Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 22.05.2006, Az.: 9 ME 155/06

Rechtmäßigkeit der Erteilung einer Baugenehmigung und einer wasserrechtlichen Genehmigung für die Erweiterung eines Golfplatzes; Verstoß einer Baugenehmigung gegen naturschutzrechtliche Regelungen; Umfang der Klagebefugnis von anerkannten Naturschutzverbänden bei einem Streit um die Erteilung einer naturschutzrelevanten Baugenehmigung; Beachtlichkeit eines während des gerichtlichen Verfahrens in Kraft getretenen Bebaungsplans bei der Entscheidung über die Klagebefugnis; Begriff des Freizeitparks; Qualifizierung eines Golfplatzes als Freizeitpark

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
22.05.2006
Aktenzeichen
9 ME 155/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 32088
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2006:0522.9ME155.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 24.04.2006 - AZ: 2 B 162/06

Fundstellen

  • NVwZ-RR 2006, 782-784 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZfW 2008, 94

Amtlicher Leitsatz

Die Erweiterung eines Golfplatzes unterfällt nicht dem Begriff des Freizeitparks in Anhang II Nr. 12,13 der Richtlinie 85/337/ EWG (UVP-Richtlinie).

Gründe

1

Der Antragsteller wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Erweiterung des Golfplatzes in C..

2

Der Antragsgegner erteilte dem Beigeladenen auf seinen Bauantrag am 21. Dezember 2005 die Baugenehmigung und wasserrechtliche Genehmigung für die Erweiterung des Golfplatzes um weitere 9 Spielbahnen einschließlich des Baus von Teichen, Brücken, Schutzhütten und einer Unterflurberegnungsanlage auf Flächen westlich der bestehenden Golfanlage nördlich der Straße "D.". Die Erweiterung soll auf Grünlandflächen der Gestütswiesen und des Innengeläufs der Galopprennbahn C. vorgenommen werden. Das für die Baumaßnahme vorgesehene Gelände befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. F. "G.", der Flächen für einen Golfplatz ausweist. Im Bereich der Erweiterungsflächen ist das Naturdenkmal "Gestütswiesen mit altem Baumbestand" gelegen.

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Nachdem der Antragsgegner die Übersendung der Baugenehmigung an den Antragsteller abgelehnt hatte, erhob dieser am 7. April 2006 Widerspruch gegen die Baugenehmigung vom 21. Dezember 2005 und suchte am gleichen Tag beim Verwaltungsgericht um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach. Mit Beschluss vom 24. April 2006 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unter Hinweis darauf ab, dass der Antrag wegen der fehlenden Antragsbefugnis des Antragstellers unzulässig sei. Eine Antragsbefugnis lasse sich nicht aus § 60c NNatSchG herleiten, denn nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts stehe anerkannten Naturschutzverbänden ein Klagerecht gemäß § 60c Abs. 1 u. 2 NNatSchG gegen Vorhaben, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes im Sinne des § 30 Abs. 1 u. 2 BauGB verwirklicht werden, nicht zu. Ebenso wenig ergebe sich die Antragsbefugnis aus der geltend gemachten Beeinträchtigung des Naturdenkmals "Gestütswiesen mit altem Baumbestand". Zwar könne das insoweit zu beachtende Niedersächsische Denkmalschutzgesetz als Rechtsvorschrift, das auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sei (§ 60c Abs. 2 Nr. 2 NNatSchG), in diesem besonderen Fall des Naturdenkmals grundsätzlich eine Antragsbefugnis vermitteln, aber hier stünde ihr die vom Antragsgegner der Stadt C. mit Bescheid vom 1. August 2005 nach § 53 NNatSchG erteilte - von dem Antragsteller nicht angefochtene - Befreiung von der Verordnung zur Sicherung von Naturdenkmalen vom 25. Juli 1989 entgegen. Eine Antragsbefugnis folge auch nicht aus der vom Antragsteller geltend gemachten unmittelbaren - vom Verwaltungsgericht offen gelassenen - Anwendung der Richtlinie 85/337/EWG (ABl. EG Nr. L 175/40), weil es sich bei der Erweiterung des Golfplatzgeländes nicht um ein Projekt nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie handele, dessen Überprüfung nach Art. 10a der Richtlinie gesichert sein müsse. Die genehmigte Erweiterungsmaßnahme unterfalle nicht dem in Anhang II Nr. 12, 13 der Richtlinie aufgeführten Freizeitpark.

