Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 10.12.2008, Az.: 1 A 199/07

Friedhofssatzung; Grabgestaltung; Zumutbarkeit für Ausweichen; auf anderen Friedhof; kircherlicher Friedhof

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
10.12.2008
Aktenzeichen
1 A 199/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 45337
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGGOETT:2008:1210.1A199.07.0A

Amtlicher Leitsatz

Satzungsbestimmungen über die Gestaltung von Gräbern auf einem kirchlichen Friedhof sind wirksam, wenn in der Gemeinde Friedhöfe ohne Gestaltungsvorschriften zur Verfügung stehen.

Tatbestand:

1

Die Beteiligten streiten über die Gestaltung einer Doppelgrabstätte auf einem Friedhof der Beklagten. In einem weiteren Verfahren (1 A 62/07) streiten sie über den Beginn des Grabnutzungsrechtes des Klägers an dem Doppelgrab.

2

Am 23.01.2005 verstarb die Großmutter des Klägers (Frau K., geb.L.) und wurde auf dem in der Trägerschaft der Beklagten stehenden Friedhof in M. beigesetzt (Doppelgrabstätte Nr. ...). Im Juli 2005 erteilte das Amtsgericht Duderstadt bezüglich des Nachlasses der Verstorbenen deren Enkelkindern N., O. und dem Kläger B. einen gemeinschaftlichen Erbschein.

3

Zu Beginn des Jahres 2006 begannen die Streitigkeiten über die Gestaltung der Grabstelle. Die Beklagte teilte dem Kläger auf seine telefonische Anfrage mit, dass eine vollständige Abdeckung des Grabes nicht zulässig sei. Unter dem 02.02. und 15.02.2006 meldete sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers für die Erbengemeinschaft und beantragte die Zulassung einer vollständigen Abdeckung der Grabstätte mit einer Grabplatte. Mit Schreiben vom 08.03.2006 teilte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten mit, dass erhebliche Zweifel an der Berechtigung der Erbengemeinschaft zur Umgestaltung der Grabstätte bestünden und noch geprüft werde, wer gegenwärtig Nutzungsberechtigter sei. Außerdem wies sie darauf hin, dass ein formgerechter Genehmigungsantrag für die Gestaltung des Grabmals nicht vorliege.

4

Am 04.07.2006 ließ die Erbengemeinschaft durch einen Steinmetz eine vollständige Grababdeckung auf das Doppelgrab aufbringen, ohne dass die Beklagte hierüber informiert worden war. Nachdem die Beklagte den ausführenden Steinmetzbetrieb ausfindig gemacht hatte, forderte sie diesen im Juli 2006 unter Fristsetzung auf, die unerlaubt aufgebrachte Grababdeckung zu entfernen, und kündigte nach fruchtlosem Fristablauf die Entfernung der Grabplatte auf seine Kosten an.

5

Daraufhin begehrte die Erbengemeinschaft beim erkennenden Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO mit dem Ziel, die Grababdeckung auf der Grabstätte bis zum Ergehen einer bestandskräftigen/rechtskräftigen Entscheidung über den Zustand zu belassen. Dieses Verfahren wurde nach Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen mit Beschluss vom 30.11.2006 eingestellt (1 B 313/06).

6

Die Beklagte erließ unter dem 07.08.2006 eine neue Friedhofssatzung - FS 2006 - mit Rückwirkung zum 01.01.2006 (Amtsblatt für den Landkreis Göttingen vom 10.08.2006, S. 525 ff.). § 20 FS 2006 bestimmt das gleichzeitige Außerkrafttreten der Friedhofsordnung vom 20.03.1981 - FS 1981 - nach Maßgabe des § 19, der Übergangsregelungen zu sogenannten Alten Rechten trifft.

7

Unter dem 20.12.2006 verlieh die Beklagte dem Kläger das Grabnutzungsrecht an der Doppelgrabstätte Nr. ... für den Zeitraum vom 20.12.2006 bis zum Ablauf des 22.01.2035.

