Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.05.2006, Az.: 11 LC 265/05
Gewerbliche Herstellung von Arzneimittelblistern in der Apotheke als Teil des üblichen Apothekenbetriebes; Arzneimittelrechtliche Zulassungspflicht für die gewerbliche Herstellung von Arzneimittelblistern in einer Apotheke; Herstellungsbegriff des Arzneimittelrechts; Verblisterung von Fertigarzneimitteln
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 16.05.2006
- Aktenzeichen
- 11 LC 265/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 16259
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2006:0516.11LC265.05.0A
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 1 AMG
- § 2 Abs. 2 Nr. 1 AMG
- § 4 Abs. 14 AMG
- § 13 Abs. 1 S. 1 AMG
- § 21 Abs. 2 a S. 4 AMG
- § 50 AMG
- § 64 Abs. 1 S. 1 AMG
- § 1 Abs. 1 ApoG
- § 12 a ApoG
- § 6 Abs. 1 S. 1 ApBetrO
- § 7 ApBetrO
- § 8 ApBetrO
- § 17 Abs. 5 ApBetrO
- § 25 ApBetrO
- § 929 BGB
- § 930 BGB
- § 113 Abs. 1 VwGO
Fundstellen
- APR 2006, 110-119
- ApoR 2006, 110-119 (Volltext mit amtl. LS)
- GesR 2006, 461-466
- GewArch 2006, 352
- NordÖR 2006, 369 (amtl. Leitsatz)
- SRA 2007, 113-116
- StoffR 2006, 186
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Der Herstellungsbegriff des Arzneimittelrechts erfasst auch die Verblisterung von Fertigarzneimitteln, d.h. die Auseinzelung von Arzneimitteln aus Fertigarzneimittelpackungen, die anschließende Zusammenstellung der Tabletten und Kapseln nach den individuellen Bedürfnissen des einzelnen Arzneimittelempfängers und die automatisierte Neuverpackung in folienverschweißten Behältnissen.
- 2.
Die gewerbliche Herstellung von Arzneimittelblistern in der Apotheke hält sich im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes.
- 3.
Für die gewerbliche Herstellung von Arzneimittelblistern in einer Apotheke besteht keine arzneimittelrechtliche Zulassungspflicht.
Tatbestand
Der Kläger betreibt eine Apotheke in B.. Er wendet sich gegen eine arzneimittelrechtliche Verfügung der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Bezirksregierung Weser-Ems, mit der ihm untersagt wird, Fertigarzneimittel in seiner Apotheke zu verblistern.
Im Rahmen ihrer arzneimittelrechtlichen Aufsichtstätigkeit erhielt die Bezirksregierung Weser-Ems im Oktober 2002 davon Kenntnis, dass der Kläger in seiner Apotheke in B. einen Verblisterungsautomaten der österreichischen Firma Baxter betreibt. Beim Verblistern werden einzelne Fertigarzneimittel aus Fertigarzneimittelpackungen entnommen (sog. Auseinzeln), nach den individuellen Bedürfnissen des Arzneimittelempfängers zusammengestellt und mittels eines Automaten in folienverschweißten Behältnissen neu abgepackt (sog. Verblistern). Eine Ortsbesichtigung der Bezirksregierung in der Apotheke des Klägers am 7. April 2003 führte zu folgenden Erkenntnissen: Der Kläger versorgt 70 Bewohner des C.-Heimes in D. mit den neu verblisterten Arzneimitteln. Dazu ist das Medikationsprofil der gegenwärtig belieferten Patienten in einem Computer hinterlegt. Zur Neuverpackung werden die für den wöchentlichen Bedarf ermittelten Tabletten/Kapseln aus den Fertigarzneimittelpackungen entnommen und im Wege des Vier-Augen-Prinzips durch zwei pharmazeutisch-technisch geschulte Kräfte in die Bestückungsfächer des Baxter-Automaten eingefüllt. Danach verpackt der Baxter-Automat jede einzelne Tablette/ Kapsel des ausgeeinzelten Arzneimittels in ein lichtgeschütztes Plastiktütchen, auf dem der Name der Apotheke, das Verpackungsdatum, der Name des Patienten mit Stationsangabe, der genaue Einnahmezeitpunkt (Tage, Datum und Einnahmezeitpunkt), der Name des Arzneimittels, Einnahmehinweise, Chargennummer und Verfallsdatum aufgedruckt sind.
Mit Verfügung vom 22. Mai 2003 untersagte die Bezirksregierung Weser-Ems dem Kläger die Neuverblisterung von Fertigarzneimitteln. Zur Begründung führte sie aus: Das Verblistern von Fertigarzneimitteln stelle eine erlaubnispflichtige Herstellung von Arzneimitteln dar. Der Begriff des Herstellens erfasse auch das Umfüllen, also das Einbringen in ein anderes Behältnis. Mit der Entnahme eines Fertigarzneimittels aus seiner ursprünglichen Verpackung, seiner Verteilung auf die Bestückungsfächer des Verblisterungsautomaten und seiner folgenden Neuverpackung durch Einschweißen in kleine Folientüten liege der Tatbestand des Umfüllens vor. Eine die Herstellung abschließende Abgabe des Fertigarzneimittels habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht stattgefunden. Der Heimbewohner erhalte erst nach der Neuverpackung die Verfügungsgewalt über die für ihn bestimmten Arzneimittel. Das Verblistern halte sich nicht im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes und sei deshalb nicht eine erlaubnisfreie Herstellung. Das Umkonfektionieren von Fertigarzneimitteln zum Zwecke der Herstellung von an den Endverbraucher abgabefertigen Einzelmengen sei keine apothekenspezifische Dienstleistung. Das Verblistern sei auch eine besondere Form des "Stellens" der Arzneimittel, das dem Pflegepersonal im Heim obliege.
