Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 25.04.2002, Az.: 2 U 130/01
anwendbares Recht; Anwendbarkeit; Auslandsbezug; ausländischer Staat; ausländisches Recht; deutsches Recht; England; Großbritannien; internationaler Warenkauf; internationales Privatrecht; mündliche Verhandlung; nachträgliche Rechtswahl; Parteierklärung; Rechtsstatut; Schuldstatut; UN-Kaufrecht; Vereinigtes Königreich; Vertragsrecht; übereinstimmende Erklärung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 25.04.2002
- Aktenzeichen
- 2 U 130/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43756
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG - 30.07.2001 - AZ: 21 O 703/01
Rechtsgrundlagen
- Art 27 Abs 2 BGBEG
- Art 1 Abs 1 Buchst b UNWaVtrÜbk
Tenor:
Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Beklagten wird das am 30. Juli 2001 verkündete Urteil des Landgerichts Braunschweig - 21 O 703/ 01 (028) - teilweise hinsichtlich des Zinsausspruchs dahin abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 24.070,79 US-$ nebst 5 % Zinsen seit 16. Februar 2001 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 36.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 26.903,76 EUR.
Gründe
Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen Nichtlieferung von verkauftem Tantalite. Die Parteien handeln u. a. mit Metallen auch im internationalen Bereich. Am 2. Juli 1998/ 22. Juli 1998 schlossen die Parteien einen Kaufvertrag, nach dem sich die Beklagte verpflichtete, an die Klägerin 968 kg netto MARROPINO MICROLITE der Qualität Ta205, 66,91 % zu liefern für einen Preis von 26.000,00 US-$. Wegen der Einzelheiten der abgeschlossenen Verträge wird Bezug genommen auf die Anlage K 1, K 2 zur Klagschrift. Da die Beklagte im folgenden das Material nicht liefern konnte, weil ihr Zulieferant über das Material anderweitig verfügt hatte, kam es zu umfangreichem Schriftwechsel. Die Klägerin verlangte zunächst auch die Übernahme einer Vertragsstrafe, die sie ihrem Kunden gegenüber zu zahlen hatte (vgl. Anlage K 4 zur Klagschrift). Die Beklagte lehnte dies ab, woraufhin die Klägerin erneut nach einer anderweitigen Lösung drängte (vgl. Anlagen K 5, K 6 zur Klagschrift). Ein gleichwertiges oder ähnliches Ersatzmaterial konnte die Beklagte nicht liefern, bzw. die Parteien konnten sich auf ein konkretes Ersatzgeschäft nicht einigen. Schließlich drohte die Klägerin mit Schreiben vom 25. März 1999 (Anlage K 14 zur Klagschrift) an, man werde versuchen, ähnliches radioaktives Tantalite in Südamerika „gegen sie“ einzukaufen und die Kosten der Beklagten aufzugeben. Mit Schreiben vom 14. April 1999 (Anlage K 15 zur Klagschrift) teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass man zum Preis von 34 US-$ per IB Ta205 gekauft habe und die Kaufpreisdifferenz in Höhe von 24.070,79 US-$ nunmehr verlange. Im weiteren Schriftverkehr verhandelten die Parteien über die Möglichkeit, über einige Folgegeschäfte den eingetretenen Verlust zu kompensieren (vgl. Anlagen K 16, K 16 a bis K 23). Da auch insoweit eine Einigung nicht erzielt werden konnte, hat die Klägerin sodann Zahlungsklage erhoben.
Sie hat behauptet, sie habe den in dem Schriftverkehr angegebenen Deckungskauf getätigt, dieses Material über eine Tochterfirma in Bolivien erworben und sodann an den Endkunden in Nordamerika ausliefern lassen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat sie hierzu diverse Schreiben in Kopie vorgelegt, wegen deren Einzelheiten Bezug genommen wird auf die Anlagen K 24 bis K 27.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 24.070,79 US-$ nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 16. Februar 2001 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den behaupteten Deckungskauf bestritten, insbesondere, dass das behauptete Kaufgeschäft tatsächlich ausgeführt und Beträge tatsächlich gezahlt worden seien. Die vorgelegten Fotokopien seien als Beweismittel ungeeignet. Im übrigen habe die Klägerin gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, sie hätte die niedrigere Vertragsstrafe von bis zu 15.000,00 US-$ akzeptieren müssen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe den Deckungskauf nicht substantiiert bestritten, nachdem die Klägerin dazu Unterlagen vorgelegt habe und sich die Beklagte in dem nachgelassenen Schriftsatz nur auf ein pauschales Bestreiten beschränkt habe. Im übrigen seien auch die vorgelegten Telefaxschreiben bzw. Kopien im Wege der freien Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Die Kammer hat aufgrund der vorgelegten Schreiben den Deckungskauf als bewiesen angesehen. Eine Schadensminderungspflicht habe nicht bestanden, da von der Klägerin nicht habe verlangt werden können, vertragsbrüchig zu werden.
Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 15. August 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 17. September 2001 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz gleichen Datums Berufung eingelegt und diese mit weiterem Schriftsatz vom 12. November 2001 rechtzeitig innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet. Sie bestreitet weiterhin mit Nichtwissen, dass ein Deckungskauf tatsächlich durchgeführt und Zahlung geleistet worden sei. Der kausale Zusammenhang zwischen Nichtlieferung und Deckungskauf sei nicht bewiesen. Die Klägerin habe auch eine niedrigere Konzentration von Ta eingekauft. Es sei nicht erkennbar, ob die angebliche Lieferung überhaupt für den Kunden der Klägerin bestimmt gewesen sei. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Faxschreiben vom 15. Juni 2001 ergebe sich auch, dass die Klägerin mit ihrem Kunden bereits im Januar 1997 einen Vertrag geschlossen haben will, obwohl doch der Vertrag der Parteien selbst erst im Juli 1998 zustande gekommen sei. Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weitere sieben Unterlagen (unter anderem eine Rechnungsliste sowie eine Exporterlaubnis in spanischer Sprache) vorgelegt hat, hat die Beklagte hierzu vorgetragen, auch diese Schriftstücke würden den Deckungskauf nicht beweisen. Offenbar sei das Faxschreiben vom 15. Juni 2001 speziell für diesen Rechtsstreit errichtet worden. Dort werde der Abschluss eines Deckungskaufes bereits im Januar 1997 geschildert, zu einem Zeitpunkt als das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien noch nicht einmal begründet worden sei. Bei sämtlichen vorgelegten Unterlagen handele es sich nicht um Urkunden. Bei den beteiligten Gesellschaften würde es sich um Gesellschaften mit schlechtester Bonität handeln, die an dubiosen Sitzen domizilieren würden. Es sei auch völlig atypisch und ungebräuchlich, dass in der Luftfrachterklärung das Material als gefährliches Material deklariert worden sei. Im Mineralienhandel werde dies zur Vermeidung von Schwierigkeiten bei der Ausfuhr im Transport vermieden. Die Buchungsliste beweise einen Deckungskauf nicht.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Braunschweig vom 30.7.2001 -21 O 703/01 (028) - die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Der Deckungskauf sei durch die bolivianische Tochtergesellschaft am 13. April 1999 erfolgt und die Ware unmittelbar an den US-amerikanischen Endkunden weitergeliefert worden. Der Endkunde habe letztlich die geringere Konzentration akzeptiert, es sei wichtig gewesen, dass das gelieferte Material radioaktiv gewesen sei. Sie verweist erneut auf den vorgelegten Schriftverkehr. Eine Pflicht zur Schadensminderung habe nicht bestanden. Der Endkunde habe auf Lieferung bestanden und die Vertragsstrafe nicht akzeptieren wollen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auch auf die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegten Unterlagen.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist ganz überwiegend nicht begründet. Lediglich hinsichtlich des Zinsausspruchs war das landgerichtliche Urteil teilweise abzuändern.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf den Unterschiedsbetrag in Höhe von 24.070,79 US-$ zwischen dem Preis des Deckungskaufs und dem im Vertrag zwischen den Parteien vereinbarten Preis gem. Art. 75, 49 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (im Folgenden: CISG) zu.
1. Die Rechtsbeziehungen richteten sich nach dem CISG. Zwar ist England nicht Vertragsstaat des CISG, jedoch unterliegen die Rechtsbeziehungen aufgrund der nachträglichen Rechtswahl gem. Art. 27 Abs. 2 EGBGB deutschem Recht. Ausdrücklich haben die Parteien nochmals während des Rechtsstreits in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht sich auf die Anwendung deutschen Rechts geeinigt. Da zu diesem Zeitpunkt es sich um einen in der Vergangenheit abgeschlossen Sachverhalt handelte, ging der Wille der Parteien dahin, auf diesen Sachverhalt von Anfang an deutsches Recht anzuwenden (vgl. BGH NJW 1992, Seiten 1292, 1293). Die Anwendung des CISG ist dann gegeben, wenn die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaats führen, z. B. zur Wahl deutschen Rechts (BGH NJW 1997, Seiten 3309, 3310 [BGH 23.07.1997 - VIII ZR 134/96]).
