Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 20.06.1983, Az.: 4 VG A 19/83
Veränderung des Zusammenhangs mit dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk durch eine hoheitliche Einzelentscheidung über die Jagdbezirke des Eigenjagdbesitzers und der Jagdgenossenschaft ; Abgrenzung zwischen Eigenjagdbezirk und gemeinschaftlichem Jagdbezirk; Änderung der bestehenden Jagdbezirke aus Gründen der Jagdpflege und Jagdausübung durch Abrundungen ; Auf Dauer angelegte Veränderung der räumlichen Gestalt der betroffenen Jagdbezirke ; Zurundung durch Vereinbarung über den Flächenaustausch
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 20.06.1983
- Aktenzeichen
- 4 VG A 19/83
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1983, 15112
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:1983:0620.4VG.A19.83.0A
Rechtsgrundlage
- § 8 BJagdG a.F.
Verfahrensgegenstand
Bestand eines Eigenjagdbezirks
Prozessführer
Landwirt ...
Prozessgegner
Landkreis Verden,
vertreten durch den Oberkreisdirektor, Bremer Str. 2810 Verden/Aller.
Sonstige Beteiligte
1. Jagdgenossenschaft
vertreten durch den Jagdvorsteher.
2. Herr ...
Redaktioneller Leitsatz
Einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk bilden alle Grundflächen einer Gemeinde, die nicht zu einem Eigenjagdbezirk gehören. Nun können nach Gesetz bestehende Jagdbezirke aus Gründen der Jagdpflege und Jagdausübung eine Änderung erfahren haben, d.h. "abgerundet" worden sein. Auch gelten solche Abrundungen aus der Zeit des Reichsrechtes fort und schaffen eine auf Dauer angelegte Veränderung der räumlichen Gestalt der betroffenen Jagdbezirke.
In dem Rechtstreit
hat das Verwaltungsgericht Stade - 4. Kammer in Stade
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 1983
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Runge
den Richter am Verwaltungsgericht v. Bierbrauer zu Brennstein
den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Beyer
den ehrenamtlichen Richter ... und
den ehrenamtlichen Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Verfahren wird insoweit eingestellt, als der Kläger die Klage zurückgenommen hat.
Der Bescheid des Beklagten vom 26. Januar 1981 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg vom 18. September 1981 werden aufgehoben.
Der Beklagte und der Beigeladene zu 2) tragen die Kosten des Verfahrens zu 2/3, der Kläger zu 1/3.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger, Eigentümer der Flurstücke 25/1, 51/1, 2, 3 und 4 sowie 48/1 der Flur 2 und des Flurstückes 5/1 der Flur 1 in der Gemarkung ..., begehrt die Feststellung, daß diese Flurstücke nicht dem Eigenjagdbezirk des Beigeladenen zugehören.
Das bezeichnete Flächeneigentum des Klägers und weitere Grundstücksflächen, nämlich die Flurstücke 55/1 und 54/2 der Flur 2, dessen Eigentümer ... in ... Nr. 3 ist, trennen den Eigenjagdbezirk des Beigeladenen in nord-südlicher Richtung. Der verbleibende westliche Eigenbesitz des Beigeladenen hat mit dem östlichen keine Verbindung. Jener bildet für sich auch keinen Eigenjagdbezirk, da er allein die Mindestgröße von 75 ha nicht erreicht.
Seit etwa 1936 werden die heute dem Kläger gehörenden Flächen von dem Beigeladenen und seinem Rechtsvorgänger als Eigenjagdbezirk bejagt, nachdem die Jagdberechtigten sich einheitliche Vorstellungen über die Reviergrenzen gebildet hatten.
