Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 24.06.2021, Az.: 6 A 480/18

Dauersporangien; Entorgung Reststoffe Kartoffelanlieferung; Erreger Kartoffelkrebs; Kartoffelkrebs; Kartoffelkrebserreger; Kartoffelsieberde; Resterde; Schadorganismen

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
24.06.2021
Aktenzeichen
6 A 480/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 71013
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen pflanzenschutzrechtliche Anordnungen der Beklagten hinsichtlich der Entsorgung von Reststoffen aus der Anlieferung von Kartoffeln.

Die Klägerin betreibt in Niedersachsen ein Werk zur Herstellung von Kartoffelstärke. Die dazu benötigten Stärkekartoffeln werden aus betriebsfremden Anbau angeliefert. Die bei der Herstellung anfallenden Reststoffe, wie Sieberde, Humuserde, Bioschlamm, Waschwasser und Pflanzenreste werden weiterverwertet.

Mit Schreiben vom 12. Juni 2018 informierte die Beklagte die Klägerin über die notwendige Bekämpfung des Kartoffelkrebses und kündigte eine Beprobung der in dem Betrieb der Klägerin anfallenden Resterden an. Am 26. September 2018 nahm die Beklagte in dem Betrieb der Klägerin Proben der Kartoffelsieberde, der Sedimentationserde und aus Resten der Feststofftrennung. Die Proben wurden in dem Labor des Pflanzenschutzamtes der Beklagten auf arttypische Dauersporangien des Erregers des Kartoffelkrebses (Synchytrium endobioticum (Schilbersky) Percival) untersucht. Ausweislich des Laborberichts wurden in der Probe der Kartoffelresterde auf 100 g Erde 26 Dauersporangien des Erregers des Kartoffelkrebses festgestellt (Bl. 12 d. BA001). Die Proben aus der Sedimentationserde und aus den Resten der Feststofftrennung ließen sich im Labor nicht bearbeiten und blieben ohne Befund (Bl. 11 und 13 d. BA001).

Daraufhin ordnete die Beklagte mit Bescheid vom 10. Oktober 2018 gegenüber der Klägerin an, die bei der Anlieferung von Kartoffeln anfallenden Erd- und Pflanzenreste entweder zu vernichten (d.h. zu verbrennen) oder so zu entsorgen, dass sie nicht auf gärtnerisch genutzten Anbauflächen gelangen könnten. Zu den gärtnerisch genutzten Flächen gehörten Privatgärten, Flächen für den Obst-, Gemüse- und Zierpflanzenanbau sowie Baumschulen (Ziffer 1). Zu den nach Ziffer 1 zu entsorgenden Reststoffen gehörten auch Sieb- und Humuserden, Bioschlämme, Waschwasser und Pflanzenreste, die bei der äußeren Reinigung oder bei Waschvorgängen anfielen (Ziffer 2). Weiter ordnete die Beklagte an, die bei der Reinigung des Betriebsgeländes anfallenden Erden und Pflanzenreste ebenfalls nach Ziffer 1 zu behandeln (Ziffer 3). Für den Fall, dass die Entsorgung der unter Ziffer 1 bis 3 bezeichneten Reststoffe einem Dritten übertragen würden, sei dieser über die Anordnungen zu informieren, wobei die Klägerin für die Sicherstellung einer den Anordnungen entsprechenden Entsorgung verantwortlich bliebe (Ziffer 4). Der Bescheid bliebe solange wirksam, bis er aufgrund eines Nachweises der Freiheit der unter Ziffern 1 bis 3 genannten Reststoffe von Dauersporangien des Kartoffelkrebses ausdrücklich und schriftlich aufgehoben worden sei (Ziffer 5). Schließlich führte die Beklagte aus, der Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer Niedersachsen könne weitere Untersuchungen zum Vorkommen des Erregers des Kartoffelkrebses „Synchytrium endobioticum“ in dem Betrieb der Klägerin durchführen (Ziffer 6).

Zur Begründung des Bescheides führte die Beklagte an, der Kartoffelkrebs, hervorgerufen durch den Schadorganismus Synchytrium endobioticum (Schilbersky) Percival, gehöre zu den gefährlichsten Krankheiten der Kartoffel und sei in der Europäischen Union strengen Regelungen unterworfen. Der Kartoffelkrebserreger sei in der Richtlinie 2000/29/EG als Schadorganismus aufgeführt, dessen Einschleppung in die Mitgliedsstaaten sowie Ausbreitung in den Mitgliedstaaten verboten sei. Die Dauersporangien des Kartoffelkrebserregers könnten im Boden 20 bis 40 Jahre überleben. Eine nachhaltige und umfassende Bekämpfung des Kartoffelkrebses könne nur durch den langfristigen Verzicht auf einen Kartoffelanbau auf befallenden Flächen sowie durch die Verhinderung der Verschleppung des Erregers auf weitere Felder und nicht befallene Gebiete erreicht werden. Aufgrund des Nachweises von Dauersporangien des Kartoffelkrebserregers in der in dem Betrieb der Klägerin anfallenden Resterde aus der Anlieferung von Kartoffeln bestehe die Gefahr der Verschleppung und weiteren Ausbreitung des Kartoffelkrebserregers. Daher sei sie nach den einschlägigen Bestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes und der Pflanzenbeschauverordnung zu der Anordnung der genannten Maßnahmen berechtigt und verpflichtet. Die Anordnungen seien auch verhältnismäßig. Die Gefahr der Ausbreitung des Kartoffelkrebses durch Dauersporangien in befallenem Pflanzengewebe und durch kontaminierten Boden von Befallsflächen könne nur verhindert werden, wenn die in dem Betrieb der Klägerin anfallenden Reststoffe nicht auf ackerbaulich oder gärtnerisch genutzte Anbauflächen gelangten.

Dagegen hat die Klägerin am 9. November 2018 Klage erhoben. Sie trägt zur Begründung vor, der Bescheid sei rechtswidrig. Im Hinblick auf die Anordnungen in den Ziffern 1 bis 3 fehle es bereits an dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen. Es lägen keine Tatsachen dafür vor, dass in allen der in ihrem niedersächsischen Betrieb anfallenden Resterden, Sporen nachgewiesen worden seien. Es sei zweifelhaft, dass an einer Probe der Kartoffelsieberde Dauersporen des Erregers des Kartoffelkrebses nachgewiesen worden seien. Der vorgelegte Nachweis unterscheide nicht zwischen lebensfähigen und toten Sporen. Handele es sich bei den nachgewiesenen Sporen lediglich um tote Sporen, dann wäre der Befund negativ. Überdies sei unklar, welche Diagnosemethode dem Befund zugrunde gelegen habe, ob also eine Untersuchungsmethode gewählt worden sei, die dem aktuellen Stand der Technik entspreche und den Nachweis von lebensfähigen Dauersporen hinreichend sicher erbringen könne. Soweit die Anordnungen auch die aus der Sedimentationserde und der Feststofftrennung gewonnenen Resterden umfassten, seien sie bereits aufgrund des fehlenden Nachweise von Dauersporangien rechtswidrig. Ein Nachweis für die Sedimentationserde und die aus der Feststofftrennung gewonnene Resterde könne auch nicht mit dem Verweis auf einen positiven Sporenbefall in der Kartoffelsieberde dahinstehen. Die insofern erforderliche Differenzierung ergebe sich aus den unterschiedlichen Prozessschritten: Grob anhaftende Erde, Kraut und kleine Kartoffeln fielen bei der Trockenenterdung mittels eines Spiral-Trockenenterders an. Bei diesem Prozess der Trockenenterdung werde die mit sporenbefallene Kartoffelsieberde gewonnen. Demgegenüber werde bei der Sedimentation und der Feststofftrennung eine Nassenterdung vorgenommen, wobei der verbleibende Erdbesatz durch intensive Waschprozesse mit chemischen Zusätzen und einem pH-Wert in Höhe von 4,5 über Trommelwäscher, Siebe, Lamellenabscheider(?) und Bandpressen gereinigt würde.