2. Nach Art. 75 CISG kann dann, wenn der Vertrag aufgehoben ist und der Käufer einen Deckungskauf in angemessener Weise und innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach der Aufhebung vorgenommen hat, der Käufer den Unterschied zwischen dem im Vertrag vereinbarten Preis und dem Preis des Deckungskaufs verlangen. Die gem. Art. 49 Abs. 1 CISG erforderliche Vertragsaufhebungserklärung liegt hier spätestens in dem Schreiben der Klägerin vom 14. April 1999, in dem sie mitteilt, dass man nunmehr einen Deckungseinkauf getätigt habe und den Differenzpreis von der Beklagten verlangt (vgl. Anlage K 15). Zwar muss nach dem Wortlaut des Art. 75 CISG die Vertragsaufhebung dem Deckungskauf vorangehen. Jedoch ist das bloße Bestehen eines Aufhebungsrechts für ausreichend zu erachten im Zeitpunkt der Vertragsaufhebungserklärung, wenn bei Vornahme des Deckungsgeschäfts feststeht, dass der Schuldner keinesfalls erfüllen wird, z. B. weil er ernsthaft und endgültig die Erfüllung verweigert hat (Schlechtriem - Stoll, Kommentar zum UN-Kaufrecht, Art. 75 Rnr. 5; Achilles, Kommentar zum UN-Kaufrecht, Art. 75 Rnr. 1 m. w. N. zur Rechtsprechung). Die Beklagte hat in dem Schreiben vom 18. März 1999 (Anlage K 10) eindeutig erklärt, dass sie das geschuldete Tantalite nicht liefern könne. Dies stellt eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung dar. Auf die Frage, ob die Beschaffung genau gleichwertigen Tantalites auf dem Weltmarkt möglich war oder nicht, kommt es nicht an. Die Beklagte meint zwar, die fehlende Beschaffungsmöglichkeit könne zu einem nicht zu vertretenen Unmöglichwerden führen. Indes ist zu beachten, dass Art. 75 CISG nicht an die Kategorie der Unmöglichkeit anknüpft sondern an die Berechtigung, die Vertragsaufhebung erklären zu können gem. Art. 49 Abs. 1 CISG. Die Beklagte hat aber gegen wesentliche Vertragspflichten verstoßen (vgl. Art. 49 Abs. 1 lit.a CISG), indem sie das Tantalite an die Klägerin verkauft hat, obwohl sie noch nicht sicher darüber verfügt hat. Zu Recht hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Beklagte eine entsprechende Einschränkung in dem Vertrag „Eigenbelieferung vorbehalten“ nicht aufgenommen hat.
3. Ist im Ergebnis deshalb von einer wirksamen Vertragsaufhebung i. S. d. Art. 75 CISG auszugehen, so hat die Klägerin gleichfalls ausreichend dargelegt und bewiesen, dass sie einen entsprechenden Deckungskauf getätigt hat und der dort vereinbarte Preis über dem lag, den die Parteien vereinbart hatten. Die Klägerin hat zum Nachweis des Deckungskaufs mehrere Faxschreiben und Schreiben vorgelegt (vgl. Anlagen K 24 bis K 27 sowie die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegten Unterlagen). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den vorgelegten Schreiben um Urkunden i. S. d. §§ 416, 420 ZPO handelt. Die Beweisführung muss sich nicht auf den eigentlichen Urkundsbeweis beschränken, vielmehr kann das Gericht in tatrichterlicher Würdigung auch Fotokopien als ausreichende Beweise einer Behauptung ansehen, da Erkenntnisquellen der Beweiswürdigung auch der Inhalt der Schriftsätze nebst ihren Anlagen ist (BGH NJW 1990, Seiten 1170, 1171 [BGH 28.09.1989 - VII ZR 298/88]; BGH WM 1986 Seite 400; Zöller - Greger, ZPO, 23. Aufl., § 286 ZPO Rnr. 14, 15). Dabei ist zu beachten, dass die Frage, ob ein Deckungskauf vorgenommen worden ist, einen Umstand der sog. haftungsausfüllenden Kausalität betrifft, für den die Beweiserleichterung des § 287 ZPO gilt. Im Rahmen des § 287 ZPO ist eine deutlich überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit ausreichend (BGH RR 1996, Seite 781). Gleichwohl, und hierauf hat die Beklagte zu Recht hinwiesen, war allerdings im Rahmen der Darlegungs- und Beweiswürdigung zum Nachteil der Klägerin zu berücksichtigen, dass diese ständig mit Metallwaren dieser Art handelt, so dass dies einen Umstand darstellt, der ihre Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität der gescheiterten Lieferung für den nachfolgenden Deckungskauf erhöht (vgl. auch Schlechtriem - Stoll, a. a. O., Rnr. 3). Unter Berücksichtigung dieser Beibringungs- und Beweislast hält der Senat gleichwohl einen kausal zurückzuführenden Deckungskauf im vorliegendem Fall für ausreichend dargelegt und bewiesen.
