Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 10.07.1990, Az.: 3 B 14/90
Aufgaben eines Gewässerschutzbeauftragten; Rechtmäßigkeit der Bestellung eines Beamten zum Gewässerschutzbeauftragten für Abwasseranlagen ; Erforderliche Ausbildung eines Wasserschutzbeauftragten; Geeignetheit einer Veranstaltung, die beruflich-praktische Qualifikation der Teilnehmer zu erweitern
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 10.07.1990
- Aktenzeichen
- 3 B 14/90
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1990, 16759
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:1990:0710.3B14.90.0A
Rechtsgrundlagen
- § 80 Abs. 5 VwGO
- § 21c Abs. 2 WHG
- § 42 Abs. 2 NWG
Verfahrensgegenstand
Bestellung zum Gewässerschutzbeauftragten
Prozessführer
Technischer Regierungsamtmann
Prozessgegner
Bundesrepublik Deutschland,
vertreten durch den Bundesminister der Verteidigung,
dieser wiederum vertreten durch die Wehrbereichsverwaltung II, Hans-Böckler-Allee 18, 3000 Hannover 1,
Redaktioneller Leitsatz
Der Gewässerschutzbeauftragte füllt allein einen Funktionsposten aus. Deshalb lässt sich die ihm zuzuordnende Fachkunde nicht allgemein und abstrakt, sondern nur jeweils anhand des zu besetzenden Posten umschreiben.
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Stade - 3. Kammer Stade -
am 10. Juli 1990 beschlossen:
Tenor:
- 1.
Die aufschiebende Wirkung der Klage (3 A 34/90) wird wiederhergestellt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
- 2.
Der Streitwert wird auf 3 000,00 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Technischer Regierungsamtmann im Bundesdienst. Er wendet sich gegen seine für sofort vollziehbar erklärte Bestellung zum Betriebsbeauftragten für Gewässerschutz nach §§ 21 a WHG, 40 NWG.
Der Antragsteller absolvierte im Jahre 1972 eine Fachhochschulausbildung im Studiengang Elektrotechnik als graduierter Ingenieur. Im Anschluß an eine Zusatzausbildung wurde ihm im Jahre 1983 der akademische Grad eines Diplom-Ingenieurs der Fachrichtung Elektrotechnik verliehen.
Seit 1976 ist der Antragsteller Beamter auf Lebenszeit in der Laufbahn des gehobenen technischen Dienstes der ... Sein jetziges Amt ist ihm im Jahre 1979 übertragen worden. Seit dieser Zeit hat er den Dienstposten als Leiter des Technischen Betriebsdienstes bei der Standortverwaltung ... inne.
Der Antragsteller nahm vom 25. bis 28. Januar 1988 dienstlich an einer Fachtagung unter der Bezeichnung "Der Gewässerschutzbeauftragte" bei der Bundeswehrfachschule ... teil. Die Veranstaltung dauerte zwei volle und zwei halbe Tage. Nach dem zur Akte gereichten Programm bestand sie überwiegend aus Vorträgen einführender Art, ohne die Teilnehmer praktisch und methodisch in bestimmten Fertigkeiten zu unterweisen. Die Zuerkennung einer Qualifikation, etwa nach dem Ergebnis von Leistungskontrollen war mit ihr nicht verbunden.
Mit schriftlicher Erklärung vom 2. Oktober 1989 bestellte der Leiter der Standortverwaltung ... den Antragsteller zum Gewässerschutzbeauftragten und übertrug ihm für die Kaserne in ... die Wahrnehmung der Aufgaben nach § 21 b WHG.
Der Antragsteller erhob gegen die Bestellung am 10. Oktober 1989 Widerspruch und führte aus: Die Aufgaben führten zu untragbaren Mehrbelastungen. Neben seiner Tätigkeit als Leiter des Technischen Betriebsdienstes nehme er schon die Pflichten als Sachkundiger für den vorbeugenden Brandschutz, als Beauftragter für den Betriebsschutz, als Verantwortlicher für Gleisanlagen und als Ausbildungsleiter für gewerbliche Lehrlinge wahr. Er besitze nicht die gesetzlich geforderte Fachkunde, um die Aufgaben des Gewässerschutzbeauftragten zu erfüllen. Hierzu bedürfte er einer gründlichen Aus- und Fortbildung. Weder mit seiner Berufsausbildung noch auf dem Lehrgang in noch bei Tagungen für die Leiter des Technischen Betriebsdienstes sei ihm diese erforderliche Fachkunde vermittelt worden. Es entspreche nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers, die Funktionen des Handelnden und des Überwachenden in ein und derselben Person zusammenzufassen, wie es nunmehr mit ihm als Betriebsleiter und zugleich als Gewässerschutzbeauftragtem geschehe.