Darüber hinaus liege auch keine Gefahr vor. Zweck des Pflanzenschutzgesetzes und dementsprechend auch der auf seiner Grundlage ergangenen Rechtsverordnungen sei die Abwendung konkreter, drohender Gefahren von Pflanzen. Umfasst seien Sachlagen, bei denen im konkreten Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehe, dass in absehbarer Zeit bei ungehindertem Geschehensablauf ein Schaden für das jeweilige Rechtsgut eintrete. Möglich sei aber auch ein Tätigwerden im Vorfeld durch aktive Vorbeugungsmaßnahmen, d.h. im Stadium der abstrakten Gefahren. Es sei demnach das Vorliegen eines abstrakten Sachverhalts erforderlich, bei dem ein Gefahreneintritt typischerweise zu befürchten sei. Vorliegend liege aber weder eine konkrete noch eine abstrakte Gefahr vor. Der Kartoffelkrebs befalle ausschließlich nicht-resistente Kartoffelsorten. Es bestehe hingegen keine Gefahr, sofern die anfallenden Erdreste etwa auf Ackerbauflächen aufgebracht würden, auf denen kein Kartoffelanbau stattfinde oder auf unkritische Kreisläufe wie Privatgärten oder Dauergrünland. Auf diesen Flächen sei eine Ausbreitung des Kartoffelkrebses auszuschließen. In diesen Böden vermöge der Erreger zwar für einen längeren Zeitraum überdauern. Er würde sich dort aber nicht etablieren oder ausbreiten, sondern erwartungsgemäß nach 20 bis 40 Jahren eingehen. Solange auf diesen Böden keine nicht-resistenten Kartoffelsorten angebaut würden, sei eine weitere Ausbreitung des Erregers ausgeschlossen. Schließlich gehe auch das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz ausweislich ihrer Hinweisschreiben vom 23. November 2016 und 29. Juni 2018 davon aus, dass ein Ausbringen von Resterden auf nichtlandwirtschaftlichen Flächen und selbst auf Ackerflächen zulässig sei. Zudem bestünden eine Vielzahl von gesetzlichen Regelungen, die einer Verbreitung des Kartoffelkrebses trotz Ausbringung von mit Kartoffelkrebssporen befallenen Erden entgegenstünden. Nach §§ 4 ff. KartKrebs/KartZystV stünden Behörden umfangreiche Möglichkeiten zu, sobald Kartoffeln auf einer Anbaufläche mit Kartoffelkrebs befallen seien. Auch dürften nach § 13b PflBeschauV im Freiland angezogene, bewurzelte Pflanzen, eingepflanzt oder zum Anpflanzen, nur dann verbracht werden, wenn der Erzeugungsort nachweislich als frei von Kartoffelkrebs bekannt sei. Nach § 14 Satz 3 KartKrebs/KartZystV gelte für Flächen nach der Ausbringung von Resterden ein Anbauverbot für Kartoffeln von sechs Jahren. Sofern sich diese Regelung primär auf Kartoffelzystennematoden beziehe, schütze sie im Ergebnis auch vor der Verbreitung des Kartoffelkrebses.

Darüber hinaus mangele es auch an der Erforderlichkeit der angeordneten Maßnahmen. Die Beklagte habe keine Differenzierung zwischen Kartoffelanbauflächen und den übrigen landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Flächen vorgenommen. Eine solche Differenzierung werde aber auch durch die KartKrebs/KartZystV indiziert. § 14 Satz 3 KartKrebs/KartZystV verbiete ausdrücklich die Ausbringung der bei der Weiterverarbeitung von Kartoffeln anfallenden Erden auf Anbauflächen von Kartoffeln. Auch in der KartKrebs/KartZystV werde eine Unterscheidung zwischen den Anbauflächen von Kartoffeln und denen sonstiger Pflanzungen vorgenommen. Die Anlage 2 Nr. 6 KartKrebs/KartZystV lasse ausdrücklich die Ausbringung belasteter Resterden aus der Kartoffelverarbeitung auf solchen landwirtschaftlichen Flächen zu, auf denen kein Kartoffelanbau stattfinde. Eine weitere Beschränkung der Verwertungsmöglichkeiten von Kartoffelerden werde auch durch die die Verordnung umsetzende Richtlinie 2007/33/EG nicht angezeigt. Die genannten Regelungen seien auch auf die vorliegende Problemstellung der Belastung von Resterden mit Kartoffelkrebserregern (entsprechend) übertragbar. Der Wortlaut der Anlage 2 Nr. 6 KartKrebs/KartZystV beschränke die Regelung nicht auf die Bekämpfung von Kartoffelzystennematoden. Eine solche Beschränkung folge auch nicht aus der Überschrift „Anerkannte Behandlungs- und Beseitigungsverfahren für Resterden aus der Kartoffelverarbeitung“. Lediglich die in Nummern 2, 3 und 5 genannten Maßnahmen nähmen ausdrücklich auf die Bekämpfung der Kartoffelzystennematoden Bezug. Auch die entsprechenden Passagen der Verordnungsbegründung enthielten keine Beschränkung auf die Bekämpfung Kartoffelzystennematoden. Vielmehr seien die durch den Befall mit Kartoffelkrebs und mit Kartoffelzystennematoden entstehenden Problemlagen annähernd identisch, sodass auch die Problemlösungsstrategien weitgehend austauschbar seien. Bei beiden Schaderregern sei eine hohe Verbreitungsgefahr auf landwirtschaftlichen Flächen gegeben, soweit dort nicht-resistente Kartoffelsorten und zugleich befallene Pflanzen angebaut oder belastende Resterden ausgebracht würden. Zugleich wiesen beide Schaderreger eine große Resistenz gegen herkömmliche Bekämpfungsverfahren sowie eine relativ lange Überlebensdauer in belasteten Böden auf. Die effektivste Bekämpfungsmöglichkeit sei daher, die Resterden auf landwirtschaftliche Nutzflächen auszubringen, auf denen kein Kartoffelanbau stattfinde. Die Ansicht des Verwaltungsgerichts Osnabrück in seiner Entscheidung vom 23. November 2018 (3 A 103/16), wonach die Maßnahmen der Anlage 2 KartKrebs/KartZystV keine Anwendung fänden, sobald eine positive Beprobung vorliege, überzeuge nicht. Dies ließe sich weder dem Wortlaut noch der Verordnungsbegründung entnehmen. Vor diesem Hintergrund stelle ein Ausbringungsverbot hinsichtlich der tatsächlich positiv auf Kartoffelkrebssporen getesteten Kartoffelsieberde auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, auf denen nichtkartoffelkrebsresistente Kartoffelsorten angebaut würden verbunden mit einer Dokumentations- und Informationspflicht eine milderes, aber gleich geeignetes Mittel dar. Schließlich stelle eine Untersuchung unbehandelter Resterden vor ihrer Ausbringung auf unbelastete Flächen ebenfalls ein milderes Mittel dar. Zudem sei fraglich, ob das Verbot der Ausbringung von Kartoffelerden auf Ackerflächen überhaupt geeignet sei, das Ausbreitungsrisiko von Kartoffelkrebs zu senken. Die Entsorgungsproblematik der Kartoffelerden würde durch die Anordnungen erheblich verschärft, ohne dass damit eine Verringerung des Ausbreitungsrisikos einhergehe. Ohne sachliche Rechtfertigung würde damit ein relevanter Verwertungsweg ausgeschlossen und zusätzlicher Bedarf an Lagerkapazitäten hergestellt, woraus sich neben erheblichen wirtschaftlichen Folgen im Übrigen auch ein signifikantes Gefahrenpotential ergeben könne, etwa für benachbarte landwirtschaftliche Ackerflächen.