Mit seinem Widerspruch vom 20. Juni 2003 machte der Kläger geltend: Hergestellt werde ein Arzneimittel, wenn es in eine verkehrs- und verkaufsfähige Verpackung umverpackt werde. Das Verblistern setze erst nach Abschluss des Herstellungsvorgangs am Ende der Vertriebskette ein. Das Produkt dieses Vorgangs, der Blister, sei einer Rezeptur sehr ähnlich, die der Apotheker nach Vorgaben eines Arztes herstelle. Der Blister sei eine Zusammenstellung von individuell patientenbezogenen Arzneimitteln, die in dieser Verpackung nicht verkaufsfähig seien. Es mache keinen Unterschied, ob der Heimbewohner das Pflegepersonal mit dem Stellen der Arzneimittel beauftrage oder den Apotheker. Der Apotheker habe das für die Verblisterung vorgesehene Fertigarzneimittel bereits mit seiner Aussonderung und Individualisierung an den Dritten abgegeben. Dies genüge, um im Rahmen der vorliegenden Gattungsschuld von der Leistungspflicht frei zu werden. Die Arzneimittelsicherheit werde durch das Verblistern nicht gefährdet.
Während des Widerspruchsverfahrens verurteilte das Apotheker-Berufsgericht Niedersachsen den Kläger in seiner Sitzung vom 25. Juni 2003 zu einer Geldbuße von 5.000,-- EUR wegen eines fahrlässig begangenen Berufsvergehens. Mit der Verblisterung von Arzneimitteln für Heimbewohner habe der Kläger gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften und gegen die Berufsordnung für Apotheker des Landes Niedersachsen verstoßen. Auf die Berufung des Klägers stellte der Gerichtshof für die Heilberufe Niedersachsen mit Beschluss vom 14. Januar 2004 das Verfahren gegen den Kläger ein, weil eine "allenfalls denkbare Verletzung von Berufspflichten - wenn sie denn objektiv überhaupt vorläge - aus subjektiven Gründen entgegen der Auffassung des Berufsgerichts sehr geringfügig wäre".
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2004, zugestellt am 19. Februar 2004, wies die Bezirksregierung Weser-Ems den Widerspruch des Klägers gegen die Untersagungsverfügung vom 22. Mai 2003 als unbegründet zurück.
Mit seiner Klage vom 19. März 2004 hat der Kläger vorgetragen: Der Herstellungsvorgang für ein Fertigarzneimittel sei zu dem Zeitpunkt abgeschlossen, zu dem es auslieferungsfertig beim Hersteller vorliege, und zwar in einer für den Endverbraucher bestimmten Packung. Mit dem Verblistern werde das Arzneimittel nicht erneut hergestellt, sondern ohne Bearbeitung des Arzneimittels als solches z.B. im Wirkungs- oder Anwendungsbereich, lediglich individuell, zugeschnitten auf den Patienten, "portioniert". Für einen Patienten, der vorab seine Einwilligung zum Verblistern gegeben habe, mache es keinen Unterschied, ob er das gewünschte Ergebnis unmittelbar geliefert bekomme oder erst nach Lieferung des unverblisterten Arzneimittels ins Heim, Rücklieferung an die Apotheke und anschließender Verblisterung. Entgegen der Ansicht der Bezirksregierung sei ein Arzneimittel nicht erst dann abgegeben, wenn dem Abnehmer die Verfügungsgewalt durch die körperliche Überlassung des Arzneimittels eingeräumt worden sei. Wie bereits in dem Einstellungsbeschluss des Gerichtshofes für die Heilberufe Niedersachsen vom 14. Januar 2004 angesprochen und als erwägenswert dargestellt, reiche es aus, dass ein einzelnes Fertigarzneimittel vor dem Verblistern individualisiert einem bestimmten Patienten zugeordnet werde, z.B. durch Erstellung eines Medikationsprofils. Bei einer Gleichsetzung der arzneimittelrechtlichen Abgabe mit der bürgerlich-rechtlichen Übereignung gemäß §§ 929, 930 BGB werde der Apotheker als Besitzdiener tätig. Bei der Verblisterung handele es sich jedenfalls um eine apothekenübliche Dienstleistung, für die keine Herstellungserlaubnis erforderlich sei. Die Arzneimittelsicherheit sei durch den Apotheker gewährleistet, der als Herstellungs-, Kontroll- und Vertriebsleiter tätig werde. Eine von der Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes abzugrenzende industrielle Fertigung von Fertigarzneimitteln liege nicht vor. Die Automatisierung biete die Möglichkeit, einer apothekereigenen Aufgabe, nämlich ein Arzneimittel einnahmegerecht für den Kunden aufzubereiten, auch in größerem Umfang im Rahmen der Heimversorgung nachzukommen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 22. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2004 aufzuheben.
Die Beklagte hat als Rechtsnachfolgerin der Bezirksregierung Weser-Ems beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat erwidert: Der Begriff der Herstellung erfasse auch Handlungen außerhalb des eigentlichen Herstellungsvorgangs, namentlich das Umfüllen. Für eine Abgabe an den Dritten reiche das Vorliegen einer auslieferungsfähigen, für den Endverbraucher bestimmten Arzneimittelpackung nicht aus. Der Dritte müsse die Verfügungsgewalt erlangt haben. Der Begriff des apothekenüblichen Betriebes sei im Lichte der arzneimittelrechtlichen Zielstellung des Arzneimittelgesetzes auszulegen. Der Apotheker werde von der Erlaubnispflicht für die Arzneimittelherstellung in seiner Apotheke freigestellt, soweit es um typische Herstellungstätigkeiten des alltäglichen Tätigkeitsspektrums der öffentlichen Apotheke, wie die Anfertigung von Rezepturen und Defekturen, gehe. Das Aufgabenspektrum sei gekennzeichnet durch die individuelle Patientenversorgung, die auf eine konkrete Bitte des Patienten um eine individuelle Portionierung der Arzneimittel ergänzt werden könne. Die Massenherstellung von Arzneimittelblistern gehöre hingegen nicht zum Aufgabenbereich einer Apotheke. Der Apotheker sei nicht geeignet, einen Arzneimittelherstellungsbetrieb zu leiten. Er erfülle nicht die Anforderungen des Herstellungs-, Kontroll- und Vertriebsleiters.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 9.März 2005, der Beklagten zugestellt am 15. April 2005, der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Mit dem Verblistern von Fertigarzneimitteln werde ein Arzneimittel hergestellt. Von der danach grundsätzlich bestehenden Erlaubnispflicht sei der Kläger als Apotheker befreit, weil sich seine Tätigkeit im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes halte. Der Kläger stelle Arzneimittel her, wenn er Tabletten oder Kapseln aus den Verpackungen von Fertigarzneimitteln auseinzele und nach bestimmten Vorgaben in eine Kunststoffhülle zur Abgabe an denjenigen, für den der Inhalt bestimmt sei, verpacke. Der Kläger verpacke unstreitig Arzneimittel und erfülle damit das Tatbestandsmerkmal des Herstellens. Es bestehe zwar bei wertender Betrachtung kaum ein Unterschied zwischen dem Verblistern durch den Apotheker und dem "Stellen" der Arzneimittel durch das Pflegepersonal im Heim. Zu beachten sei jedoch der rechtliche Unterschied, dass der Patient im letzten Fall die Verfügungsgewalt über das Arzneimittel bereits besitze. Die Annahme eines Besitzkonstituts scheide aus, weil eine dingliche Einigung zwischen Patient und Apotheker nicht ersichtlich sei, wenn der Apotheker aus dem Vorrat seiner Fertigarzneimittel eine Packung entnehme, um daraus die Tabletten oder Kapseln für die Herstellung des Blisters nach Maßgabe des Indikationsprofils auszueinzeln. Im Gegensatz zur Veräußerung einer Arzneimittelpackung "am Ladentisch" der Apotheke stelle die Auswahl bestimmter Packungen aus dem Vorrat keine Einigung dar. Der Kläger bedürfe keiner Herstellungserlaubnis, weil die Verblisterung von Arzneimitteln für die Versorgung der Patienten, die üblicherweise bei dem Apotheker ihre Arzneimittel bezögen, nicht den Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes sprenge. Zur apothekenüblichen Dienstleistung gehöre auch die Versorgung von Patienten in Pflegeheimen mit Arzneimitteln im Rahmen der Heimversorgung.
