Sozialgericht Osnabrück
Urt. v. 05.05.2005, Az.: S 22 AS 295/05

Umfang der Hilfebedürftigkeit für Grundsicherung eines Arbeitsuchenden; Berechnung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Anwendung der Produktmethode

Bibliographie

Gericht
SG Osnabrück
Datum
05.05.2005
Aktenzeichen
S 22 AS 295/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 45500
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGOSNAB:2005:0505.S22AS295.05.0A

Tenor:

  1. 1.

    Der Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 6. Juli 2005 wird unter Maßgabe der Ziffer 2 abgeändert.

  2. 2.

    Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 60,- EUR zu gewähren.

  3. 3.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  4. 4.

    Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten, in welcher Höhe die Beklagte dem Kläger Leistungen für Unterkunft nach § 22 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zu gewähren hat.

2

Der Kläger bewohnt eine 1952 bezugsfertig gewordene Wohnung mit einer Gesamtwohnfläche von 50 m². Die Höhe der Kaltmiete beträgt monatlich 260,31 EUR, die Nebenkosten belaufen sich auf monatlich 48,- EUR. Im Rahmen der Heizkosten erfolgt eine monatliche Abschlagzahlung an die Stadtwerke E. AG in Höhe von 31,- EUR für Gas (Bescheinigung vom 23. August 2004).

3

Der Kläger steht seit dem 1. Januar 2005 im Leistungsbezug des SGB II. Mit Bescheid vom 8. Juni 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 in Höhe von 617,- EUR monatlich (= 345,- EUR Regelleistung zuzüglich 247,50 EUR Leistungen für Unterkunft und 31,- EUR Leistungen für Heizung abzüglich 6,50 EUR Warmwasseranteil). Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 6. Juli 2005 zurückgewiesen.

4

Der Kläger hat am 25. Juli 2005 Klage erhoben. Er trägt vor, dass die von der Beklagten zur Ermittlung der angemessen Kosten der Unterkunft herangezogene Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) nicht anwendbar sei und seine Kosten für die Unterkunft angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II seien. Danach habe er Anspruch auf weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 60,81 EUR.

5

Der Kläger beantragt sinngemäß,

  1. 1.

    den Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 6. Juli 2005 unter Maßgabe der Ziffer 2 abzuändern

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung der tatsächlichen Mietkosten zu gewähren.

6

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Sie hält an ihrer Entscheidung fest und trägt vor, dass sich die angemessenen Kosten der Unterkunft inklusive Betriebskosten unter Berücksichtigung der Tabelle zu § 8 WoGG auf 247,50 EUR beliefen. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb von der bisherigen Anwendung der Wohngeldtabelle abgewichen werden müsse.

8

Die Kammer hat die Beteiligten mit gerichtlicher Verfügung vom 22. Februar 2006 zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.

9

Die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die weiteren Gerichtsakten zu den Verfahren mit den Aktenzeichen S F. ER (Beschluss der Kammer vom 14. November 2005 für die Zeit vom 20. Oktober 2005 bis 31. Dezember 2005) und S G. ER (Beschluss der Kammer vom 22. Februar 2006 für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 30. Juni 2006) sind Gegenstand der Entscheidung gewesen. Auf ihren Inhalt wird ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

10

Die Kammer konnte gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf, denn die bisherigen Beschlüsse der Kammer in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hatten bereits die hier zu entscheidende Problematik der Bestimmung der angemessen Kosten der Unterkunft zum Gegenstand. Der Sachverhalt ist geklärt und die Beteiligten sind mit gerichtlicher Verfügung vom 22. Februar 2006 angehört worden.

11

Die zulässige Klage ist in dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 6. Juli 2005 ist teilweise rechtswidrig und wird deshalb abgeändert. Der Kläger ist in Höhe von weiteren 60,- EUR monatlich hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 SGB II. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

12

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Gesetz Personen, die (unter anderem) hilfebedürftig sind. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern kann. Dabei setzt sich der Bedarf aus Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Form der Regelleistung nach § 19 Satz 1 Nr. 1, 20 SGB II und den Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 19 Satz 1 Nr. 1, 22 SGB II zusammen.