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Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Eine auf die vorgebrachten Beschwerdegründe beschränkte Prüfung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigt eine Änderung des angegriffenen Beschlusses nicht. Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss zu Recht darauf abgestellt, dass es dem Antragsteller an der erforderlichen Antragsbefugnis fehlt.

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Die vom Antragsteller erhobene Rüge, die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, er könne sich nicht auf Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG berufen, sei unzutreffend, greift nicht durch. Durch Art. 3 Nr. 7 der Richtlinie 2003/35 EG vom 26. Mai 2003 (ABl. L 156, S. 17), deren Umsetzungsfrist am 25. Juni 2005 abgelaufen ist (s. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie), ist Art. 10a in die Richtlinie 85/337/EWG (UVP-Richtlinie) neu eingefügt worden. Danach stellen Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Ungeachtet der Frage, ob diese Richtlinienregelung inhaltlich die Voraussetzung für eine unmittelbare Geltung von Richtlinien erfüllt (vgl. Gellermann, NVwZ 2006, S. 7; Louis, NdsVBl. 2005, S. 225), bezöge sich die vom Antragsteller geltend gemachte unmittelbare Wirkung der UVP - Richtlinie auf die Projekte, die dort in den Anhängen aufgeführt sind. Als solche werden die hier allein näher in Betracht zu ziehenden Freizeitparks unter Nr.12 e in Anhang II der UVP-Richtlinie genannt (vgl. 18.3.1 Anlage 1 UVPG). Entgegen der Auffassung des Antragstellers unterfällt die genehmigte Erweiterung des bestehenden Golfplatzes um weitere 9 Löcher nicht dem Begriff des Freizeitparks.

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Hierbei handelt es sich schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch um größere Ausflugs- und Vergnügungsstätten mit in der Regel kommerziellen Freizeitangeboten (BT -Drs14/4599, S. 121). Vom Begriff des Freizeitparks werden großflächige Freizeit- und Vergnügungsanlagen, die in der Regel über mehrere stationäre Vergnügungs- sowie typischerweise über Gastronomieeinrichtungen verfügen, mit Ausnahme der reinen Sport-, Kultur- oder Erholungsanlagen erfasst (Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, Komm. BauGB, Einl. RN 229). Freizeitparks, die in der englischsprachigen Version der UVP-Richtlinie "Theme parks" und in der französischsprachigen Version als "Parcs d'àttraction à thème" heißen, zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sich der Betreiber einer großflächigen - nicht frei zugänglichen - Vergnügungsanlage mit einer bestimmten Konzeption, die regelmäßig ein entgeltliches Vergnügungsangebot beinhaltet, an potenzielle Besucher wendet. Dabei liegt die zusammenfassende Organisation der verschiedenen konkreten Vergnügungseinrichtungen als Park in einer Hand und das Freizeitkonzept wird als in sich geschlossenes Angebot im Wettbewerb mit anderen Freizeitparks einheitlich vermarktet. Demgegenüber stellen sich Parkanlagen herkömmlicher Art, die durch weitläufige, gepflegte Grünanlagen geprägt werden und in denen vereinzelt auch Möglichkeiten zur Freizeitnutzung wie z. B. Schachfelder oder Mini-Golfanlagen zu finden sind, nicht als Freizeitpark im Sinne der UVP-Richtlinie dar.

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Ebenso wenig ist - wie hier - die bloße Ansammlung verschiedener Sportstätten an einem Ort, die sich jeweils an verschiedene - nahezu ausschließlich vereinsgebundene - Zielgruppen wenden, ohne dass eine organisatorische Zusammenfassung sowie ein in sich geschlossenes bestimmtes Vergnügungskonzept für den Besuch erkennbar wäre, als Freizeitpark zu bezeichnen. Die in der Begründung zum Bebauungsplan Nr. F. "G." zum Ausdruck kommende Zielsetzung, im Plangebiet verschiedene Sportarten zu sichern, zu intensivieren und neu anzusiedeln wie etwa u. a. Galopprennen, Springreiten, Dressur, Vielseitigkeitsreiterei, Golf, Bogenschießen, Schwimmen, Fußball, Hockey, geht über eine bloße örtliche Aneinanderreihung verschiedener Sportstätten nicht hinaus. Es ist weder ein sportstättenübergreifendes, parkartiges Organisationskonzept erkennbar oder beabsichtigt noch soll einem Besucher des "Sportparks" ein in sich geschlossenes Freizeitkonzept unterbreitet werden. Vielmehr sollen die in Vereinen organisierten Sportler Gelegenheit erhalten, ihre - teilweise sehr verschiedenen - jeweiligen Sportarten auf der für sie vorgesehenen Sportanlage auszuüben, ohne dass von einem Betreiber auch die Nutzung anderer benachbarter Sportstätten angeboten wird oder beabsichtigt ist. Die vom Antragsteller als Themenpark Sport bezeichneten Sportstätten erfüllen daher nicht die Kriterien eines Freizeitparks im Sinne der UVP-Richtlinie. Von daher kann im vorliegenden Verfahren offen bleiben, ob die UVP-Richtlinie als solche zugunsten des Antragstellers unmittelbar anwendbar ist.