8

Nach Anhörung gab die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 15.01.2007, zugestellt am 16.01.2007, unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, die dreigliedrige Grabplatte von der Doppelgrabstätte Nr. ... auf dem Friedhof in M. bis zum Ablauf des 19.02.2007 zu entfernen. Gleichzeitig drohte sie die Ersatzvornahme bei Nichtbefolgung an, deren Kosten auf rund 200,00 Euro beziffert wurden. Die Beklagte begründete die Entscheidung damit, dass die Grabgestaltung sowohl formell als auch materiell nicht der FS 2006 entspreche und deshalb von dem Kläger zu beseitigen sei. Die FS 2006 setze eine Genehmigung voraus und erlaube nur eine hälftige Abdeckung des Grabbeetes, das überdies gärtnerisch zu gestalten sei. Prüffähige Genehmigungsunterlagen für die Grabeindeckung habe der Kläger nicht vorgelegt. Das rückwirkende Inkrafttreten zum 01.01.2006 der FS 2006 sei zulässig. Im Übrigen bestehe im Fall des Klägers kein Vertrauensschutz, weil ihm bereits im Februar 2006 mitgeteilt worden war, dass eine neue Friedhofssatzung geplant sei, die eine vollständige Bedeckung eines Grabes untersagen werde. Im Übrigen sei eine vollständige Grababdeckung auch schon nach der FS 1981 unzulässig gewesen. Die Vorschriften zur Grabgestaltung seien rechtmäßig, weil es sich bei dem Friedhof in M. nicht um einen Monopolfriedhof in der Stadt Duderstadt handele. Auf den kommunalen Friedhöfen sei die Grabgestaltung nicht beschränkt und der Kläger hätte auf diese ausweichen können, wenn ihm die Vorgaben auf dem Friedhof in M. missfielen. Das Aufbringen einer vollständigen Grabplatte sei mit der katholisch geprägten Bestattungstradition in M. nicht vereinbar. Eine Grabplatte symbolisiere, dass die Hinterbliebenen mit den Verstorbenen abgeschlossen hätten und nicht gewillt seien, sich mit der Grabstätte zu befassen, ihrer Verstorbenen zu gedenken und hierzu Zeit und Mittel aufzubringen. Soweit andere Gräber ebenfalls nicht den Gestaltungsvorschriften der FS 2006 entsprächen, würde die Beklagte Schritte einleiten, um auch diese Verstöße zu beseitigen.

9

Hiergegen legte der Kläger entsprechend der erteilten Rechtsbehelfsbelehrung mit Schreiben vom 18.01.2007 Widerspruch ein.

10

Mit Bescheid vom 04.09.2007, zugestellt am 05.09.2007, wies das Bischöfliche Generalvikariat den Widerspruch unter Bezugnahme auf die Begründung des Bescheides vom 15.01.2007 zurück.

11

Am 21.06.2007 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben, die er nach Erlass des Widerspruchsbescheides auf eine Anfechtungsklage umgestellt hat. Zur Begründung trägt er vor, die Beklagte halte sich nicht an ihre eigenen Vorgaben, da auch andere Gräber die Gestaltungsvorgaben der FS 2006 nicht einhielten. Dagegen unternehme die Beklagte aber nichts. Der Kläger ist der Auffassung, dass die FS 2006 wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot und wegen einer unzulässigen Einschränkung seiner allgemeinen Handlungsfreiheit unwirksam sei. Die FS 1981 sei wegen Verstoßes gegen Bekanntmachungsvorschriften unwirksam.

12

Der Kläger beantragt,

  1. den Bescheid der Beklagten vom 15.01.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2007 aufzuheben.

13

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

14

Zur Begründung verweist sie auf den angefochtenen Bescheid.