Die Beklagte hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt sie vor: Die an der Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu messende Untersagungsverfügung sei rechtmäßig. Zu Recht bewerte das Verwaltungsgericht den Vorgang der Auseinzelung von Arzneimitteln aus Fertigarzneimittelpackungen und deren Umverpackung in Folientüten als erlaubnispflichtige Herstellung von Arzneimitteln. Die Herstellung von Fertigarzneimitteln durch Verblisterung halte sich aber nicht im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes. Der Apotheker erfülle nicht die Anforderungen, die an einen Arzneimittelherstellungsbetrieb zu stellen seien. Bei Auslegung des Begriffs des üblichen Apothekenbetriebes sei die arzneimittelsicherheitsrechtliche Zielstellung des Arzneimittelgesetzes zu beachten. Beim Umfüllen und Neuabpacken von Arzneimitteln sei eine Kontaminationsgefahr und eine Einbuße an Sterilität nicht auszuschließen. Weitere Gefahren könnten durch Verwendung ungeeigneter Verpackungen und durch eine unzureichende Kennzeichnung beim Umfüllen in die neuen Blister entstehen. Wegen dieser Gefahren habe der Gesetzgeber die Auseinzelung von Fertigtierarzneimitteln in § 21 Abs. 2 a Satz 4 des Arzneimittelgesetzes straff reglementiert. Soweit mit dem 14. Änderungsgesetz zum Arzneimittelgesetz vom 29. August 2005, dem die Zielsetzung einer Anpassung des deutschen Arzneimittelrechts an Gemeinschaftsrecht zugrunde liege, die industrielle Verblisterung von Fertigarzneimitteln für Apotheken von der Zulassungspflicht freigestellt worden sei, bekräftige diese Neuregelung ihre Auffassung, dass die Portionierung von Arzneimitteln für die Patienten in dem vom Kläger betriebenen industriellen Maßstab - nach eigenem Bekunden des Klägers machten inzwischen 45 Krankenhäuser und 500 Pflegeeinrichtungen vom umfassenden, auch den Versandhandel einbeziehenden Service seiner Apotheke Gebrauch - keine Tätigkeit des apothekenüblichen Betriebs sei. Mit der Herstellung der Blister beauftragte Unternehmen benötigten eine Herstellungserlaubnis. Der Gesetzgeber habe im Rahmen der Gesetzesänderung auch nicht klargestellt, dass Apotheken privilegiert seien. Darüber hinaus entstehe mit der Verblisterung ein neues Fertigarzneimittel, dem es an der erforderlichen Zulassung fehle. Bei der automatisierten Verblisterung handele es sich nicht um die zulassungsfreie Herstellung einer Rezeptur oder Defektur. Wegen des mit der Auseinzelung von Arzneimitteln und der anschließenden Neuverpackung verbundenen Gefährdungspotenzials sei eine Zulassung des durch Verblisterung neu hergestellten Fertigarzneimittels zu verlangen. Schließlich rechtfertige auch die Gefahr, dass bei der Verblisterung rechtliche Vorgaben hinsichtlich der Ausführung von Verschreibungen verletzt werden könnten, ein Einschreiten.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erwidert: Er stelle keine Arzneimittel durch Verblisterung her. Mit der Einigung zwischen Patient und Apotheker, ein verschriebenes Fertigarzneimittel zu verblistern, und der anschließenden Auseinzelung gehe das Eigentum im Wege des antizipierten Besitzkonstituts an den Patienten über. Es bestehe eine Identität von Hersteller und Verbraucher in der Person des Patienten, die die Anwendung des Arzneimittelgesetzes ausschließe. Es sei wirtschaftlich und medizinisch nicht vertretbar, danach zu differenzieren, ob das zu verblisternde Fertigarzneimittel zuvor dem Patienten ausgehändigt worden sei. Mit der Verblisterung biete er eine apothekenübliche Dienstleistung an. Die Definition des üblichen Apothekenbetriebs müsse die bestehenden Anforderungen berücksichtigen. Dazu gehöre, dass die Apotheke Heime mit Arzneimitteln versorge. Die Heimversorgung gehöre zum Tätigkeitsspektrum einer Apotheke. Die Beklagte übersehe, dass die heimversorgende Großapotheke mit der althergebrachten nachbarschaftlichen Präsenzapotheke, in der ein Großteil der Arzneimittel noch selbst hergestellt werde, nicht mehr vieles gemein habe. Arzneimittelsicherheitsrechtliche Bedenken gegen die Verblisterung bestünden nicht. Die Herstellung gehe auch ihrem Umfang nach nicht über den üblichen Apothekenbetrieb hinaus. Die Herstellung eines neuen Arzneimittels mittels Verblisterung sei zulassungsfrei. Der individuell zusammengestellte Wochenblister sei kein Fertigarzneimittel im Sinne der gesetzlichen Definition. Das der Zulassungspflicht zugrunde liegende Motiv, die Wirkung und Wirkungsweise der Fertigarzneimittel festzustellen, gehe bei der Verblisterung außerdem ins Leere, weil eine darauf bezogene Überprüfung der verblisterten Fertigarzneimittel bereits stattgefunden habe. Im Übrigen unterfalle ein im Wege der Verblisterung gewerblich in einer Apotheke hergestelltes Arzneimittel nicht dem Fertigarzneimittelbegriff in der Fassung der 14. Novelle zum Arzneimittelgesetz. Darüber hinaus liege ein Ausnahmetatbestand vor, der zur Zulassungsfreiheit führe. Die Beklagte berufe sich auch zu Unrecht auf andere Missbrauchsgefahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten erlassene Unterlassungsverfügung vom 22. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2004 ist rechtswidrig und muss deshalb aufgehoben werden (§ 113 Abs. 1 VwGO). Im Streit befindet sich eine auf § 69 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes - AMG - gestützte arzneimittelrechtliche Untersagungsverfügung. Dabei handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, der die Gerichte verpflichtet, seine Rechtmäßigkeit nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu beurteilen (BVerwG, Urt. v. 22.1.1998 - 3 C 6.97 -, NJW 1999, 881 [BVerwG 22.01.1998 - 3 C 6/97]; Urt. v. 14.4.2005 - 3 C 9.04 -, NVwZ 2005, 1198). Anzuwenden ist deshalb das Arzneimittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394). Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Die Beklagte sieht in dem beanstandeten Vorgehen des Klägers, einzelne Fertigarzneimittel aus Fertigarzneimittelpackungen zu entnehmen (sog. Auseinzeln), diese anschließend nach den individuellen Bedürfnissen des Arzneimittelempfängers zusammen zu stellen und sie in folienverschweißten Behältnissen neu zu verpacken (Verblistern), um den entstandenen Blister an andere, z.B. Heimbewohner, abzugeben, einen Verstoß gegen die Pflicht zur Einholung einer Erlaubnis zum Herstellen von Arzneimitteln und gegen die Zulassungspflicht von Arzneimitteln. Dieser Ansicht folgt der Senat nicht.
Allerdings stellt der Kläger mit dem Verblistern ein Arzneimittel her, so dass er grundsätzlich eine Erlaubnis benötigt (1.). Ausnahmsweise ist die Erlaubnis hier aber entbehrlich, weil der Kläger die Arzneimittel im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs herstellt (2.). Eine Zulassungspflicht für die Herstellung von Arzneimitteln im Wege der Verblisterung besteht nicht (3.). Weitere die Untersagungsverfügung rechtfertigende Gefahren liegen nicht vor (4.).
1.
Das Verwaltungsgericht hat richtig entschieden, dass der Kläger Arzneimittel herstellt, wenn er Tabletten oder Kapseln aus den Verpackungen von Fertigarzneimitteln auseinzelt und nach bestimmten Vorgaben in eine Kunststoffhülle zur Abgabe an denjenigen, für den der Inhalt bestimmt ist, verpackt. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 AMG bedarf diejenige natürliche Person, die Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG gewerbsmäßig oder berufsmäßig zum Zwecke der Abgabe an andere herstellen will, einer Erlaubnis der zuständigen Behörde. Unter Herstellen ist nach § 4 Abs. 14 AMG das Gewinnen, das Anfertigen, das Zubereiten, das Be- oder Verarbeiten, das Umfüllen einschließlich Abfüllen, das Abpacken, das Kennzeichnen und die Freigabe zu verstehen. Das Auseinzeln von Fertigarzneimitteln und Neuverblistern erfüllt die Tatbestandsmerkmale des Umfüllens, Abpackens und Kennzeichnens im Sinne der vorgenannten Vorschrift. Der daraus folgenden Erlaubnispflichtigkeit dieser Vorgänge nach § 13 Abs. 1 Satz 1 AMG hält der Kläger zu Unrecht entgegen, das Verblistern unterfalle nicht dem Herstellungsbegriff, der voraussetze, dass ein verkehrsfähiges, d.h. an jedermann verkaufsfähiges Produkt entstehe. Dieses sei beim Blister, der aus einer Zusammenstellung unterschiedlicher Fertigarzneimittel zum individuellen Gebrauch bestehe, gerade nicht der Fall. Der Begriff des Herstellens beschränkt sich nicht nur auf Vorgänge, an deren Ende ein Produkt entsteht, das an eine beliebige Anzahl von Verbrauchern vertrieben werden kann. Ein Arzneimittel kann auch auf besondere Anforderung oder Bestellung und damit individuell für den Einzelfall durch Umfüllen, Abpacken und Kennzeichnung hergestellt werden.
Der Einwand des Klägers, zum Zeitpunkt der Neuverpackung sei das zu verblisternde Fertigarzneimittel bereits an den Arzneimittelempfänger abgegeben, mit dem Verblistern werde folglich kein Arzneimittel hergestellt, greift nicht durch. Eine Abgabe an andere im Sinne des Satzes 1 liegt nach der Legaldefinition in § 13 Abs. 1 Satz 3 AMG vor, wenn die Person, die das Arzneimittel herstellt, eine andere ist als die, die es anwendet. Abgegeben ist ein Arzneimittel, wenn dem anderen die Verfügungsgewalt überlassen worden ist. Nach dem von der Beklagten bzw. von ihrer Rechtsvorgängerin ermittelten und den streitbefangenen Verfügungen zugrunde liegenden Sachverhalt findet die Verblisterung in der Apotheke des Klägers zu einem Zeitpunkt statt, zu dem die Fertigarzneimittel, die verblistert werden sollen, noch nicht an den Verbraucher abgegeben wurden. Die für die Verblisterung vorgesehenen Fertigarzneimittel werden nicht zunächst den Arzneimittelempfängern ausgehändigt und danach von diesen zum Zwecke der Auseinzelung und Verblisterung an die Apotheke zurückgegeben. Vielmehr wird der Apotheker, worauf bereits das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat, aus dem Vorrat seiner Fertigarzneimittel eine Packung entnehmen, aus der wiederum die Tabletten und Kapseln für die Befüllung des Blisterautomaten nach Maßgabe des Medikationsprofils des einzelnen Empfängers ausgeeinzelt werden. Eine konkret auf das für die Verblisterung vorgesehene Fertigarzneimittel bezogene Verfügungsgewalt des Dritten liegt demnach nicht vor.