a) Dabei ist zunächst unerheblich, dass die Klägerin für den eigentlichen Deckungskauf eine dieses Geschäft erfassende Vertragsurkunde nicht vorgelegt hat. Das Deckungsgeschäft kann grundsätzlich auch formlos zustande kommen, entscheidend ist, dass jedenfalls die übrigen vorgelegten Schreiben für die tatsächliche Durchführung eines derartigen Deckungskaufs sprechen. So ist zunächst hervorzuheben, dass in der Anlage K 24 seitens einer Firma C. S.R.L. in Santa Cruz mit Datum 13. April 1999 ausdrücklich ausgeführt ist, dass von einem Verkäufer D. bolivianisches Tantalite in einer Menge von 1.500 kg gekauft worden ist. Dieses Schreiben ist unterzeichnet von einem E. Anhaltspunkte, dass dieses Schreiben fingiert ist, lassen sich dem Schreiben selbst nicht entnehmen. Weiter für einen Deckungskauf spricht auch die vorgelegte Packing List als Anlage 26 a, in der insgesamt 1.827 kg Material näher aufgelistet sind. Hervorzuheben ist weiterhin die Anlage K 26, aus der sich ergibt, dass die Klägerin von der vorgenannten C. in Santa Cruz (Seller) 1.547 kg Tantalite erworben hat. In diesem Schreiben ist auch die Anschrift des Endkunden F. enthalten. Es sind keine Ungereimtheiten ersichtlich, die auf eine Fälschung oder darauf hindeuten, dass es sich um eine eigens für diesen Rechtsstreit hergestellt Fotokopie handelt. Ferner hat die Klägerin schließlich vorgelegt einen Luftfrachtbrief (Challenge Air Cargo) als Anlage 26 c, in dem wiederum als versendende Firma die vorgenannte C. genannt ist und als Empfänger die Firma F. Darauf hinzuweisen ist auch, dass die erstellten Urkunden und Luftfrachtbriefe zeitlich zusammenpassen, d. h. jeweils von Ende April bzw. Anfang Mai datieren.
b) Ganz wesentlich für die Richtigkeit des Vortrags der Klägerin spricht das von ihr vorgelegte Schreiben des G. von einer Firma F. (Anlage K 27) übersetzt als Anlage BE 1 zur Berufungserwiderung vom 17. Dezember 2001. Darin ist ausgeführt, dass man im Januar 1997 vereinbart habe, Tantalumabfälle zu liefern gegen Lieferung von Tantalum ores zzgl. Barzahlung. Ferner ist ausgeführt, dass „gegen ihre Behauptung, ca. 1.000 kg Microlite zu liefern, das etwa 67 % Ta205 enthält, lieferten wir die geforderte Menge des Tantalumabfalles.“. Nachfolgend wird dort erklärt, dass das Microlite nicht wie versprochen geliefert worden sei, F. habe aber auf Lieferung gleichwertigen Materials bestanden. Man habe jedoch zugestimmt, wegen der seit langem bestehenden guten Beziehung, die Lieferung eines Materials von viel geringerer Qualität zu akzeptieren. Im Folgenden wird dann erklärt, dass dieses andere Material geliefert worden sei. Damit bestätigt dieses Schreiben in etwa den Vortrag der Klägerin, insbesondere stimmen die genannten Mengen (1.000 kg / 968 kg) und der Gehalt (67 %/ 66,91 %) überein. Das spricht dafür, dass die streitgegenständliche Lieferung gemeint ist.
