Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.07.1988, Az.: 1 OVG A 46/87
Beseitigungsverfügung und Nutzungsuntersagungsverfügung bzgl. eines Pferdeunterstands ist rechtmäßig im Falle einer fehlenden Genehmigung und bei Verstoß gegen Bauplanungsrecht; Rechtmäßigkeit einer Beseitigungsverfügung und Nutzungsuntersagungsverfügung bzgl. eines Pferdeunterstands im Falle einer fehlenden Genehmigung und bei Verstoß gegen Bauplanungsrecht; Folgen des Liegens des Pferdeunterstandes in einem planungsrechtlichen Mischgebiet
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 25.07.1988
- Aktenzeichen
- 1 OVG A 46/87
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1988, 20622
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1988:0725.1OVG.A46.87.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Stade - 25.02.1987 - AZ: 2 VG A 170/86
Rechtsgrundlagen
- § 14 Abs. 1 S. 1 BauNVO
- § 53 NBauO
- § 89 Abs. 1 Nr. 2 NBauO
- § 30 Abs. 1 BauGB
Verfahrensgegenstand
Baubeseitigung und Nutzungsverbot
Der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein hat
auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juli 1983
durch
den Richter am Oberverwaltungsgericht Fries als Vorsitzenden,
den Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Götz und
den Richter am Verwaltungsgericht Tiedje sowie
die ehrenamtlichen Richter xxx und xxx
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 2. Kammer Lüneburg - vom 25. Februar 1987 wird insoweit zurückgewiesen, als damit die Klage gegen die in der Verfügung der Beklagten vom 21. August 1985 enthaltene Beseitigungsanordnung (Pferdeunterstand in Holzbauweise) abgewiesen worden ist.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen eine Beseitigungs- und Nutzungsuntersagungsverfügung der Beklagten.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks xxx in xxx. Das ca. 1.300 qm große Grundstück liegt im Gebiet des Bebauungsplans Nr. 4 (3. Teil) "xxxstraße/xxx" der Beklagten, der am 18. Januar 1978 in Kraft getreten ist. Es ist darin als Mischgebiet festgesetzt. Zulässig sind bis zu zweigeschossige Häuser in offener Bauweise; die Grundflächenzahl ist auf 0,4, die Geschoßflächenzahl auf 0,8 festgesetzt. Das Grundstück ist straßenseitig mit einem älteren Wohnhaus (Zweifamilienhaus) bebaut. Ca. 16 m von der Straße entfernt, nahe der westlichen Grundstücksgrenze, steht ein massives Nebengebäude (mit Satteldach), das - in zwei Boxen aufgeteilt - als Pferdestall dient; ein kleinerer, im östlichen Teil des Gebäudes abgeteilter Raum wird als Futterkammer und Abstellraum genutzt. Im Jahre 1980 errichtete der Kläger einen ca. 4 m breiten und ca. 12 m langen Pferdeunterstand (mit einer mittleren Höhe von ca. 2,10 m), eine Holzkonstruktion mit Pultdach, die von außen mit Holzbrettern verkleidet ist. Dieser Pferdeunterstand schließt mit seiner Breitseite an die rückwärtige Wand des massiven Nebengebäudes an, die Ostwand bildet mit der Ostwand des Nebengebäudes eine Flucht. Ein wesentlicher Teil des sich an diese Gebäude rückwärtig anschließenden Grundstücksteils ist mit einem (Holz-)Lattenzaun eingefriedigt und dient den in den Gebäuden untergestellten Pferden als Auslauffläche.
Die Grundstücke, die das Grundstück des Klägers umgeben, sind bebaut. Die beiden sich westlich anschließenden Häuser werden gewerblich genutzt (Hotel- bzw. Büro- und Geschäftsgebäude), im übrigen sind die Grundstücke mit Wohnhäusern bebaut. Das gilt auch für die Grundstücke, die westlich und östlich an den rückwärtigen Teil des Grundstücks des Klägers angrenzen (Flurstücke 52/8 und 54/2).