15

Hinsichtlich der für sofort vollziehbar erklärten Entfernung der Grabplatte sowie der Androhung der Ersatzvornahme hat vor dem Verwaltungsgericht Göttingen ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren (1 B 29/07) stattgefunden. Mit rechtskräftigem Beschluss des Nds. OVG (8 ME 30/07) ist der Antrag des Klägers nach § 80 Abs. 5 VwGO abgewiesen worden. Das Parallelverfahren 1 A 62/07 wurde durch Urteil vom heutigen Tag entschieden.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens im Übrigen wird auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie die Gerichtsakten in den Verfahren 1 B 313/06, 1 B 29/07 und 1 A 62/07 verwiesen.

Entscheidungsgründe

17

Die Klage hat lediglich in dem im Tenor genannten Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie erfolglos.

18

Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Der Kläger hat ursprünglich eine Untätigkeitsklage erhoben. Nach Erlass des Widerspruchsbescheides hat er die Klage unter Einbeziehung des Widerspruchsbescheides als Anfechtungsklage fortgeführt. Die Klage ist nicht wegen Verletzung der Monatsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO unzulässig. Tatsächlich handelt es sich von Beginn an um eine Anfechtungsklage. Ein Widerspruchsverfahren findet nämlich seit dem 01.01.2005 auch bei Verwaltungsakten kirchlicher Friedhofsträger jedenfalls dann nicht mehr statt, wenn - wie hier - keine ausdrücklichen, kirchlichen Regelungen über die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens existieren (vgl. VG Göttingen, Beschluss vom 28.02.2007 - 1 B 29/07 -; Nds. OVG, Beschluss vom 11.05.2007 - 8 ME 30/07 -, den Beteiligten bekannt). Ein gleichwohl erhobener Widerspruch hindert deshalb den Eintritt der Unanfechtbarkeit nicht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 68 Rn. 16), so dass die Klagefrist am 21.06.2007 deutlich überschritten war und die Klage unzulässig sein könnte. Die Beklagte hat jedoch den Kläger darüber belehrt, dass gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen ist. Diese Rechtsbehelfsbelehrung ist falsch mit der Folge, dass gemäß § 58 Abs. 2 VwGO die Jahresfrist gilt. Diese hat der Kläger eingehalten.

19

Der Widerspruchsbescheid des bischöflichen Generalvikariats vom 04.09.2007 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit ihm die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt wurden.

20

Wie oben bereits dargelegt, bedurfte es hier keines Widerspruchsverfahrens. Es ist deshalb auch nicht zulässig (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O.). Ein trotzdem erlassener Widerspruchsbescheid ist deshalb unzulässig und damit rechtswidrig. Für eine Kostentragungspflicht des Klägers fehlt es in diesem Fall an einer Rechtsgrundlage. Die Kostenentscheidung zu Lasten des Klägers verletzt diesen deshalb in seinen Rechten und ist aufzuheben. Etwas anderes gilt für die Entscheidung über die Zurückweisung des Widerspruchs in der Sache, weil sie die Ausgangsentscheidung der Beklagten lediglich bestätigt und keine zusätzliche Beschwer für den Kläger enthält. Insoweit fehlt es an einer Rechtsverletzung.

21

Der Bescheid der Beklagten vom 15.01.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

22

Rechtsgrundlage für die Aufforderung zur Entfernung der Grabplatte ist § 11 Abs. 2 Satz 1 FS 2006. Danach sind nicht genehmigte oder von der Genehmigung abweichende Grabmale, Sockel, Inschriften und Symbole innerhalb eines Monats nach schriftlicher Aufforderung zu entfernen.

