Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 15.10.1999, Az.: 1 WS 518/99

Anrechnung einer vollstreckten Untersuchungshaft auf die vollziehende Freiheitsstrafe nach der Berücksichtigung eines Maßregelvollzugs

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
15.10.1999
Aktenzeichen
1 WS 518/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1999, 29118
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1999:1015.1WS518.99.0A

Amtlicher Leitsatz

Vollstreckte Untersuchungshaft ist nach Berücksichtigung des Maßregelvollzuges gemäß § 67 Abs. 4 Satz 1 StGB auf die zu vollziehende Freiheitsstrafe anzurechnen.

Gründe

1

Die vor Beginn des Maßregelvollzuges erlittene Untersuchungshaft ist wie die Organisationshaft erst nach Berücksichtigung der Maßregelzeit auf die Freiheitsstrafe anzurechnen, § 67 Abs. 4 Satz 1 StGB. Diese Beurteilung ist allerdings in Rechtsprechung und im Schrifttum streitig.

2

Das Bundesverfassungsgericht hat die Entscheidung über die Anrechnung der Untersuchungshaft in Fällen der vorliegenden Art den Fachgerichten überlassen, NStZ 1998, 77 f. [BVerfG 18.06.1997 - 2 BvR 2422/96], Wolf in Pohlmann/Jabel/Wolf, StVollstr.O., 7. Aufl., vertritt die Auffassung, nach zwei Dritteln der Strafe sei jede Anrechnung ausgeschlossen, das letzte Drittel der Freiheitsstrafe müsse für eine mögliche Strafaussetzung zur Bewährung erhalten bleiben. Diese Auffassung wird vom OLG Zweibrücken geteilt, NStZ 1996, 357. Es weist aber bereits darauf hin, dass sich daraus nach den Unwägbarkeiten von Dauer und Ablauf des Strafverfahrens im Einzelfall Nachteile für den Verurteilten ergeben können, die hinzunehmen seien.

3

Der Senat misst diesem Gesichtspunkt mehr Gewicht bei. In Fällen, in denen nicht lange Freiheitsstrafen in Verbindung mit einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach vorangegangener längerer Untersuchungshaft verhängt werden, kann die durch die Vorabberücksichtigung der Untersuchungshaft eingeschränkte Zeit der Unterbringung zu einer mit dem Übermaßverbot nicht mehr zu vereinbarenden Ausdehnung des Freiheitsentzugs führen. Dem kann in einschlägigen Verfahren nicht durch ausgleichende Einzelentscheidungen begegnet werden. Es bedarf vielmehr einer grundsätzlichen Lösung. Der Senat sieht wie das Landgericht in der nachträglichen Berücksichtigung der Untersuchungshaft bei der Strafzeitberechnung (vgl. OLG Düsseldorf StV 1996, 47; OLG Celle, Beschluss vom 20.08.1996 - 3 Ws 196/96; Schönke-Schröder/Stree, StGB, 25. Aufl., Rn. 3 zu § 67; Tröndle-Fischer, StGB, 49. Aufl., Rn. 13 zu § 67).