Nachdem die Beklagte durch eine Beschwerde eines Nachbarn erfahren hatte, daß der Kläger auf seinem Grundstück Pferde hielt, gab sie ihm durch Verfügung vom 21. August 1985 u.a. auf, den hölzernen Pferdeunterstand bis zum 30. November 1985 zu beseitigen, und untersagte ihm, das massive Nebengebäude weiterhin als Pferdestall zu nutzen. Sie begründete die Beseitigungsanordnung damit, daß der Unterstand genehmigungspflichtig, aber nicht genehmigt sei und auch nicht nachträglich genehmigt werden könne, weil er nicht standsicher und außerdem die Pferdehaltung - wegen der Lage des Grundstücks des Klägers in einem Mischgebiet, in dem allenfalls Kleintiere gehalten werden dürften - planungsrechtlich nicht zulässig sei. Die Pferdehaltung genieße auch keinen Bestandsschutz, weil der Kläger sie erst nach Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. xxx (3. Teil) im Jahre 1978 aufgenommen habe. Aus den dargelegten planungsrechtlichen Gründen rechtfertige sich auch das Nutzungsverbot bezüglich des massiven Nebengebäudes.
Den Widerspruch des Klägers wies die Bezirksregierung xxx durch Bescheid vom 7. April 1986 mit der Maßgabe zurück, daß die Beseitigung des Unterstandes innerhalb von zwei Monaten nach Bestandskraft der Verfügung zu erfolgen habe und das Nutzungsverbot für das massive Nebengebäude ab dem 1. Juni 1986 gelte. Der Widerspruchsbescheid wurde am 21. April 1986 zugestellt.
Am 21. Mai 1986 hat der Kläger Klage erhoben. Diese hat er wie folgt begründet: Der hölzerne Pferdeunterstand sei nicht baurechtswidrig, weil er lediglich ein Ersatzbau für einen vorher auf dem Grundstück vorhanden gewesenen Stall, der baufällig gewesen sei und den er daher beseitigt habe, sei. Auch die Nutzung des massiven Nebengebäudes als Pferdestall verstoße nicht gegen öffentliches Baurecht. In diesem Nebengebäude seien schon seit 1902 - mit kürzeren Unterbrechungen, in denen es teilweise als Garage genutzt worden sei - Kleintiere wie Schafe, Ziegen und Schweine gehalten worden, so daß die Stallnutzung Bestandsschutz genieße. Im übrigen würden in den streitigen Gebäuden nur in den Wintermonaten - vom November bis April - Pferde - (2 Zuchtstuten und 1-2 Nachwuchspferde) gehalten, während der restlichen Monate des Jahres befänden sie sich auf der Weide (außerhalb von xxx).
In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ihre Verfügung vom 21. August 1985 aufgehoben, soweit dem Kläger damit - über die Beseitigungsanordnung und das Nutzungsverbot für das massive Nebengebäude hinaus - generell die Haltung von Großtieren (Pferden) auf dem Grundstück untersagt worden ist.
Der Kläger hat beantragt,
die Verfügung vom 21. August 1985 in der Gestalt, die sie durch die Erklärung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gefunden hat, und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung xxx vom 7. April 1986 aufzuheben sowie die Zuziehung seines jetzigen Prozeßbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus der angefochtenen Verfügung wiederholt.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 25. Februar 1987, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, abgewiesen.
Gegen dieses ihm am 16. März 1987 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. April 1987 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt er vor: Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei eine Garagennutzung des massiven Nebengebäudes niemals genehmigt worden, so daß er für dessen Nutzung als Pferdestall eine Nutzungsänderungsgenehmigung nicht habe beantragen müssen. Von der Pferdehaltung, die - wie dargelegt - ohnehin nur im Winter stattfinde, gingen auch keine unzumutbaren Belästigungen für die Nachbarschaft aus. Schließlich müsse berücksichtigt werden, daß in der näheren und weiteren Umgebung auf ca. 7 bis 8 Grundstücken ebenfalls Pferde gehalten würden, und zwar nicht nur von den ca. 100 bis 200 m entfernten landwirtschaftlichen Betrieben, sondern auch von nicht in der Landwirtschaft beschäftigten Personen im Reitverein "xxx".