13

Die zwischen den Beteiligten allein streitigen Leistungen für Unterkunft und Heizung werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Das Gesetz definiert dabei den Begriff der angemessenen Aufwendungen nicht. Das Gesetz sieht allerdings vor, dass durch Rechtsverordnung zu bestimmen ist, welche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung angemessen sind (§ 27 Nr. 1 SGB II). Dabei ist der Begriff der Angemessenheit ein unbestimmter Rechtsbegriff, der in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen , Beschluss vom 1. April 2005 - L 8 AS 55/05 ER -).

14

Die Kammer legt hinsichtlich der Bestimmung der angemessenen Größe der Wohnung weiterhin (vgl. Beschlüsse der Kammer in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes) die Wohnraumförderungsbestimmungen des Landes Niedersachsen (Punkt 11.2 des Erlasses des Ministeriums vom 27. März 2003 - 54-25 100-3/7 - Nds. MBl. S. 580) zu Grunde. Danach ist die Wohnung des Klägers mit einer Gesamtfläche von 50 m² angemessen.

15

Für die Beurteilung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft ist weiterhin entgegen der Auffassung der Beklagten auf den Mietspiegel der Stadt E. und nicht auf die Tabelle zu § 8 WoGG abzustellen. Zwar ist es grundsätzlich möglich, auch die Tabelle zu § 8 WoGG zur Bestimmung der Angemessenheit heranzuziehen. Gibt es jedoch mehrere Möglichkeiten zur Bestimmung der angemessenen Miete, ist diejenige zu wählen, die die entscheidungserheblichen örtlichen Mieten besser abbildet. Das ist nach Überzeugung der Kammer der Mietspiegel der Stadt E. aus dem Jahre 2005 (nach Auswertung der neuen Informationen zum Datenmaterial des Mietspiegels ebenso bereits die 16. Kammer des Sozialgerichts Osnabrück, Urteile vom 22. Dezember 2005 - S H. - und - S I. - sowie die erkennende Kammer, Urteil vom 15. Februar 2006 - S J. -).

16

Dabei kann es dahin stehen, dass es sich bei dem Mietspiegel der Stadt E. nicht um eine qualifizierten Mietspiegel im Sinne des § 558 d Bürgerliches Gesetzbuch, sondern um einen einfachen Mietspiegel handelt (auf dieses Unterscheidungskriterium hinweisend: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen , Beschluss vom 28. November 2005 - L 8 AS 181/05 ER -). Denn aufgrund des Umstandes, dass der Mietspiegel aus allen laufenden Wohngeldfällen und darüber hinaus aus Datenmaterial sowohl der Interessenvertretungen der Vermieter als auch der Mieter ermittelt wird und insgesamt ca. 13.300 Datensätze umfasst, stellt der Mietspiegel eine verlässliche Grundlage dar, um das Preisniveau auf dem örtlichen Mietmarkt bestimmen zu können. Er spiegelt ein ausgewogenes Bild des Mietenmarktes wider. Eine verzerrende Darstellung des Mietniveaus wird durch Berücksichtigung der Fachkunde derjeniger, die maßgeblich am örtlichen Wohnungsmarkt auftreten und der Beteiligung der gegensätzlichen Interessengruppen vermieden. Es erfolgt des weiteren eine jährliche Anpassung des Mietspiegels.