Zweiundzwanzig Jahre später, am 16. September 1958, sprich der Beigeladene bei der Jagdbehörde vor und erklärte, daß ein Teil seines Eigenjagdbezirkes vor dem 2. Weltkrieg abgetrennt gewesen sei und der Gemeindejagd zugeschlagen worden wäre. Das habe nicht die Zustimmung seines Vaters gehabt. Nachdem er Besitzer geworden sei, habe er die Rückgliederung dieser Flächen betrieben und auch erreicht. 1950/1951 sei ein großer Teil wieder zur Eigenjagd zugeschlagen worden. Ein Rest von 20 Morgen sei jedoch noch bei der Gemeindejagd verblieben. Es handele sich dabei um Flächen, die im Eigentum des Landwirtes ... stünden. Nunmehr sei ihm daran gelegen, daß auch diese Restfläche zu seiner Eigenjagd zurückkehre. Die Überprüfung dieses Antrages ergab für die Jagdbehörde laut Aktenvermerk vom 26. September 1958 folgenden Sachverhalt:
"Mit Schreiben v. 10.5.1936 hat der Bürgermeister in ... den damaligen Kreisjägermeister um Durchführung einer Ortsbesichtigung zwecks Festsetzung der Grenze zwischen der Gemeindejagd und der Eigenjagd ... gebeten, da K. die seinerzeit festgelegte Grenze nicht anerkennen wollte. In diesem Schreiben hat der Bürgermeister ... in ... (Bl. 12 der Akten) darauf hingewiesen, daß die Gemeindejagd zum 1. August 1936 neu verpachtet werden müsse.
Am 1. Juni 1936 wurde ein neuer Pachtvertrag abgeschlossen.
In § 2 des Vertrages (Bl. 8 Rückseite) ist folgendes aufgeführt:
Der verpachtete Jagdbezirk wird in Anlehnung seiner Grenzen usw. wie folgt beschrieben (Lageplan in der Anlage):
Die rote Linie der Landkarte bildet die nördliche Jagdgrenze.
Von der Verpachtung bleiben ausgeschlossen: die Grundstücke der Herren ... und ... und des Herrn ..., östlich der Landstraße .... Die Landstraße bildet die Grenze der Gemeindejagd und der Eigenjagd ... ."
Auf § 2 des Vertrages befindet sich am Schluß folgender Vermerk:
"Mit der obigen Grenzregelung sind die Unterzeichneten einverstanden.
..., den 23. Juli 1936
gez. ... gez.
Bei ... handelt es sich um den Vater des hier vorstellig gewordenen Landwirts ..., also um den Inhaber der damaligen Eigenjagd .... Anscheinend ist die Anerkennung in dem von dem Bürgermeister in ... am 10.5.1936 beantragten Ortstermin erfolgt, weil die Unterschriften am 23.7.1936, also nach dem 10.5.1936 geleistet worden sind.
Gelegentlich des Abschlusses des Jagdpachtvertrages über den gemeinschaftlichen Jagdbezirk ... vom 30.3.1952 wurde zwischen dem Jagdvorsteher in ..., den Jagdpächtern, daselbst, und dem Eigentümer des Eigenjagdbezirks von (...), Sohn von ..., eine Vereinbarung über Jagdflächenaustausch, wie folgt getroffen:
"Folgende Grundstücke treten zur Eigenjagd ...:
... (früher ...) und ... 10.
Die rote Linie bildet die Grenze gegen die Eigenjagd Gohbeck - s. Karte -.
Weitere Einzelheiten über die Rückgliederung bzw. Angliederung von Grundstücken an den Eigenjagdbezirk ... sind aus den Jagdakten nicht ersichtlich, insbesondere konnte aus den Akten nicht ermittelt werden, daß Herr Köster sen, bei dem fraglichen Jagdflächenaustausch im Jahre 1952 (nicht wie Herr ... am 16.9.1958 hier angegeben hat, im Jahre 1950/51) unter dem Vorbehalt der Belassung von 20 Morgen - 5 ha - zur Gemeindejagd zugestimmt hat, daß er seine Forderung auf endgültige Rückgliederung später geltend machen könne."
Der Beigeladene wurde zur Vorsprache bei der Jagdbehörde gebeten und darüber vom Dezernenten am 15. November 1958 folgender Aktenvermerk gefertigt:
"Verden d. 15.11.1958
1.
Herr "..." war inzwischen hier. Ihm wurde die Sachlage aufgrund der s.Zt. von ihm getroffenen Vereinbarung über Jagdflächenaustausch Bekanntgegeben. Die Vereinbarung wurde im Jahre 1952 im Anschluß an die Jagdverpachtung getroffen (vgl. Pachtvertrag vom 30.3.1952). Die Vereinbarung trägt kein Datum; sie ist aber nach dem Eingangsstempel des Kreisjägermeisters v. 19.4.1952 zweifellos im Jahre 1952 getroffen. Die diesbezüglichen Vorgänge befinden sich in der Akte "...".Im übrigen wurden Herrn ... die im Aktenvermerk vom 26.9.1958 enthaltenen Einzelheiten bekanntgegeben.
K. will gelegentlich auf die Angelegenheit zurückkommen.
2.
Vorläufig z.d.A."
Im August 1980 begehrte dann der Kläger seine Flächen von der Eigenjagd des Beigeladenen, "der Eigenjagd ... abzutrennen", weil gesetzliche Voraussetzungen für die Einbeziehung von Fremdflächen für die Eigenjagd nicht vorlägen.
Mit Bescheid vom 26. Januar 1981 lehnte der Beklagte den Antrag ab, weil eine Abtrennung aus der Eigenjagd ... weder aus den Erfordernissen der Jagdpflege noch denen einer Jagdausübung geboten sei. Der Eigenjagdbezirk ... werde durch eine Vereinbarung, die am 19. April 1952 beim Kreisjägermeister eingegangen sei, zwischen dem Jagdvorsteher sowie den Pächtern der Jagdgenossenschaft sowie den Eigenjagdbezirkbesitzer ... gestaltet. Diese Vereinbarung über die Abrundung betreffe die streitigen Flächen. Der Kreisjägermeister habe sich gegen eine "Rückgängigmachung einer früheren Abrundung" ausgesprochen.
Mit dem Widerspruch vertrat der Kläger auch die Auffassung, daß die Eigenjagd ... nicht mehr den Voraussetzungen des § 7 BJagdG entspreche und es einen Bestandsschutz für diesen Jagdbezirk nicht gebe oder ein solcher nicht erkennbar sei. Die Vereinbarung über einen Jagdflächenaustausch habe allenfalls Gültigkeit für die laufende Pachtperiode, denn den Vordruck habe man gerade insoweit nicht ausgefüllt.
Die Bezirksregierung Lüneburg wies mit Bescheid v. 18. September 1981 den Widerspruch zurück. Sie meinte, der Kläger und der Beigeladene hätten am 23. Juli 1936 einen Grenzverlauf in dem Jagdpachtvertrag vereinbart. Diese Vereinbarung habe bis heute die Bestandskraft nicht verloren. Denn eine Abrundung sei eine auf Dauer angelegte Maßnahme. Voraussetzungen für eine Rückgliederung gäbe es nicht. Gegen den am 25. September 1981 zugestellten Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 26. Oktober 1981 (Montag) Klage mit dem Ziel, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und die fremden Flurstücke aus dem Eigenjagdbezirk des Beigeladenen herauszugliedern und dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk zuzuschlagen.
Der Kläger vertiefte schriftsätzlich sein bisheriges Vorbringen und führte aus, daß eine Abrundung von 1936 nicht vorläge, die seinem Recht auf Zugehörigkeit zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk ... entgegenstehe, denn eine Verfügung des allein damals für eine Abrundung zuständigen Kreisjägermeister gäbe es nicht.
Die private Abrede im Jagdpachtvertrag vom 1. Juni 1936 habe ihre Gültigkeit mit dem Jagdpachtvertrag verloren. Im übrigen nehme er die Klage zurück, soweit die Flurstücke des Herrn betroffen seien.