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger behauptet, daß er das massive Nebengebäude bereits seit 1974 als Pferdestall nutze: Für die Richtigkeit dieser Behauptung könne er auch Zeugen benennen. Weiter hat er - außer dem Grundstück des Reitvereins - erstmals sieben weitere Grundstücke konkret benannt, auf denen Pferde gehalten würden: Nur bei dreien dieser Grundstücke handele es sich um bewirtschaftete landwirtschaftliche Hofstellen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 2. Kammer Lüneburg - vom 25. Februar 1987 zu ändern und nach dem Klagantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt zunächst auf ihr bisheriges Vorbringen und die Gründe des Urteils des Verwaltungsgerichts Bezug, die sie sich zu eigen macht. Auf die Pferdehaltung im Reitverein ''xxx'' könne sich der Kläger nicht berufen, weil das betreffende Grundstück in einem Bereich liege, der im Bebauungsplan als Dorfgebiet festgesetzt sei. Die von ihm erstmals in der mündlichen Verhandlung benannten, nicht landwirtschaftlich genutzten Grundstücke, auf denen angeblich Pferde gehalten würden, seien ihr nicht bekannt. Sie werde die Fälle überprüfen und ggf. auch gegen die Pferdehaltung auf diesen Grundstücken einschreiten, über die Richtigkeit der erstmals in der mündlichen Verhandlung aufgestellten Behauptung des Klägers, daß er das massive Nebengebäude bereits seit 1974 als Pferdestall genutzt habe, müsse erforderlichenfalls Beweis erhoben werden.
Der Senat hat das Grundstück des Klägers und die nähere Umgebung besichtigt. Wegen des Ergebnisses der Besichtigung wird auf die Verhandlungsniederschrift vom 25. Juli 1988 Bezug genommen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Bezirksregierung xxx verwiesen. Deren Inhalt ist - soweit erforderlich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
II.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch, soweit darüber entschieden worden ist, unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit sie gegen die in der Verfügung der Beklagten vom 21. August 1985 enthaltene Beseitigungsanordnung hinsichtlich des hölzernen Pferdeunterstandes gerichtet ist. Die Beseitigungsanordnung, die ein selbständiger und damit abtrennbarer Teil des Streitgegenstands, der - außerdem noch das Nutzungsverbot für das massive Nebengebäude enthaltenden - Verfügung vom 21. August 1985, ist und bezüglich derer daher der Erlaß eines Teilurteils zulässig war (vgl. § 110 VwGO), ist rechtmäßig. Soweit die Klage gegen das Nutzungsverbot gerichtet ist, war der Rechtsstreit dagegen noch nicht entscheidungsreif, und zwar aufgrund der vom Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung aufgestellten, von der Beklagten in Zweifel gezogenen Behauptung, er nutze das massive Nebengebäude bereits seit 1974 als Pferdestall, und wegen der nicht geklärten und in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr zu klärenden bauplanungsrechtlichen Situation, in der sich das Grundstück des Klägers zu diesem Zeitpunkt befand (vgl. den Auflagenbeschluß des Senats vom 25.7.1988).
Rechtsgrundlage der Beseitigungsanordnung ist § 89 Abs. 1 Nr. 2 NBauO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen die Beseitigung solcher baulicher Anlagen anordnen, die dem öffentlichen Baurecht widersprechen. Ein eine Beseitigungsanordnung rechtfertigender Widerspruch zu öffentlichem Baurecht ist dann gegeben, wenn die betreffende bauliche Anlage genehmigungsbedürftig, jedoch nicht genehmigt ist, sie nicht nachträglich genehmigt werden kann und auch keinen Bestandsschutz genießt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Der Pferdeunterstand war im Zeitpunkt seiner Errichtung, im Jahre 1980, nach § 68 NBauO 1974 genehmigungsbedürfig. Er gehörte nicht zu den nach § 69 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 19 NBauO 1974 genehmigungsfreien baulichen Anlagen, weil er einen größeren Rauminhalt als 15 cbm hat und auch nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich ist, daß er einem landwirtschaftlichen Betrieb diente. An seiner Genehmigungsbedürftigkeit hat sich durch das 5. Gesetz zur Änderung der NBauO, das am 1. Mai 1986 in Kraft getreten ist, nichts geändert (vgl. §§ 68, 69 Abs. 1 i.V.m. den Ziffern 1.1 und 1.2 des Anhangs zur NBauO 1986). Die somit erforderliche Baugenehmigung ist dem Kläger niemals erteilt worden.