23

Formelle Bedenken an der Wirksamkeit dieser Bestimmung bestehen nicht. Das rückwirkende Inkrafttreten der Satzung (§ 20 FS 2006) zum 01.01.2006 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar handelt es sich im vorliegenden Fall um eine grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung, die hier aber ausnahmsweise zulässig ist. Eine echte Rückwirkung liegt dann vor, wenn der Normgeber "in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen hat" (BVerfG, Beschluss vom 13.05.1986, BVerfGE 72, 175, 196). Dies ist der Fall, wenn die Rechtsfolgen für einen vor der Verkündung der Norm liegenden Zeitpunkt eintreten sollen (BVerfG, Beschluss vom 14.05.1986, BVerfGE 72, 200, 242 [BVerfG 14.05.1986 - 2 BvL 2/83]). Bei einer Satzung ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Abgrenzung zwischen echter und unechter Rückwirkung die Bekanntmachung (BVerwG, Beschluss vom 05.08.2002 - 9 BN 12/2002 -, juris). Die FS 2006 ist am 07.08.2006 beschlossen und im Amtsblatt des Landkreises Göttingen vom 10.08.2006 bekannt gemacht worden. Sie sollte nach § 20 am 01.01.2006 in Kraft. Dieser Zeitpunkt liegt vor dem Zeitpunkt, zu dem die Norm rechtlich existent, d.h. gültig, geworden ist. Die Rechtsfolgen der FS 2006 sollen also für einen Zeitpunkt eintreten, der vor der Verkündung der Norm liegt. Damit entfaltet die Satzung eine echte Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung von Satzungen ist grundsätzlich unzulässig. Zu den wesentlichen Elementen des Rechtsstaatsprinzips zählt die Rechtssicherheit, der auf Seiten des Einzelnen das Vertrauen in den Bestand von Rechtsnorm und Rechtsakten bis zu ihrer ordnungsgemäßen Ausführung entspricht. Im Grundsatz des Vertrauensschutzes findet das Rückwirkungsverbot nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenzen. Es gilt dort nicht, wo sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte.

24

Der Kläger kann sich nur dann auf einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot erfolgreich berufen, wenn er darauf vertrauen konnte, das Doppelgrab ohne vorherige Genehmigung mit einer vollständigen Grabplatte abzudecken und dieses Vertrauen schutzwürdig ist. Das ist nicht der Fall. Bereits die FS 1981 sah in § 16 Abs. 1 Satz 1 eine Genehmigungspflicht für die Gestaltung von Grabstätten vor und ermächtigte die Beklagte, auf Kosten des Verpflichteten ohne Genehmigung aufgestellte Grabmäler zu entfernen (§ 16 Abs. 1 Satz 3 FS 1981). Aus der Bestimmung des § 23 Abs. 1 FS 1981, wonach alle Grabstätten gärtnerisch angelegt sein mussten, ergibt sich darüber hinaus, dass die vollständige Abdeckung eines Grabes mit einer Platte nicht zulässig war. Entsprechend diesen Bestimmungen sind die Gräber, im Übrigen auch das Grab Nr. ... bis zum Tod von Frau P., auf dem Friedhof in M. angelegt worden. Die Beklagte hat dem Kläger Anfang Februar 2006 auch eine entsprechende Auskunft erteilt und ihn davon unterrichtet, dass eine neue Satzung geplant sei, die diese Grabgestaltung noch präziser festlege. Der Kläger hat die hier in Streit stehende Grabgestaltung am 04.07.2006 veranlasst. Zu diesem Zeitpunkt war ihm bekannt, dass eine vollständige Grabplatte auf dem Friedhof der Beklagten aufgrund der FS 1981 und der geplanten, neuen Friedhofssatzung sowohl einer vorherigen Genehmigung bedürfen als auch insgesamt nicht zulässig sein würde. Er hat bewusst gegen diese Kenntnisse die Grabgestaltung vorgenommen. Ein Vertrauen auf die gewählte Grabgestaltung konnte sich damit nicht bilden.

25

Aufgrund der Korrespondenz und der Gespräche zwischen dem Kläger und der Beklagten konnte der Kläger zum Zeitpunkt der Grabgestaltung Anfang Juli 2006 darüber hinaus nicht darauf vertrauen, dass eine neue Friedhofssatzung nicht auch rückwirkend eine Grabgestaltung vorschreibt, die von der Beklagten schon in der Vergangenheit verlangt wurde. Dies rechtfertigt auch eine Ausnahme vom Rückwirkungsverbot (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 25.01.1988, DÖV 1988, 474, 475; Wefelmeyer in Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen - KVR-NGO -, Stand August 2008, § 6 Rn. 13; zu kommunalen Satzungen).