Der Kläger beruft sich zu Unrecht darauf, dass das auszueinzelnde Fertigarzneimittel bereits mit seiner Bereitstellung in der Apotheke und Zuordnung zu dem jeweiligen Arzneimittelempfänger vor der Verblisterung abgegeben sei. Zwar kann für den Begriff der Abgabe im Sinne des Arzneimittelrechts ausreichend sein, wenn ein Besitzkonstitut eingeräumt wird (Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Loseblattsammlung, Stand: August 2005, § 4 AMG Nr. 57; Rehmann, AMG, 2. Aufl. 2003, § 4 Rdnr. 19). Der Wechsel der Verfügungsgewalt setzt aber eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Hersteller und dem Arzneimittelempfänger als dritte Person im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 AMG voraus. Ein solches in jedem Einzelfall einzuholendes Einverständnis des Arzneimittelempfängers mit der Verblisterung der für ihn bestimmten Fertigarzneimittel liegt nach dem von der Rechtsvorgängerin der Beklagten ermittelten Sachverhalt nicht vor.
Der Kläger macht weiter vergeblich geltend, eine Gesetzesauslegung, die dem Apotheker ohne vorherige Aushändigung der Fertigarzneimittelpackung an den Patienten das Verblistern verbiete, hingegen erlaube, wenn er die Packung dem Patienten zunächst aushändige und von diesem zum Zwecke der Verblisterung zurückerhalte, sei nicht überzeugend. Die Zielsetzung des Arzneimittelgesetzes, ein hohes Maß an Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten (vgl. § 1 AMG), rechtfertigt es, die Herstellung eines Arzneimittels, soweit sie sich im Rahmen des Arzneimittelgesetzes vollzieht, einer Erlaubnis zu unterwerfen. Ist das Fertigarzneimittel bereits an den Arzneimittelempfänger abgegeben, liegt eine andere Risikoverteilung vor. Beauftragt der Dritte den Apotheker, seine Fertigarzneimittel zu verblistern, ist er Hersteller und Verbraucher in einer Person. Da nach § 13 Abs. 1 Satz 3 AMG eine Abgabe an andere im Sinne des Abs. 1 Satz 1 nur dann vorliegt, wenn die Person, die das Arzneimittel herstellt, eine andere ist als die, die es anwendet, scheidet bei dieser Fallkonstellation eine erlaubnispflichtige Herstellung im Sinne des Arzneimittelrechts aus. Im vorliegenden Fall stellt der Kläger als Apotheker gewerbs- und berufsmäßig mit der Verblisterung ein Arzneimittel her.
2.
Der Kläger benötigt für die Verblisterung keine Herstellungserlaubnis nach § 13 Abs. 1 Satz 1 AMG. Einer Erlaubnis nach dieser Vorschrift bedarf nach dem Ausnahmetatbestand des Absatzes 2 Nr. 1 nicht der Inhaber einer Apotheke für die Herstellung von Arzneimitteln im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes. Mit der Verblisterung stellt der Kläger als Inhaber einer Apotheke Arzneimittel her. Die Herstellung hält sich im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs.
Nach seinem sprachlichen und fachlichen Wortsinn erfasst der Begriff des üblichen Apothekenbetriebs die Aufgaben, die einer Apotheke nach den arzneimittel- und apothekenrechtlichen Bestimmungen zugewiesen sind. Nach § 1 Abs. 1 Apothekengesetz - ApoG - obliegt den Apotheken die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Diesem Zweck dient in erster Linie der Handel, auch Versandhandel (vgl. § 11 a ApoG), mit Arzneimitteln und das Anbieten apothekenpflichtiger Medizinprodukte bzw. apothekenüblicher Waren gemäß § 25 der Apothekenbetriebsordnung - ApBetrO. Daneben ist es auch üblich, dass in Apotheken Arzneimittel hergestellt werden. Dies ergibt sich nicht nur aus § 13 Abs. 2 Nr. 1 AMG, sondern auch aus den Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung, insbesondere aus § 6, der Qualitätsstandards für die Herstellung fordert und aus §§ 7 und 8 ApBetrO, die die Herstellung von Arzneimitteln im Wege der Anfertigung von Rezepturen oder Defekturen regeln. § 12 a ApoG eröffnet den Apotheken die Möglichkeit, Heime mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten zu beliefern. In einem solchen Fall gilt die in Abs. 1 Satz 1 der vorgenannten Bestimmung niedergelegte Verpflichtung, zur Versorgung von Bewohnern von Heimen nach § 1 HeimG mit dem Träger des Heims einen schriftlichen Vertrag zu schließen. Gemessen an diesem Aufgabenspektrum einer Apotheke stellt sich die Herstellung von Arzneimitteln durch Verblisterung als apothekenübliche Dienstleistung dar.
Der Kläger schöpft die ihm vom Apothekengesetz eingeräumten Handlungsmöglichkeiten aus. Er hat mit verschiedenen Heimen gemäß § 12 a ApoG Versorgungsverträge abgeschlossen. Die Versorgung von Heimbewohnern nach der genannten Vorschrift erfasst auch die Belieferung mit (selbst) hergestellten Arzneimitteln. Dabei ist der Apotheker nicht auf die Herstellung von Rezepturen und Defekturen gemäß §§ 7 und 8 ApBetrO beschränkt. Die vorgenannten Begriffe geben nur einen Hinweis auf den Produktionsumfang. Während unter Rezeptur die Einzelherstellung eines Arzneimittels anhand eines konkreten Auftrags zu verstehen ist, wird bei der Defektur ein Arzneimittel im Voraus in einer Menge bis zu maximal 100 abgabefertigen Packungen pro Tag hergestellt. Beide Begriffe schließen nicht aus, dass der Apotheker durch die Verblisterung von Fertigarzneimitteln ein neues Arzneimittel herstellt. Die Apotheke hat einen umfassenden Auftrag zur Herstellung von Arzneimitteln. Aus den allgemeinen Vorschriften über die Herstellung von Arzneimitteln in § 6 ApBetrO ergibt sich, dass die Apotheke zur Erfüllung der ihr nach § 1 Abs. 1 ApoG zugewiesenen Aufgaben imstande sein muss, die wichtigsten pharmazeutischen Darreichungsformen im Einzelfall auch selbst anfertigen zu können. Hierzu gehört auch das patientenindividuelle Verblistern, das Gegenstand eines Heimversorgungsvertrages gemäß § 12 a ApoG sein kann. Soweit die Beklagte den Kläger auf ein von ihr mit den Begriffen Rezeptur und Defektur umschriebenes alltägliches Tätigkeitsspektrum verweisen will, übersieht sie, dass der Gesetzgeber durch verschiedene gesetzliche Maßnahmen den Apotheken die Möglichkeit eingeräumt hat, ihr Dienstleistungsangebot zu erweitern. Neben dem bereits erwähnten Abschluss von Heimversorgungsverträgen gestattet § 11 a ApoG in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14. November (BGBl. I S. 2190) nunmehr den Apotheken unter Erlaubnisvorbehalt, apothekenpflichtige Arzneimittel zusätzlich zu dem üblichen Apothekenbetrieb zu versenden (vgl. auch § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG).