Im Übrigen seien die Anordnungen auch nicht angemessen. Sie habe im Vertrauen auf die genannten Hinweise des Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz ein Netzwerk von Abnehmern der Resterde außerhalb der Landwirtschaft aufgebaut. Ferner handele die Beklagte auch nicht konsistent, weil sie nur gegenüber der kartoffelverarbeitenden Industrie Maßnahmen ergreife, nicht aber gegenüber der vergleichbaren rübenverarbeitenden Industrie, die ebenfalls potenziell zur Verbreitung des Kartoffelkrebses beitrage. Insofern messe die Beklagte der Bekämpfung des Kartoffelkrebses nicht die von ihr bemessene hohe Bedeutung bei. Daher sei diese Maßnahme weniger geeignet, das verfolgte Ziel zu erreichen.

Schließlich seien auch die Voraussetzungen von § 8 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 PflSchG nicht gegeben. Ein „Inverkehrbringen“ indiziere, dass der konkrete Gegenstand Teil des Verkehrs bleibe und nicht wie bei einer Entsorgung „aus dem Verkehr gezogen werde“. Zudem dienten die Anordnungen entsprechend den obigen Ausführungen nicht der Bekämpfung von Schadorganismen oder zur Verhütung der Ein- oder Verschleppung sowie der Ansiedlung von Schadorganismen. Eine Gefahr der Einschleppung, Verschleppung oder Ansiedlung von Schadorganismen bestehe nämlich gerade nicht in dem von der Beklagten angenommenen Umfang. Auch hier bliebe zu berücksichtigen, dass die KartKrebs/KartZystV ausdrücklich die Ausbringung der Kartoffelerde auf solchen landwirtschaftlichen Flächen zulasse, auf denen kein Kartoffelanbau stattfinde.

Aus der Rechtswidrigkeit der Anordnungen in Ziffern 1 bis 3 ergebe sich auch die Rechtswidrigkeit der Anordnungen in Ziffern 4 und 5.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2018 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt ihren angefochtenen Bescheid und führt ergänzend aus, anders als die Klägerin darstelle, sei Anlass der Beprobungen von Resterden in kartoffelverarbeitenden Betrieben nicht das Auftreten der Krankheit Kartoffelkrebs gewesen. Vielmehr hätten Nachweise über das Vorhandensein von Dauersporangien des Kartoffelkrebserregers in Anhangerde an niedersächsischen Kartoffelpartien vorgelegen. Um sich einen Überblick über die Verbreitung des Erregers zu verschaffen, seien Mischproben aus Resterden von kartoffelverarbeitenden Betrieben untersucht worden, weil dort eine Vielzahl von Erden verschiedener Flächen zusammenkämen. Da es sich bei Synchytrium endobioticum (Schilbersky) Percival um einen Schaderreger der Kartoffel handele, seien Branchen, in denen die Kartoffel eine Rolle spiele, in der erfolgten Risikobewertung primärer Ansatzpunkt für die angeordneten Maßnahmen.

Die angewandte Untersuchungsmethode sei im EPPO Standard PM 7/28 (2) (Bl. 121 bis 131 d. GA) beschrieben. Sie beruhe auf einer Nasssiebung mit anschließender CaCl2 Fällung. Die Auswertung des Extraktes erfolge über eine mikroskopische Diagnose. Diese Methode sei auf die Untersuchung von siebfähigen Erdproben ausgerichtet und werde im Referenzlabor des C. und in den Labors der Pflanzenschutzdienste der Länder als Standardmethode eingesetzt. Die im Untersuchungsergebnis der bei der Klägerin entnommenen Proben angeführte Anzahl von Dauersporangien beziehe sich ausschließlich auf vitale Dauersporangien, weil nur diese für eine potentielle Verbreitung des Qurantäneschaderregers relevant seien. Tote bzw. leere Dauersporangien würden bei den Untersuchungen als negativ gewertet. Eine Differenzierung zwischen Pathotypen nehme der Verordnungsgeber in Anhang I Teil A Kapitel 2 der Richtlinie 2000/29/EG nicht vor. Auch Schwellenwerte gebe es bei dem Umgang mit Quarantäneschaderregern nicht. Aus biologischer Sicht sei der Kartoffelkrebserreger Synchytrium endobioticum (Schilbersky) Percival in der Lage, über ein einzelnes Sporangium Kartoffeln zu infizieren.

Würde bei der Verarbeitung von Kartoffeln kontaminierte Erde mitgeliefert, so sei davon auszugehen, dass auch die anderen Reststoffe, die bei der äußeren Reinigung der Kartoffel entstünden, mit dem Kartoffelkrebserreger kontaminiert seien. Die Dauersporangien würden weder bei den Waschvorgängen, noch im Sedimentationsverfahren oder in den von der Klägerin angeführten anderen Prozessen abgetötet oder vollständig getrennt. Nach aktuellen Erkenntnissen gebe es keine Möglichkeiten der Abtötung von Dauersporangien des Kartoffelkrebserregers. Sobald Bestandteile aus der äußeren Reinigung (wie z.B. Erdreste) vorhanden seien, sei von einer Kontamination mit Dauersporangien an Reststoffen auszugehen. Entscheidend sei daher das Ergebnis der Untersuchung der Ausgangsresterde.

Würden kontaminierte Resterden auf ackerbaulich oder gärtnerisch genutzte Flächen ausgebracht, könne der Schaderreger bis zu 40 Jahre lang zu Infektionen und damit zu einem Befall führen, wenn Kartoffeln angebaut würden. Über einen derart langen Zeitraum sei es nicht möglich auszuschließen, dass auf einer Fläche, auf der zwar derzeit kein Kartoffelanbau stattfinde, nicht zu einem späteren Zeitpunkt Kartoffeln angebaut würden. Dies sei insbesondere aufgrund der vielfach praktizierten Flächentauschs, möglicher Verpachtungen sowie in Fällen von Eigentümerwechsel von Bedeutung. Eine Dokumentationspflicht über einen Zeitraum von über 40 Jahren sei nicht zielführend. Des Weiteren sei nicht nur der Anbau von Kartoffeln, die möglicherweise bei den entsprechenden Bedingungen zu einer Infektion und Vermehrung des Erregers führen könnten, als problematisch zu erachten. Vielmehr sei auch die sekundäre Verschleppung kontaminierter Erden durch Maschinen, andere Pflanzen zum Anpflanzen oder Wind- und Wassererosionen auf weitere Flächen problematisch. Auch ein Anbau resistenter Sorten habe keinen Einfluss auf das generelle Verbot der Verschleppung des Kartoffelkrebserregers. Auch in diesem Fall würden nach einem festgestellten Ausbruch der Krankheit Kartoffelkrebs die Befallsfläche selbst für den Kartoffelanbau gesperrt. Um eine Ausbreitung des Erregers von dieser Fläche zu verhindern, würden darüber hinaus eine Reihe von Maßnahmen (u.a. keine Erdverbringungen, keine Pflanzen zum Verpflanzen) und zusätzlich der Anbau resistenter Kartoffelsorten auf den umgebenden, befallsfreien Flächen einer bis zu 300 m großen Sicherheitszone als prophylaktische Maßnahme gegen Verschleppungen (u.a. Winde- und Wassererosionen) vorgeschrieben. Der vorliegende Pathotyp des Quarantäneschaderregers würde hier durch den Anbau eines Testsortiments auf der Befallsfläche ermittelt. Nach dem Erlass des Umweltministeriums sei eine Ausbringung von Kartoffelerden auf Ackerflächen nur in Ausnahmefällen zulässig, wenn kein Risiko einer Verbreitung von Kartoffelzystennematoden oder des Kartoffelkrebserregers bestünde. Eine solche Ausnahme könne hier nicht angenommen werden, weil in den Resterden der Klägerin Dauersporangien nachgewiesen worden seien. Eine Freitestung sei aufgrund der generellen Problematik einer repräsentativen Probenentnahme und des geringen Probenumfangs nicht möglich.