Der Pferdeunterstand kann auch nicht nachträglich genehmigt werden; denn er widerspricht sowohl Vorschriften des Bauplanungsrechts als auch Vorschriften des Bauordnungsrechts.
Bauplanungsrechtlich ist die Genehmigungsfähigkeit des Pferdeunterstandes, da das Grundstück des Klägers im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 4 (3. Teil) "xxxstraße/xxx" der Beklagten liegt, nach § 30 Abs. 1 BauGB zu beurteilen. Danach ist ein Vorhaben unzulässig, wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspricht. Das ist hier der Fall. Das Grundstück des Klägers und damit der Standort des Pferdeunterstandes sind als Mischgebiet festgesetzt. Welche Nutzungen in einem Mischgebiet zulässig sind, ist in § 6 BauNVO geregelt, der gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO Bestandteil des Bebauungsplans geworden ist. Ein Mischgebiet dient dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben (§ 6 Abs. 1); ausnahmsweise können Stalle für die Kleintierhaltung als Zubehör zu Kleinsiedlungen und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen zugelassen werden (§ 6 Abs. 3, 1. HS). Der aus der letzteren Regelung von der Beklagten und vom Verwaltungsgericht gezogene negative Schluß, daß Pferdeställe, da Pferde keine Kleintiere seien, in Mischgebieten generell nicht zugelassen werden könnten, ist jedoch nicht richtig. Der Hobbypferdehaltung dienende Ställe können in Mischgebieten - wie im übrigen auch in Wohngebieten - durchaus zulässig sein, und zwar als untergeordnete Nebenanlagen im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO. Daß der 1. HS des § 6 Abs. 3 BauNVO nicht den generellen Ausschluß von Ställen für Großtiere (und von Ställen, die kein Zubehör zu Kleinsiedlungen und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen sind,) beinhaltet, ergibt sich aus dem 2. HS dieser Bestimmung, nach dem die Zulässigkeit von untergeordneten Nebenanlagen nach § 14 BauNVO durch die im 1. HS enthaltene Regelung unberührt bleibt (Fickert/Fieseler, Komm. zur BauNVO, 5. Aufl., § 14 RdNr. 7; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Komm, zur BauNVO, § 14 RdNr. 20 d); Urt. d. Sen. v. 23.11.1979 - 1 OVG A 183/78 - BRS 35 Nr. 163; BayVGH, Beschl. v. 9.11.1979 - Nr. 27 XIV, 37 XIV 78, 14. Cs - 1396/79 -, BayVBl 1980, 212). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind untergeordnete Nebenanlagen zulässig, wenn sie dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und seiner Eigenart nicht widersprechen. Diese Voraussetzungen sind nicht sämtlich gegeben. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der streitige Pferdeunterstand von seiner Größe her noch als "untergeordnet" angesehen werden kann (vgl. dazu d. Urt. d. Sen. v. 23.11.1979, a.a.O.) und er dem Nutzungszweck des Grundstücks, dem Wohnen, dient (was im Hinblick auf die Zahl der Pferde - bis zu 4 - und den Zweck der Pferdehaltung - keine Haltung von Reitpferden zur Ausübung des Reitsports auf dem und vom Grundstück aus, sondern im hobbymäßigen Umfang betriebene Pferdezucht, die mit dem Wohnzweck des Grundstücks, wie schon aus der Anwesenheit der Pferde nur in den Wintermonaten ersichtlich ist, in keinem direkten Zusammenhang steht - zweifelhaft sein könnte, vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O.). Denn der Unterstand und die durch ihn ermöglichte Pferdehaltung widerspricht der Eigenart