Danach beantragt der Kläger,
den Bescheid des Landkreises Verden vom 26. Januar 1981 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg vom 18. September 1981 aufzuheben.
Der Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Soweit der Kläger aus seiner Eigentümerstellung klage, sei er an die Angliederung von vor 1938 gebunden. Diese Abrundung sei heute zwar nicht mehr schriftlich vorhanden. Sie lasse sich jedoch aus folgenden Anzeichen herleiten.
- 1.
Bereits in einer 1934 erstellten Karte (Vorblatt 1 der Akte ... I) seien wesentliche Teile des Grundbesitzes des Klägers innerhalb des Eigenjagdbezirkes dargestellt.
- 2.
Durch den Jagdpachtvertrag vom 1.6.1936 (Bl. 8 d.A. ... I) werde bestimmt, daß die Flächen des Klägers zur Eigenjagd gehörten. Hierbei handele es sich im wesentlichen um die heutigen Flächen des Klägers, die in der Kartierung von 1934 noch nicht erfaßt gewesen wären.
- 3.
In einem Schreiben des Kreisjägermeisters vom 1.7.1938 (Bl. 12 d.A. ...) werde unter Bezugnahme auf § 6 Reichsjagdgesetz ausdrücklich von einer Abrundung gesprochen. Nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen könne es sich hierbei nur um die Flächen des Klägers gehandelt haben.
- 4.
Schließlich wäre eine Vereinbarung über den Jagdflächentausch (Bl. 7. d.A. ... II) heranzuziehen, in deren beigefügter Kartenskizze die südliche Grenze der Eigenjagd zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk dargestellt sei.
- 5.
Die Jagdgenossenschaft ... sei stets von einer. Grenzziehung zur Eigenjagd des Beigeladenen ausgegangen, wie sie sich bereits seit 1952 darstellt (vgl. Karten Bl. 63/76/92 d.A. Kükenmoor II).
Schließlich verstoße die Klage gegen Treu und Glauben, nachdem seit mehr als 40 Jahren der Eigenjagdbezirk in der jetzigen Gestalt praktiziert worden sei. Außerdem sei damals wie heute der Maßstab für die Abrundungsvoraussetzungen gleich. Die Eigenjagd widerspreche nicht der heutigen Rechtslage. Ein Ausgliederungsanspruch des Klägers bestehe selbst dann nicht, wenn man dessen Vortrag folge und eine Abrundung nicht gelten lasse. Dann habe der Kläger bereits kraft Gesetzes, was er mit der Klage letzlich begehre, nämlich die Zugehörigkeit zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk Kükenmoor.
Der Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er erweitert vor allem den Sachvortrag dadurch, daß er die Voraussetzungen einer Rückgliederung, die Notwendigkeit zur Jagdpflege oder Jagdausübung nicht für gegeben hält.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Sitzungsniederschrift vom 20. Juni 1983 Bezug genommen. Der Kammer haben bei der Beratung die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakte B, C u.D) sowie der Bezirksregierung Lüneburg (Beiakte A) vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg.
I.
Die Anfechtungsklage ist nach § 42 VwGO statthaft und nach ordnungsgemäßem Verwaltungsvorverfahren rechtzeitig erhoben. Sie steht nach gefestigter Rechtsprechung (OVG Münster, Urteil v. 2.12.1975 XIV A 63/74 in Rdl. 76, 233 = Natur und Recht 1980 S. 87 (L); OVG Koblenz, Urteil v. 10.3.1976 - 2 A 27/75 in AS 14, 414; VG Hannover, Urteil v. 8.9.1976 - I A 174/74 in DJV Nachrichten 1978 Heft 3 S. 18); a.A. OVG Lüneburg, Urteil vom 24.7.1964 - (III OVO A 28/63 n.v.) dem Grundeigentümer - hier dem Kläger - zu ..., dessen Flächen Bestandteil in einem Eigenjagdbezirk sein sollen.
Das Verfahren war einzustellen, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat (§ 92 Abs. 2 VwGO).