Die KartKrebs/KartZystV komme ebenfalls nicht zur Anwendung, weil diese lediglich den aufgetretenen Befall an Knollen oder Pflanzen berücksichtige. Der Umgang mit dem Quarantäneschaderreger sei in der Richtlinie 2000/29/EG geregelt, die durch die Pflanzenbeschauverordnung umgesetzt sei. Die Verfahren in Anlage 2 der KartKrebs/KartZystV bezögen sich ausschließlich auf die Kartoffelzystennematoden. Dies würde schon durch den Verweis zu § 14, der zu Abschnitt 3 (Maßnahmen zur Bekämpfung von Kartoffelzystennematoden) gehöre, deutlich. Aus fachlicher Sicht seien diese Maßnahmen wegen Unterschieden in der Biologie der beiden Schadorganismen auch nicht auf den Kartoffelkrebs übertragbar.

Eine Rückgabe von Resterde sei nur dann zulässig, wenn sichergestellt sei, dass jeder Anlieferer ausschließlich Erde mitnehme, die von der eigenen Anlieferung stamme. Die Anlage sei in diesem Fall zwischen den Anlieferungen aus verschiedenen Betrieben so zu reinigen, dass eine Verbreitung von Dauersporangien des Kartoffelkrebserregers ausgeschlossen werden könne. Um eine Verschleppung im Betrieb zu vermeiden, sei die Resterde auf die Erzeugungsfläche der Kartoffeln zurückzuführen. In den genannten Erlassen des Umweltministeriums seien weitere phytosanitär unbedenkliche Verwertungsmöglichkeiten (z.B. Deponierung, Grünland, etc.) aufgeführt. Diese unterlägen indes unter Umständen anderen Vorschriften wie dem Naturschutz-, Dünge- oder Bodenschutzrecht.

Schließlich stelle die Ausbringung belasteter Resterden auf Ackerflächen auch ein Inverkehrbringen im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 12 PflBeschV dar. Die Erden wären weiterhin Teil von Anbauflächen und würden über Geräte, Maschinen und Pflanzen verbracht, was zu einer Verbreitung des Schaderregers führen könne. Daher seien die Erden keinesfalls aus dem Verkehr gezogen.

Die Anordnungen stellten derzeit das mildeste und geeignetste Mittel dar, um eine Verbreitung des Kartoffelkrebserregers über kontaminierte Resterden zu vermeiden. Sie seien daher geeignet, erforderlich und angemessen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (BA001) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Sie ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I.

Rechtsgrundlage für die in den Ziffern 1 bis 3 angeordneten Maßnahmen ist § 13g Abs. 1 Satz 1 der Pflanzenbeschauverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. April 2000 (BGBl. I S. 337), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 3. Mai 2017 (BAnz AT 4.5.2017 V1) geändert worden ist (PflBeschauV).

Aufgrund des nicht abschließenden Maßnahmenkatalogs des § 13g Abs. 1 Satz 1 PflBeschauV kommen auch andere als die in Nr. 1 bis 3 genannten Maßnahmen in Betracht. Eines Rückgriffs auf die allgemeine Bestimmung des § 8 des Gesetzes zum Schutz der Kulturpflanzen (PflSchG) bedarf es daher nicht. Die Anwendung der Pflanzenbeschauverordnung ist auch nicht wegen der Bestimmungen der Verordnung zur Bekämpfung des Kartoffelkrebses und der Kartoffelzystennematoden vom 6. Oktober 2020 (BGBl. S. 1383), die zuletzt durch Artikel 7 der Verordnung vom 10. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2113) geändert worden ist (KartKrebs/KartZystV) ausgeschlossen. Diese Verordnung dient, soweit die Regelungen zur Bekämpfung des Kartoffelkrebses betroffen sind und nicht diejenigen über die Kartoffelzystennematoden, der Umsetzung der bislang nicht aufgehobenen Richtlinie des Rates vom 8. Dezember 1969 zur Bekämpfung des Kartoffelkrebses (69/464/EWG; ABl. EU Nr. L 323 S. 1). Zwar kommt der KartKrebs/KartZystV im Grundsatz aufgrund der spezialgesetzlichen Bestimmungen ein Anwendungsvorrang gegenüber den allgemeinen pflanzenschutzrechtlichen Bestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes und der Pflanzenbeschauverordnung zu. Dieser setzt aber voraus, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift überhaupt eröffnet ist. Dies ist hier indes nicht der Fall. Die in §§ 4 ff. KartKrebs/KartZystV vorgesehenen Maßnahmen setzen voraus, dass eine Anbaufläche vom Kartoffelkrebs befallen ist. Das ist nach § 4 Abs. 3 KartKrebs/KartZystV der Fall, wenn an mindestens einer Kartoffelpflanze oder Kartoffelknolle Kartoffelkrebs festgestellt worden ist. Vorliegend geht es jedoch um die in den Verarbeitungsprozessen der Klägerin festgestellten Dauersporen des den Kartoffelkrebs verursachenden Erregers Synchytrium endobioticum (Schilbersky) Percival. Ein Befall von Kartoffelpflanzen oder -knollen mit Kartoffelkrebs liegt nicht vor.

Aus der Nichtanwendbarkeit der KartKrebs/KartZystV lässt sich auch nicht schlussfolgern, dass keine weiteren Maßnahmen auf Grundlage allgemeiner pflanzenschutzrechtlicher Bestimmungen in Betracht kommen. Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber diesen Themenbereich abschließend regeln wollte, sind nicht ersichtlich. Nach der Begründung der KartKrebs/KartZystV legen die §§ 4 bis 6 der Verordnung die Bekämpfungsmaßnahmen bei Auftreten des Kartoffelkrebses fest (BR-Drs. 466/10, S. 17). Diese Formulierung unterstreicht die in § 4 Abs. 3 KartKrebs/KartZystV festgeschriebene Voraussetzung eines tatsächlichen Befalls mit Kartoffelkrebs („Auftreten des Kartoffelkrebses“) für die Anwendung entsprechender Bekämpfungsmaßnahmen nach der KartKrebs/KartZystV. Damit sind Maßnahmen gegen die Verschleppung des Kartoffelkrebserregers nicht ausgeschlossen. Dieses Ergebnis wird auch dadurch bestätigt, dass sich den Kartoffelkrebserreger betreffende Regelungen nicht nur in der die Richtlinie 69/464/EWG insoweit umsetzenden KartKrebs/KartZystV finden, sondern auch in der der Pflanzenbeschauverordnung zugrundeliegenden Richtlinie 2000/29/EG des Rates vom 8. Mai 2000 über Maßnahmen zum Schutz der Gemeinschaft gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse (ABl. EU Nr. L 169 S. 1). Auch dort ist der Pilz Synchytrium endobioticum (Schilbersky) Percival als sogenannter Quarantäneschaderreger (Anhang I Teil A Kapitel II lit. c Nr. 2) gelistet. Anders als bezüglich der Regelungen zur Bekämpfung der Kartoffelzystennematoden in der KartKrebs/KartZystV hat der Verordnungsgeber die Regelungen zum Kartoffelkrebs nicht überarbeitet, weil er dazu europarechtlich nicht gehalten war. Eine bewusst getroffene Entscheidung gegen Maßnahmen, die über die in §§ 4 bis 6 KartKrebs/KartZystV genannten Maßnahmen hinausgehen, liegt damit nicht vor (Nds. OVG, Beschl. v. 13.5.2019 – 10 ME 49/19 –, V.n.b.; VG Oldenburg, Beschl. v. 15.1.2020 – 12 B 3016/19 –, V.n.b.; VG Osnabrück, Urt. v. 23.11.2018 – 3 A 103/16 –, V.n.b.).

II.

Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig. Der Umstand, dass die Beklagte, die gemäß § 1 Nr. 3 der Verordnung zur Übertragung von staatlichen Aufgaben auf die Landwirtschaftskammer Niedersachsen vom 20. Dezember 2004 (Nds. GVBl. 2004, S. 621) in der maßgeblichen Fassung vom 3. September 2018 (Nds. GVBl. S. 176) zuständige Behörde nach dem Pflanzenschutzgesetz ist, die Klägerin vor Erlass des Bescheides nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 28 Abs. 1 VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 NVwVfG angehört hat, ist unbeachtlich.

