Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 21.08.2024, Az.: 1 A 165/22

Billigkeit; Ersatzvornahme; Feuerstättenbescheid; Gebührenverzeichnis; Kosten der Ersatzvornahme; Verschulden; Zweitbescheid

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
21.08.2024
Aktenzeichen
1 A 165/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 21504
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGGOETT:2024:0821.1A165.22.00

Amtlicher Leitsatz

Zweitbescheid und Ersatzvornahme Schornsteinfegerhandwerksgesetz keine Berücksichtigung individueller Gründe, aus denen vom Verpflichteten des Feuerstättenbescheids kein Schornsteinfeger beauftragt werden konnte

[Tatbestand]

Der Kläger wendet sich gegen verschiedene Bescheide zur Durchsetzung seiner schornsteinfegerrechtlichen Kehr- und Messpflichten.

Der Kläger ist Eigentümer eines selbstbewohnten Grundstücks in A-Stadt. In dem Wohnhaus betreibt er im Keller eine Ölheizung sowie im Wohnzimmer im Dachgeschoss einen Kaminofen. Für beide liegt ein bestandskräftiger Feuerstättenbescheid vom 23.04.2021 vor. In diesem wird dem Kläger u.a. aufgegeben, einmal jährlich zwischen dem 01. März und dem 30. Mai die Abgasleitung (Nummer 1) und die Abgabewege des Öl-Heizkessels (Nummer 3) überprüfen sowie zwischen dem 01. Februar und dem 30. November den Schornstein des Kaminofens (Nummer 2) reinigen zu lassen. Der Öl-Heizkessel im Keller ist danach zwischen dem 01. März und 30. Mai alle zwei Jahre, beginnend mit dem Jahr 2021, auf Abgase zu messen (Nummer 4).

Nachdem der Kläger die Arbeiten nach den Nummern 1 und 3 nicht bis Ende Mai 2022 nachgewiesen hatte, erließ der Beklagte nach Anhörung des Klägers unter dem 07.07.2022 einen Zweitbescheid gemäß § 25 Abs. 2 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz (SchfHwG). Darin gab er dem Kläger auf, die erforderlichen Schornsteinfegerarbeiten nach den Nummer 1 und 3 des Feuerstättenbescheids vom 23.04.2021 bis zum 17.07.2022 zu veranlassen und die Durchführung nachzuweisen (Ziff. 1). Für den Fall des Zuwiderhandelns drohte er die Ersatzvornahme auf Kosten des Klägers an (Ziff. 2), deren voraussichtliche Kosten er mit etwa 400 EUR bezifferte (Ziff. 3). Die Gebühr für den Bescheid setzte der Beklagte auf 90 EUR, die Auslagen auf 2,63 EUR fest (Ziff. 4). Wegen der Begründung wird auf den Bescheid verwiesen.

Der Kläger hat am 05.08.2024 Klage gegen den Bescheid vom 07.07.2024 erhoben, um einstweiligen Rechtsschutz aber nicht nachgesucht.

Mit Bescheid vom 03.08.2022 setzte der Beklagte die mit Zweitbescheid vom 07.07.2022 angedrohte Ersatzvornahme für den 17.08.2022 fest (Ziff. 1), ordnete die sofortige Vollziehung der Ersatzvornahme an (Ziff. 2) und gab dem Kläger auf, die Kosten der Ersatzvornahme zu tragen (Ziff. 3). Wegen der Begründung wird auf den Bescheid verwiesen.

Am 29.08.2022 hat der Kläger seine Klage erweitert und den Bescheid vom 03.08.2022 in diese einbezogen.

Nach Durchführung der Ersatzvornahme setzte der Beklagte die Kosten mit Bescheid vom 18.08.2022 auf 319,39 EUR fest, wobei 181,10 EUR auf die Schornsteinfegerarbeiten entfielen, 2,63 EUR auf Auslagen für die Postzustellungsurkunde und 135,66 EUR auf Auslagen des Bezirksschornsteinfegers laut Rechnung vom 18.08.2022. Wegen der Begründung wird auf den Bescheid verwiesen.

Am 14.09.2022 hat der Kläger die Klage erweitert, soweit darin Kosten über die Auslagen des Bezirksschornsteinfegers in Höhe von 135,66 EUR erhoben worden sind, und den Bescheid vom 18.08.2022 insoweit in die Klage einbezogen.

Nachdem der Kläger auch im Jahr 2023 nicht die Durchführung der Schornsteinfegerarbeiten nach den Nummern 1, 3 und 4 aus dem Feuerstättenbescheid vom 23.04.2021 nachgewiesen hatte, erließ der Beklagte nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 22.08.2023 einen Zweitbescheid gemäß § 25 Abs. 2 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz (SchfHwG). Darin gab er dem Kläger auf, die erforderlichen Schornsteinfegerarbeiten nach den Nummer 1, 3 und 4 des Feuerstättenbescheids bis zum 01.09.2022 zu veranlassen und die Durchführung nachzuweisen (Ziff. 1). Für den Fall des Zuwiderhandelns drohte er die Ersatzvornahme auf Kosten des Klägers an (Ziff. 2), deren voraussichtliche Kosten er nicht bezifferte und offen ließ (Ziff. 3). Die Gebühr für den Bescheid setzte der Beklagte auf 90 EUR, die Auslagen auf 2,63 EUR fest (Ziff. 4). Wegen der Begründung wird auf den Bescheid verwiesen.

Am 21.09.2023 hat der Kläger die Klage erweitert und den Bescheid vom 22.08.2023 in die Klage einbezogen.

Nach Durchführung der Ersatzvornahme am 13.10.2023 setzte der Beklagte die Kosten mit Bescheid vom 19.10.2023 auf 323,90 EUR fest, wobei 181,10 EUR auf die Schornsteinfegerarbeiten entfielen, 2,63 EUR auf Auslagen für die Postzustellungsurkunde und 142,80 EUR auf Auslagen des Bezirksschornsteinfegers laut Rechnung vom 13.10.2023. Wegen der Begründung wird auf den Bescheid verwiesen.

Am 20.11.2023 hat der Kläger die Klage erweitert und den Bescheid vom 18.08.2022 insoweit in die Klage einbezogen, als Kosten über die Auslagen des Bezirksschornsteinfegers in Höhe von 142,80 EUR erhoben worden sind.

Zur Begründung seiner Klagen macht der Kläger geltend, er habe sich um die Durchführung der Arbeiten durch verschiedene Schornsteinfeger bemüht und keinen Termin vereinbaren können. Das falle nicht in seine Sphäre. Der Schornsteinfeger, der die Ersatzvornahme durchgeführt habe, habe im Jahr 2021 bei ihm in Polizeibegleitung die Arbeiten durchgeführt, ohne dass es zu einem vorwerfbaren Verhalten seinerseits gekommen sei. Warum der Schornsteinfeger nunmehr seiner gesetzlichen Pflicht nicht nachkomme, sei nicht erklärlich. Es sei nicht erkennbar und auch vom Beklagten nicht konkret dargelegt, welche seiner Verhaltensweisen es rechtfertigten, dass Schornsteinfeger die Durchführung der erforderlichen Arbeiten ablehnten. Der Beklagte hätte deshalb einen Schornsteinfeger schlicht anweisen müssen, bei ihm die erforderlichen Arbeiten zu erledigen, anstelle im Wege des gebührenpflichtigen Zweitbescheides und der Ersatzvornahme unnötige Kosten herbeizuführen.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide vom 07.07.2022, 03.08.2022 und 22.08.2023 aufzuheben,

den Bescheid vom 18.08.2022 aufzuheben, soweit damit Auslagen des Bezirksschornsteinfegers in Höhe von 135,66 EUR erhoben werden, und

den Bescheid vom 19.10.2023 aufzuheben, soweit damit Auslagen des Bezirksschornsteinfegers in Höhe von 142,80 EUR erhoben werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bestreitet mit Nichtwissen, dass der Kläger alle Schornsteinfeger im Umkreis mit der Durchführung der Arbeiten aus dem Feuerstättenbescheid beauftragen wollte und damit gescheitert sei. Der Kläger habe dies nur behauptet. Schornsteinfeger seien nicht verpflichtet, einen Auftrag zur Durchführung von Prüf- und Messaufgaben anzunehmen. Dass der Kläger Schwierigkeiten habe, Schornsteinfeger zu finden, weil er als außerordentlich schwierig gelte, falle in dessen eigenen Verantwortungsbereich. Er weist außerdem darauf hin, dass es sich um freiwillige Arbeiten der Schornsteinfeger und nicht um hoheitliche Aufgaben handele und er deshalb nicht durch Weisung für deren Durchführung sorgen könne.

Die Kammer hat die Rechtssache mit Beschluss vom 26.06.2024 der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die im Wege der Klageänderung nach § 91 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 VwGO auf weitere Bescheide erweiterte Klage ist zulässig, aber nur im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet (hierzu I.), im Übrigen aber unbegründet (hierzu II. und III.).

I.

Der Bescheid vom 03.08.2022 ist hinsichtlich seiner Ziff. 1 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Weder § 26 SchFHwG noch das niedersächsische Verwaltungsvollstreckungsrecht kennen eine Festsetzung der Ersatzvornahme. Für die getroffene Festsetzung fehlt es also an der Rechtsgrundlage. Soweit der Beklagte meint, hierdurch werde der Kläger nicht belastet, weil sich die Regelungswirkung des Bescheids in der Terminankündigung für die Ersatzvornahme erschöpfe, die zu seinen Gunsten ergehe, verkennt er, dass er mit der Festsetzung der Ersatzvornahme, der Anordnung der sofortigen Vollstreckbarkeit unter Ziff. 2 und der Rechtsbehelfsbelehrung jedenfalls den Anschein gegeben, die Voraussetzung für die Durchführung der Ersatzvornahme herzustellen, und den Kläger zur Klageerhebung eingeladen hat. Für die Terminankündigung hätte ein einfaches Schreiben genügt, sofern es der Beklagte auf sich nehmen will, die Kommunikation zwischen dem mit Durchführung der Ersatzvornahme beauftragten Bezirksschornsteinfeger und dem Verpflichteten zu übernehmen.

II.

Die Zweitbescheide vom 07.07.2022 und 22.08.2023 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das gilt auch für Ziff. 3 des Bescheides vom 03.08.2022.

1.

Rechtsgrundlage der Ziff. 1 der streitgegenständlichen Bescheide ist § 25 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 SchfHwG. Danach setzt die zuständige Behörde in einem Zweitbescheid gegenüber dem Eigentümer fest, welche Reinigungen oder Überprüfungen nach den Rechtsverordnungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 oder wiederkehrenden Messungen nach § 15 der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen innerhalb welchen Zeitraums durchzuführen sind, nachdem der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger der zuständigen Behörde unverzüglich gemeldet hat, wenn das Formblatt und die Bescheinigungen nicht innerhalb der in § 4 Abs. 2 SchfHwG genannten Frist zugegangen sind und die Durchführung der Arbeiten auch nicht auf andere Weise innerhalb dieser Frist nachgewiesen wurde. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG hat jeder Eigentümer eines Grundstücks oder eines Raums die Durchführung der im Feuerstättenbescheid festgesetzten Arbeiten nachzuweisen, sofern er nicht den zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger mit der Durchführung beauftragt. Der Nachweis ist gemäß Satz 2 erbracht, wenn dem zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger innerhalb der Frist des Absatzes 2 ein nach Maßgabe einer Rechtsverordnung nach Absatz 4 vorgesehenes Formblatt und nach Maßgabe der genannten Rechtsverordnung vorgesehene Bescheinigungen vollständig ausgefüllt zugehen.

Es ist unstreitig, dass der Kläger im Jahr 2022 nicht fristgerecht die unter Nummern 1 und 3 des Feuerstättenbescheids vom 23.04.2021 festgelegten Prüfungen hat durchführen lassen. Ebenso ist unstreitig, dass der Kläger im Jahr 2023 nicht fristgerecht die unter Nummern 1 und 3 sowie 4 festgelegten Prüfungen und Messungen hat durchführen lassen. Allein darauf kommt es an. Nicht maßgeblich ist hingegen, ob und aus welchen Gründen es dem Kläger nicht gelang, einen Schornsteinfeger zu beauftragen. Schornsteinfeger unterliegen keinem Kontrahierungszwang gegenüber dem Betreiber einer Feuerstättenanlage (vgl. OVG NW, Beschl. v. 12.07.2024 - 4 B 97/24 -, juris Rn. 13). Für eine Berücksichtigung der Frage nach dem Grund für die unterlassene Ausführung der Arbeiten aus dem Feuerstättenbescheid gibt § 25 Abs. 2 SchfHwG schon nach seinem Wortlaut, aber auch nach seinem Sinn und Zweck, eine effektive Gefahrenabwehr beim Betrieb von Feuerstätten sicherzustellen, keinen Raum. Weder ist dies auf Tatbestandsebene möglich noch räumt die Regelung der zuständigen Behörde ein Ermessen ein, das es ihr erlaubte, Gründe im Einzelfall zu berücksichtigen, die zur Nichterfüllung der durch Feuerstättenbescheid festgesetzten Pflichten des Betreibers einer Feuerstätte geführt haben (offen bleibend OVG NW, Beschl. v. 12.07.2024 - 4 B 97/24 -, juris Rn. 26). Vielmehr hat sich der Gesetzgeber dazu entschieden, im Interesse der effektiven Gefahrenabwehr der Durchsetzung dieser Pflichten Vorrang vor den privaten Interessen an der Berücksichtigung von Gründen einzuräumen, die an der Erfüllung der Pflichten hindern, indem er § 25 Abs. 2 SchfHwG als gebundene Norm ausgestaltet hat.

Soweit der Kläger meint, der Beklagte hätte einen Schornsteinfeger anweisen können, bei ihm die fälligen Maßnahmen durchzuführen, und so die kostenträchtige Ersatzvornahme vermeiden können, kann er damit nicht durchdringen. Selbst wenn hier auch im Rahmen der gebundenen Norm des § 25 Abs. 2 SchfHwG auf Ebene der Verhältnismäßigkeit nach einem gleich effektiven, aber weniger grundrechtsintensiven Mittel der Gefahrenabwehr zu fragen wäre, käme eine Weisung schon deshalb nicht in Betracht, weil die Schornsteinfeger bei Durchführung der Maßnahmen aus dem Feuerstättenbescheid nicht hoheitlich tätig sind und der Beklagte insoweit keinen Raum für eine Weisung hat. Darauf hat der Beklagte zutreffend hingewiesen. Die hoheitliche Tätigkeit des insoweit bevollmächtigten Schornsteinfegers (§ 8 SchfHwG) beschränkt sich auf die in Kapitel 3 des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes genannten Aufgaben, zu denen insbesondere die Feuerstättenschau und der Erlass des Feuerstättenbescheides nach §§ 14, 14a SchfHwG zählen. Die Durchführung der Maßnahmen aus dem Feuerstättenbescheid gehört nicht dazu.

2.

Die Androhung der Ersatzvornahme auf Kosten des Klägers in Ziff. 2 der Bescheide vom 07.07.2022 und 22.08.2023 beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG und ist nicht zu beanstanden.

Soweit in Ziffer 2 des Bescheids vom 07.07.2022 die Kostentragungspflicht des Klägers für die Kosten der Ersatzvornahme ausgesprochen wird, hat der Beklagte die Regelung ersetzt durch Ziffer 3 des Bescheides vom 03.08.2022. Das war regelungstechnisch überflüssig, im Rahmen eines Zweitbescheides, der eine bereits getroffene gleichlautende Regelung ersetzt, aber rechtlich möglich. Auch hierfür findet sich die Rechtsgrundlage in § 25 Abs. 2 Satz 2 SchfHwG.

3.

Dass der Beklagte in Ziff. 4 des Bescheids vom 07.07.2022 die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme beziffert hat, beruht auf § 70 Abs. 1 NVwVG i.V.m. § 70 Abs. 4 NPOG. Danach sollen die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme in deren Androhung angegeben werden. Da es sich aber um eine Soll-Vorschrift handelt, ist es unschädlich, dass der Beklagte im Bescheid vom 22.08.2023 die voraussichtlichen Kosten offenbar vergessen hat anzugeben.

