Amtsgericht Wilhelmshaven
Beschl. v. 26.06.2018, Az.: 14 M 1752/18
Umfang der Nichtberücksichtigung der Unterhaltsberechtigten im Rahmen der Billigkeitsprüfung bei der Berechnung des pfändbaren Betrages
Bibliographie
- Gericht
- AG Wilhelmshaven
- Datum
- 26.06.2018
- Aktenzeichen
- 14 M 1752/18
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2018, 42199
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 850c Abs. 4 ZPO
- § 20 Abs. 2 SGB II
Tenor:
Die Ehefrau des Schuldners sowie die Tochter des Schuldners bleiben bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens auf Seiten des Schuldners gem. § 850 c Abs. 4 ZPO unberücksichtigt.
Der Beschluss wird mit Rechtskraft wirksam.
Gründe
Mit Antrag vom 16.04.2018 beantragte der Gläubigervertreter bei der Berechnung des pfändbaren Betrages keine unterhaltsberechtigten Personen zu berücksichtigen. Derzeitig werde sowohl die Ehefrau des Schuldners als auch die volljährige unterhaltsberechtigte Tochter berücksichtigt.
Der Antrag des Gläubigervertreters ist gemäß §850c Abs. 4 ZPO zulässig. Er wurde dem Schuldner zur Stellungnahme übersandt. Der Schuldner hat Einwendungen nicht erhoben.
Gemäß §850c Abs. 4 ZPO kann eine Person, welcher der Schuldner aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt, bei der Berechnung des unpfändbaren Teils der Schuldnereinkünfte ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben, wenn diese Person über eigene Einkünfte verfügt, mit denen der Lebensunterhalt ganz oder teilweise bestritten werden kann.
Die Entscheidung ergeht nach billigem Ermessen.
Nach Mitteilung des Gläubigervertreters verfügt die Ehefrau des Schuldners über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 2.500,00 €. Als Nachweis wurde die Vermögensauskunft des Schuldners vom 10.04.2018 in Kopie eingereicht.
Die Ehefrau des Schuldners lebt mit diesem in einem Haushalt.
Im Rahmen der vorzunehmenden Billigkeitsprüfung erscheint es im vorliegenden Fall daher angemessen, zur Frage des Umfangs der Nichtberücksichtigung der Unterhaltsberechtigten, die sozialhilferechtlichen Maßstäbe nach dem SGB-II bzw. SGB XII heranzuziehen.
Eine Orientierung an den Pfändungsfreibeträgen des § 850c ZPO hat im vorliegendem Fall nicht zu erfolgen. Dies hätte zur Folge, dass der in den Freibeträgen enthaltene Wohnkostenanteil doppelt berücksichtigt würde.
Auszugehen ist somit zunächst von einem notwendigen Grundbedarf auf Seiten der Ehefrau des Schuldners in Höhe von 416,00 € (§ 20 II SGB II). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass dem Schuldner und seinen Unterhaltsberechtigten nach den Regelungen über die Pfändungsfreigrenzen nicht nur das Existenzminimum verbleiben soll, sondern auch eine deutlich darüber liegende Teilhabe an den Einkünften erhalten bleiben muss. Mangels weiterer Anhaltspunkt erscheint es im vorliegenden Fall daher angemessen, aber auch ausreichend, einen Zuschlag auf den Grundbedarf in Höhe von 50% anzusetzen (vgl. dazu auch BGH, Rpfleger 2005, 371 [BGH 05.04.2005 - VII ZB 28/05]).
Auf Seiten der Ehefrau des Schuldners errechnet sich somit ein monatlicher Bedarf in Höhe von 624,00 EUR.
Da die monatlichen Einkünfte der Ehefrau des Schuldners diesen Bedarf bereits deutlich überschreiten, konnte eine antragsgemäße Anordnung der vollständigen Nichtberücksichtigung erfolgen.
Bezüglich der volljährigen Tochter ist aus dem eingereichten Vermögensverzeichnis ersichtlich, dass diese keinerlei eigene Einnahmen hat. Es wird jedoch vorgetragen, dass die Ehefrau des Schuldners über ein so hohes Einkommen verfügt, das dies ausreiche um die gesamte Familie zu versorgen.
Gemäß der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.04.2015 zählt Naturalunterhalt zu den eigenen Einkünften einer unterhaltsberechtigten Person; BGH vom 16.04.2015, IX ZB 41/14. Somit kann auch die Gewährung Naturalunterhalts bewirken, dass eine unterhaltsberechtigte Person bei der Berechnung des unpfändbaren Arbeitseinkommens herauszurechnen ist.
Grundsätzlich dürften beide Elternteil zum Unterhalt gegenüber dem Kind verpflichtet sein. Die Leistung des Unterhalts dürfte sich nach dem Einkommen des jeweiligen Elternteils richten.
Die Ehefrau des Schuldners hat mehr als das doppelte an monatlichen Einnahmen als der Schuldner. Es ist daher davon auszugehen, dass der monatliche Barunterhalt durch die Ehefrau des Schuldners allein getragen wird.
Die Tochter des Schuldners hat daher ebenfalls bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens unberücksichtigt zu bleiben.
Einer Kostenentscheidung bedarf es wegen §788 ZPO nicht.