Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 03.09.1957, Az.: P OVG 2/57

Bildung eines eigenen Personalrates in einer Außenstelle; Ein Personalrat in einer einheitlichen Dienststelle; Nebenstelle als selbständige Dienststelle bei räumlich weiter Entfernung zur Hauptdienststelle

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
03.09.1957
Aktenzeichen
P OVG 2/57
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1957, 10604
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1957:0903.P.OVG2.57.0A

Fundstelle

  • DÖV 1957, 833 (Volltext mit amtl. LS)

Redaktioneller Leitsatz

Spricht sich die Mehrheit der wahlberechtigten Bediensteten des in Betracht kommenden Dienststellenteiles oder der betreffenden Nebendienststelle für eine Verselbständigung aus, dann ist damit diese Nebendienststelle bzw. dieser Teil der Dienststelle personalverfassungsrechtlich eine selbständige Dienststelle und scheidet aus der (Haupt-)Dienststelle aus; der bei der Hauptdienststelle gebildete Personalrat ist für sie nicht mehr zuständig.

In dem Rechtsstreit
hat das Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen -
in seiner Sitzung am 3. September 1957,
an der teilgenommen haben:
Senatspräsident Dr. Engelhard als Vorsitzender
Kraftwagenführer ... als ehrenamtlicher Beisitzer
Postrat ... als ehrenamtlicher Beisitzer
Regierungsoberbauinspektor als ehrenamtlicher ... Beisitzer
Zollinspektor ... ale ehrenamtlicher Beisitzer
nach mündlicher Verhandlung
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gründe

1

I.

Am 17. Januar 1956 führten die Antragsteller im damaligen ... (jetzt: ...) unter Verwendung von Stimmzetteln eine geheime Abstimmung über die Bildung eines eigenen Personalrates gemäß § 7 Abs. 3 PersVG. durch, wobei sich von insgesamt 56 wahlberechtigten Bedienstetem 52 Wahlberechtigte für und 3 Wahlberechtigte gegen die Verselbständigung ausgesprochen haben. Das Ergebnis dieser Vorab Stimmung wurde dem für die Durchführung der Wahl zum Personalrat bei dem ... in ... zu dem das ... gehört, bestellten Wahlvorstand mitgeteilt. Der Wahlvorstand hielt jedoch in Übereinstimmung mit dem Leiter des ... die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 PersVG. nicht für jedem ... in ... nicht "räumlich weit entfernt" liege.

2

Mit Schriftsatz vom 27. Januar 1956 - bei dem Landesverwaltungsgericht eingegangen am 31. Januar 1956 - haben die Antragsteller gebeten, die Entscheidung des Wahlvorstandes auf ihre Rechtsgültigkeit zu überprüfen und durch gerichtlichen Entführung auszusprechen,

3

daß die ... wegen ihrer räumlich weiten gemäß § 7 Abs. 3 PersVG. Als selbständige Dienststelle gilt.

4

Sie haben vorgetragen:

5

... sei von ... entfernt. Im übrigen habe die ... ihren Sitz nicht in der Stadt ... selbst, sondern 7 km von dieser entfernt abseits der Hauptstraße, könne daher mit öffentlichen Verkehrsmitteln überhaupt nicht unmittelbar erreicht werden. Die Eisenbahn- und Kraftomnibusverbindungen von der Stadt ... nach ... seien schlecht, ihre Benutzung zeitraubend und kostspielig, da mit der Eisenbahn Umweg über ... und mit Omnibussen teilweise Umwege über ... und ... gefahren werden müßten. In der von 17.1.1956 durchgeführten Vorabstimmung habe sich daher die überwiegende Mehrheit aller wahlberechtigten Bediensteten für die Bildung eines eigenen Personalrates ausgesprochen.

6

Der Leiter des ... hat dem Antrage widersprochen mit dem Hinweis, daß eine weite räumliche Entfernung zwischen der ... und dem ... nicht gegeben sei; die notwendige Verkehrsverbindung werde sowohl durch öffentliche Verkehrsmittel als auch durch vorhandene Dienstkraftwagen hergestellt. Ebenso könnten auch Ferngespräche jederzeit uneingeblich geführt werden. Von anderen Außenstellen des ... seien derartige Verselbständigungsbeschlüsse nicht gefaßt worden.