17

Der Mietspiegel der Stadt E. ist den Tabellenwerten zu § 8 WoGG vorzuziehen, denn er gibt die "Besonderheiten des Einzelfalles", wie es § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II fordert, besser wieder. Der Mietspiegel der Stadt E. beruht, im Gegensatz zu den Tabellenwerten zu § 8 WoGG, auf Ermittlungen und Beobachtungen des Wohnungsmarktes in E ... Insoweit ist zu beachten, dass sich weder aus der Gesetzesbegründung noch aus anderen Quellen ergibt, auf welcher Datengrundlage die Tabellenwerte zu § 8 WoGG ermittelt worden sind. Dies ist für die Zwecke der Gewährung des Wohngeldes auch nicht erforderlich, denn die Wohngeldtabelle dient ihrem Zweck nach nicht dazu, den örtlichen Wohnungsmarkt in Bezug auf die Höhe der Miete zu erfassen. Sie stellt vielmehr lediglich eine Bezugsgröße für die Bemessung eines staatlichen Wohnungszuschusses dar. Wegen der dargestellten Unzulänglichkeiten hat die Rechtsprechung zum Bundessozialhilfegesetz (vgl. Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 27. November 1986 - BVerwG 5 C 2.85 - = BVerwGE 75, 168 ; Urteil vom 07. Mai 1987 - BVerwG 5 C 36.85 - = BVerwGE 77, 232; Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 29. Januar 2004 - 12 LB 454/02 -) deshalb zu Recht immer wieder betont, dass auf die Wohngeldtabelle nur dann als Ausgangspunkt zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten zurückgegriffen werden darf, wenn andere Anhaltspunkte zur Bestimmung des Mietpreisniveau nicht vorhanden sind. Diese Vorgabe verkennt die Beklagte, wenn sie vorträgt, dass sie keinerlei Veranlassung sähe, die Anwendung der Wohngeldtabelle zu überdenken. Der Mietspiegel der Stadt E. differenziert darüber hinaus zwischen sieben verschiedenen Fertigstellungszeiträumen, während die Wohngeldtabelle lediglich vier Zeiträume erfasst. Des weiteren können die Tabellenwerte zu § 8 WoGG in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung trotz des durch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung teilweise zugesprochenen zusätzlichen 10% bzw. 20% des jeweiligen Höchstbetrages nicht die Aktualität erreichen, die der Mietspiegel der Stadt E. aus dem Jahre 2005 aufweist. Denn der Mietspiegel aus dem Jahr 2005 beruht auf Daten aus den Jahren 2001 bis 2004 und wird jährlich unter Berücksichtigung der jeweils letzten vier Jahre den veränderten Mietenverhältnissen angepasst. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich die Wohngeldtabelle auf dem Stand des Jahres 2001 befindet und seitdem nicht überarbeitet worden ist. Hinzu kommt, dass die in der Wohngeldtabelle erfassten Werte bereits nach der Gesetzesbegründung nicht einmal das Mietpreisniveau des Jahres 2001 wiedergeben, sondern die Mietenentwicklung seit der letzten Neufassung der Tabellenwerte nur etwa zur Hälfte erfasst haben (vgl. Schwerz in: NOMOS - Bundesrecht, Erläuterungen zum Deutschen Bundesrecht, Wohngeldgesetz, § 8 m.w.N.).

18

Unter Berücksichtigung des Mietspiegels der Stadt E. ergibt sich danach ein angemessener Mietpreis von 5,19 EUR/m². Dabei legt die Kammer unter Beachtung des Umstandes, dass Hilfeempfänger auf den unteren Bereich der marktüblichen Wohnungsmieten zu verweisen sind, den Durchschnitt der drei unteren Spalten ([4,98 EUR + 5,25 EUR + 5,36 EUR]: 3) in der Zeile "Wohnungsgröße in Quadratmetern über 40 - 60" seiner Entscheidung zu Grunde. Anders als in den Gründen des Beschlusses vom 14. November 2005 für den hier streitgegenständlichen Zeitraum geht die Kammer nunmehr davon aus, dass in der Stadt E. eine ausreichende Anzahl von Wohnraum, der bis zum 31. Dezember 1948 fertig gestellt wurde, angeboten wird. Denn nach Angaben des für die Aufstellung des Mietspiegels zuständigen Mitarbeiters ist offenbar geworden, dass es keine Rechtfertigung dafür gibt, die bis 1948 bezugsfertig gewordenen Wohnungen aus der Ermittlung herauszunehmen. Nach den Ausführungen des Mitarbeiters betreffen 13,21% (= 1.800 Datensätze) der erfassten Daten die bis 1948 bezugsfertig gewordenen Wohnungen. Auch die aus der Wohngebäudezählung des Jahres 1987 erhobenen Bestandsdaten belegen, dass in ausreichender Zahl Wohnungen vorhanden sind, die dieser Baualtersklasse zuzuordnen sind. Die Bestimmung der angemessen Kosten der Unterkunft an dem Durchschnitt der drei unteren Spalten hat darüber hinaus den Vorteil, dass der Begriff der Angemessenheit klar und eindeutig bestimmt wird, auch um der Beklagten und den Leistungsbeziehern eine deutliche "Richtlinie" an die Hand zu geben (vgl. dazu Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen , Beschluss vom 17. Oktober 2005 - L 8 AS 258/05 ER -). Da sich jede Veränderung des Mietenmarktes in E. in dem jährlich neu festgestellten Mietspiegel niederschlägt, kann somit relativ zeitnah auf die Veränderung reagiert und auf den dann maßgeblichen Wert der unteren drei Spalten zurückgegriffen werden.