Den Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 31. Januar 1990 zurück: Die Bestellung beruhe auf dem Erlaß des Bundesministers der Verteidigung vom 22. März 1985, nach dem die Aufgaben des Gewässerschutzbeauftragten den Leitern des Technischen Betriebsdienstes zu übertragen sind. Der Antragsteller verfüge über die vorgeschriebene Fachkunde. Hieran bestünden keine Bedenken, da der größte Teil der Aufgaben eines Gewässerschutzbeauftragten mit den Aufgaben als Leiter des Technischen Betriebsdienstes identisch sei. Diese Vorstellung habe auch der Gesetzgeber bei Erlaß der Vorschriften in §§ 21 g WHG, 46 NWG gehabt, nach denen beide Funktionen von den Betriebsleitern bei den Gebietskörperschaften wahrzunehmen seien. Daher ergebe sich keine Kollision, wenn eine Person sowohl Betriebsleiter als auch Gewässerschutzbeauftragter sei. Zwar gülten diese Sonderbestimmungen nicht für die ..., jedoch schlössen sie dem Sinne nach nicht aus, den Betriebsleiter zum Gewässerschutzbeauftragten zu bestellen; denn einen Umkehrschluß in dem Sinne, daß außerhalb der Gebietskörperschaften usw. gerade nicht die Betriebsleiter auch Gewässerschutzbeauftragte sein dürften, lasse sich nicht ziehen. Die Bestellung des Antragstellers sei mit einer anzuerkennenden Mehrbelastung verbunden, diese führe aber nicht zu erheblichen Einschränkungen bei der Wahrnehmung aller ihm übertragenen Aufgaben.
Nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 6. Februar 1990 hat der Antragsteller am 23. Februar 1990 Klage erhoben (3 A 34/90). Hiermit ficht er seine Bestellung als Gewässerschutzbeauftragter weiter an. Sein bisheriges Vorbringen ergänzt und vertieft er.
Die Antragsgegnerin tritt als Beklagte dem Begehren entgegen. Sie stützt ihre Entscheidung auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus: Die Aufgaben eines Gewässerschutzbeauftragten müsse der Kläger nach § 64 BBG als Nebenamt übernehmen. Diese Tätigkeit entspreche seiner Vorbildung bzw. Berufsausbildung und nehme ihn nicht über Gebühr in Anspruch. Die allgemeinen Anforderungen an die Fachkunde erfülle der Kläger mit seinen Hochschul- und Laufbahnprüfungen, der Teilnahme am Lehrgang bei der Bundeswehrfachschule ... und mit seiner Berufserfahrung, da er bereits als Betriebsleiter inhaltsgleiche Aufgaben auf dem Gebiet des Gewässerschutzes wahrgenommen habe und im übrigen keine erheblichen zusätzlichen Anforderungen an ihn gestellt würden. Als Betriebsleiter sei der Kläger für eine Vielzahl von Abwasserbehandlungsanlagen und umweltgefährdenden Anlagen der Kasernen und des Hubschrauberplatzes am Standort verantwortlich. Von dort seien im Jahr 1989 über 250.000 cbm Abwasser in die Gewässer gelangt.
Nach Erhebung der Klage ordnete die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 21. März 1990 die sofortige Vollziehung der Bestellung zum Gewässerschutzbeauftragten an, weil das öffentliche Interesse einer am Gemeinwohl, am Umweltschutz und an der Sparsamkeit orientierten Gewässernutzung gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels erhöhtes Gewicht beanspruche; denn bis zum Abschluß des Verwaltungsstreitverfahrens könnten die Aufgaben des Gewässerschutzbeauftragten in den Liegenschaften der ...-Kaserne nicht unerledigt bleiben, die Benutzung der Gewässer nicht ausgesetzt werden und kein anderer geeigneter Beamter bei der Standortverwaltung ... die Aufgabe des Gewässerschutzbeauftragten übernehmen.