des Baugebiets. Diese wird geprägt durch Wohnbebauung und vereinzelte gewerbliche Nutzungen (Hotel, Büro- und Geschäftsgebäude) sowie dadurch, daß das Maß der baulichen Nutzung auf das für ein Mischgebiet bei zulässiger zweigeschossiger Bauweise auf das nach § 17 Abs. 1 BauNVO höchstzulässige Maß - Grundflächenzahl: 0,4, Geschoßflächenzahl: 0,8 - festgesetzt worden ist. Was speziell die Situation des - mit ca. 1.300 qm nicht ungewöhnlich großen - Grundstücks des Klägers angeht, wird sie dadurch bestimmt, daß gerade auch der rückwärtige Teil von allen Seiten von Wohnbebauung, teils Einfamilienhäusern, teils Mehrfamilienhäusern, auf teilweise recht kleinen Grundstücken (Flurstücke 52/8 und 54/2) umgeben ist. In einem solchermaßen geprägten Baugebiet sind, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Grundstücksgröße und/oder die spezielle Grundstückssituation nichts anderes ergeben, Pferdeställe und -unterstände unzulässig. Die Bewohner eines solchen Gebiets brauchen die Belästigungen, die mit der Haltung von Pferden unvermeidbar verbunden sind, wie Gerüche, das vermehrte Auftreten von Fliegen und Geräusche, die beim Auslauf und der Bewegung der Pferde entstehen, nicht hinzunehmen (OVG Münster, Urt. v. 6.11.1970 - X A 794/69 -, BRS 23 Nr. 39; BayVGH, Beschl. v. 9.11.1979, a.a.O.; a.A. auch nicht - entgegen der Ansicht des Klägers - der 6. Sen. d. OVG Lüneburg: Im Urt. v. 9.11.1984 - 6 OVG A 6/83 - BRS 42 Nr. 71 hat er die Haltung von zwei Pferden nur deshalb als unbedenklich angesehen, weil das Gebiet durch mit Geruchsimmissionen verbundene Kleintierhaltung und vor allem durch die Lärm- und Abgasimmissionen eines Fäkal-Fuhrbetriebs geprägt war). Daß die Pferdehaltung des Klägers auch tatsächlich mit Belästigungen für die unmittelbar benachbarte Wohnbebauung verbunden ist, ergibt sich daraus, daß sich einer der Nachbarn beschwert und das Verbot der Pferdehaltung gefordert hat.
Der Pferdeunterstand widerspricht auch bauordnungsrechtlichen Vorschriften. Es spricht bereits einiges dafür, daß die Auffassung der Beklagten, daß der Unterstand nicht standsicher sei und daher gegen die Vorschrift des § 18 NBauO verstoße, richtig ist; denn es handelt sich - wie die Ortsbesichtigung ergeben hat - um einen Primitivbau ohne Fundament. Die Frage der Standsicherheit kann jedoch offenbleiben. Der Unterstand widerspricht jedenfalls der Vorschrift des § 53 NBauO, nach der bauliche Anlagen in der Form, im Maßstab, im Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, im Werkstoff einschließlich der Art seiner Verarbeitung und in der Form so durchzubilden sind, daß sie nicht verunstaltet wirken. Er wirkt verunstaltet, d.h. sein Aussehen verletzt das ästhetische Empfinden eines gebildeten Durchschnittsbetrachters (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 28.6.1955 - I C 146.53 -, BVerwGE 2, 172 ff, 177), weil seine Außenwände - wie der Kläger in seinem Schreiben vom 14. August 1985 selbst dargelegt hat - aus unregelmäßig geschnittenen Abfall brettern (sog. Nutzschwarten) bestehen und er auch im übrigen keine werkgerechte Durchbildung oder Verarbeitung der zu seiner Errichtung verwendeten Materialien erkennen läßt. Insbesondere die Ostseite des Unterstandes erscheint einem Betrachter als primitiv zusammengesetzte Bretterwand, die aufgrund ihrer erheblichen Länge (ca. 12 m) besonders abstoßend wirkt.