Nach § 28 Abs. 1 VwVfG ist einem Beteiligten, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in seine Rechte eingreift, Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Damit soll dem Betroffenen Gelegenheit gegeben werden, sich zum Gang des Verfahrens, zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und zum möglichen Ergebnis zu äußern und somit Einfluss auf die behördliche Entscheidung zu nehmen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Auflage 2020, § 28 Rn. 12). Diesen Anforderungen ist die Beklagte nicht nachgekommen. In ihrem Schreiben vom 6. September 2018 hat die Beklagte lediglich erläutert, dass einer ihrer Mitarbeiter Proben an der in dem Betrieb der Klägerin anfallenden Resterde nehmen würde, die im Labor des Pflanzenschutzamtes mikroskopisch auf Dauersporangien des Kartoffelkrebserregers untersucht würden. Über das Ergebnis würde die Klägerin informiert. Im Falle eines Nachweises von vitalen Dauersporangien müsse eine weitere Verbreitung des Erregers über die Verbringung von Resterden auf landwirtschaftliche Flächen verhindert werden. Darüber erhalte die Klägerin einen entsprechenden Bescheid. Die dort aufgeführten Maßnahmen entsprächen den rechtlichen Vorgaben, die sie in ihrem Betrieb bereits umzusetzen habe, sodass ihr kein weiterer Nachteil entstehen würde. Diese Ausführungen enthalten indes nicht die für die Entscheidung erhebliche Tatsache. Zu dem Zeitpunkt dieses Schreibens erfolgte noch kein Hinweis dahingehend, dass in den in dem Betrieb der Klägerin anfallenden Resterden der Kartoffelkrebserreger nachgewiesen wurde. Mithin war der Klägerin diese, für die angeordneten Maßnahmen entscheidungserhebliche Tatsache auch nicht bekannt. Eine Äußerung zu den für die Entscheidung erhebliche Tatsache war zu diesem Zeitpunkt daher nicht möglich. Auch konnte die Klägerin den Ausführungen nicht entnehmen, welche konkreten Anordnungen gegebenenfalls auf sie zukommen würde. Nach Vorliegen des Untersuchungsergebnisses gab die Beklagte der Klägerin indes keine Gelegenheit zur Äußerung.

Ungeachtet dessen, ob die Beklagte von einer Anhörung der Klägerin nach § 28 Abs. 2 VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 NVwVfG absehen durfte, kann die Aufhebung des angefochtenen Bescheides jedenfalls nach § 46 VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 NVwVfG nicht allein deshalb beansprucht werden, weil eine Anhörung nicht stattgefunden hat. Es ist offensichtlich, dass die mangelnde Anhörung die Entscheidung der Beklagten in der Sache nicht beeinflusst hat. Auch ohne den Verfahrensverstoß hätte die Beklagte keine für die Klägerin günstigere Entscheidung getroffen. Die Beklagte hat landesweit vergleichbare Fälle ebenso entschieden und damit eine einheitliche Entscheidung im Hinblick auf den Umgang mit dem Vorkommen des Kartoffelkrebserregers getroffen.

III.

Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Nach § 13g Abs. 1 Satz 1 PflBeschauV hat die zuständige Behörde, wenn sie bei Untersuchungen nach § 13d Abs. 2 oder § 13f Abs. 1 oder 3 PflBeschauV Tatsachen feststellt, die auf die Gefahr der Ausbreitung der in Anhang I Teil A der Richtlinie 2000/29/EG oder Anhang II Teil A der Richtlinie 2000/29/EG aufgeführten Schadorganismen schließen lassen, die nach den Umständen zur Abwehr dieser Gefahr erforderlichen Maßnahmen anzuordnen. Dabei kann sie insbesondere die Vernichtung der Befallsgegenstände (Nr. 1), das Verbringen der Befallsgegenstände unter amtlicher Überwachung in Gebiete, in denen die Gefahr einer Ausbreitung der Schadorganismen nicht besteht (Nr. 2a) oder zu Einrichtungen, die der Verarbeitung der Befallsgegenstände dienen (Nr. 2b) oder eine geeignete Behandlung der Befallsgegenstände anordnen.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Beklagte hat im Rahmen von Untersuchungen im Sinne der genannten Rechtsgrundlage Tatsachen festgestellt (hierzu unter 1.), die auf eine Gefahr der Ausbreitung eines in Anhang I Teil A Kapitel 2 der Richtlinie 2000/29/EG aufgeführten Schadorganismen schließen lassen (hierzu unter 2.). Die angefochtenen Maßnahmen waren auch zur Abwehr dieser Gefahr erforderlich (hierzu unter 3.). Schließlich hat die Beklagte auch ihr Ermessen hinsichtlich der Wahl des Mittels fehlerfrei ausgeübt (hierzu unter 4.).

1.

Die Beklagte hat Tatsachen im Rahmen von Untersuchungen gemäß § 13f Abs. 3 PflBeschauV festgestellt. Nach dieser Vorschrift können unter anderem sonstige Gegenstände, die nicht Anhang V Teil A der Richtlinie 2000/29/EG aufgeführt sind, untersucht werden, wenn Tatsachen oder Erkenntnisse der zuständigen Behörden der Länder oder der C. vorliegen, die auf einen Befall mit in Anhang I Teil A oder Anhang II Teil A der Richtlinie 2000/29/EG aufgeführten Schadorganismen oder Schadorganismen im Sinne des § 4a Abs. 1 Nr. 1 PflBeschauV schließen lassen.

Bei der in dem Betrieb der Klägerin anfallenden Sieberde handelt es sich um sonstige Gegenstände im Sinne von § 13f Abs. 3 PflBeschauV, weil sie nicht in Anhang V Teil A der Richtlinie 2000/29/EG aufgeführt ist. Der Beklagten lagen auch Erkenntnisse vor, nach denen ein Befall der Resterden in dem Betrieb der Klägerin mit dem Kartoffelkrebserreger Synchytrium endobioticum (Schilbersky) Percival, einem in Anhang I Teil A Kapitel 2 Richtlinie 2000/29/EG genannten Schadorganismus, nicht ausgeschlossen erschien. Wie die Beklagte ausgeführt hat, waren Anlass für die Beprobung von Resterden in dem Betrieb der Klägerin sowie in weiteren niedersächsischen kartoffelverarbeitenden Betrieben Nachweise von Dauersporangien des Kartoffelkrebserregers in Anhangerde an niedersächsischen Kartoffelpartien. Daher untersuchte die Beklagte, um sich einen Überblick über die Verbreitung des Erregers zu verschaffen, Mischproben aus den Resterden von kartoffelverarbeitenden Betrieben in Niedersachsen.

Dementsprechend wurden die bei der Klägerin am 26. September 2018 entnommenen Proben in dem Labor des Pflanzenschutzamtes der Landwirtschaftskammer Niedersachsen auf arttypische Dauersporangien von Synchytrium endobioticum (Schilbersky) Percival, dem Erreger des Kartoffelkrebses, untersucht. Soweit die Klägerin einwendet, es sei unklar, ob die angewandte Untersuchungsmethode dem aktuellen Stand der Technik entspreche und den Nachweis von lebensfähigen Dauersporen hinreichend sicher erbringen könne, greift dieser Einwand nicht durch. Ausweislich den Ausführungen der Beklagten wurde zur Untersuchung der genommenen Proben die Standardmethode (Nasssiebung und anschließende CaCl2-Extraktion), die auch im Referenzlabor des C. sowie in den Labors der Pflanzenschutzdienste der Länder eingesetzt werde, genutzt. Insoweit erfolgte die Untersuchung nach den auf Europaebene anerkannten wissenschaftlichen Vorgaben der European and Mediterranean Plant Protection Organization (EPPO). Die EPPO sieht in ihrem Bulletin (2017) 47 (3), S. 420-440 „EPPO Standard PM 7/28 Diagnostic Protocol for Synchytrium endobioticum“ (Bl. 121 bis 141 d. GA) für den Nachweis des Erregers Synchytrium endobioticum drei Typen von Tests vor: (1) direct examination of soil for the presence of viable resting spores, (2) bioassay methods, (3) field testing. Vorliegend kam die erste Untersuchungsmethode zum Einsatz, deren Einzelheiten ebenfalls in dem genannten Bulletin beschrieben sind. Danach wird zunächst eine Nasssiebung sowie eine Calciumchlorid-Extraktion durchgeführt (Bl. 126 d. GA). Die Auswertung des Extraktes erfolgt über eine mikroskopische Diagnose (Bl. 127 d. GA). Demnach ist davon auszugehen, dass die von der Beklagten angewandte Untersuchungsmethode dem aktuellen Stand der Technik entspricht und den Nachweis von vitalen Dauersporen hinreichend sicher erbringen kann. Konkrete Anhaltspunkte, dass diese Untersuchungsmethode bei der Untersuchung der Proben nicht eingehalten wurde, sind von der Klägerin nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass falschpositive Ergebnisse bisher noch nicht vorgekommen seien.