Hiergegen richtet sich der vorliegende Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO. Der Antragsteller bezieht sich im wesentlichen auf sein Vorbringen im Hauptsacheverfahren. Die Antragsgegnerin stützt sich auf die Begründung ihrer Vollziehungsanordnung und verweist in diesem Zusammenhang auf die beamtenrechtliche Gehorsamspflicht gemäß § 55 BBG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten dieses Eilverfahrens, des Hauptsacheverfahrens (3 A 34/90) sowie des beigezogenen Verfahrensvorgangs der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat Erfolg. Das Gericht stellt in Ausübung des ihm bei Entscheidungen nach § 80 Abs. 5 VwGO zustehenden eigenen Ermessens nach überschlägiger Beurteilung des mutmaßlichen Ausgangs im Hauptsacheverfahren und unter Abwägung der einander entgegengesetzten Interessen an einer Vollziehung der angegriffenen dienstlichen Maßnahme die aufschiebende Wirkung der Klage wieder her.
Nach summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage im gegenwärtigen Stand des Streitverfahrens erweist sich die Bestellung des Antragstellers zum Gewässerschutzbeauftragten für die Abwasseranlagen auf den Liegenschaften der -Kaserne in wegen fehlender Fachkunde als unrechtmäßig und damit aufhebbar. Ein besonderes öffentliches Interesse daran, gerade den Antragsteller entgegen dem in § 80 Abs. 1 VwGO aufgestellten Grundsatz mit sofortiger Vollziehbarkeit als Gewässerschutzbeauftragten einzusetzen, besteht nicht.
Der Antragsteller erfüllt nicht die fachlichen Anforderungen an einem Gewässerschutzbeauftragten. In diese Funktion darf gemäß §§ 21 c Abs. 2 WHG, 42 Abs. 2 NWG nur berufen werden, wer die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Fachkunde besitzt. Die gesetzlich umschriebenen Aufgaben des Gewässerschutzbeauftragten (§§ 21 b Abs. 1 WHG, 41 Abs. 1 NWG) umfassen:
- 1.
Messung und Kontrolle der vorschriftengemäßen Abwassereinleitung, Mängelanzeigen und Vorschläge zu deren Beseitigung,
- 2.
Initiativen zur Anwendung geeigneter Abwasser- und Reststoffbehandlungsverfahren,
- 3.
Initiativen mit dem Ziel innerbetrieblicher Abwasservermeidung und umweltfreundlicher Produktionen und
- 4.
abwasserkundliche Schulung der Betriebsangehörigen.
Der Gewässerschutzbeauftragte ist dem Benutzer berichtspflichtig (§ 21 b Abs. 2 WHG, 42 Abs. 2 NWG), hat bei Investitionsentscheidungen mit Bedeutung für den Gewässerschutz mitzuwirken (§§ 21 d WHG, 43 NWG) und hat ein besonderes Vortragsrecht bei der entscheidenden Stelle (§§ 21 e WHG, 44 NWG). Welche fachlichen Voraussetzungen ein Gewässerschutzbeauftragter erfüllen muß, um den Anforderungen dieser Aufgaben entsprechen zu können, ist gesetzlich nicht geregelt worden. Die Frage läßt sich daher nur beantworten, wenn im Einzelfall feststeht, welcher Kreis konkreter Pflichten und welches Maß der Verantwortung dem Posten des Gewässerschutzbeauftragten zugeordnet sind; dies entspricht dem auf anderen Sach- und Rechtsgebieten geltenden Grundsatz, nach dem eine gesetzlich geforderte und nachzuweisende Fachkunde das Gegenstück der zu übernehmenden Verantwortung darstellt. In diesem Sinne versteht die Kammer auch die ohne näheren Inhalt vom Gesetz geforderte Fachkunde des Gewässerschutzbeauftragten, nämlich - neben der persönlichen Zuverlässigkeit - als die durch Ausbildung und Erfahrung erworbene Befähigung des zu Bestellenden, seinen Pflichten als Gewässerschutzbeauftragter nachzukommen und sein Handeln zu verantworten.