Der Umstand, dass die Klägerin das Schreiben des G. vom 15. Juni 2001 erst wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Braunschweig vorgelegt hat, spricht nicht dafür, dass es sich deshalb bei diesem Schreiben um ein fingiertes Schreiben handeln muss. Vielmehr hatte ja die Beklagte, wie dargelegt, zunächst den getätigten Deckungskauf nicht ausdrücklich bestritten, so dass die Klägerin auch nicht gehalten war, sich um eine entsprechende Rückversicherung zu kümmern. Wenn sie dies erst vor oder im Laufe des Rechtsstreits getan hat, so ist dies verständlich.
Der Einwand der Beklagten, aus dem Schreiben des G. vom 15. Juni 2001 ergebe sich, dass das Ausgangsgeschäft zwischen Klägerin und F. bereits im Januar 1997 zustande gekommen sei, es deshalb unwahrscheinlich sei, dass sich dieses Geschäft auf das erst im Juli 1998 vereinbarte streitgegenständliche Geschäft der Parteien beziehen könne, ist nicht zwangsläufig. Vielmehr lässt sich der in übersetzter Form vorgelegte Inhalt des Schreibens vom 15. Juni 2001, die Sätze 1 bis 3 auch dahin auslegen, dass im Januar 1997 lediglich eine Art Grundvereinbarung zwischen der Klägerin und der Firma F. zustande gekommen ist, in deren Rahmen dann später es zum Kauf- bzw. Tauschvertrag in Bezug auf die streitgegenständliche Lieferung gekommen ist.
Das Gesamtbild der vorgelegten Schriftstücke spricht nicht dafür, dass diese lediglich für diesen Rechtsstreit fingiert worden sind, so dass der Senat auch in dem Wissen um die erhöhte Fälschungsmöglichkeit von Fotokopien und Faxschreiben es aufgrund dieses vorgelegten Schriftverkehrs für sehr wahrscheinlich hält, dass sich der Deckungskauf so ereignet hat, wie es die Klägerin vorgetragen hat.
c) Ein Indiz zur Begründung dieser Annahme stellt es auch dar, dass die Beklagte zunächst selbst diesen Deckungskauf gar nicht in Abrede genommen hatte, nachdem ihr die Klägerin mit Schreiben vom 14. April 1999 die entsprechende Mitteilung gemacht und sie zur Zahlung aufgefordert hatte. Dabei wäre es doch naheliegend gewesen, bestehende Zweifel sogleich durch entsprechende Nachfragen zu klären. Im Gegenteil hat sich die Beklagte im Anschluss daran auf Verhandlungen eingelassen, wie der eingetretene Verlust entschädigt werden kann (vgl. Anlage K 16, in der die Klägerin anfragt, ob man für diesen Verlust entschädigt werde). Die nachfolgenden Geschäftsvorschläge sind deshalb als Versuch einer Kompensation zu werten, dies musste auch die Beklagte erkennen. Deswegen handelte es sich auch nicht, wie die Beklagte meint, um die schlichte Fortsetzung von einfachen Verhandlungen sondern aus der auch für die Beklagte erkennbaren Sicht der Klägerin um Kompensationsverhandlungen. Wenn aber die Beklagte damals den Deckungskauf bereits nicht in Abrede genommen hat, so spricht dies ganz entscheidend dafür, dass jedenfalls nach den damals bekannt gegebenen Bedingungen sich dieser Kauf auch tatsächlich ereignet hat, zumindest von der Beklagten nicht als ungewöhnlich oder überraschend empfunden wurde.
d) Dass die Klägerin tatsächlich eine niedrigere Konzentration eingekauft hat, spricht weder gegen den Kauf selbst noch handelt es sich deshalb um einen nicht ersatzfähigen Deckungskauf. Zum einen ergibt sich aus den von der Beklagten unternommenen Anstrengungen selbst, die wiederum durch den vorgelegten Schriftverkehr ersichtlich sind, dass es offenbar nicht möglich war, am Markt genau die bestellte Menge in der vereinbarten Konzentration zu beschaffen. Zum anderen folgt aus dem Wortlaut des Art. 75 CISG „angemessen“, dass dem Käufer ein gewisser Spielraum verbleibt (vgl. auch Schlechtriem - Stoll, a. a. O., Rnr. 7).