Bei dieser Untersuchung hat die Beklagte auch Tatsachen festgestellt, nämlich die Kontamination der im Betrieb der Klägerin anfallenden Resterde mit dem Kartoffelkrebserreger Synchytrium endobioticum (Schilbersky) Percival. Laut Untersuchungsbericht (Bl. 12 d. BA001) wurden dabei 26 Sporangien in 100 g Erde gefunden. Damit liegt – entgegen der Auffassung der Klägerin – der sichere Nachweis eines der in Anhang I Teil A Richtlinie 2000/29/EG aufgeführten Schadorganismen – hier gemäß Kapitel II c) Pilze Nr. 2 Synchytrium endobioticum (Schilbersky) Percival – vor. Entsprechend den Ausführungen der EPPO ist bei einem mikroskopischen positiven Nachweis des Erregers von seinem Vorkommen auszugehen, ein weiterer Biotest ist nicht zwingend für einen sicheren Nachweis (Bulletin (2017) 47 (3), S. 366-368 „EPPO Standard PM 3/59 Phytosanitary procedures – Synchytrium endobioticum: descheduling of previously infested plots”, S. 367: „A positive result, however, could avoid the need to untertake the relatively slow bioassay procedure for the sample concerned, so directly examination may be useful as a first screening test.“). Soweit die Klägerin einwendet, der vorgelegte Nachweis unterscheide nicht zwischen lebensfähigen und toten Sporen, so hat die Beklagte insoweit klargestellt, dass die im Untersuchungsergebnis bei der Klägerin entnommenen Proben angeführte Anzahl von Dauersporangien sich ausschließlich auf vitale Dauersporangien beziehe, weil nur diese für eine potentielle Verbreitung des Quarantäneschaderregers relevant seien. Tote Dauersporangien würden bei den Untersuchungen daher als negativ gewertet. Im Übrigen ist auch nicht zu beanstanden, dass in 100 g Erde lediglich 26 Dauersporengien nachgewiesen wurden. Bei dem Umgang mit dem Quarantäneschaderreger gibt es – entsprechend den Ausführungen der Beklagten – keine Schwellenwerte. Der Kartoffelkrebserreger ist aus biologischer Sicht in der Lage Kartoffeln über ein einzelnes Sporangium zu infizieren. Insoweit geht auch die EPPO davon aus, dass eine Freitestung nur möglich ist, wenn keine Sporen mehr nachgewiesen sind.

Der Einwand der Klägerin, aus dem Nachweis von Dauersporangien in der Resterde könne nicht zugleich auf ein Vorhandensein sein des Kartoffelkrebserregers auch in der Sedimentationserde und der Feststofftrennung geschlossen werden, weil diese unterschiedlichen Prozessschritten – die Kartoffelsieberde falle durch Trockenenterdung an während bei der Sedimentation und der Feststofftrennung eine Nassenterdung vorgenommen werde, wobei der verbleibende Erdbesatz durch intensive Waschprozesse gereinigt würde – unterlägen, überzeugt ebenfalls nicht. In Übereinstimmung mit den Ausführungen der Beklagten ist davon auszugehen, dass auch andere Reststoffe als die Resterde, die bei der äußeren Reinigung der Kartoffel entstehen, mit dem Kartoffelkrebserreger kontaminiert sind. Die Dauersporangien werden weder bei Waschvorgängen, noch im Sedimentationsverfahren oder in anderen von der Klägerin aufgeführten Prozessen abgetötet oder vollständig getrennt. Nach aktuellen Erkenntnissen gibt es keine Möglichkeit der Abtötung von Dauersporangien des Kartoffelkrebserregers (Steinmöller/Pietsch/Müller/Bandte/Büttner, „Risiko der Verbreitung relevanter Schadorganismen der Kartoffel bei landwirtschaftlicher Verwertung von Klärschlamm“, Journal für Kulturpflanzen, 29.8.2014, S. 406). Sobald daher Bestandteile aus der äußeren Reinigung mithin Resterden kontaminiert sind, ist auch von einer Kontamination mit Dauersporangien der Reststoffe auszugehen (vgl. Bulletin (2017) 47 (3), S. 511-512 „EPPO Standard PM 9/5 National regulatory control systems – Synchytrium endobioticum, S. 511: „It can, however, readily be spread by human activity (e.g. movement of soil) or anything which can carry the organism (e.g. potatoes, other plants, machinery or implements).”).

2.

Auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse musste die Beklagte auch auf die Gefahr der Ausbreitung des Kartoffelkrebserregers Synchytrium endobioticum (Schilbersky) Percival schließen. Insoweit genügt nach Auffassung der Kammer das Vorliegen einer abstrakten Gefahr. Damit wird dem in § 1 Nr. 3 PflSchG genannten Gesetzeszweck der Vorbeugung vor (erst möglichen, noch nicht existierenden) Gefahren, der an das europarechtliche Vorsorgeprinzip anschließt, entsprochen (Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetzes, Stand: 233. EL Oktober 2020, PflSchG, § 1 Rn. 10). Auch für § 6 PflSchG ist nicht eine konkrete Gefahr, wonach es nur noch vom Zufall abhängt, ob der Schaden eintritt oder nicht, sondern eine abstrakte Gefahr erforderlich. Danach muss die Tathandlung generell geeignet sein, unter den gegebenen Umständen den Schaden herbeizuführen, ohne dass ein „Beinahe-Schaden“ nachgewiesen werden muss (Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetzes, Stand: 233 EL Oktober 2020, PflSchG, § 6 Rn. 22; Düsing/Martinez, Agrarrecht, 1. Auflage 2016, § 6 PflSchG, Rn. 12). Demnach genügt – wie auch die Klägerin darlegt – eine mögliche Sachlage, die im Fall ihres Eintritts eine konkrete Gefahr, d.h. eine Sachlage, bei der im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden eintreten wird, darstellt. Unter dem Begriff der Ausbreitung ist die Vergrößerung des Befallsgebiets zu verstehen (Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetzes, Stand: 233. EL Oktober 2020, PflBeschauV, § 3 Rn. 3). Ein Befall liegt vor, wenn Pflanzen, Pflanzenerzeugnisse oder sonstige Gegenstände Träger bestimmter Schadorganismen sind oder – im Verdachtsfall – sein können (vgl. § 2 Nr. 8 PflSchG). Sonstige Gegenstände sind beispielsweise Arbeitskleidung, organische Erde oder andere Substrate, Fahrzeuge und Transportmittel, Gerätschaften, Haustiere und Verpackungsmaterial (Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetzes, Stand: 233. EL Oktober 2020, PflBeschauV, § 3 Rn. 2).

