Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 29.10.1999, Az.: Ss 356/99 (II/203)
Feststellungen zum Vorsatz beim Führen eines überladenen Lastzuges
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 29.10.1999
- Aktenzeichen
- Ss 356/99 (II/203)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1999, 32882
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1999:1029.SS356.99II.203.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Nordhorn - 13.08.1999 - AZ: 72 Js 24314/99
Rechtsgrundlage
- § 80a Abs. 2 Nr. 1 OWiG
Verfahrensgegenstand
Verkehrsordnungswidrigkeit
In dem Bußgeldverfahren
...
hat der Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Oldenburg
durch
den Richter am Oberlandesgericht xxx Einzelrichter (§ 80a Abs. 2 Nr. 1 OWiG)
am 29. Oktober 1999
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Nordhorn vom 13. August 1999 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird an die bisher zuständige Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.
Sie hat auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde zu entscheiden.
Gründe
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen vorsätzlichen Führens eines um 74% überladenen Lastzuges eine Geldbuße von 800,-- DM festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat vorerst Erfolg, weil die bisherigen Feststellungen lückenhaft sind und einen Schuldvorwurf zur inneren Tatseite nicht tragen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat insoweit ausgeführt:
Zwar hat das Amtsgericht rechtsfehlerfrei eine Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichts des Lastzuges um 74 Prozent festgestellt. Das angefochtene Urteil kann aber deshalb keinen Bestand haben, weil durch die Feststellungen ein vorsätzliches Verhalten des Betroffenen nicht hinreichend belegt ist.
Das Amtsgericht hat eine bewusste Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichts damit begründet, dass eine Überladung in einer solchen Größenordnung auf jeden Fall vom Fahrzeugführer festgestellt werden könne, weil das Fahrzeug mit einer derartigen Überladung in Kurven und beim Bremsen ganz anders reagiere als ein nicht überladenes Fahrzeug. Diese Schlußfolgerung begegnet rechtlichen Bedenken. Auch wenn bei einer Überladung von 74 Prozent ein zumindest bedingter Vorsatz nahe liegen mag, teilen die Urteilsgründe keine weiteren Umstände mit, aus denen sich ergibt, dass der Betroffene von der Überladung tatsächlich Kenntnis hatte. Insbesondere ergibt sich aus den tatrichterlichen Feststellungen nicht, aufgrund welcher Anzeichen die kontrollierenden Polizeibeamten eine Gewichtsüberschreitung vermuteten, von welcher Art die Ladung war und welche Gewichtsangaben der Verlader gegenüber dem Betroffenen vor dem Transport gemacht hatte. Der vom Amtsgericht festgestellte Sachverhalt ist daher lückenhaft.
Dem wird beigetreten mit dem ergänzenden Bemerken, daß die bisherigen Feststellungen auch den Schuldvorwurf der Fahrlässigkeit (noch) nicht tragen. Weder werden, wie von der Verteidigung zu Recht bemängelt, erkennbare konkrete für eine Überladung sprechende Umstände genannt, noch enthält das Urteil Anhaltspunkte dafür, daß etwa der Betroffene konkreten Anlaß hatte, aus anderen Gründen Zweifel an der Einhaltung der erlaubten Höchstlademenge zu haben. Dies könnte allerdings anders sein, wenn sich in der neuen Hauptverhandlung z.B. feststellen ließe, daß der Betroffene bereits zuvor einen in ähnlicher Weise überladenen Lastzug geführt hat und ihm dies polizeilich vorgehalten worden ist, und in beiden Fällen die Überladung vom gleichen - somit ersichtlich unzuverlässigen - Personenkreis vorgenommen bzw. veranlaßt worden war, mögen auch die dem Betroffenen von dort mündlich oder schriftlich gemachtenAngaben jeweils nicht auf eine Überladung hingewiesen haben, denn dann durfte er vorliegend derartigenAngaben nicht mehr ohne weiteres vertrauen.