Der Pferdeunterstand genießt auch keinen Bestandsschutz. Das setzte voraus, daß er im Zeitpunkt seiner Errichtung oder irgendwann danach über einen gewissen Zeltraum hinweg materiell legal, d.h. genehmigungsfähig, gewesen wäre. Das war aus den dargelegten bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Gründen jedoch nicht der Fall. Etwas anderes würde auch dann nicht gelten, wenn die Angabe des Klägers aus seinem Schreiben vom 14. August 1985 zuträfe, daß er den Unterstand zunächst zur Haltung von Heidschnucken genutzt habe. Zwar sind Heidschnucken im Gegensatz zu Pferden Kleintiere. Jedoch war - aus den gleichen Gründen, aus denen die planungsrechtliche Zulässigkeit der Pferdehaltung verneint worden ist - auch die Haltung von Heidschnucken auf dem Grundstück des Klägers stets unzulässig (so auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., mit der zusätzlichen Begründung, die Haltung von reinen Nutztieren wie Schafen, Ziegen, Schweinen oder dgl. sei eine selbständige Nutzung, die das "Dienen" im Sinne des § 14 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauNVO ausschließe). Außerdem würde sich ein etwaiger Bestandsschutz für die Haltung von Heidschnucken in dem streitigen Unterstand nicht auf die jetzt darin ausgeübte Pferdehaltung erstrecken, weil diese nicht mehr innerhalb der Variationsbreite der bisherigen Nutzung liegt, sondern die Aufnahme einer Großtierhaltung statt der bisherigen Kleintierhaltung - wie sich aus den Sonderregelungen für die Kleintierhaltung in derBaunutzungsverordnung (§§ 14 Abs. 1 Satz 2, 4 Abs. 2 Nr. 6, 6 Abs. 3) ergibt - die Zulässigkeits- und Genehmigungsfrage in bodenrechtlicher Hinsicht neu aufwirft (BVerwG, Urt. v. 25.3.1988 - 4 C 21.85 -, ZfBR 1988, 195). Bestandsschutz ist dem Unterstand schließlich nicht deshalb zuzuerkennen, weil dieser ein Ersatzbau für einen anderen, seit ca. 30 Jahren auf dem Grundstück vorhanden gewesenen Stall ist, der baufällig gewesen sei und deshalb habe abgerissen werden müssen. Sobald eine bauliche Anlage abgerissen und beseitigt wird, geht mit ihr auch der Bestandsschutz unter. Dieser sichert nur - was in der Bezeichnung "Bestandsschutz" nicht deutlicher zum Ausdruck kommen kann - den vorhandenen Bestand (und seine Nutzung), er läßt sich nicht auf einen Ersatzbau übertragen.
Die Beklagte hat auch ihr Ermessen, das ihr nach § 89 Abs. 1 NBauO beim Erlaß von bauaufsichtlichen Verfügungen eingeräumt ist, fehlerfrei ausgeübt. Das dabei zu beachtende Gebot des geringstmöglichen Eingriffs hat sie beachtet. Insbesondere hatte ein Verbot, den Unterstand zur Pferdehaltung zu nutzen, nicht ausgereicht, um den baurechtswidrigen Zustand zu beseitigen, und zwar schon wegen des dargelegten Verstoßes gegen § 53 NBauO (und möglicherweise gegen § 18 NBauO), aber auch, weil nicht ersichtlich ist, daß die Haltung anderer Tiere als Pferde in dem Unterstand zulässig wäre (vgl. o.). Die Nutzung des Unterstandes in anderer Weise wäre ebenfalls unzulässig. Ihm fehlte es, wenn er für andere Zwecke als die notwendigerweise raumintensive Tierhaltung genutzt würde und bei der daher hinsichtlich der Frage der Unterordnung möglicherweise ein großzügiger Maßstab anzulegen ist, jedenfalls an der nach§ 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO erforderlichen "räumlich gegenständlichen Unterordnung", zumal nicht außer acht gelassen werden darf, daß mit dem massiven Nebengebäude eine weitere Nebenanlage auf dem Grundstück vorhanden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.1976 - 4 C 6.75 -, BRS 30 Nr. 117; Urt. d. Sen. v. 23.11.1979, a.a.O.). Die Beklagte hat bei der Ermessensausübung schließlich auch nicht