7

Das Landesverwaltungsgericht hat durch den am 27. Februar 1957 verkündeten Beschluß dem Antrage entsprochen. Der Beschluß ist im wesentlichen wie folgt begründet: Die ... frei von den in ... als räumlich weit entfernt liegend im Sinne der Vorschrift des § 7 Abs. 3 PersVG. anzusehen Zwar bestünden zwischen ... und ... regelmäßige Eisenbahn- und Omnibusverbindungen. Der Sitz der ... befinde sieh jedoch nicht in der Stadt ... selbst, sondern rd. 7 km von dieser entfernt und liege auch nicht an einer Hauptverkehrsstraße. Durch diese Umstände werde der Kontakt der bei der ... beschäftigten Bediensteten mit dem ... und dem dort gebildeten Personalrat merklich erschwert. Diese Erschwernis behindere insbesondere die persönliche Erörterung von Personalangelegenheiten.

8

Mit der am 18. Mai 1957 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangenen Beschwerdeschrift vom 17. Mai 1957 hat der Leiter des ... gegen den erst am 4. Mai 1957 zugestellten Beschluß Beschwerde eingelegt und beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses den Antrag der Antragsteller zurückzuweisen.

9

Er bezweifelt die verwaltungsgerichtliche Zuständigkeit für den von den Antragstellern gestellten Antrag und rügt im übrigen unrichtige Auslegung des im § 7 Abs. 3 PersVG. verwendeten Begriffs der räumlich weiten Entfernung.

10

Die Antragsteller bitten um:

Zurückweisung der Beschwerde

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und machen sich die Ausführungen des angefochtenen Beschlusses zu eigen.

12

Der bei dem ... gebildete Personalrat hat einen förmlichen Antrag nicht gestellt. Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

13

II.

1.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 76 Abs. 2 des Personalvertretungsgesetzes vom 5.8.1955 [SGBl. I S. 477] -PersVG.- in Verbindung mit § 87 Abs. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 3.9.1953 [BGBl. I S. 1267] -ArbGG.-). Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt (§§ 87 Abs. 2, 66, 89 Abs. 1 ArbGG.).

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2.

Das Landesverwaltungsgericht hat es unterlassen, im Rubrum des angefochtenen Beschlusses einen Antragsgegner zu bezeichnen und als Verfahrensbeteiligte

  1. a)

    den Leiter des ... in ... und

  2. b)

    den Personalrat beim ...

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aufgeführt. Das Rubrum konnte jedoch ohne weiteres berichtigt werden. Zwar handelt es sieh bei dem in Personalvertretungssachen zur Anwendung gelangenden arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren um ein objektives Nachprüfungsverfahren, bei dem es - im Gegensatz zum arbeitsgerichtlichen und auch zum verwaltungsgerichtlichen Urteilsverfahren - keine eigentlichen Parteien gibt. Denn das arbeitsgerichtliche Beschlußverfahren dient weniger der richterlichen Feststellung streitiger Leistungsansprüche als vielmehr in der Regel der Abgrenzung gegenseitiger Kompetenzen im Bereich der Betriebs- und Personalverfassung (OVG. Münster, Beschl. vom 27.11.1956 - VI B 918/56 - ZBR. 1957 S. 58 [59]; BA., Beschl. vom 8.2.1957 - 1 ABE 11/55 - BAG. 3, 288 [292] = AP. Nr. 1 zu § 82 BetrVG.). Gleichwohl entspricht es einer ständigen Übung des in Betriebsverfassungsstreitigkeiten in letzter Instanz zuständigen Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. Beschl. vom 7.7.1954 - 1 ABE 6/54 - BAG. 1., 43 [44] = AP. Nr. 1 zu § 24 BetrVG.) und des in Personalvertretungssachen im letzten Rechtszuge zuständigen Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschlüsse vom 2.5.1957 - BVerwG II CO 2.56-, vom 6.7.1957 - BVerwG II CO 4.57 - und vom 11.7.1957 - BVerwG II CO 5.57 -), im Rubrum den eigentlichen Antragsgegner besonders aufzuführen. Da der Antrag bereits vor Durchführung der Personalratswahl gestellt wurde und sich gegen die Weigerung des Wahlvorstand es richtet, die ... nach § 7 Abs. 3 PersVG. als selbständige Dienststelle zu behandeln, wäre als ursprünglicher Antragsgegner der Wahlvorstand anzusehen gewesen (vgl. hierzu Dietz, Anm. 49 zu § 76 PersVG.). Mit der Durchführung der Wahl, spätestens mit der Einberufung der konstituierenden Sitzung des Personalrates (§ 33 Abs. 1 PersVG.) sind die Funktionen des Wahlvorstandes jedoch erlesene; seine Aufgabe ist erfüllt, sein Amt beendet (BAG., Beschl. vom 7.7.1954 a.a.O.). Als Antragsgegner im vorliegenden Verfahren ist daher nunmehr der Personalrat bei dem ... anzusehen, während dem Beschwerdeführer die Eigenschaft eines weiteren Beteiligten zukommt.