Weder in Ausbildungsordnungen noch in Regelungen berufsausübungs- oder -zugangsrechtlicher Art hat sich bisher das Berufsbild eines Gewässerschutzkundigen herausgebildet. Der Gewässerschutzbeauftragte füllt allein einen Funktionsposten aus. Deshalb läßt sich die ihm zuzuordnende Fachkunde nicht allgemein und abstrakt, sondern nur jeweils anhand des zu besetzenden Posten umschreiben. Dabei fällt von vornherein entscheidend ins Gewicht, daß es nach den Zielvorstellungen des Wasserhaushaltsgesetzes und der Landeswassergesetze um das hoch zu veranschlagende Rechtsgut der Gewässerreinhaltung geht. Angesichts weitreichender chemischer, physikalischer und biologischer Belastungen der Gewässer mit gefahrträchtigen Abwassermengen kann eigenverantwortlich mit Wahrung der Gewässerschutzbelange allgemein nur betraut werden, wer sich hinreichende Kenntnisse über Wassergüte, Abwasserbeschaffenheiten, Erscheinungsformen und Auswirkungen von Gewässergefährdungen, Gefahrstoffe, Aufbereitungsmethoden, Lagersicherheit, Meßtechnik, Notfallmaßnahmen usw. verschafft und ständig auf dem laufenden hält sowie praktische Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Anwendung dieser Kenntnisse nach Maßgabe seines Aufgabenkreises erworben hat; dazu gehören einschlägige Vorschriftenkenntnisse und gewisse pädagogische Fähigkeiten. In aller Regel wird ein abgeschlossenes Studium an einer Hochschule, mindestens an einer Fachhochschule auf dem Gebiet des Ingenieurwesens (Wasserbau), ggf. der Chemie oder Physik und eine mehrjährige einschlägige praktische Tätigkeit zu fordern sein (Sieder-Zeitler, WHG, § 21 c, Rn. 21). Im übrigen richtet sich die Beurteilung nach den Gegebenheiten des zu überwachenden Betriebes, soweit es die Art und Menge des anfallenden Abwassers, die Kompliziertheit bzw. Anzahl der vorhandenen Anlagen und der verschiedenen Abwasserbehandlungsverfahren betrifft.
Der Betrieb im Bereich der ... -Kaserne in ... erfordert dem Inhalt des Vortrags beider Beteiligten nach erheblichen Aufwand und Vorkehrungen zur Sicherung des Gewässerschutzes. Es handelt sich bei den Einleitungen nicht nur um den üblichen, aus der Unterbringung und Versorgung weit über tausend diensttuender Soldaten herrührenden Umsatz von Trinkwasser, sondern in bedeutendem Maß und verschiedenen Formen um Abwasser, das nach betrieblich-technisch bedingtem Gebrauch im Zusammenhang mit Betanken, Wartung und Reinigung von Flugzeugen, Fahrzeugen und Gerät in kontaminierter Form anfällt und behandelt werden muß. Der Umschlag und das Lagern von Kraft- und Schmierstoffen, Heizöl, gefährlichen Bedarfsstoffen und von Sondermüll erfordert in nennenswertem Umfang vorbeugenden Schutz vor Gewässerverunreinigungen. Die beträchtliche Anzahl und Verschiedenartigkeit der insgesamt vorhandenen Anlagen, die dem Gewässerschutz unmittelbar dienen oder diesen beeinträchtigen können, ergeben sich aus der Darstellung im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 17. April 1990, S. 6.