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Der Antragsteller wendet sich ferner gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass eine Antragsbefugnis gemäß § 60 c NNatSchG nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts deshalb zu verneinen sei, weil Naturschutzverbänden ein Klagerecht gemäß § 60c Abs. 1 u. 2 NNatSchG gegen Vorhaben, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Sinne des § 30 Abs. 1 und 2 BauGB errichtet werden, nicht zustehe. Er hält dem Verwaltungsgericht insoweit vor, es habe nicht berücksichtigt, dass die Baugenehmigung bereits am 21. Dezember 2005 vor Inkrafttreten des Bebauungsplans und damit auf der Grundlage des § 33 BauGB - und nicht des § 30 Abs. 1, 2 BauGB - genehmigt worden sei. Diese Kritik überzeugt nicht. Bei seiner Argumentation lässt der Antragsteller außer acht, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abzustellen ist (Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 13. Aufl., § 80 RN 147 m. w. N.). In dem danach maßgeblichen Zeitpunkt am 24. April 2006 musste die Antragsbefugnis des Antragstellers gegeben sein. Bei der im Hinblick darauf zu prüfenden Rechtslage hat das Verwaltungsgericht zu Recht den Bebauungsplan "G. Nr. F." zugrunde gelegt, denn dieser war bereits am 31. Januar 2006, mithin weit vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Kraft getreten. Aus dem soeben Gesagten folgt zugleich, dass es auch zum im Beschwerdeverfahren maßgeblichen Zeitpunkt der Senatsentscheidung an einer Antragsbefugnis des Antragstellers fehlt.

9

Die vom Verwaltungsgericht übernommene Rechtsprechung des 1. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 17.10.2002 - 1 LB 3422/01 - NVwZ 2003, 358 = BauR 2003, 359 = NuR 2003, 127 = BRS 65 Nr. 225) wird durch die vom Antragsteller favorisierte Auslegung der §§ 60c, 60a NNatSchG unter Berücksichtigung der europarechtlich vorgesehenen Verbandsklagebefugnisse nicht erschüttert. In dem Urteil vom 17. Oktober 2002 hat der 1. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ausführlich und im Einzelnen dargelegt, dass die Entstehungsgeschichte der §§ 60a, 60c NNatSchG, ihr Zweck und auch der Bedeutungszusammenhang, in dem sie stehen, ergeben, dass die Klagebefugnis - hier entsprechend die Antragsbefugnis - der anerkannten Naturschutzverbände lediglich für bestimmte Verfahren und Sachverhalte begründet ist, die eine inzidente Prüfung von Bebauungsplänen ausschließen (vgl. auch Louis NdsVBl. 1999, S. 282). Im einzelnen hat der 1. Senat wie folgt ausgeführt:

"Die Zuerkennung einer umfassenden Befugnis zur inzidenten Überprüfung von Bebauungsplänen ist mit der zitierten gesetzlichen Grundentscheidung gegen ein Normenkontrollrecht der Naturschutzverbände in Bezug auf Bebauungspläne nicht vereinbar. Die Auffassung des Klägers hätte zur Folge, dass die rechtliche Prüfung nicht auf subjektiv-öffentliche Beteiligungsrechte beschränkt wäre, die dem Naturschutzverband zur Verfolgung ihm anvertrauter Schutzgüter eingeräumt sind, sondern auch andere als naturschutzrechtliche Vorschriften erfasste, zum Beispiel Verfahrens- oder Formvorschriften beziehungsweise materielle Bestimmungen im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB, die nicht dem Naturschutz dienen. Das hat der Landesgesetzgeber gerade nicht gewollt.....