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Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

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3.

In formeller Hinsicht ist zunächst festzustellen, daß in der verspäteten Zustellung des angefochtenen Beschlusses ein Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 60 Abs. 4 Satz 2, 80 Abs. 2 ArbGG. in Verbindung mit § 76 Abs. 2 PersVG. liegt. Danach soll der Beschluß binnen drei Sagen nach der Verkündung in vollständiger Abfassung der Geschäftsstelle übergeben werden. Daß dies geschehen ist, ist aus den Akten nicht ersichtlich, auch nicht wahrscheinlich, da der Vorsitzende der Fachkammer erst am 2. Mai 1957 die Zustellung des Beschlusses an die Verfahrensbeteiligten verfügt hat. Die Verletzung dieser Ordnungsvorschrift, die besonders bei schwierigeren und umfangreicheren Entscheidungsbegründungen nicht immer eingehalten werden kann, hat aber regelmäßig keine Folgen und stellt demzufolge keinen von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel dar (Dersch-Volkmar, Arbeitsgerichtsgesetz, 6. Aufl., Anm. 25 zu § 60; Dietz-Nikisch, Arbeitsgerichtsgesetz, Anm. 25 zu § 60; BAG., Urt. vom 15.9.1955 - 2 AZR 475/54 - BAG. 2, 194 [196] = AP. Nr. 1 zu § 60 ArbGG. 1953 mit zustimmender Anm. von Pohle, sowie Beschl. des Senats vom 21.8.1957 - P. OVG. 6/57 -).

18

4.

Zu Unrecht bezweifelt der Beschwerdeführer die Verwaltungsgerichtliche Zuständigkeit für das von dem Antragstellern erstrebte Feststellungsbegehren. Sie folgt zwar nicht, wie die Vorinstanz zu Unrecht angenommen hat, aus § 76 Abs. 1 lit. c PersVG., wohl aber aus § 76 Abs. 1 lit. b PersVG. Diese Vorschrift erfaßt alle mit der Wahl zum Personalrat im weitesten Sinne zusammenhängenden Streitigkeiten, insbesondere auch solche über die Abgrenzung der Dienststelle im Sinne des § 7 PersVG. einschließlich der Frage, ob eine Abstimmung in Nebenstellen und Teilen einer Dienststelle nach § 7 Abs. 3 PersVG. zulässig ist (übereinstimmend Dietz, Anm. 16 zu § 76 PersVG., sowie OVG. Münster, Beschl. vom 29.4.1957 - V B 665/56 -; vgl. hierzu auch OVG. Koblenz, Beschl. vom 3.1.1957 - 4 B 4/56 - ZBR. 1957 S. 207).

19

5.

Die Antragsteller sind auch antragsberechtigt. Sie haben die Vorabstimmung nach § 7 Abs. 3 PersVG. zur Durchführung gebracht und somit ein rechtlich beachtliches Interesse an der gerichtlichen Klärung der Frage, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für diese Vorabstimmung gegeben sind.

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6.