II.
Die zulässige Anfechtungsklage hat in der Sache Erfolg, weil das Flächeneigentum des Klägers nach dem Gesetz Bestandteil des gemeinschaftlichen Jagdbezirkes ist.
Nach § 8 BJagdG i.d.F. der Bekanntmachung v. 29.9.1976 (BGBl. I S. 2849) ... bilden u.a. einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk alle Grundflächen einer Gemeinde, die nicht zu einem Eigenjagdbezirk gehören. Die Flächen des Klägers, die in ihrer Größe selbst keinen Eigenjagdbezirk darstellen, gehören nicht zu einem Eigenjagdbezirk. Sie haben mit dem gemeinschaftliche Jagdbezirk der Beigeladenen den erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang und sind dessen Bestandteil.
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Zusammenhang mit dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk ... auch nicht durch eine hoheitliche Einzelentscheidung über die Jagdbezirke des beigeladenen Eigenjagdbesitzers und der beigeladenen Jagdgenossenschaft verändert worden. Die Jagdbezirke haben daher die kraft Gesetzes beschriebene räumliche Gestalt, d.h. die Flächen, die nicht zum Eigenjagdbezirk des Beigeladenen kraft Eigentums gehören, sind Bestandteil des gemeinschaftlichen Jagdbezirkes soweit sie dorthin einen Zusammenhang haben.
Nun können nach Gesetz bestehende Jagdbezirke aus Gründen der Jagdpflege und Jagdausübung eine Änderung erfahren haben, d.h. "abgerundet" worden sein. Auch gelten solche Abrundungen aus der Zeit des Reichsrechtes fort (so VG Stade, Urteil v. 3.6.1981 - 2 VG A 166/80 in Jagdrechtliche Entscheidung (JE) Band 3 II Nr. 43; Lorz, BJagdG Kommentar 1980 § 5 Anm. 2 B) und schaffen eine auf Dauer angelegte Veränderung der räumlichen Gestalt der betroffenen Jagdbezirke (so Mitzschke-Schäfer BJagdG, Kommentar 4. Aufl. 1981, § 5 Rdn. 9; VG Braunschweig, Beschluß v. 7.11.1977 - IV D 5/77 in JE 1 II Nr. 17). Solche Reviergestaltungen verlangen allerdings damals, wie auch heute, eine nachweisbare Einzelentscheidung, ... weil nur so Rechtsfrieden und Grenzklarheit in den Revieren bestehen bleiben kann. Nicht zuletzt deshalb ist bereits in der Verordnung zur Ausführung des Reichsjagdgesetzes - AusfV.-v. 27.3.1935 (Reichsgesetzblatt I S. 431) i § 54 Abs. 1 Satz 2 bestimmt worden, daß eine gestaltende Entscheidung in Jagdsachen "schriftlich" mit Gründen mitzuteilen ist. Die Schriftform ist auch heute noch für derartige Maßnahmen erforderlich. Nach § 37 Abs. 2 VwVfG ist für ... die Abrundung in Niedersachsen die Schriftform vorgeschrieben (vgl. Knack VwVfG, Kommentar 2. Aufl. 1982, § 37 Rdn. 4.1), wie sich aus Artikel 6 Abs. 2 Nieders. Landesjagdgesetz - NdsLJagdG - i.d.F. vom 2.2.1978 (NdsGVBl. S. 217) zuletzt geändert durch Ö.Änderungsgesetz v. 24.3.1979 (NdsGVBl S. 100) ergibt.
Im vorliegenden Rechtsstreit war nicht nachzuweisen, daß eine in der erforderlichen Schriftform ergangene und damit wirksame Abrundung weder im Jahre 1936 noch dann im Jahre 1952 für die betroffenen Reviere über die streitigen Flächen des Klägers vorliegt.