Auch die Systematik der naturschutzrechtlichen Beteiligungsrechte für anerkannte Naturschutzverbände spricht gegen die Klagebefugnis des Klägers im vorliegenden Fall. Die niedersächsische Regelung der Verbandsklage der anerkannten Naturschutzverbände verknüpft die Befugnis zur Erhebung der altruistischen Verbandsklage mit den Regelungen über die Beteiligung der Verbände an die Umwelt berührender Verwaltungsverfahren. Maßgeblich ist also nicht die materielle Rechtslage, sondern ob dem Naturschutzverband nach dem jeweiligen Verwaltungsverfahren ein Beteiligungsrecht eingeräumt ist und er entweder hiervon Gebrauch macht oder er dies nur deshalb nicht tun konnte, weil er in rechtswidriger Weise am Verwaltungsverfahren nicht beteiligt wurde (§ 60 c Abs. 1 und 2 Nr. 1 NNatSchG). Handelt es sich um ein Bauvorhaben im Außenbereich nach § 60 a Nr. 4 e) ff) NNatSchG in dem dort näher beschriebenen Umfang, hat der Naturschutzverband ein Mitwirkungsrecht im Verwaltungsverfahren. Liegt das Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, erhält der Naturschutzverband Gelegenheit zur Stellungnahme nur im Bauleitplanverfahren und nicht mehr im Baugenehmigungsverfahren."

10

Der beschließende Senat schließt sich dieser Auffassung an.

11

In seinem weiteren Beschwerdevorbringen behauptet der Antragsteller, die angefochtene Baugenehmigung verstoße gegen § 27 Abs. 2 NNatSchG. Die angefochtene Baugenehmigung missachte den Status eines Großteils der betroffenen Fläche als Naturdenkmal. Die Voraussetzungen für eine Befreiung gemäß § 53 NNatSchG i. V. m. § 4 der Verordnung zur Sicherung von Naturdenkmalen im Landkreis Goslar hätten nicht vorgelegen. Zudem beziehe sich die der Stadt C. mit Bescheid vom 1. August 2005 erteilte Befreiung allein auf den Bebauungsplan "G. Nr. F.". Dem Beigeladenen sei indes eine Befreiung nicht erteilt worden. Gerade aber die mit der Baugenehmigung legitimierten Eingriffe in die Substanz des gemäß § 27 NNatSchG geschützten Naturdenkmals bedürften einer gesonderten Befreiung gemäß § 53 NNatSchG. Diese Argumentation vermag ebenfalls eine Antragsbefugnis zugunsten des Antragstellers nicht zu begründen. Sie trägt dem Anwendungsbereich des § 60c Abs. 2 Nr. 2 NNatSchG nicht genügend Rechnung.

12

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts vermittelt § 60c Abs. 2 Nr. 2 NNatSchG dem Antragsteller auch im Einzelfall des hier betroffenen Naturdenkmals - ungeachtet der Wirksamkeit der der Stadt C. im Zuge des Bauleitplanverfahrens auf deren Antrag am 1. August 2005 erteilten Befreiung von der Verordnung zur Sicherung von Naturdenkmalen - nicht grundsätzlich eine Antragsbefugnis. Auch aus dem Hinweis des Antragstellers, dem Beigeladenen als Adressat der Baugenehmigung hätte eine solche Befreiung erteilt werden müssen und bereits die fehlende Befreiung, deren Voraussetzungen im Übrigen nicht vorlägen, führe zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung, lässt sich eine Antragsbefugnis zugunsten des Antragstellers nicht ableiten.

13

Gemäß § 60c Abs. 2 Nr. 2 NNatSchG sind Rechtsbehelfe nur zulässig, wenn der Verein durch den Verwaltungsakt in seinen satzungsgemäßen Aufgaben berührt ist und er in Verwaltungsverfahren, in denen ihm aufgrund anderer Rechtsvorschriften, die auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind, eine Beteiligung offen steht, eine Stellungnahme abgegeben hat oder ihm nicht die nach diesen Vorschriften gebotene Gelegenheit zur Mitwirkung gegeben worden ist. Als solches Verwaltungsverfahren ist das Verfahren zur Befreiung von den Bestimmungen der Verordnung zur Sicherung von Naturdenkmalen im Landkreis Goslar vom 25. Juli 1989 (Amtsbl. Reg.Bez.Brg. 1989, Nr. 168, S. 167) gemäß § 53 NNatSchG i. V. m. § 4 der Verordnung nicht einzuordnen. Denn die Verwaltungsverfahren zur Erteilung von Befreiungen sind in § 60c Abs. 2 Nr. 1 NNatSchG unter Bezugnahme auf § 60a Nr. 7 NNatSchG und § 60 Abs.2 Nr. 5 BNatSchG abschließend geregelt.