Auch das Rechtsschutzinteresse der Antragsteller an der begehrten verwaltungsgerichtlichen Feststellung ist zu bejahen. Zwar hätten die Antragsteller die ablehnende Stellungnahme des Wahlvorstandes unbeachtet lassen, in der ... einen eigenen Wahlvorstand bilden, von diesem einen eigenen Personalrat wählen und es darauf ankommen lassen können, ob das Fehlen der gesetzlichen Voraussetzungen nach § 7 Abs. 3 PersVG. im Wege der Wahlanfechtung geltend gemacht worden wäre. Ebenso hätten die Antragsteller die Wahl zum Personalrat für den Gesamtbereich des ... ihrerseits nach § 22 PersVG. beim Verwaltungsgericht anfechten können. Das Rechtsschutzinteresse der Antragsteller in dem hier anhängigen Verfahren ist jedoch im Hinblick auf diese weiteren ihnen zu Gebote stehenden Möglichkeiten nicht zu verneinen. Vielmehr werden Streitigkeiten über die Gültigkeit von Vorabstimmungen, die der eigentlichen Wahlhandlung vorangehen, am ehesten und sichersten bereits durch eine vor Durchführung der Wahl ergehende gerichtliche Entscheidung geklärt. Baß das Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung über den Antrag mehr als ein Jahr benotigt hat, kann jedenfalls nicht zu Lasten der Antragsteller gehen.

21

7.

In der Sache selbst ist zunächst davon auszugehen, daß der Gesetzgeber bei der Gestaltung der Stufenvertretung in der Personalverfassung dem hierarchischen Aufbau der Verwaltung gefolgt ist, wobei der grundsätzlich dreistufige Behördenaufbau der großen Bundesverwaltungen zu Grunde gelegt wird. Dienststellen im Sinne des PersVG. sind die einzelnen Behörden, Verwaltungsstellen und Betriebe der in § 1 PersVG. genannten Verwaltungen sowie die Gerichte (§ 7 Abs. 1 PersVG.). Jedoch bildet die einer Mittelbehörde unmittelbar nachgeordnete Behörde zusammen mit den ihr selbst weiter nachgeordneten Stellen eine einheitliche Dienststelle (§ 7 Abs. 2 Satz 1 - erster Halbsatz - PersVG.) mit der Folge, daß in dieser Dienststelle grundsätzlich nur ein Personalrat gebildet wird. Weitere Untergliederungen werden daher personalverfassungsrechtlich im allgemeinen nicht mehr als besondere Einheit angesehen. Hiervon sieht das Gesetz in Anlehnung an § 3 des Betriebsverfassungsgesetzes vom 11.10.1952 (BGBl. I S. 681) - BetrVG. zwei Ausnahmen vor:

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a)

Der Grundsatz der Einheit der unteren und untersten Dienststellen gilt nicht, soweit auch die weiter nachgeordneten (untersten) Stellen im Verwaltungsaufbau nach Aufgabenbereich und Organisation selbständig sind (§ 7 Abs. 2 Satz 1 - zweiter Halbsatz - PersVG.-).

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b)

Nebenstellen und Teile einer Dienststelle, die räumlich weit von dieser entfernt liegen, gelten als selbständige Dienststellen, wenn die Mehrheit ihrer wahlberechtigten Bediensteten dies in geheimer Abstimmung beschließt (§ 7 Abs. 3 PersVG.).

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aa)

Spricht sich die Mehrheit der wahlberechtigten Bediensteten des in Betracht kommenden Dienststellenteiles oder der betreffenden Nebendienststelle für die Verselbständigung aus, dann ist damit diese Nebendienststelle bzw. dieser Teil der Dienststelle personalverfassungsrechtlich eine selbständige Dienststelle und scheidet aus der (Haupt-)Dienststelle aus. Der Beschluß hat unmittelbar konstitutive Wirkung. Der bei der Hauptdienststelle gebildete Personalrat ist für sie nicht mehr zuständig (Dietz, Anm. 64 zu § 7 PersVG).

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bb)

Ein solcher Verselbständigungsbeschluß ist jedoch nur dann zulässig, wenn die Nebenstelle (bzw. der betreffende Dienststellenteil) räumlich weit von der Hauptdienststelle entfernt liegt.

26

8.

Die ... ist im Verwaltungsaufbau nach Aufgabenbereich und Organisation nicht (mehr) selbständig, nachdem durch Erlaß des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 15.9.1955 - II a A 2 4250-1 (812)-das bisherige selbständige ... mit Wirkung vom 1.10.1955 aufgehoben und diese Dienststelle 4 als Abteilung eingegliedert worden ist. ... stellt hiernach keine selbständige Stelle im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 (zweiter Halbsatz) PersVG. dar, gehört vielmehr organisatorisch zum Fernmeldeamt ... das als "örtliche Behörde" unmittelbar der ... direktion in ... als der zuständigen "Mittelbehörde" der Post- und Telegrafenverwaltung unterstellt ist. Infolgedessen kann der Verlangen der Bedienstetem der ..., einen eigenen Personalrat zu wählen, nur nach § 7 Abs. 3 PersVG. beurteilt werden.