Nach Maßgabe dessen besteht ohne die angeordneten Maßnahmen die Gefahr, dass sich das Befallsgebiet des Kartoffelkrebserregers vergrößert. Entgegen des Ansicht der Klägerin besteht eine abstrakte Gefahr der Verbreitung des Kartoffelkrebserregers auch dann, wenn die Resterden auf Ackerbauflächen aufgebracht werden, auf denen kein Kartoffelanbau stattfindet. Dies ergibt sich aus den von der Beklagten vorgetragenen und insoweit auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellten Eigenschaften des Kartoffelkrebserregers, dessen Dauersporen besonders widerstandsfähig sind, und die 20 bis 40 Jahre im Boden überleben können. Insoweit besteht durch noch nicht absehbare Fruchtfolgen jedenfalls die abstrakte Gefahr des Befalls weiterer Kartoffelpflanzen mit Kartoffelkrebs im Laufe der langen Überlebensdauer der Dauersporen. Der Schaderreger kann bis zu 40 Jahre lang zu Infektionen und damit zu einem Befall führen. Über einen derart langen Zeitraum ist es nicht auszuschließen, dass auf der Fläche, auf der zu der Zeit der Aufbringung der kontaminierten Erde kein Kartoffelanbau stattfindet, nicht zu einem späteren Zeitpunkt Kartoffeln angebaut werden. Eine von der Klägerin vorgeschlagene Dokumentationspflicht ist zwar theoretisch denkbar aber praktisch über einen Zeitraum von 40 Jahren kaum umsetzbar. Eine solche gelangt bei einem Flächentausch, Eigentümerwechsel oder bei Verpachtungen an ihre Grenzen. Darüber hinaus ist nicht nur der Anbau von Kartoffeln, die möglicherweise bei den entsprechenden Bedingungen zu einer Infektion und Vermehrung des Erregers führen können, problematisch. Vielmehr ist auch die Gefahr der sekundären Verschleppung kontaminierter Erden durch Maschinen, andere Pflanzen zum Anpflanzen oder Wind- und Wassererosionen auf weitere Flächen von Bedeutung. So wird bei einem Ausbruch der Krankheit Kartoffelkrebs die Befallsfläche selbst für den Kartoffelanbau gesperrt. Um eine Ausbreitung des Erregers von dieser Fläche zu verhindern, wird neben anderen Maßnahmen eine bis zu 300 m große Sicherheitszone als prophylaktische Maßnahme gegen die Verschleppungen unter anderem durch Wind- und Wassererosionen vorgeschrieben (§ 4 KartKrebs/KartZystV). Aufgrund der Gefahr einer sekundären Verschleppung besteht die abstrakte Gefahr der Ausbreitung auch bei einem Aufbringen der kontaminierten Resterde auf Ackerbauflächen, auf denen kartoffelkrebsresistente Sorten angebaut werden.

Aus den von der Klägerin in Bezug genommenen Erlassen des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz folgt ebenfalls keine abweichende Beurteilung. Mit Erlass vom 23. November 2016 (Bl. 28 bis 33 d. BA001) hat das Umweltministerium im Hinblick auf die Verwertung von Kartoffelerden auf Ackerböden festgestellt, dass dies wegen pflanzenschutzrechtlicher Verbote nicht möglich sei. Mit Erlass vom 29. Juni 2018 (Bl. 24 bis 27 d. BA001) hat das Umweltministerium sodann ergänzend ausgeführt, eine Verwertung von Kartoffelerden auf Ackerböden sei im Einzelfall nach Maßgabe einer Zustimmung der Beklagten möglich. Eine solche Zustimmung würde nur dann erteilt, wenn eine Gefahr der Verbreitung des Erregers des Kartoffelkrebses und von Kartoffelzystennematoden ausgeschlossen sei. Auch könne eine längerfristige Deponierung von Resterden auf nicht landwirtschaftliche genutzten Flächen nach Pflanzenschutzrecht als geeignetes Beseitigungsverfahren zulässig sein, wenn dabei keine Gefahr der Ausbreitung oder Verschleppung des Erregers des Kartoffelkrebses oder von Kartoffelzystennematoden bestünde. Demnach geht auch das Umweltministerium von einem grundsätzlichen Verbot der Verbringung von Kartoffelerden auf Ackerbauflächen und auch auf nicht landwirtschaftlich genutzte Flächen aus. Eine Differenzierung zwischen mit dem Kartoffelkrebserreger bereits befallenen Resterden und nicht befallenen Erden wird nicht vorgenommen. Insoweit gilt das Verbringungsverbot auf Ackerböden und nicht landwirtschaftlich genutzte Flächen bereits für nicht kontaminierte Resterden. Bei kontaminierten Resterden ist insoweit erst Recht von einer Gefahr der Ausbreitung oder Verschleppung des Kartoffelkrebserregers und damit von einem Verbot der Ausbringung auszugehen. Eine Ausnahme entsprechend den genannten Erlassen liegt aufgrund des Nachweises von Dauersporangien in den Resterden der Klägerin erst Recht nicht vor.

Vor diesem Hintergrund gilt auch für gärtnerisch genutzte Flächen nichts Anderes. Aufgrund der Eigenschaften des Kartoffelkrebserregers ist auch bei der Verbringung auf gärtnerisch genutzte Flächen von einer abstrakten Gefahr der Verbreitung des Kartoffelkrebserregers auszugehen. Insoweit weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch auf diesen Flächen zukünftig Kartoffeln angebaut werden und zudem über die auf diesen Flächen gezogenen Pflanzen zum Anpflanzen oder durch Kompost-Abfälle eine Ausbreitung des Kartoffelkrebserregers und dadurch ein weiterer Ausbreitungsweg entsteht. Pflanzen zum Verpflanzen und Kompost auf Flächen von privaten Haus- und Kleingärten können Sporen des Kartoffelkrebserregers daher weiterverbreiten.

Sofern die Klägerin einwendet, es bestünden mit §§ 4 ff. KartKrebs/KartZystV, § 13b PflBeschauV und § 14 Abs. 3 KartKrebs/KartZystV eine Vielzahl von gesetzlichen Regelungen, die einer Verbreitung des Kartoffelkrebses trotz Ausbringung von mit Kartoffelkrebssporen befallenen Erden entgegenstünden, führt dies ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. Zweck von § 13g PflBeschauV ist die Gefahr einer Ausbreitung des Kartoffelkrebserregers und damit gerade den Ausbruch des Kartoffelkrebses zu verhindern. Widersinnig wäre insoweit eine Verbreitung von wissentlich kontaminierten Resterden zuzulassen und damit die Entstehung von Kartoffelkrebs in Kauf zu nehmen, um anschließend Maßnahmen für den Fall des Befalls mit Kartoffelkrebs zu treffen. Sinn und Zweck des Pflanzenschutzgesetzes ist entsprechend den obigen Ausführungen vielmehr durch vorbeugende Maßnahmen bereits den Ausbruch des Kartoffelkrebses und damit seine Verbreitung zu verhindern.

3.

Die angeordneten Maßnahmen sind auch zur Abwehr dieser Gefahr erforderlich. Ein milderes, gleich geeignetes Mittel die Gefahr der Ausbreitung des Kartoffelkrebserregers zu verhindern ist nicht ersichtlich. Vor dem Hintergrund der Eigenschaften des Kartoffelkrebserregers kommen von vornherein nur wenige geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung in Betracht.