26

Selbst wenn die FS 1981 wegen Verstoßes gegen Bekanntmachungsvorschriften unwirksam sein sollte, besteht trotzdem kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers. Dann wäre die rückwirkende Inkraftsetzung der FS 2006 nicht zu beanstanden, weil sie einen rechtsleeren Raum überbrücken würde. Eine Rechtsverletzung des Klägers läge nicht vor. Denn ein Vertrauen darauf, dass eine ungültige Satzung nicht nachträglich durch eine gültige ersetzt wird, ist nicht schützenswert (vgl. VG München, Urteil vom 08.05.2008 - M 10 K 07.6056 -, juris). § 11 Abs. 2 Satz 1 FS 2006 ist deshalb wirksam.

27

Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Satz 1 FS 2006 liegen vor. Die Grabgestaltung entspricht der FS 2006 weder in formeller noch in materieller Hinsicht. Der Kläger hat bisher keinen, dem § 11 Abs. 1 FS 2006 entsprechenden, Genehmigungsantrag für die Gestaltung des Doppelgrabes Nr. 251 vorgelegt. Er hat vielmehr die ihm genannten Vorgaben für das Genehmigungsverfahren unterlaufen.

28

Die vollständige Abdeckung des Doppelgrabes mit einer Grabplatte wäre darüber hinaus auch nicht genehmigungsfähig. § 10 Abs. 4 Satz 8, Abs. 8 FS 2006 erlaubt lediglich eine hälftige, nicht jedoch eine vollständige Abdeckung des Grabbeetes, das über dies gärtnerisch zu gestalten ist. Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Bestimmung ergeben sich nicht. Das Nds. Oberverwaltungsgericht hat in dem zwischen den Beteiligten stattgefundenen einstweiligen Rechtsschutzverfahren in seinem Beschluss vom 11.05.2007 - 8 ME 30/07 - ausgeführt:

"Der Antragsgegnerin als katholischer Kirchengemeinde ist es nach der Rechtsprechung (BVerwG, Urteil vom 13.05.2004 - 3 C 26.03 -, BVerwGE 121, 17 ff. = NJW 2004, 2844 ff. [BVerwG 13.05.2004 - 3 C 26/03]; Senatsbeschluss vom 26.04.2005 - 8 LA 296/04 -, Nds. VBl. 2005, 221) grundsätzlich möglich, auf ihrem Friedhof - wie hier in hinreichend bestimmter Weise durch § 10 Abs. 8 der Satzung geschehen - eine vollständige Abdeckung einer Grabstätte durch eine Platte zu verbieten. Ein Friedhofsträger darf nach der vorbezeichneten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nämlich auch Vorschriften über die Grabgestaltung erlassen, die durch die allgemeinen Friedhofszwecke nicht gefordert, aber mit ihnen vereinbar sind, sofern diese besonderen Gestaltungsvorschriften durch einen legitimierten Zweck gedeckt und nicht unverhältnismäßig sind. Als einem legitimen Zweck in diesem Sinne dienend hat das Bundesverwaltungsgericht u.a. Gestaltungsvorschriften anerkannt, die "Ausdruck der Glaubensüberzeugung des Friedhofsträgers und der Mehrheit der in ihm organisierten Kirchengemeindemitglieder sind". Auf eine solche Legitimation beruft sich vorliegend die Antragsgegnerin. Im Übrigen dürfen nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 26.04.2005, a.a.O.) Friedhofsträger in Niedersachsen besondere Gestaltungsvorschriften jedenfalls dann erlassen, wenn zwar nicht auf demselben, aber auf einem nahe gelegenen anderen Friedhof im selben Stadtgebiet Grabflächen ohne diese Beschränkung zur Verfügung stehen. Dass dieser Vorgabe hier nicht Genüge getan worden wäre, trägt der Antragsteller nicht vor und ist auch aus den vom Verwaltungsgericht beigezogenen Unterlagen über das Stadtgebiet von Duderstadt, die dort in städtischer und kirchlicher Trägerschaft befindlichen Friedhöfe und die für die städtischen Friedhöfe geltende Friedhofssatzung vom 21. März 2001 nicht erkennbar."