e) Der Hinweis der Beklagten, es sei völlig atypisch und ungebräuchlich in Luftfrachterklärungen Material als gefährliches Material zu deklarieren, weil dies zu Schwierigkeiten bei Ausfuhr und Transport führen könne, steht gleichfalls der
Überzeugungskraft der vorgelegten Schriftstücke nicht entgegen. Diesem Vortrag lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass eine ordnungsgemäße Deklaration nicht auch vorkommt. Dass derartige Frachtgüter in derartigen Geschäftsbeziehungen niemals ordnungsgemäß deklariert werden, hat die Beklagte nicht behauptet. Es bedarf deshalb auch keiner Beweiserhebung zu dieser Frage durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
f) Entgegen der Ansicht der Beklagten kann von der Klägerin auch nicht der Nachweis gefordert werden, zu welchem Kaufpreis der Kunde das Material von ihr bezogen hat. Für die Voraussetzungen des Art. 75 CISG ist dieser Kaufpreis ohne Bedeutung. Die Klägerin hat zum Nachweis der von ihr getätigten Zahlung an die Tochterfirma C. in Santa Cruz, Bolivien, eine Verrechnungsliste vorgelegt, aus der sich ergibt, dass über den dargestellten Preis eine Verrechnung vorgenommen worden ist.
h) Der weitere Einwand der Beklagten, es handele sich um Gesellschaften schlechtester Bonität, die an dubiosen Sitzen domizilieren würden, überzeugt nicht, da dieses Vorbringen nicht näher begründet wird, mithin eine bloße Wertung darstellt, die so nicht nachvollzogen werden kann.
4. Der Klägerin ist schließlich auch nicht ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht zur Last zu legen. Die Klägerin musste sich nicht auf die Zahlung der Vertragsstrafe einlassen, da sie insoweit mit Folgewirkungen rechnen musste, wobei schon die Befürchtung ausreicht, einen Kunden zu verlieren. Es ist auch nicht als widersprüchlich anzusehen, dass die Klägerin der Beklagten zunächst freigestellt hatte, die Vertragsstrafe zu übernehmen. Nach der Darstellung der Klägerin hat der Endkunde dann die Vertragsstrafe nicht akzeptiert, sondern auf Lieferung bestanden. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, die Klägerin hätte ihr die näheren Einzelheiten der Vertragsstrafenabsprache seinerzeit darlegen müssen. Denn dieses hatte sie damals nicht verlangt, sondern im Gegenteil die Übernahme der Strafe bzw. die Zahlung des Betrages kategorisch abgelehnt (vgl. Anlage K 5).
Schließlich ist ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nicht deshalb dargetan, weil die Klägerin über dem Weltmarktpreis eingekauft hat, wie die Beklagte jetzt behauptet. Das Risiko einer Verteuerung wälzt Art. 75 CISG auf den Schuldner ab (vgl. Achilles, a. a. O., Rnr. 4). Zwar könnte der Umstand, dass der Preis des Deckungskaufs annähernd doppelt so hoch war wie der zwischen den Parteien vereinbarte Preis, ein Indiz dafür sein , dass es sich nicht mehr um einen angemessenen Ersatzkauf gehandelt hat. Indes wäre die nähere Darlegung hierzu Sache der Beklagten, die aber keinerlei konkrete Ausführungen zum Weltmarktpreis in der damaligen Zeit gemacht hat.
5. Hinsichtlich der Zinsen besteht nur ein Anspruch in Höhe von 5 % gem. Art. 78 CISG in Verbindung mit § 352 Abs. 1, Abs. 2 HGB. Die Forderung auf Schadensersatz wegen des Deckungskaufs war bereits ab Entstehungszeit, d. h. ab April 1999 fällig (vgl. Schlechtriem - Stoll, a. a. O., Art. 78 Rnr. 9) somit ab diesem Zeitpunkt zinspflichtig. § 288 BGB n. F. kommt nicht zur Anwendung, da die Forderung schon vor dem 1. Mai 2000 fällig war.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Es handelt sich nicht um eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung. In der für den Rechtsstreit wesentlichen Frage, inwieweit auch vorgelegte Fotokopien Grundlage der Beweiswürdigung sein können, ist der Senat der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gefolgt (BGH NJW 1990, Seiten 1170, 1171 [BGH 28.09.1989 - VII ZR 298/88]). Da insoweit erkennbar andere Ansichten nicht vertreten werden, ist die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Im übrigen beruht die Entscheidung im Wesentlichen auf den Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts.