Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 17.05.2011, Az.: 1 Ws 227/11
Gegen die Aufhebung eines dinglichen Arrests ist die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft nicht statthaft; Voraussetzungen für die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde gegen die Aufhebung eines dinglichen Arrestes
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 17.05.2011
- Aktenzeichen
- 1 Ws 227/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 16578
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2011:0517.1WS227.11.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück - 07.03.2011 - AZ: 18 Qs 2/11
- AG Osnabrück - AZ: 247 Gs 4557/10
Rechtsgrundlagen
- § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO
- § 310 Abs. 2 StPO
Fundstellen
- NStZ-RR 2011, 282-283
- StRR 2011, 246 (red. Leitsatz)
- StV 2011, 613-614
Amtlicher Leitsatz
Eine weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Aufhebung eines dinglichen Arrestes ist nicht statthaft.
Tenor:
Die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft Osnabrück gegen den Beschluss des Landgerichts Osnabrück vom 7. März 2011,
durch den auf die Beschwerde der Beschuldigten die Anordnung des dinglichen Arrestes durch Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 26. November 2010 (247 Gs 382/10) aufgehoben worden ist,
wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und insoweit entstandene notwendige Auslagen der Beschuldigten fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft ordnete das Amtsgericht Osnabrück mit Beschluss vom 26. November 2010, auf den Bezug genommen wird, den dinglichen Arrest in das gesamte Vermögen der Beschuldigten bis zu einer Höhe von 198.900,00 € an, da dringende Gründe für die Annahme der Voraussetzungen für einen Verfall von Wertersatz vorlägen.
Auf die Beschwerde der Beschuldigten, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat, hat die Beschwerdekammer des Landgerichts Osnabrück mit Beschluss vom 7. März 2011, auf den Bezug genommen wird, die Anordnung des dinglichen Arrestes aufgehoben.
Dagegen richtet sich die von der Staatsanwaltschaft mit dem Ziel der Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts eingelegte weitere Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.
II. Die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den landgerichtlichen Aufhebungsbeschluss ist gemäß § 310 Abs. 2 StPO unzulässig. Die durch die Staatsanwaltschaft Osnabrück angefochtene Entscheidung ist bereits auf eine Beschwerde hin ergangen. Damit ist der Rechtsweg grundsätzlich erschöpft. Nur im Ausnahmefall ist nach § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO eine weitere Beschwerde zulässig. Dieser liegt nur vor, wenn durch die vorangegangene erste Beschwerdeentscheidung ein dinglicher Arrest überhaupt erstmals angeordnet oder ein bereits zuvor angeordneter dinglicher Arrest bestätigt wurde (so auch OLG München, Beschluss v. 12.11.2007 (2 Ws 942/07), NJW 2008, 389 ff.. OLG Hamburg, Beschluss vom 13.03.2008 (3 Ws 3235/08), NJW 2008, 1830 f.. MeyerGoßner, 53. Auflage, § 310 Rn. 9. a.A.: OLG Celle, Beschluss vom 20.05.2008 (2 Ws 155/08), StV 2009, 120 ff.. KG Berlin, Beschluss vom 16.04.2010 (1 Ws 171/09), NStZ 2011, 175 f.). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO. Anders als in § 310 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StPO, wonach uneingeschränkt eine weitere Beschwerdemöglichkeit gegeben ist, wenn die vorangegangene Beschwerdeentscheidung eine Verhaftung oder eine einstweilige Unterbringung betrifft, ist eine weitere Beschwerde beim dinglichen Arrest (Ziffer 3) nicht schon zulässig, wenn sie einen dinglichen Arrest betrifft, sondern nur wenn sie (bei einem Betrag über 20.000, Euro) gegen die ´Anordnung´ des dinglichen Arrestes eingelegt wird. Diese Voraussetzung ist hier aber nicht gegeben, da das Landgericht den Arrestbeschluss des Amtsgerichts aufgehoben hat, mithin keine ´Anordnung´ des dinglichen Arrestes (mehr) vorliegt.
Die Differenzierung des Gesetzeswortlautes entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages herrschte Einigkeit darüber, dass dem Staat die Möglichkeit gegeben werden solle, Gewinne aus kriminellen Taten abzuschöpfen. Als strukturelles Problem wurde dabei erkannt, dass die Sicherstellung bereits im Ermittlungsverfahren stattfindet und deshalb noch uneingeschränkt für den Beschuldigten die Unschuldsvermutung gilt. In der abschließenden Begründung der Beschlussempfehlung heißt es deshalb u.a.: (...) ´ Mit der Neufassung wird die Möglichkeit der weiteren Beschwerde nach § 310 StPO auch für die Anordnung eines dinglichen Arrestes ... eröffnet. Dies trägt dem Aspekt Rechnung, dass dem Betroffenen mit einer Arrestierung oftmals erhebliche Vermögenswerte entzogen werden, (...). Es scheint daher angemessen, dem Betroffenen jedenfalls bei einem dinglichen Arrest über 20.000, Euro das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde zu eröffnen.´ (BTDs. 16/2021, S. 6). Aus dieser Begründung ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit schaffen wollte, ausschließlich die Anordnung des dinglichen Arrestes (d.h. die erstmalige Anordnung oder die Bestätigung einer bereits erfolgten Anordnung) mit dem Rechtsmittel der weiteren Beschwerde überprüfen zu lassen, um den Beschuldigten zusätzlich zu schützen.
Dem widerspricht auch nicht, dass sich so eine asymmetrische Anfechtungsmöglichkeit nur zu Gunsten des Betroffenen ergibt. Zum einen kann das Rechtsmittel nicht ausschließlich vom Betroffenen eingelegt werden, sondern gemäß § 296 StPO auch von der Staatsanwaltschaft. Zum anderen finden sich in der Strafprozessordnung andere Beispiele asymmetrischer Anfechtungsmöglichkeiten. So ist der die Anklage zulassende Eröffnungsbeschluss nach § 210 Abs. 1 StPO durch den Angeklagten nicht anfechtbar, während bei Nichtzulassung oder abweichender Zulassung der Anklage der Staatsanwaltschaft gemäß § 210 Abs. 2 StPO die Möglichkeit der Einlegung der sofortigen Beschwerde eingeräumt wird. Systematisch ebenso ausgestaltet sind etwa die Vorschriften über die Verweisung, § 270 StPO und die Zuständigkeitsverschiebung nach § 225a StPO.
Der Rechtsweg war damit nach der Entscheidung des Landgerichts Osnabrück erschöpft. Die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft war als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 467 StPO.