den Gleichheitssatz verletzt, der sie zu einem nach Zeitpunkt und Modalitäten gleichmäßigen Vorgehen gegen vergleichbare rechtswidrige Zustände in räumlich benachbarten Fällen verpflichtet (BVerwG, Urt. v. 2.3.1973 - 4 C 40.71 -, DVBl 1973, 636; Urt. d. Sen. v. 24.2.1977 - 1 OVG A 218/74 - Die Gemeinde 1977, 222). Daß die Beklagte gegen die Pferdehaltung im Reitverein "xxx" den einzigen vom Kläger vor der mündlichen Verhandlung konkret benannten "Berufungsfall", nicht eingeschritten ist, stellt sich nach den obigen Kriterien nicht als "systemwidrig" und damit als Verstoß gegen den Gleichheitssatz dar. Das Grundstück des Reitvereins ist nicht nur ca. 300 m vom Grundstück des Klägers entfernt und liegt in einem ganz anders, nämlich noch durch landwirtschaftliche Betriebe mitgeprägten Bereich, sondern ist auch im Bebauungsplan nicht als Mischgebiet, sondern als Dorfgebiet ausgewiesen, in dem Pferdehaltung grundsätzlich zulässig ist. Von den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung benannten sieben weiteren Grundstücken, auf denen angeblich Pferde gehalten werden, sind drei unstreitig die Hofstellen noch bewirtschafteter landwirtschaftlicher Betriebe. Drei weitere Grundstücke liegen offenbar ebenfalls - soweit sich das in der mündlichen Verhandlung abschließend feststellen ließ - in dem sich weiter nordwestlich anschließenden, noch mehr dörflich geprägten und auch planungsrechtlich anders zu beurteilenden Bereich, so daß diese Fälle von Pferdehaltung mit der des Klägers nicht vergleichbar sind. Nach der Kartenlage erschien am ehesten der Fall "xxx" mit der Pferdehaltung des Klägers vergleichbar. Selbst wenn eine nähere Prüfung ergäbe, daß das der Fall wäre und es unter den vom Kläger benannten Fällen entgegen dem eben Dargelegten doch weitere vergleichbare gäbe, ließe sich daraus, daß die Beklagte gegen diese Fälle der Pferdehaltung bisher nicht vorgegangen ist, kein Ermessensfehler in der Form der Verletzung des Gleichheitssatzes ableiten. Ihr waren die Fälle bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht bekannt. Das an sich ist nicht vorwerfbar; denn eine Behörde ist organisatorisch und personell gar nicht in der Lage, alle illegalen Bauten oder Nutzungen in einem bestimmten Bereich oder gar in ihrem gesamten Zuständigkeitsbereich aufzuspüren und gegen sie gleichzeitig vorzugehen. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Kläger in der mündlichen Verhandlung möglicherweise vergleichbare Objekte benennt, gegen die bisher - weil die Behörde von ihnen nichts wußte - nicht vorgegangen worden ist, reicht es daher aus, daß die Behörde zusagt, die benannten Objekte zu überprüfen und bei formeller und materieller Illegalität auch gegen sie einzuschreiten (Urt d. Sen. v. 24.1.1986 - 1 OVG A 168/84 - Die Gemeinde 1986, 265). Diese Zusage, deren Nichteinhaltung der Kläger im Rahmen der Vollstreckung geltend machen könnte, hat die Beklagte hier abgegeben.
Die Kostenentscheidung hat der Senat dem Schlußurteil vorbehalten, weil erst danach endgültig feststeht, ob und ggf. in welchem Umfang auch die Beklagte Kosten zu tragen hat (vgl. Redeker/von Oertzen, Komm. zur VwGO, 8. Aufl., § 110 RdNr. 3).
Die Revision läßt der Senat nicht zu, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil auch nicht von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweicht (§ 132 Abs. 2 VwGO).
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision kann innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule (§ 67 Abs. 1 VwGO) beim
...
durch eine noch innerhalb derselben Frist zu begründende Beschwerde angefochten werden (§ 132 VwGO).
......................
Götz
Tiedje