14

Nach § 60c Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 60a Nr. 7 a NNatSchG reduziert sich die Mitwirkung der Naturschutzverbände und damit die Antragsbefugnis in nachfolgenden Rechtsschutzverfahren bei Befreiungen gemäß § 53 NNatSchG auf solche Verwaltungsverfahren, bei denen es sich um Befreiungen von Verboten in Verordnungen über Landschaftsschutzgebiete nach § 26 NNatSchG handelt, die, soweit es um das Naturdenkmal geht, hier nicht einschlägig sind. Eine darüber hinausgehende Beteiligung der Naturschutzverbände bei der Befreiung von Bestimmungen der Verordnungen über Naturdenkmale ist dagegen gesetzlich nicht vorgesehen. Mithin kann dahinstehen, ob die im Baugenehmigungsverfahren unterbliebene Befreiung des Beigeladenen von den Bestimmungen der Verordnung zur Sicherung von Naturdenkmalen im Landkreis Goslar zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führt oder ob es für die Baugenehmigung ausreicht, dass der Stadt C. im Zuge der Aufstellung des Bebauungsplans, an dem sich die Baugenehmigung messen lassen muss, eine solche Rechtswirksamkeit entfaltende Befreiung erteilt worden ist (vgl. Nds. OVG, Beschluss des 1. Senats vom 30.11.2004 - 1 MN 241/04 - ÖffBauR 2005, 28) bzw. ob eine Befreiungsvorschrift, deren Adressat nicht der Plangeber ist, sondern derjenige, der den Bebauungsplan umsetzen will (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.8.1997 - 4 NB 12/97 - NVwZ-RR 1998, 162 = UPR 1998, 69 = DÖV 1998, 71 = BRS 59 Nr. 29; VGH Mannheim, Urteil vom 2.2.2001 - 3 S 1000/99 - VBlBW 2001, 370) als solche und insbesondere auch für einen qualifizierten Bebauungsplan im Außenbereich überhaupt den Widerspruch zur Verordnung über Naturdenkmale auf dem Gebiet des Antragsgegners auflösen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.8.1997 - 4 NB 12/97 - a. a. O.; VGH München, Urteil vom 14.1.2003 - 1 N 01.2073 - DÖV 2003, 638 = BRS 66 Nr. 219 = BauR 2003, 997; Louis, NuR 1995, S. 62 (66)).

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Die sich in diesem Zusammenhang weiter anschließende Überlegung, ob eine Antragsbefugnis möglicherweise über § 60c Abs. 2 Nr. 2 NNatSchG i. V. m. § 60a Nr. 1 NNatSchG im Hinblick darauf gegeben sein könnte, dass den mit der Baugenehmigung verbundenen Eingriffen in das Naturdenkmal nicht im Wege der Befreiung, sondern durch eine teilweise Einziehung der Naturdenkmaleigenschaft im Wege der Verordnung Rechnung zu tragen wäre, weil Befreiungen nach § 4 der Verordnung zur Sicherung von Naturdenkmalen im Landkreis Goslar nur eröffnet sind, sofern der Charakter des Naturdenkmals unverändert bleibt, greift letztlich ebenfalls nicht zugunsten des Antragstellers ein. Denn bei der teilweisen Aufhebung der Verordnung handelt es sich nicht - wie von § 60c Abs. 2 Nr. 2 NNatSchG gefordert - um ein Verwaltungsverfahren, sondern wie bei der Verordnung zur Begründung der Eigenschaft als Naturdenkmal um ein Rechtsetzungsverfahren, das nicht wie Verwaltungsverfahren (vgl. § 9 VwVfG) auf den Erlass von Verwaltungsakten oder öffentlich - rechtlichen Verträgen gerichtet ist (vgl. Louis NdsVBl. 1999, S. 282).

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Auch insoweit muss daher eine Antragsbefugnis ebenso ausscheiden wie nach § 60c Abs. 2 Nr. 1 NNatSchG i. V. m. § 60 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG. Damit wird das Beteiligungserfordernis der anerkannten Verbände bei Befreiungen von Verboten und Geboten zum Schutz von Naturschutzgebieten, Nationalparken, Biosphärenreservaten, und sonstigen Schutzgebieten im Rahmen des § 33 Abs. 2 BNatSchG begründet, denen das Naturdenkmal "Gestütswiesen mit altem Baumbestand" nicht unterfällt.

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Danach bleibt festzuhalten, dass dem Antragsteller eine Antragsbefugnis für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die von ihm angegriffene Baugenehmigung nicht zusteht.