Gegen eine Verblisterung von Fertigarzneimitteln durch die Apotheke bestehen keine arzneimittelsicherheitsrechtlichen Bedenken. § 13 Abs. 2 Nr. 1 AMG nimmt Apotheker von der Erlaubnispflicht in Bezug auf die Herstellung von Arzneimitteln im Rahmen des apothekenüblichen Betriebes aus, weil sie insoweit bereits der Überwachung aufgrund des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung unterliegen (Rehmann, a.a.O., § 13 Rdnr. 5). Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO müssen Arzneimittel, die in der Apotheke hergestellt werden, die nach der pharmazeutischen Wissenschaft erforderliche Qualität aufweisen. Sie sind nach Satz 2 1. Halbsatz der vorgenannten Vorschrift nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln herzustellen und zu prüfen. Die Einhaltung dieser und auch anderer der Arzneimittelsicherheit dienender Vorschriften wird gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 AMGüberwacht. Nach dieser Vorschrift unterliegen Betriebe, die Arzneimittel herstellen, der Überwachung. Diese Vorschrift gilt auch für Apotheken, wenn sie Arzneimittel herstellen.
Die Beklagte führt weiter die arzneimittelsicherheitsrechtliche Erwägungen ins Feld, dass beim Umfüllen und Neuabpacken von Arzneimitteln eine Kontaminationsgefahr und eine Einbuße an Sterilität nicht auszuschließen sei. Die Verwendung ungeeigneter Verpackungen und die unzureichende Kennzeichnung der entstehenden Blister gefährdeten ebenfalls die Arzneimittelsicherheit. Damit beschreibt die Beklagte Risiken, die der Herstellung von Arzneimitteln regelmäßig inne wohnen und mit Hilfe der gesetzlich vorgegebenen Qualitätsstandards auszuschließen bzw. auf ein hinnehmbares Maß zu minimieren sind.
Aus § 21 Abs. 2 a Satz 4 Nr. 1 AMG lässt sich nicht entnehmen, dass eine Herstellung von Arzneimitteln durch Verblisterung in einer Apotheke aus Gründen der Arzneimittelsicherheit unterbleiben soll. Diese Vorschrift bestimmt, dass der Begriff des Herstellens in § 21 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. Abs. 2 a Satz 1 AMG, der in engen Grenzen die Herstellung von Tierarzneimitteln zulässt, die für den Verkehr außerhalb von Apotheken nicht freigegebene Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen enthalten, sich nicht auf das Umfüllen, Abpacken oder Kennzeichnen von Arzneimitteln in unveränderter Form bezieht, sofern keine Fertigarzneimittel in für den Einzelfall geeigneten Packungsgrößen im Handel verfügbar sind. Die mit der 11. AMG-Novelle vom 21. August 2002 (BGBl. I S. 3348) eingefügte Neuregelung, namentlich die Einschränkung in dem Nebensatz, soll einen Anreiz für Arzneimittelhersteller schaffen, Fertigarzneimittel für Tiere in differenzierten Packungsgrößen anzubieten, und zwar im Hinblick auf die vorstehend von der Beklagten angeführten arzneimittelsicherheitsrechtlichen Erwägungen. Dieses Motiv bezieht sich nur auf die Einschränkung des zulassungsfreien Umfüllens, Abpackens und Kennzeichnens. Denn anderenfalls wäre der weitere Regelungsgehalt der Vorschrift des § 21 Abs. 2 a Satz 4 Nr. 1 AMG nicht verständlich, mit der der Gesetzgeber trotz der in der erwähnten Begründung genannten arzneimittelrechtlichen Risiken einzelne Teilschritte des Herstellungsvorgangs gemäß § 4 Abs. 14 AMG für zulassungsfrei erklärt, wenn der Handel die für den Einzelfall geeignete Packungsgröße nicht anbietet. Ein grundsätzliches Verbot der Auseinzelung von Fertigarzneimitteln im Bereich der bei Menschen anzuwendenden Arzneimittel lässt sich dieser Vorschrift, die einen begrenzten Anwendungsbereich hat, nicht entnehmen.
Die Regelung in § 21 Abs. 2 Nr. 1 b 2. Alt. AMG stützt ebenfalls nicht die Auffassung der Beklagten, die Verblisterung sei apothekenunüblich. Nach dieser Vorschrift, die mit der 14. AMG-Novelle vom 1. September 2005 (BGBl. I S. 2618) eingeführt wurde, bedürfen Arzneimittel nicht einer Zulassung, die aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln für Apotheken oder in Unternehmen, die nach § 50 AMG zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden. Diese Vorschrift stellt Fertigarzneimittel von der Zulassungspflicht frei, die im Wege der Neuverblisterung verschiedener zugelassener Arzneimittel mittels industrieller Verfahren speziell für bestimmte Patienten einer Apotheke hergestellt werden (BT-Drs. 15/5316 S. 36). Sie gilt nur für die Herstellung von patientenbezogenen Blistern im Auftrag einer Apotheke ("für Apotheken") und im industriellen Maßstab. Diese Vorschrift ist keine Auslegungshilfe für die Frage, ob bzw. ab welcher Größenordnung die Verblisterung von Arzneimitteln in einer Apotheke den apothekenüblichen Rahmen sprengt. Die von der Beklagten angeführten rechtlichen Bedenken gegen die industrielle Verblisterung von Arzneimitteln - industriell portionierte Arzneimittel in Blister seien von der Pflicht zur Packungskennzeichnung wie auch von der Pflicht, eine Gebrauchsinformation beizufügen, ausgenommen - beziehen sich nur auf die Vorschrift des § 21 Abs. 2 Nr. 1 b 2. Alt. AMG. Aus ihnen lässt sich nicht ableiten, dass die Verblisterung von Arzneimitteln in Apotheken grundsätzlich verboten sein soll.