4.

Die in den Zweitbescheiden festgesetzten Gebühren und Auslagen begegnen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.

III.

Die Kostenbescheide 18.08.2022 und 19.10.2023 sind rechtmäßig, soweit darin die Kosten des Bezirksschornsteinfegers für die Ersatzvornahme festgesetzt worden sind, und verletzen insoweit den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Wird die Verpflichtung, die in dem Zweitbescheid nach § 25 Absatz 2 Satz 1 SchfHwG festgesetzten Schornsteinfegerarbeiten durchführen zu lassen, nicht oder nicht fristgemäß erfüllt, hat die zuständige Behörde den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger nach § 26 Abs. 1 SchfHwG unverzüglich mit der Vornahme der Handlungen im Wege der Ersatzvornahme zu beauftragen. Die zuständige Behörde kann nach § 26 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG für die Ausführung der Ersatzvornahme von dem betroffenen Eigentümer Gebühren und Auslagen erheben. Den zur Tragung der Kosten der Ersatzvornahme verpflichteten Eigentümern können danach diejenigen Beträge auferlegt werden, welche der Vollstreckungsbehörde an den mit der Durchführung der Ersatzvornahme beauftragten bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger zahlen muss (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 09.03.2017 - 4 A 56/15 -, juris Rn. 5). Die Kosten der Ersatzvornahme werden von der Vollstreckungsbehörde durch Leistungsbescheid festgesetzt, § 70 Abs. 1 NVwVG i.V.m. § 66 Abs. 1 Satz 2 NPOG, § 7 Abs. 1 NVwKostG.

Der Kläger hatte auch innerhalb der vom Beklagten durch Zweitbescheid vom 07.07.2022 und 23.08.2023 bestimmten Fristen die erforderlichen Arbeiten an seiner Feuerstätte nicht durchführen lassen. Aus welchem Grund dies nicht erfolgte, ist auch auf Ebene der Vollstreckung weder nach dem Wortlaut des § 26 SchfHwG noch nach seinem Sinn und Zweck zu berücksichtigen. Der Vollstreckung durch Ersatzvornahme stand auch nicht entgegen, dass der Kläger gegen die Zweitbescheide zum Zeitpunkt der Durchführung der Ersatzvornahmen bereits Klage erhoben hatte. Die Klage gegen einen Zweitbescheid hat nach § 25 Abs. 4 SchfHwG keine aufschiebende Wirkung. Darauf war der Kläger vom Gericht mit Eingang der Klage gegen den Bescheid vom 07.07.2022 hingewiesen worden und hat gleichwohl keinen Eilantrag gestellt.

Auch der Höhe nach sind die streitgegenständlichen Kosten nicht zu beanstanden. Sie ergeben sich aus Anlage 3 - Gebührenverzeichnis - zu § 6 Kehr- und Überprüfungsordnung (KÜO) vom 16. Juni 2009 (BGBl. I S. 1292) in der Fassung der Verordnung vom 26.10.2021 (BGBl. I S. 4740). Nach Nr. 5.1 des Gebührenverzeichnisses ist für die Ersatzvornahme nach § 26 SchfHwG ein Grundwert von 60 und nach Nr. 5.2 für jede Arbeitsminute nach Aufwand ein Wert von 1 festzusetzen. Diese Werte sind mit dem Arbeitswert nach § 6 Abs. 3 Satz 2 SchfHwG von 1,20 EUR zu multiplizieren. Im Bescheid vom 18.08.2022 hat der Beklagte den ihm vom Bezirksschornsteinfeger mit Rechnung vom 18.08.2022 in Rechnung gestellten Betrag von 135,66 EUR in Rechnung gestellt, der sich ausweislich der Rechnung zusammensetzt aus dem Grundwert 60 x 1,20 EUR und dem Aufwandswert von 35 x 1,20 EUR zzgl. Mehrwertsteuer. Im Bescheid vom 19.10.2023 hat der Beklagte den ihm vom Bezirksschornsteinfeger mit Rechnung vom 13.10.2023 in Rechnung gestellten Betrag von 142,80 EUR in Rechnung gestellt, der sich ausweislich der Rechnung zusammensetzt aus dem Grundwert 60 x 1,20 EUR und dem Aufwandswert von 40 x 1,20 EUR zzgl. Mehrwertsteuer. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass hier Fehler unterlaufen sind oder der angesetzten Zeitaufwand falsch war.