Ein Ausbringungsverbot hinsichtlich positiv auf Kartoffelkrebssporen getesteten Kartoffelsieberden auf landwirtschaftlich genutzte Flächen, auf denen nichtkartoffelkrebsresistente Kartoffelsorten angebaut werden, stellt dabei kein milderes, gleich geeignetes Mittel dar. Der Einwand der Klägerin, die Beklagte habe keine Differenzierung zwischen Kartoffelanbauflächen und landwirtschaftlichen Flächen, auf denen kein Kartoffelanbau stattfinde, sowie gärtnerisch genutzte Flächen vorgenommen, eine solche Differenzierung sei aber durch die KartKrebs/KartZystV indiziert, überzeugt nicht. Zwar ist nach § 14 Satz 3 KartKrebs/KartZystV (nur) ein Aufbringen von Kartoffelerden von kartoffelverarbeitenden Betrieben auf Kartoffelanbauflächen verboten und nach Anlage 2 Nr. 6 KartKrebs/KartZystV kommt eine Ausbringung der Resterden auf landwirtschaftliche Nutzflächen, auf denen kein Kartoffelanbau stattfindet, in Betracht. Diese Vorschrift findet indes nur auf Kartoffelzystennematoden Anwendung. § 14 KartKrebs/KartZystV befindet sich in Abschnitt 3 der KartKrebs/KartZystV, der mit „Maßnahmen zur Bekämpfung von Kartoffelzystennematoden“ überschrieben ist. Maßnahmen zur Bekämpfung des Kartoffelkrebses sind hingegen in Abschnitt 2 ausdrücklich geregelt. Insoweit gelten auch die in Anlage 2 KartKrebs/KartZystV, die auf § 14 KartKrebs/KartZystV Bezug nimmt, genannten Behandlungs- oder Beseitigungsverfahren nur im Hinblick auf Kartoffelzystennematoden auch wenn sich lediglich die in Nummern 2, 3 und 5 genannten Maßnahmen ausdrücklich auf die Bekämpfung der Kartoffelzystennematoden beziehen. Ob die genannten Regelungen auf die vorliegende Problemstellung des Befalls der Resterden mit dem Kartoffelkrebserreger aufgrund der annähernden identischen Problemlage (entsprechend) übertragbar sind, bedarf keiner Entscheidung. Die Ausbringung von unbehandelten Resterden aus der Kartoffelverarbeitung auf landwirtschaftliche Nutzflächen auch im Hinblick auf Kartoffelzystennematoden sollte wegen des allgemein hohen Risikos der Verschleppung von Schadorganismen durch Reststoffe, die bei der Kartoffelverarbeitung anfallen, nach der Leitlinie zur Durchführung von amtlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Kartoffelzystennematoden in Deutschland vom 27. Juni 2016 des C. – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen – nur in Ausnahmefällen und nach fachlicher Einschätzung des Risikos durch die zuständige Behörde sowie zur Abschätzung des Risikos der Verschleppung generell eine Untersuchung vor der Ausbringung erfolgen (BAnz AT v. 11.7.2016 B5, Ziffer 6.4). Ist mithin eine Kontaminierung der Resterde festgestellt worden, dürfte auch eine Ausbringung auf landwirtschaftliche Flächen, auf denen kein Kartoffelanbau stattfindet, nach der KartKrebs/KartZystV nicht erfolgen (vgl. VG Osnabrück, Urt. v. 23.11.2018 – 3 A 103/16 –, V.n.b.).

Dokumentations- und Informationspflichten sind wird oben ausgeführt über einen Zeitraum von 40 Jahren kaum umsetzbar. Im Hinblick auf den Einwand der Klägerin, die Resterden seien vor ihrer Ausbringung auf unbelastete Flächen zu untersuchen, führt die Beklagte an, eine solche Freitestung ist aufgrund der generellen Problematik einer repräsentativen Probenentnahme und des geringen Probenumfangs nicht möglich. Insoweit hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung angegeben, die nehme alle zwei Jahre entsprechende Proben. Bei der Klägerin habe sie zuletzt im Jahr 2020 eine Beprobung vorgenommen, wobei noch sechs Sporen festgestellt worden seien. Nach Ausführungen der EPPO ist – wie bereits dargelegt – eine Freitestung aber erst möglich, wenn keine Sporen mehr nachgewiesen sind. Im Übrigen bleibt es der Klägerin unbenommen, ihre Erden in kürzeren Abständen zu beproben.

Zweifel an der Geeignetheit des Verbots der Ausbringung von Kartoffelerden auf Ackerbauflächen das Ausbreitungsrisiko des Kartoffelkrebses zu senken bestehen nicht. Eine Verschärfung der Ausbreitungsgefahr geht mit dieser Anordnung nicht einher.

4.

Vor diesem Hintergrund war die Beklagte verpflichtet, die zur Abwehr erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Ein Entschließungsermessen steht ihr ausweislich des Wortlauts der Norm nicht zu. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte das ihr hingegen zustehende Auswahlermessen nicht gemäß § 40 VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 NVwVfG ausgeübt hat (vgl. § 114 Satz 1 VwGO), sind nicht ersichtlich.

Das Verbot die Reststoffe auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Flächen auszubringen entspricht zwar nicht ausdrücklich einer der in § 13g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 PflBeschauV genannten Maßnahmen, lässt sich aber auf § 13g Abs. 1 Satz 1 PflBeschauV stützen. Auch die Verordnungsermächtigung sieht in § 7 Abs. 1 Satz 1 PflSchG explizit die Möglichkeit der Beschränkung des Verbringens im Inland vor. Auch der Umstand, dass § 13a Abs. 2 PflBeschauV für Befallsgegenstände, die mit einem Schadorganismus wie dem Kartoffelkrebserreger befallen sind, bereits kraft Gesetzes das Verbringen im Inland verbietet, steht dem nicht entgegen. Die Anordnung der Beklagten dient dazu, im Einzelfall hinsichtlich der jeweils benannten Reststoffe ein solches Verbringen auf die benannten Flächen zu regeln.

Die angeordneten Maßnahmen sind auch angemessen. Vor dem Hintergrund der besonderen Gefahren, die mit der Verbreitung des Kartoffelkrebserregers für die Kulturpflanze der Kartoffel einhergehen, müssen die privaten Belange der Klägerin trotz ihrer Grundrechtsrelevanz zurückstehen. Auch wenn der Klägerin zuzugestehen ist, dass sich das Problem der Entsorgung der Kartoffelerden durch die angeordneten Maßnahmen erhöht, so stehen ihr dennoch ausreichend Maßnahmen zur Entsorgung zur Verfügung. Eine Rückgabe von Resterde ist zulässig, wenn sichergestellt ist, dass jeder Anlieferer ausschließlich Erde mitnimmt, die von der eigenen Anlieferung stammt. Die Anlage muss in diesem Fall zwischen den Anlieferungen aus verschiedenen Betrieben so gereinigt werden, dass eine Verbreitung von Dauersporangien des Kartoffelkrebserregers ausgeschlossen ist. Um eine Verschleppung im Betrieb zu vermeiden, ist die Resterde auf die Erzeugungsfläche der Kartoffeln zurückzuführen. Auch in den genannten Erlassen des Umweltministeriums sind weitere für die Gesundheit der Pflanzen unbedenkliche Verwertungsmöglichkeiten (z.B. Deponierung, Grünland, etc.) aufgeführt. Diese unterliegen indes unter Umständen anderen Vorschriften wie dem Naturschutz-, Dünge- oder Bodenschutzrecht.

Soweit die Klägerin kritisiert, die Beklagte würde gegenüber der rübenverarbeitenden Industrie, die ebenfalls potenziell zur Verbreitung des Kartoffelkrebses beitrage, keine Maßnahmen ergreifen, kann sie aus diesem Umstand keine für sie positiven Folgen herleiten. Insoweit ist der Beklagten zuzustimmen, dass Branchen, in denen die Kartoffel betroffen ist, im Rahmen der Risikobewertung primär in den Blick zu nehmen sind.

Ob die Ausbringung belasteter Resterden auf Ackerflächen darüber hinaus auch ein Inverkehrbringen im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 12 PflSchG darstellt und die angeordneten Maßnahmen daher ebenfalls nach § 8 PflSchG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 12 PflSchG hätte ergehen können, bedarf demnach keiner Entscheidung mehr.

Aufgrund der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen ist die Klägerin auch nicht in ihren Rechten verletzt.

IV.

Auch die in Ziffer 4 angeordnete Maßnahme bewegt sich innerhalb des der Beklagten zustehenden Ermessens. Sie ist als weitere Kontroll-, Begleit- und Sicherungsmaßnahme erforderlich und stellt sich vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen ebenfalls als verhältnismäßig dar.

Soweit die Ziffern 5 und 6 des angefochtenen Bescheides weitere Ausführungen enthalten, kommt ihnen kein eigenständiger Regelungsgehalt zu. Ziffer 5 dient lediglich dazu, auf die Geltungsdauer der getroffenen Anordnungen hinzuweisen, ohne dass darin ein eigenständiger (feststellender) Verwaltungsakt zu sehen wäre. Die Ausführungen in Ziffer 6 des Bescheides sind lediglich als rechtlicher Hinweis zu qualifizieren.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.