Die Beklagte hält dem Kläger ferner zu Unrecht vor, jedenfalls mit der Herstellung von Blistern im industriellen Maßstab werde der Bereich des üblichen Apothekenbetriebes verlassen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger eine mit dem Begriff der Apothekenüblichkeit unvereinbare industrielle Herstellung von Blistern anstrebt, liegen nicht vor. Unter industrieller Herstellung versteht der Gesetzgeber nach seiner Begründung zu § 21 Abs. 2 Nr. 1 b AMG (BT-Drs. 15/5316 S. 33) eine breite Herstellung nach einheitlichen Vorschriften. Diese Schwelle erreicht der Kläger nicht, selbst wenn er die Verblisterung nicht nur dem Paulus-Heim in Osnabrück, sondern auch weiteren von ihm versorgten Heimen im Rahmen abgeschlossener Heimversorgungsverträge anbietet. Überschreitet die Zahl der täglich hergestellten patientenbezogenen Blister die Menge von 100 abgabefertigen Packungen pro Tag, liegt eine Großherstellung im Sinne des § 9 ApBetrO vor, die sich nach der gesetzlichen Vorgabe in dieser Vorschrift im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs halten kann und nach den vorstehenden Ausführungen auch tatsächlich im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hält.
3.
Für die Verblisterung von Fertigarzneimitteln besteht keine Zulassungspflicht nach § 21 AMG. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift dürfen Fertigarzneimittel, die Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 sind, im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn auf der Grundlage von Gemeinschaftsrecht von den zuständigen Stellen der Europäischen Gemeinschaft eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AMG in der Fassung, die die Vorschrift durch die 14. AMG-Novelle erhalten hat, sind Fertigarzneimittel Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden. Mit der Verblisterung von Fertigarzneimitteln entsteht nicht ein neues Fertigarzneimittel. Der Begriff des Fertigarzneimittels umfasst alle im Voraus, d.h. nicht nur für einen Einzelfall, hergestellten Arzneimittel, die sich in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Verpackung befinden (Kloesel/Cyran, a.a.O., § 4 AMG Nr. 2; Rehmann, a.a.O., § 4 Rdnr. 1). In Abgrenzung zu den auf besondere Anforderung oder Bestellung hergestellten Arzneimitteln, die herkömmlich mit Rezepturen umschrieben werden, werden Fertigarzneimittel für eine Vielzahl von Verbrauchern hergestellt. Mit der Verblisterung verschiedener Fertigarzneimittel entsteht ein individuell auf den Arzneimittelempfänger zugeschnittenes und von diesem angefordertes neues Arzneimittel, das nicht die Voraussetzungen eines Fertigarzneimittels erfüllt.
Ein anderes Verständnis des Begriffs des Fertigarzneimittels in dem hier interessierenden rechtlichen Zusammenhang wäre nicht in Einklang zu bringen mit der Regelung der 2. Alternative in § 4 Abs. 1 Satz 1 AMG, die mit dem 14. Änderungsgesetz zum AMG eingeführt wurde und EU-Recht umsetzt. Die Vorschrift unterstellt andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, die industriell oder gewerblich hergestellt werden, grundsätzlich dem Begriff des Fertigarzneimittels. Wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs zu der bereits erwähnten Ausnahme von der Zulassungspflicht für industriell im Auftrag von Apotheken hergestellte Arzneimittel in § 21 Abs. 2 Nr. 1 b AMG ergibt, sind mit der industriellen und gewerblichen Herstellung insbesondere Verblisterungen gemeint, die gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG grundsätzlich zulassungspflichtig sind und gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 b AMG von der Zulassungspflicht freigestellt werden, soweit sie für einzelne Patienten hergestellt werden. Durch Verblisterung kann demnach grundsätzlich auch ein Fertigarzneimittel hergestellt werden. Eine Ausnahme gilt jedoch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. AMG, wenn die gewerbliche Herstellung in einer Apotheke stattfindet. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Der Kläger verblistert in gewerblichem Umfang in seiner Apotheke Fertigarzneimittel. Die entstehenden Produkte sind nicht als Fertigarzneimittel anzusehen und unterliegen deshalb nicht der Zulassungspflicht.
Wäre die Eigenschaft des Blisters als Fertigarzneimittel gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG zu bejahen, wäre er nach dem Ausnahmetatbestand des Abs. 2 Nr. 1 der vorgenannten Vorschrift von der Zulassung befreit. Einer Zulassung bedarf es danach nicht für Arzneimittel, die zur Anwendung beim Menschen bestimmt sind und aufgrund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu 100 abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind. Die Vorschrift regelt eine Ausnahme für die sog. verlängerte Rezeptur. Sie soll es dem Apotheker ermöglichen, bei entsprechend häufiger Verschreibung einer Rezeptur dieses Arzneimittel auch in kleineren Mengen von maximal 100 abgabefertigen Packungen pro Tag in einem einzigen Herstellungsvorgang im Voraus zu fertigen, ohne dass es als Fertigarzneimittel der Zulassungspflicht nach Abs. 1 Satz 1 unterliegt. § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG umfasst nach seinem Wortlaut nicht Fertigarzneimittel, die in größeren Mengen von mehr als 100 abgabefertigen Packungen in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden. Insoweit enthält die Bestimmung eine Regelungslücke, die auszufüllen ist. Gemessen an der sich aus dem Arzneimittelgesetz selbst ergebenden Regelungsabsicht erweist sich der Ausnahmetatbestand als unvollständig. Der Gesetzgeber hat durch die Ausnahmevorschrift des § 21 Abs. 2 Nr. 1 b AMG zu erkennen gegeben, dass die Herstellung von Verblisterungen für Apotheken im industriellen Maßstab zulassungsfrei sein soll. Eine solche Ausnahme von der Zulassungspflicht muss dann erst recht für einen Apotheker gelten, der in seiner Apotheke gewerbsmäßig im nicht industriellen Maßstab Arzneimittel durch Verblisterung herstellt. Der Kläger ist danach von der Zulassung der von ihm verblisterten Arzneimittel freigestellt. Er beabsichtigt nach dem von der Beklagten festgestellten und nicht in Abrede gestellten Sachverhalt in Mengen, die die Grenze von 100 abgabefertigen Packungen überschreiten können, und in wesentlichen Herstellungsschritten, d.h. allen für eine Fertigung von Blistern erforderlichen Schritten, Arzneimittel herzustellen, für die, bezogen auf die Auseinzelung der Fertigarzneimittel als ersten Schritt der Herstellung, ärztliche Verschreibungen in einer Vielzahl vorliegen. Soweit die Beklagte einwendet, die mit der industriellen Verblisterung für Apotheken beauftragten Unternehmen benötigten im Gegensatz zum Apotheker eine Herstellungserlaubnis und seien deshalb gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 b AMG von der Zulassungspflicht befreit, ist dieser Ansatz nicht tragfähig, weil Herstellungserlaubnis und Zulassungspflicht unterschiedliche rechtliche Zielsetzungen verfolgen. Im Übrigen unterliegt der Apotheker, wie bereits ausgeführt, der arzneimittel- und apothekenrechtlichen Überwachung.