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, die Kosten für die Durchführung der Ersatzvornahme seien in den letzten 10 Jahren unverhältnismäßig stark angestiegen und schon deshalb rechtswidrig, dringt er damit nicht durch. Es ist richtig, dass sich die Kosten seit dem Jahr 2020 erhöht haben. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Gebührenziffern 5.1 und 5.2 erstmals durch die Verordnung vom 02.07.2020 (BGBl. I S. 1544) in das Gebührenverzeichnis eingefügt worden sind und zum 09.07.2020 in Kraft getreten sind. Erst seitdem können die gesonderten Gebühren für die Ersatzvornahme erhoben werden. Die Aufnahme der Ersatzvornahme in das Gebührenverzeichnis diente der Gewährleistung einer bundeseinheitlichen Gebührenerhebung (BR-Drs. 93/20, S. 13). Im Übrigen wurden mit der Verordnung vom 02.07.2020 erstmals seit 2012 die Gebührensätze für hoheitliche Tätigkeiten der bevollmächtigten Schornsteinfeger erstmals erhöht. Dass sich hieraus rechtliche Bedenken gegen die Gebührensätze ergeben könnten, ist nicht ersichtlich.

Der Beklagte war auch nicht aus Billigkeitsgründen verpflichtet, von der Erhebung der Kosten der Ersatzvornahme ganz oder teilweise aus Billigkeitsgründen abzusehen. Rechtsgrundlage für eine solche Entscheidung ist § 11 Abs. 2 NVwKostG. Danach kann die Behörde die von ihr festgesetzten Kosten ermäßigen oder von der Erhebung absehen, wenn dies im Einzelfall mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kostenschuldners oder sonst aus Billigkeitsgründen geboten ist. Der Kläger macht selbst nicht geltend, dass ein Erlass oder eine Ermäßigung mit Rücksicht auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse (Alt. 1) geboten sei. Ebenso wenig sind persönliche oder sachliche Billigkeitsgründe i. S. d. § 11 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 NVwKostG für einen Kostenverzicht zu erkennen. Persönliche Billigkeitsgründe liegen nur vor, wenn es sich um einen atypischen, vom Normgeber so nicht vorhergesehenen Fall handelt, in dem durch die Einziehung der Kosten für den Betroffenen außergewöhnlich schwerwiegende Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung der Kosten hinausgehen, so dass es zur Wahrung der Einzelfallgerechtigkeit geboten ist, von der Kosteneinziehung abzusehen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 26.01.2012 - 11 LB 226/11 -, juris Rn. 28; VGH BW, Urt. v. 13.08.2003 - 13 S 1167/02 -, juris Rn. 40). Solche außergewöhnlich schwerwiegenden Nachteile sind nicht ersichtlich. Insbesondere setzen weder die Verwirklichung des Gebührentatbestandes selbst noch die Rechtsgrundlage für die Kostentragungspflicht des Pflichtigen ein Verschulden an der Säumnis voraus, die zur Ersatzvornahme erst geführt hat.

Allein aus dem Umstand, dass der Beklagte einmalig im Jahr 2021 aus Kulanzgründen, wie der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung erklärte, auf die Geltendmachung der Gebühren für die Ersatzvornahme verzichtet hatte und dies aus Gründen der Gleichbehandlung mit anderen Pflichtigen in vergleichbarer Lage wie der des Klägers ab 2022 nicht mehr getan hat, ergeben sich ebenfalls keine Ansprüche des Klägers.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Danach können die Kosten bei einem teilweisen Obsiegen und Unterliegen der Parteien einem Beteiligten auch ganz auferlegt werden, wenn die andere Partei nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Das ist hier der Fall.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.