Die Betriebsanlagen auf den Liegenschaften der ... -Kaserne in ... bieten bei diesen Gegebenheiten unter dem Gesichtspunkt des Gewässerschutzes nicht das Bild im wesentlichen einfacher, leicht überschau- und kontrollierbarer Verfahrensabläufe, deren sicherheits- und verbesserungstechnische Zusammenhänge mit vergleichsweise bescheidenen technisch-naturwissenschaftlichen und fachbezogenen Kenntnissen zu beherrschen wären. Allerdings zweifeln weder die Beteiligten noch die Kammer, daß die Anlagen des Betriebs ihre gegebene Funktion unter der Leitung des Antragstellers ordnungsgemäß erfüllen. Diese Feststellung besagt jedoch noch nichts darüber, welche Fachkunde gerade der Gewässerschutzbeauftragte für den Betrieb aufweisen müßte; denn wenn auch ein wesentlicher Teil der überwachungs- und Unterhaltungstätigkeit der Betriebsleitung sich mit den Verrichtungen des Gewässerschutzbeauftragten deckt, gilt folgendes: Die Besonderheit der Stellung und der Aufgaben des Gewässerschutzbeauftragten wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß die tägliche Arbeit beider Funktionsträger an den Betriebsanlagen ein äußerlich teilweise ähnliches oder gleiches Erscheinungsbild hat. Wie die gesetzlich umschriebenen Aufgaben, Pflichten und Befugnisse es hinreichend aufzeigen, verknüpft das Wasserrecht mit dem noch neuen Begriff des Gewässerschutzbeauftragten die Zielvorstellung, den Betrieben einen eigenen Vertreter der Gewässerschutzbelange beizuordnen, der, ausgestattet mit speziellen Kenntnissen und Erkenntnissen über Probleme und Methoden des Gewässerschutzes, seine Tätigkeit aktiv und initiativ auf die Verwirklichung des Zwecks richtet, die Abwasserqualität über den erreichten Stand zu heben und den Schutz der Gewässer vor Umweltgefährdungen noch sicherer zu machen. Wegen der ihr innewohnenden Tendenz liegt hierin dem Wesen nach eine Funktion andersartiger Bewertung gegenüber derjenigen des Betriebsleiters. Deshalb ist es nicht einfach damit getan, den Antragsteller, der seine Pflichten als Betriebsleiter unbeanstandet erfüllt, zum Gewässerschutzbeauftragten zu berufen. Gerade zur Wahrnehmung dieses Amtes müßte der Antragsteller, gemessen an den gewässerschutzrechtlich zahlreichen und vielfältigen Berührungen des vorhandenen Betriebes, zusätzliche Kenntnisse und praktische Fähigkeiten der bereits beschriebenen Art besitzen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob nur ein akademisch ausgebildeter Wasserbauingenieur, Chemiker oder Physiker mit langjähriger Berufspraxis als Gewässerschutzbeauftragter für die -Kaserne in Betracht käme. Selbst wenn nämlich für diesen Posten geringere persönliche Anforderungen gestellt würden, wobei etwa an ganztägige Intensivschulungen mit Leistungskontrollen für Berufspraktiker zu denken wäre, läßt sich der Einwand des Antragstellers, auf den Posten des Gewässerschutzbeauftragten unvorbereitet zu sein, nicht von der Hand weisen. Vom Grad einer formellen Qualifikation abgesehen, deren Bestimmung in diesem Eilverfahren unterbleiben kann, kommt es beim Aufgabenbereich des Gewässerschutzbeauftragten für die Betriebsanlagen der -Kaserne jedenfalls auf umfassende und vertiefte Unterweisung, Schulung und Einübung zusätzlichen Kennens und Könnens auf den Gebieten des Wasserrechts, einschließlich verzweigter Ausführungsbestimmungen, der chemisch-physikalischen Anforderungen an die Wassergüte, des Wechselspiels ihrer nachteiligen und verbessernden Veränderlichkeit durch Schadstoffe einerseits bzw. Aufbereitungs- und Schutzmethoden andererseits an; auch die Aneignung neuer Technologien und eine stetige Fortbildung hierin sind nach Auffassung der Kammer unverzichtbar, damit der Gewässerschutzbeauftragte des Standorts ... seine Rolle als Initiator wirkungsvollerer Verfahren und als Gutachter bei Investitionen mit der notwendigen Eigenständigkeit und Urteilsfähigkeit gerecht werden kann. Es erscheint rechtlich nicht ausgeschlossen, der spezialisierten und engen Ausrichtung dieses Aufgabengebietes wegen einen Gewässerschutzbeauftragten für mehrere Standortverwaltungen gleichzeitig zu bestellen, der seine Pflichten etwa mit Hilfspersonal beim einzelnen Betrieb wahrnehmen könnte.