19

Der Wert von 5,19 EUR wird dabei auch durch die eingeholten Auskünfte der großen, im Zuständigkeitsbereich der Beklagten tätigen Wohnungsanbieter bestätigt. Nach den von der Kammer aus vergleichbaren Verfahren beigezogenen schriftlichen Angaben der K. Wohnungsbaugesellschaft mbH zu den im Jahre 2005 angebotenen Wohnungen beträgt die durchschnittliche Nettomiete 5,165 EUR/m². Entsprechend den Angaben der Heimstättenverein E. Wohnungsbau-Genossenschaft wurden für die von dieser Gesellschaft im Jahre 2005 angebotenen Wohnungen bis 50 m² zu einer von Ausstattung und Lage der Wohnungen abhängigen Nettomiete zwischen 3,60 und 5,54 EUR/m² angeboten. Die L. Wohnungsbaugesellschaft mbH gibt einen Durchschnitt von 5,15 EUR/m² an. Entsprechend den schriftlichen Ausführungen der Wohnungsbaugenossenschaft E. eG liegt die Nettodurchschnittsmiete der im Jahre 2005 angebotenen Wohnungen zwar bei 4,60 EUR/m². In diesem Wert sind jedoch alle Wohnungen bis 70 m² erfasst. Mit Rücksicht darauf, dass die Nettomiete bei gleicher Lage und Ausstattung mit der Wohnungsgröße abnimmt, dürfte der Wert für die hier in Rede stehenden kleinen Wohnungen aber ebenfalls diesem Wert entsprechen. Dass der von der Kammer als angemessen erachtete Wert von 5,19 EUR/m² teilweise geringfügig über den Werten der im Zuständigkeitsbereich der Beklagten tätigen Wohnungsbaugesellschaften liegt, vermag an dem Ergebnis nichts zu ändern. Denn vor dem Hintergrund einer ausstehenden gesetzlichen Konkretisierung erscheint es sachgerecht, zwischen mehreren in der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis entwickelten Modellen zur Berechnung der angemessenen Kosten für die Unterkunft auf einen für den Hilfebedürftigen eher günstigen Maßstab zurückzugreifen. Es ist nämlich davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber der erheblichen Ausweitung des von der gesetzlichen Regelung betroffenen Personenkreises und der danach zu erwartenden stärkeren Nachfrage auf bestimmten Teilbereichen der örtlichen Wohnungsmärkte Rechnung tragen wird.

20

Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten ist sodann aus dem Produkt des Quadratmeterpreises und der abstrakt ermittelten angemessenen Wohnungsgröße zu ermitteln (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen , Beschluss vom 24. August 2005 - L 19 B 28/05 AS ER -; Berlit in: LPK-SGB II, § 22, Rn. 32).