Im Jahre 1936 konnte eine Reviergestaltung nach § 6 Abs. 1 Reichsjagdgesetz (Reichsgesetzblatt 1934 I S. 549) ab dem 1. April 1935 durch den Kreisjägermeister (§ 6 Abs. 1 AusfV als Jagdbehörde § 53 Abs. 3 Reichsjagdgesetz) allein aus Gründen der "Jagdpflege" vorgenommen werden. Diese zugelassene Gestaltung der Jagdbezirke war nach § 54 Abs. 1 Satz 2 AusfV schriftlich den davon Betroffenen mitzuteilen. Eine solche Entscheidung des Kreisjägermeisters liegt in den auffällig vollständigen ... Akten der damaligen Jagdbehörde nicht vor. Selbst eine vom Kreisjägermeister gewollte, nicht jedoch schriftlich verfügte Abrundungsentscheidung wäre nach ... § 44 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG nichtig, weil die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform nicht eingehalten worden ist. Das ergibt sich daraus, daß der Jagdpachtvertrag v. 1.6.1936 (richtig: 24.7.1936) durch den Kreisjägermeister am 31.8.1936 zwar nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Reichsjagdgesetz genehmigt werden ist; dieser Vertrag jedoch im übrigen keine ausdrückliche Verfügung des Kreisjägemeisters erkennen läßt. Ferner zeigt ... der Vertragstext des privaten Jagdpachtvertrages deutlich an, daß die Genehmigung des Kreisjägermeisters nur eine Zustimmung zu dem in § 2 der Vertragsurkunde beschriebenen Grenzverlauf enthält. Eine Abrundung für die ... Jagdbezirke, wie sie § 3 der Vertragsurkunde hätte ausweisen können, ist nicht ersichtlich. Die Genehmigung des Jagdpachtvertrages zeigt also, daß der Kreisjägermeister keine Abrundung "genehmigt" hat. Ebensowenig vermochte das Gericht aus dem Brief des Kreisjägermeisters vom 1. Juli 1938 an den Rechtsvorgänger des Flächeneigentümers ... zu entnehmen, daß eine schriftliche Abrundung im Jahre 1936 vorlag. Denn der Kreisjägermeister bestätigt solches in diesem Brief nicht. Andererseits läßt dieser Brief erkennen, daß die damalige Verwaltungspraxis des Kreisjägermeisters Verfahrensvorschriften kaum beachtete. Denn die gegen seine angebliche Abrundung gerichtete Beschwerde des davon betroffenen Flächeneigentümers hat er nicht gemäß § 54 Abs. 9 AusfV beschieden. Er begnügte sich vielmehr mit dem allgemeine Schriftverkehr. Auch förderte er vom Beschwerdeführer nicht für seine Entscheidung die Pauschgebühr nach § 54 Abs. 10 AusfV an. Daraus wird nun deutlich, daß die Verfahrensvorschriften des § 54 Reichsjagdgesetz i.V.m, den Regelungen der Ausführungsverordnung dem Kreisjägermeister entweder unbekannt waren oder aus anderen Gründen von ihm nicht beachtet wurden. Eine schriftliche Abrundungsverfügung konnte das Gericht schließlich nicht in bemalten Kartenblättern erkennen.
Auch die Vereinbarung über den Flächenaustausch, die beim Kreisjägermeister am 19. April 1952 einging, hat die umstrittenen Flächen nicht dem Eigenjagdbezirk des Beigeladenen zugerundet. Denn eine vertragliche Abrundung mit der Anzeige an die Jagdbehörde wurde erstmalig gemäß Art. 2 NdsAusfG zum BJagdG v. 5.3.1963 (NdsGVBl S. 89) zugelassen. Außerdem galten das BJagdG und auch das NdsAusfG zum BJagdG ... in dem Zeitpunkt des Vertrages über den Jagdflächenaustausch noch nicht. Diese Gesetze traten erst am 1. April 1953 in Kraft (§ 46 Abs. 1 BJagdG; Art. 31 NdsAusfG zum BJagdG). So gilt auch für die Beurteilung der Vereinbarung über den Jagdflächenaustausch das Reichsjagdgesetz und lassen AusfV. Diese sehen eine privatschriftliche Abrundung nicht vor. Auch genügte nicht nur die Anzeige eines Einverständnisses der Betroffenen über die Gestaltung von Jagdbezirken, da nach § 6 Abs. 1 AusfV der Kreisjägermeister zur Entscheidung über die Gestaltung der Bezirke berufen war. Eine Entscheidung des Kreisjägermeisters aber wird in diesem Fall nicht einmal von den Beteiligten behauptet. Das Gericht hat also und nach ausdrückliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung davon auszugehen, daß eine Abrundungs-(Gestaltungs-)Verfügung des Kreisjägermeisters über den Jagdbezirk im Jahre 1952 nicht vorliegt.