Die Tagung, die der Antragsteller im Jahr 1988 besucht hat, war nicht mehr als eine Einführungsveranstaltung, die den Teilnehmern einen Überblick über die Stellung und den Aufgabenkreis des Gewässerschutzbeauftragten vermitteln konnte. Das Vorbringen beider Beteiligten erlaubt die Feststellung, daß die Kürze und das Programm der Veranstaltung nicht geeignet waren, die beruflich-praktische Qualifikation der Teilnehmer zu erweitern. Die Antragsgegnerin leitet aus dieser nur allgemeingehaltenen Fortbildungsmaßnahme zu Unrecht eine Befähigung des Antragstellers als Gewässerschutzbeauftragter her.
Den Mangel macht auch die langjährige Betriebsleiterpraxis des Antragstellers nicht wett. Die Befähigung im Beruf des Elektroingenieurs ist allemal für einzelne Anforderungen bei einer Aufgabenerfüllung als Gewässerschutzbeauftragter nützlich, ohne sie allerdings auszufüllen; besonderer Erläuterung bedarf dies nicht. Die Berufserfahrungen des Antragstellers ändern nach Einschätzung der Kammer hieran nichts wesentliches; denn nach Lage der Dinge ist anzunehmen, daß die Tätigkeit eines Betriebsleiters am Standort im wesentlichen die technische Unterhaltung bereits eingerichteter Anlagen zum Gegenstand hat, wobei deren Planung und Entwurf, einschließlich Zweckbestimmung und Vorgabe der Sollparameter Angelegenheit anderer Stellen der ... bzw. auch der beteiligten Genehmigungsbehörden ist. In diesem Rahmen gewährleistet der Betriebsleiter den bestimmungsgemäßen und störungsfreien Ablauf aller Vorgänge, die den Gewässerschutz berühren, ohne - und zwar entsprechend der Laufbahn des Antragstellers - selbst maßgeblichen Einfluß auf Zweck, Ziel und technische Ausgestaltung des Betriebes nehmen zu können. Gerade dies kommt dem Gewässerschutzbeauftragten zu, so daß er zur Beurteilung der besonderen, dem Gewässerschutz dienenden technisch-naturwissenschaftlichen Erfordernisse zusätzlich vorbereitet sein muß. Aus diesem Grund darf die Qualifikation des Gewässerschutzbeauftragten nicht ohne weiteres der Bewährung als Leiter des Betriebs entnommen werden.
Ein solcher Schluß darf auch nicht, wie ihn die Antragsgegnerin zieht, auf §§ 21 g WHG, 46 NWG gestützt werden. Diese Bestimmungen enthalten nämlich nicht die gesetzliche Vermutung, bei Gebietskörperschaften usw. besitze der für die Abwasseranlagen zuständige Betriebsleiter kraft Funktion die Eignung zum Gewässerschutzbeauftragten. Die Regelung erschöpft sich darin, die Gebietskörperschaften im Wege einer Ausnahme von dem Erfordernis freizustellen, die Posten des Betriebsleiters und des Gewässerschutzbeauftragten personell voneinander getrennt zu halten. Diese Ausnahme ist berechtigend, aber nicht zwingend, wie § 46 Nr. 1 NWG zeigt, und aus der Überlegung heraus gerechtfertigt, daß der öffentlichen Hand Personalkosten erspart werden können und dürfen, weil die Übertragung der beiden Aufgabenkreise auf eine Person im öffentlichen Dienst keine schädlichen Interessen- und Zielgegensätze aufwirft; denn die öffentliche Verwaltung wirkt in der Regel nicht nach Rentabilitätsgrundsätzen und ist andererseits funktionell dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sowie personell der Gehorsams- und Treuepflicht verhaftet. Damit entfällt regelmäßig auch der wirtschaftliche Druck, Betriebserfordernissen den Vorzug vor Umweltanforderungen einzuräumen. Nicht dagegen kann den Vorschriften der Sinn und Zweck entnommen werden, die Gebietskörperschaften vom Erfordernis der besonderen Fachkunde ihrer Gewässerschutzbeauftragten in Person der Betriebsleiter zu entbinden. Eine solche Betrachtungsweise findet keine Stütze in den anzuwendenden bundes- und landesgesetzlichen Vorschriften. Im Gegenteil ordnet § 21 g WHG ausdrücklich an, daß eine landesrechtliche Abweichung (wie in § 46 NWG) eine "mindestens gleichwertige Selbstüberwachung und Verstärkung der Anstrengungen im Interesse des Gewässerschutzes gewährleisten" muß. Deshalb ist eine Deutung, § 46 NWG mindere, wenn nicht schon ausdrücklich, so doch konkludent, die gesetzlichen Anforderungen an die erforderliche Fachkunde gemäß §§ 21 c Abs. 2 WHG, 42 Abs. 2 NWG, unzulässig. Daraus ergibt sich, daß der Dienstherr die umfassende Qualifikation seines kraft Gesetzes gemäß § 46 NWG auch als Gewässerschutzbeauftragter fungierenden Betriebsleiters sicherzustellen ... anderenfalls einen fachkundigen "sonstigen Beauftragten" nach § 46 Nr. 1, 2. Alt. NWG zu bestellen hat.