27

9.

Da die von den Antragstellern auf Grund des § 7 Abs. 3 PersVG. durchgeführte Torabstimmung nach den überreichten Unterlagen ordnungsmäßig erfolgt ist, hängt die Entscheidung des Rechtsstreits allein davon ab, ob die ... von dem ... in ... "räumlich weit entfernt" liegt. Hierbei handelt es sieh um eine Rechts- und Tatfrage, die der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung in vollem Umfange unterliegt. Sie ist von der Vorinstanz zutreffend bejaht worden, wobei unerörtert bleiben kann, ob die ... als Nebenstelle oder als "Teil" des ... anzusehen ist.

28

10.

29

Die Fassung des Gesetzes, daß Nebenstellen und Teile einer Dienststelle (Dienststellenbestandteile) nur dann als selbständige Dienststellen im Sinne der Personalverfassung gelten, wenn sie entweder im Verwaltungsaufbau nach Aufgabenbereich und Organisation selbständig sind (§ 7 Abs. 2 Satz 1 - zweiter Halbsatz - PersVS.) oder wenn sie von der Hauptdienststelle räumlich weit entfernt liegen (§ 7 Abs. 3 PersVG.), spricht dafür, daß der Gesetzgeber möglichst weitgehend. Nebenstellen und Dienststellenteile zur Hauptdienststelle rechnen will, so daß ihre (fiktive) Behandlung als selbständige Dienststelle gleichsam die Ausnahme bilden soll (vgl. Dietz, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, Anm. 9 zu § 3 sowie die Verhandlungen des Bundestags-Unterausachusses Personalvertretung in seiner 19. Sitzung vom 29.11.1954, Kurzprotokoll Nr. 19 vom 29.11.154, Deutscher Bundestag [2719] Unterausschuß Personalvertretung). Für die Beurteilung der Frage, ob die ... stelle als räumlich weit entfernt gelungenen Nebenstelle oder Dienststellenteil anzusehen ist, kann es allerdings auf die Kilometerentfernung allein nicht ankommen. Ausschlaggebend sind nach Ansicht des Senats insbesondere die für die Bediensteten maßgeblichen Verkehrsverbindungen. Entscheidend ist nämlich, ob die Bediensteten ohne unzumutbare Fahrtkosten und ohne unzumutbare Arbeitszeitversäumnis mit dem Personalrat am Sitz der (Haupt-)Dienststelle Verbindung halten und sich an ihn wenden können. Es muß also - anders ausgedrückt - eine ausgerichtet Fühlungnahme möglich sein (OVG. Münster, Beschl. vom 29.4.1957 - V B 665/56 - mit Hinweis auf Heilemann-Czyborra, Kommentar zum Personalvertretungsgesetz, 2. Aufl. 1957 Anm. 7 zu § 7). Denn gerade aus praktischen Erwägungen hat der Gesetzgeber bei räumlich weiter Entfernung auch für unselbständige Nebenstellen und Dienststellenteile eine selbständige Personalvertretung zugelassen.