21

Unter Anwendung dieser Produktmethode ergibt sich bei einer im Falle des Klägers angemessenen Wohnungsgröße von 50 m² und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Miete in Höhe von 5,19 EUR/m² ein Betrag von 259,50 EUR als Kaltmiete (ohne Betriebskosten). Die Kaltmiete des Klägers in Höhe von 260,31 EUR liegt damit um 0,81 EUR über dem von der Kammer als angemessen erachteten Betrag. In dieser Höhe ist die Klage unbegründet. Die Kammer geht dabei unter Beachtung der von den Wohnungsbaugesellschaften in der Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. November 2005 angebotenen 208 Wohnungen bis 50 m² ohne Berücksichtigung der Wohnungsangebote der K. Wohnungsbaugesellschaft mbH und der Wohnungsangebote von Privatpersonen davon aus, dass bei einem Quadratmeterpreis von 5,19 EUR ausreichender Wohnraum in E. zur Verfügung steht (andere Auffassung unter Berücksichtigung der dortigen besonderen Umstände des Einzelfalls: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen , Beschluss vom 5. April 2006 - L 7 AS 424/05 ER -)

22

Darüber hinaus hat die Beklagte die tatsächlich anfallenden Betriebskosten des Klägers zu übernehmen.

23

Als angemessene Unterkunftskosten sind grundsätzlich die nach dem Mietvertrag geschuldeten Betriebskosten zu berücksichtigen, soweit diese nicht ausnahmsweise aus besonderen Gründen unangemessen oder nicht auf den Mieter umgelegt werden dürfen (vgl. etwa Sozialgericht Aurich , Urteil vom 12. Oktober 2005 - S 15 AS 159/05 -; Berlit in: LPK-SGB II, § 22, Rn. 17). Denn die Betriebskosten sind dem Vermieter geschuldet und können nicht durch den Leistungsempfänger als Mieter beeinflusst werden (vgl. hierzu ausführlich: Urteil der Kammer vom 15. Februar 2006 - S 22 AS 363/05 -)

24

Unter Beachtung dieser Vorgaben sind die tatsächlichen Betriebskosten in Höhe von 48,- EUR angemessen. Dass die Betriebskosten unangemessen hoch sind oder von dem Kläger aufgrund mietrechtlicher Regelungen nicht verlangt werden können, wurde von der Beklagten nicht vorgetragen und ist auch ansonsten nicht ersichtlich; zumal die von dem Kläger zu zahlenden Betriebskosten mit 0,96 EUR/m² selbst deutlich unter dem bereits niedrigsten Durchschnittswert für Betriebskosten in Niedersachsen in Höhe von 1,09 EUR/m² (ohne Kosten für Aufzug und Heizung) liegen (vgl. Betriebskostenspiegel für das Land Niedersachsen unter "http://www.mieterbund.de/presse/main presse download.html bks" [Stand 3. Mai 2006]).

25

Die Beklagte hat die Kosten der Heizung in Höhe von 31,- EUR abzüglich 6,50 EUR Warmwasseranteil (= 24,50 EUR), die im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig sind, zutreffend ermittelt.

26

Danach ist dem Kläger ein weiterer Betrag in Höhe von monatlich 60,- EUR für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 auszuzahlen (259,50 EUR angemessene Kaltmiete zuzüglich 48,- EUR angemessene Betriebskosten und 24,50 EUR angemessene Heizkosten abzüglich bereits bewilligter 272,- EUR für Leistungen der Unterkunft und Heizung). Bereits in Ausführung des Beschlusses der Kammer vom 14. November 2005 gezahlte Beträge sind zu berücksichtigen.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG. Dabei hat die Kammer alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (vgl. Meyer-Ladewig/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Auflage 2005, § 193, Rn. 12 b). Danach war die Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der vollen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auszusprechen. Die Beklagte hat, ohne Erhebungen am örtlichen Wohnungsmarkt anzustellen, 247,50 EUR als angemessene Kosten der Unterkunft festgesetzt. Sie hat damit Anlass zur Klageerhebung gegeben. Die Kammer hat sich des weiteren von der Erwägung leiten lassen, dass der Kläger lediglich in einem Umfang von 0,81 EUR monatlich mit seinem Klagebegehren nicht durchdringen konnte.

28

Der Gerichtsbescheid kann sowohl von dem Kläger als auch von der Beklagten im Hinblick auf die Regelung des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache mit dem Rechtsmittel der Berufung angefochten werden. Auf die beiliegende Rechtsmittelbelehrung wird verwiesen.