Dieser Rechtsstreit erfordert in jedem Falle die Feststellung, daß der Antragsteller nicht über die erforderliche Fachkunde verfügt. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob die Gebietskörperschaft Bundesrepublik Deutschland als wasserrechtliche Benutzerin auch Regelungsadressat im Sinne der §§ 21 g WHG, 46 NWG ist oder ob sich der Anwendungsbereich der Normen nur aus dem Grund auf landesrechtlich verfaßte Gebietskörperschaften erstreckt, weil sich die Regelungsermächtigung in § 21 g WHG an die Länder richtet. Vieles spricht gegen die Anwendbarkeit der §§ 21 g WHG, 46 NWG auf die Bundesrepublik Deutschland und damit, weil Ausnahmevorschriften ihrer entsprechenden Anwendung unzugänglich sind, auch gegen die persönliche Vereinbarkeit der Stellungen des Betriebsleiters und des Gewässerschutzbeauftragten bei der Antragsgegnerin.
Das öffentliche Interesse daran, den Antragsteller bis zum rechtskräftigen Abschluß seines Anfechtungsverfahrens die Aufgaben des Gewässerschutzbeauftragten im Bereich der Kaserne wahrnehmen zu lassen, beansprucht nicht das zur Anordnung der sofortigen Vollziehung notwendige Gewicht, das ihm die Antragsgegnerin beimißt. Es ist nicht zu erkennen, in welchem Umfang und in welcher Intensität die Antragsgegnerin die am Gemeinwohl, am Umweltschutz und an der Sparsamkeit orientierte Gewässernutzung ohne Wahrnehmung der Aufgaben des Gewässerschutzbeauftragten konkret gefährdet oder beeinträchtigt sieht. Ein Grund, die Benutzung der Gewässer für die Dauer des Streitverfahrens auszusetzen, besteht mangels drohender Verschlechterungen nicht. Die Kammer nimmt, solange nichts Gegenteiliges vorgetragen ist, an, daß die Abwasseranlagen und die umweltgefährdenden Lagereinrichtungen der -Kaserne zur Zeit allen gesetzlichen und betrieblich-technischen Anforderungen entsprechen. Es stellt sich gegenwärtig als eine nur abstrakte Einbuße dar, daß dem Standort ... infolge dieses Rechtsstreits noch kein Gewässerschutzbeauftragter zugeordnet ist. Ein derartiger Nachteil, der sich ohne meßbare Opfer an Rechtsgütern im Aufschub der Rechtsverwirklichung erschöpft, ist regelhafter, gesetzlich gewollter Zustand vor Unanfechtbarkeit jedes Verwaltungsakts, § 80 Abs. 1 VwGO.
Zur sofortigen Vollziehung der Bestellung des Antragstellers zum Gewässerschutzbeauftragten besteht ohne Gewässergefährdung oder dgl. augenblicklich kein Anlaß.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Hinsichtlich zu Ziff. 1. des Tenors ist gegen diese Entscheidung die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein, Uelzener Str. 40, 2120 Lüneburg, statthaft.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 3 000,00 DM festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.
Dr. Beyer
Lassalle