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Entscheidender Gesichtspunkt ist, daß bei weiter räumlicher Entfernung das notwendige Zusammenwirken der Dienstgemeinschaft, ihrer Personalvertretung und der Dienststellenleitung nicht mehr gewährleistet erscheint, was wiederum eine Beeinträchtigung der Betreuung der Bedienstetem der weit entfernten Nebenstellen zwangsläufig zur folge hat (hierzu Galperin, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 2. Aufl. Anm. 4 zu § 3). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach der bei den Gerichtsakten befindlichen Auskunft der Bundesbahndirektion Hamburg vom 30.8.1957 und dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat besteht zwischen ... und ... nur eine einmalige tägliche Eisenbahnverbindung ohne Umsteigenotwendigkeit mit einer Fahrzeit von 1 Stunde und 54 Minuten. Die zweite noch vorhandene Eisenbahnverbindung erfordert ein Umsteigen in ... und eine Fahrzeit von 2 Stunden und 49 Minuten. Die weiterhin zwischen ... und ... bestehenden Kraftomnibusverbindungen (4 × täglich) beanspruchen eine Fahrzeit von 2 Stunden und 20 Minuten. Diese schlechten Verkehrsverbindungen rechtfertigen die Annahme der Antragsteller, daß die Überseefunkempfangsstelle vom ... räumlich weit entfernt gelegen ist, zumal die ... nicht in ... selbst untergebracht ist, sondern weitere 7 km von ... entfernt, abseits von der Hauptverkehrsstraße liegt und keine öffentlichen Verkehrsverbindungen hat. An dieser Beurteilung wird auch durch den Umstand nichts geändert, daß die Postverwaltung zwischen ... und dem Sitz der ... täglich 7 mal einen posteigenen Volkswagenbus im Pendelverkehr verkehren läßt, um den Bediensteten der ... die zum größten Teil in der Stadt ... wohnen, das Erreichen ihrer Arbeitsstätte zu erleichtern. In jedem Falle verbleibt allein für die Bewältigung der räumlichen Entfernung von ... nach ... (hin und zurück) eine Fahrzeit von annähernd 4 Stunden, was nach Auffassung des Senats für die Bediensteten der ... stelle unzumutbar ist, wenn man berücksichtigt, daß für die Überwindung der doppelt so weiten Strecken ... und ... (je 100 km) nur eine Fahrzeit von 1 Stunde benötigt wird. Auch der Hinweis des Beschwerdeführers, daß den Bediensten der ... für die Erledigung von Personalratsangelegenheiten die Benutzung des Fernsprechers unentgeltlich gestattet werde, vermag eine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht herbeizuführen. Ganz abgesehen davon, daß nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung während der Hauptverkehrszeiten Ferngespräche nach Möglichkeit auf eine Gesprächsdauer von 6 Minuten beschränkt werden sollen, darf nicht verkannt werden, daß durch die Benutzung des Fernsprechers das gerade in der Personalverfassung notwendige persönliche Element nicht ersetzt werden kann. Unbeachtlich ist endlich auch das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, daß sich der bei dem ... in ... bildete Personalrat nur vom Kreis der Bediensteten der ... einen sogenannten "Vertrauensmann" ausgesucht habe, der die Belange dieser Bediensteten ausreichend wahrnehme. Abgesehen davon, daß das Personalvertretungsgesetz die Einrichtung eines solchen "Vertrauensmannes" nicht vorsieht, dieser daher auch keine Teilnahmebefugnis an den Sitzungen des Personalrats hat, ist in keiner Weise dargetan, ob dieser Vertrauensmann tatsächlich das Vertrauen der in der Überseefunkempfangsstelle beschäftigten Bediensteten besitzt.

31

Aus allen diesen Gründen hat das Landesverwaltungsgericht mit Recht festgestellt, daß die ... nach § 7 Abs. 3 PersVG. als selbständige Dienststelle gilt, was zur Folge hat, daß für sie ein eigener Personalrat zu wählen ist.

32

Der Beschwerde muß daher der Erfolg versagt bleiben, 11. Für eine Kostenentscheidung ist im vorliegenden Verfahren kein Raum. Gebühren und Auslagen werden nach § 12 Abs. 4 ArbGG. in Verbindung mit § 76 Abs. 2 PersVG. nicht erhoben. Eine entsprechende Anwendung der Kostenvorschriften der §§ 91 ff. ZPO. entfällt, weil das Beschlußverfahren kein Parteiverfahren ist (Bundesverwaltungsgericht, Beschl. vom 2.5.1957 - BVerwG. II CO 2.56 MDR 1957 S. 572 - nur Leitsatz -).

33

12.

34

Die Rechtssache ist bei der Neuartigkeit der Materie von grundsätzlicher Bedeutung, woraus sich, die Zulassung der Rechtsbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ergibt (§ 91 Abs. 3 ArbGG. in Verbindung mit § 76 Abs. 2 PersVG.).

35

Die Rechtsbeschwerde wird durch Einreichung einer Rechtsbeschwerdeschrift bei dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg, Uelzener Straße 40, oder bei dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin-Charlottenburg 2, Hardenbergstraße 31, eingelegt. Sie ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach der Zustellung dieses Beschlusses einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muß von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein; sie muß angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird, welche Bestimmungen verletzt sein sollen und worin die Verletzung bestehen soll.