4.
Schließlich lässt sich die Untersagungsverfügung nicht mit der im Berufungsverfahren vorgetragenen Erwägung begründen, es bestehe die ein Einschreiten rechtfertigende Gefahr, dass der Kläger mit der Verblisterung rechtliche Vorgaben hinsichtlich der Ausführung von Verschreibungen verletze. Die Beklagte befürchtet, dass der Kläger bei der Verblisterung gegen § 17 Abs. 5 ApBetrO verstößt, nach dessen Satz 1 die abgegebenen Arzneimittel den Verschreibungen und damit verbundenen Vorschriften des SGB V zur Arzneimittelversorgung entsprechen müssen. Die Beklagte meint, die begrenzte Kapazität des von dem Kläger verwendeten Verblisterungsautomaten, der nur eine bestimmte Zahl von Kanistern für die ausgeeinzelten Tabletten und Kapseln habe, begründe die Gefahr, dass der Vielfalt von Verordnungen für die Heimbewohner nicht entsprochen werde, insbesondere verordnete gleichartige Präparate diverser Hersteller durch Substitution auf einen oder wenige Hersteller konzentriert würden. Einmal unterstellt, die von der Beklagten geltend gemachte konkrete Gefahr künftiger Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen liegt vor, rechtfertigte diese nicht die vollständige Untersagung der Verblisterung, sondern aus Gründen der Verhältnismäßigkeit allenfalls die Anordnung von Einzelmaßnahmen unterhalb der Schwelle der Untersagung. In Betracht käme beispielsweise das Verbot, verordnete Arzneimittel gegen ein gleichartiges Präparat eines anderen Herstellers auszutauschen.
Abgesehen davon bietet der von der Beklagten ermittelte Sachverhalt keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen § 17 Abs. 5 ApBetrO. Die Beklagte macht geltend, dass bei einem Arzneimittelbedarf pro Patient im Heim von durchschnittlich vier verschiedenen Arzneimitteln 280 Kanister für die Versorgung von 70 Heimbewohnern mit Hilfe des Verblisterungsautomaten erforderlich seien. Nach ihren Informationen hätten die älteren Baxter-Automaten lediglich 212 Kanister und die Fabrikate jüngeren Datums 330 bzw. 520 Kanister. Es sei deshalb naheliegend, beispielsweise ein für die Patienten verordnetes blutdrucksenkendes Arzneimittel, das diverse Patienten erhielten, von nur einem Arzneimittelhersteller auszuwählen, insoweit die Verordnungen der Leistungsfähigkeit des Verblisterungsautomaten anzupassen, um den Aufwand unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vertretbar zu halten. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger ein solches Verfahren wählen könnte. Er verweist zu Recht darauf, dass die Beklagte bei ihrer Berechnung Überschneidungen bei den verordneten Arzneimitteln nicht berücksichtige. Es lässt sich deshalb nicht feststellen, dass die Identität von Verschreibung und Abgabe der verordneten Arzneimittel nicht gesichert ist.
Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die Substitutionsregelung ("Aut-Idem-Regelung") in § 129 Abs. 1 SGB V verletzt werden könnte. Gemäß § 129 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind Apotheken bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte nach Maßgabe des Rahmenvertrags nach Abs. 2 verpflichtet zur Abgabe eines preisgünstigen Arzneimittels in Fällen, in denen der verordnende Arzt ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet (Buchst. a) oder die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen hat (Buchst. b). Nach den Darlegungen des Klägers ist davon auszugehen, dass die Leistungsfähigkeit des von ihm verwendeten Verblisterungsautomaten ausreicht, um die ärztlichen Verordnungen umzusetzen. Schließt der Arzt die Substitution aus, muss das jeweils verordnete Präparat in die Bestückungsfächer eingefüllt werden. Geht der Arzt nach § 129 Abs. 1 Nr. 1 SGB V vor, können substitutionsfähige Arzneimittel in die Auseinzelung einbezogen werden.
Die aus § 17 Abs. 5 Satz 1 ApBetrO i.V.m. § 129 Abs. 1 Nr. 3 SGB V abzuleitende Verpflichtung der Apotheken, die verordneten Arzneimittel nach den ärztlichen Verschreibungen in den entsprechenden Packungsgrößen, d.h. wirtschaftlichen Einzelmengen, abzugeben, wird bei der Verblisterung nicht berührt, weil sich diese Verpflichtung nur auf die auszueinzelnden Fertigarzneimittel und nicht auf das durch Verblisterung entstehende Produkt beziehen kann.
Die Verblisterung verstößt auch nicht gegen § 10 ApoG. Danach darf sich ein Apotheker nicht verpflichten, bestimmte Arzneimittel ausschließlich oder bevorzugt anzubieten oder abzugeben oder anderweitig die Auswahl der von ihm abzugebenden Arzneimittel auf das Angebot bestimmter Hersteller oder Händler oder von Gruppen von solchen zu beschränken. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich der Kläger bei der Verblisterung auf bestimmte Arzneimittel festlegt. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger die Auseinzelung der Fertigarzneimittel auf der Grundlage der ärztlichen Verordnungen vornimmt.