Ob darüber hinaus die Vereinbarung über den Jagdflächenaustausch auch den Kläger auf Dauer binden konnte, bedurfte keiner weiteren Vertiefung, weil er als Eigentümer der betroffenen Grundflächen dem Vertragstext nicht zugestimmt hat. Den Vertrag hat er nicht unterschrieben. Zwar bedurfte es im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seiner Unterschrift nicht, da das Reichsrecht eine Einflußnahme auf die Geschicke der Jagdgenossenschaft durch den Jagdgenossen nicht kannte. Hier galt das Führerprinzip (vgl. § 10 Reichsjagdgesetz). Diese Rechtstellung des Jagdgenossen änderte sich nach dem Gesetzestext erst mit dem Bundesrecht, das dem Jagdgenossen Stimmrecht mit seinem Besitzverhältnis in der Genossenschaft verschaffte und somit ein Gestaltungsrecht gab. Dieses Recht wird aber durch Abrundungsvereinbarungen dann betroffen, wenn Flächen aus dem genannten Jagdbezirk an einen Eigenjagdbezirk angegliedert werden. Denn in diesem Fall betrifft die Abrundung der Jagdbezirke unmittelbare Rechte des Grundstückseigners. Eine Vereinbarung über eine Revierveränderung bedarf daher seiner Mitwirkung (ebenso OVG Koblenz, Urteil v. 10.3.1976 a.a.O.). Eine Mitwirkung des Klägers liegt jedoch ausweislich der Vertragsurkunde von 1952 über den Jagdflächenaustausch nicht vor.
Der Beklagte hat den Grenzverlauf der Reviere gemäß der Abrede im Jagdpachtvertrag v. 24. Juli 1936 bis heute nicht beanstandet. Auch der Kläger als davon Betroffener hat sich bis 1978 nicht nennenswert gegen die Zugehörigkeit seiner umstrittenen Flurstücke zum Eigenjagdbezirk des Beigeladenen gewendet. Dennoch reicht diese Zeit des Friedens im Bereich der Jagdbezirke ... und ... nicht aus, um dem Kläger an die rechtswidrige Lage zu binden, weil eine gleichgerichtete Beurteilung bei den Parteien nicht ersichtlich ist. Dieses Verfahren hat deutlich gemacht, daß alle Beteiligten die Rechtslage aufgrund ihres Verhaltens kontrovers beurteilten. So ist schließlich der Kläger erst im Verlauf dieses Verfahrens auch zu der Erkenntnis gelangt, daß sein Vertragswille von 1936 vom Beklagten als Dauerrecht angesehen wurde, so daß von einer Übereinstimmung in der wenn auch fehlerhaften Rechtsansicht nicht die Rede sein kann.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 155 (1) und (2) i.V.m. § 154 (3) ... VwGO und § 708 Ziffer 11 ZPO, da der Kläger etwa 1/3 seiner in der Klage erhobenen Flächenansprüche mit denen in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge nicht mehr weiter verfolgt hat.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG auf 5.000,- DM festgesetzt.
Die Beschwerde ist jedoch nicht zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 100,- DM nicht übersteigt (§ 25 Abs. 2 Satz 1 GKG).