29

Dem schließt sich das erkennende Gericht insbesondere unter Hinweis auf das Urteil des BVerwG vom 13.5.2004 an. Die Beklagte hat überzeugend dargelegt, dass eine vollständige Grababdeckung nicht der katholisch geprägten Bestattungstradition des Dorfes entspricht. Eine Grabplatte symbolisiere, dass Hinterbliebene mit den Verstorbenen abgeschlossen hätten und insbesondere nicht gewillt seien, sich mit der Grabstätte zu befassen, ihrer Verstorbenen zu gedenken und hierzu Zeit und Mittel aufzubringen.

30

Dem Kläger ist es auch zumutbar, auf einen nahe gelegenen anderen Friedhof im Stadtgebiet von Duderstadt auszuweichen. In Duderstadt gibt es neun Friedhöfe in städtischer Trägerschaft, auf denen nur Abteilungen ohne besondere Gestaltungsvorschriften eingerichtet sind. Hierauf kann der Kläger ausweichen, wenn er mit den Gestaltungsvorschriften auf dem Friedhof der Beklagten nicht einverstanden ist. Da der Kläger zur Grabpflege aus Göttingen anreisen muss, ergäben sich für ihn auch keine unzumutbaren weiteren Wege. Auch wenn die Bestattung der Großmutter auf einem anderen kommunalen Friedhof für den Kläger wegen der traditionellen gemeinsamen Bestattung seiner Großeltern in einer Grabstätte keine tatsächliche Alternative geboten haben dürfte, muss er sich insoweit das Verhalten seiner Großmutter zurechnen lassen. Bei der Bestattung des Großvaters hatte sie sich seinerzeit auf die besondere Situation des Friedhofs der Beklagten eingelassen.

31

Darüber hinaus ist die Beeinträchtigung des Grabnutzungsrechts des Klägers nicht unverhältnismäßig. Die Abdeckung einer Grabstätte wird lediglich auf die Hälfte der Grabfläche beschränkt. Die verbleibende Fläche der Grabstätte kann mit pflegearmen Pflanzen so gestaltet werden, dass nur ein geringer Pflegeaufwand besteht.

32

Soweit der Kläger auf vergleichbare Grabgestaltungen auf dem Friedhof der Beklagten verweist, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Die von ihm vorgelegten Fotos zeigen eine vollständige Abdeckung einer Grabstätte mit einer Grabplatte gerade nicht. Die dokumentierten Bekiesungen von Grabstätten sind mit einer vollflächigen Grabplatte nicht vergleichbar. Im Übrigen hat die Beklagte vorgetragen, dass infolge des Aufbringens der Grabplatte auf der Grabstätte Nr. ... erst entsprechende Aufkiesungen auf anderen Grabstätten vorgenommen worden seien und die Betroffenen insoweit auf die Grababdeckung des Klägers verwiesen hätten. Die Beklagte hat darüber hinaus erklärt, die Einhaltung ihrer Gestaltungsvorgaben auf dem Friedhof durchzusetzen. Soweit sie vor einer zwangsweisen Durchsetzung der Gestaltungsregeln den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits abwarten will, ist dies nachvollziehbar.

33

Die Aufforderung zur Entfernung der Grabplatte im Bescheid vom 15.01.2007 ist damit rechtmäßig.

34

Soweit die Beklagte dem Kläger die Ersatzvornahme angedroht und die Kosten dafür mit 200,00 Euro angesetzt hat, hat der Kläger Bedenken dagegen nicht vorgetragen und sind solche auch nicht erkennbar. Nach den §§ 70 und 66 Abs. 1 Nds. SOG sind die Regelungen nicht zu beanstanden.