.

Die Berufung ist zulässig aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, daß die Klägerin keinen Anspruch auf den Erlaß des begehrten Bebauungsplans hat.

9

Ein gesetzlicher Anspruch wird durch § 2 Abs. 7 BBauG ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung besteht kein Anspruch auf Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen. Die Klägerin kann ihr Klagebegehren auch nicht auf einen vertraglichen Anspruch stützen. Dabei kann der Senat offenlassen, ob die von der Klägerin behauptete Vereinbarung zustande gekommen ist. Auch wenn man dies zugunsten der Klägerin annimmt, kann sie mit ihrem Antrag nicht durchdringen, da eine solche vertragliche Regelung nichtig wäre.

10

Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nach § 126 Abs. 1 des Landesverwaltungsgesetzes in der Fassung vom 19. März 1979 (Gesetz- und Verordnungsblatt Schleswig-Holstein, S. 181 - LVwG -) nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuches ergibt, d. h. u. a., wenn er gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) verstößt. Dieser Nichtigkeitsgrund käme hier zum Tragen, falls die Beklagte die von der Klägerin behauptete Vereinbarung geschlossen hätte. Die Entscheidung über den Erlaß eines Bebauungsplanes wird, wie das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zutreffend ausführt, nach den §§ 1 ff BBauG in ein bestimmtes, mit zahlreichen Sicherungen ausgestattetes (Rechtssetzungs-)Verfahren verwiesen. Dieses Verfahren soll gewährleisten, daß die weitgehend in die planerische Gestaltungsfreiheit der Gemeinde gestellte Bebauungsplanung den rechtsstaatlichen (Minimal -)Anforderungen einer angemessenen Abwägung und eines hinreichend durchschaubaren Verfahrensganges gerecht wird; damit läßt sich die Begründung eines diese Regelung notwendig mehr oder weniger unterlaufenden vertraglichen Anspruchs auf Bebauungsplanung nicht vereinbaren (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.03.1977 - IV C 45.75 -, DVBl 1977, 529 ff und v. 01.02.1980 - 4 C 40.77 - BBauBl 1980, 582 ff). Zwar betrifft die genannte Rechtsprechung die Rechtslage vor Inkrafttreten der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder. Die sie tragenden Gedanken gelten jedoch auch bei Anwendung des hier maßgeblichen LVwG. Denn die Vorschriften des Bundesbaugesetzesüber das Verfahren bei der Aufstellung von Bebauungsplänen sind so zu verstehen, daß sie den Abschluß eines Vertrages über eine bestimmte Bebauungsplanung verbieten, so daß ein gegen dieses Verbot verstoßender Vertrag wie der hier streitige Vertrag gemäß § 126 Abs. 1 LVwG in Verbindung mit dem entsprechend anwendbaren § 134 BGB nichtig ist. Das von der Klägerin zur Begründung ihres Klagebegehrens zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Juli 1973 - IV C 22.72 (DVBl 1973, 800 ff) ist hier nicht einschlägig, da es einen sog. Folgelastenvertrag betrifft, der mit dem hier zu beurteilenden angeblichen Vertrag über die Aufstellung eines Bebauungsplanes nicht vergleichbar ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 11.03.1977, aaO, S. 529). Der Umstand, daß die Klägerin nach ihrem Vortrag auf die Wirksamkeit des Vertrages vertraut hat, kann einen Anspruch nicht begründen, da damit das gesetzliche Verbot unterlaufen würde, ob der Klägerin Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zustehen, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

11

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

12

Die anschließend folgende Streitwertfestsetzung ergibt sich aus den §§ 14, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

13

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 137, 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Streitwertbeschluss:

Beschluß:

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf jeweils 20.000,00 DM festgesetzt.

Dr. Pietsch
Dr. Bock
Richter am Verwaltungsgericht Gaßmann ist aus dem Senat ausgeschieden.
Dr. Pietsch