Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 20.06.1990, Az.: 2 W 74/90
Beantragung eines Erbscheins als gesetzlicher Erbe
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 20.06.1990
- Aktenzeichen
- 2 W 74/90
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1990, 15119
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:1990:0620.2W74.90.0A
Fundstelle
- Rpfleger 1990, 462-463 (Volltext mit red. LS)
In dem Nachlaßverfahren
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig
durch
den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts ...
den Richter am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Landgericht ... am 20. Juni 1990
beschlossen:
Tenor:
Die weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts ... vom 23.04.1990 - 8 T 128/90- wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Auslagen des Verfahrens der weiteren Beschwerde werden dem Antragsteller auferlegt.
Beschwerdewert der weiteren Beschwerde: Wertstufe bis 500,00 DM.
Gründe
I.
Der Antragsteller beantragte mit notariell beurkundetem Erbscheinsantrag vom 16.01.1990 (UR-Nr. 11/1990 Notar ...) einen Erbschein, der ihn und seine Tochter, die weitere Beteiligte, zu je 1/2 als gesetzliche Erben ausweisen sollte.
Mit Verfügung vom 22.01.1990 forderte der Rechtspfleger den Antragsteller auf, seine eidesstattliche Versicherung vom 16.01.1990 dahingehend ergänzen zu lassen, daß eine Ehesache nicht anhängig sei und verwies dazu auf § 1933 BGB. Der dagegen von dem Antragsteller eingelegten Erinnerung halfen der Rechtspfleger und der Abteilungsrichter nicht ab. Das Landgericht wies diese Erinnerung mit Beschluß vom 23.04.1990 zurück.
Gegen diesen Beschluß legte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 29.05.1990 weitere Beschwerde ein.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Akten Bezug genommen.
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig (vgl. §§ 27, 29 FGG), hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Denn die angefochtene Entscheidung des Landgerichtes, mit der die Zwischenverfügung des Rechtspflegers bestätigt worden ist, läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
Nach § 2354 Abs. 1 Nr. 2 BGB muß derjenige, der einen Erbschein als gesetzlicher Erbe beantragt, u. a. das Verhältnis, auf dem sein Erbrecht beruht, angeben und dieses nach § 2356 Abs. 1 S. 1 BGB durch öffentliche Urkunden nachweisen. Zum Nachweis, daß der Erblasser zur Zeit seines Todes noch im Zustand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat und in Ansehung der übrigen in §§ 2354, 2355 BGB geforderten Angaben muß der Antragsteller -soweit nicht nach § 2356 Abs. 1 S. 1 BGB der Nachweis durch öffentliche Urkunden gefordert wird- an Eides Statt versichern, daß ihm nichts bekannt ist, was der Richtigkeit seiner Angaben entgegensteht (vgl. § 2356 Abs. 2 S. 1 BGB).
Nach § 2356 Abs. 2 S. 2 BGB kann das Nachlaßgericht dem Antragsteller die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erlassen, wenn es sie nicht für erforderlich erachtet. Andererseits steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlaßgerichtes, statt der eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers über die Richtigkeit seiner Angaben im allgemeinen und darüber, daß ihm nichts bekannt sei, was dem entgegensteht, Angaben über konkrete Einzelumstände oder deren Nichtbestehen zu fordern und deren Richtigkeit eidesstattlich versichern zu lassen (vgl. Staudinger-Firsching, BGB, Bd. II, 12. Aufl., § 2356 Rdnr. 46; siehe auch Soergel-Dammrau, BGB, Bd. 7, 11. Aufl., § 2356 Rdnr. 14).
Wenn der Rechtspfleger vorliegend die Erklärung verlangt, daß das Erbrecht des überlebenden Ehegatten gemäß § 1933 S. 1 BGB nicht ausgeschlossen ist, und wenn er die eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit dieser Angaben verlangt, ist das nicht als ermessensfehlerhaft zu beanstanden.
Der ohne abweichende Vereinbarung zwischen den Ehegatten mit der Eheschließung beginnende Güterstand der Zugewinngemeinschaft (vgl. § 1363 Abs. 1 BGB) endet -außer durch den Tod eines Ehegatten- durch ein rechtskräftiges Gestaltungsurteil, durch das die Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt wird. Für die Berechnung des Zugewinnausgleichs wird allerdings im Fall der Scheidung, der Aufhebung oder der Nichtigerklärung auf den Zeitpunkt abgestellt, in dem die Scheidungsklage, die Nichtigkeitsklage oder die Klage auf Aufhebung der Ehe rechtshängig geworden ist (vgl. § 1384 BGB, §§ 26 Abs. 1, 37 Abs. 1 EheG). Entsprechend dieser Regelung ist nach § 1933 S. 1 u. 2 BGB das Erbrecht des überlebenden Ehegatten sowie sein Recht auf den Voraus ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Eintrittes des Erbfalles die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und wenn der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte oder wenn der Erblasser auf Aufhebung der Ehe zu klagen berechtigt war und die Klage erhoben hatte. Zwar ist dem Urkundsnotar regelmäßig diese Regelung genau bekannt. Dagegen ist aber nicht davon auszugehen, daß diese Kenntnis in der Bevölkerung allgemein verbreitet ist. Daher kann nicht angenommen werden, daß der Antragsteller eines Erbscheinsantrages mit der allgemein gehaltenen Erklärung nach § 2356 Abs. 2 S. 1 BGB, daß ihm nichts bekannt sei, was der Richtigkeit seiner Angaben entgegensteht, damit auch hat zum Ausdruck bringen wollen, daß die Voraussetzungen des § 1933 S. 1 u. 2 BGB für den Ausschluß des Erbrechtes des überlebenden Ehegatten nicht vorliegen. Daß der Antragsteller hierzu Angaben hat machen wollen, wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn der Notar zuvor darüber belehrt (und das in der Urkunde festgehalten) hätte. Da dafür aber nichts ersichtlich ist, war der Rechtspfleger nicht gehindert, diesbezüglich ergänzende Erklärungen nebst eidesstattlicher Versicherung ihrer Richtigkeit zu verlangen. Nur so kann sichergestellt werden, daß der überlebende Ehegatte auch hierzu Angaben macht. Diese ergänzend von dem überlebenden Ehegatten geforderte Erklärung stellt für ihn keinen besonderen Aufwand dar, vielmehr können diese Angaben sogleich bei der Aufnahme des Erbscheinsantrages gemacht werden. Andererseits ist nicht erkennbar, wie das Nachlaßgericht ohne größeren Aufwand das Vorliegen dieser Voraussetzungen feststellen könnte. Abgesehen davon, daß das für den Erbscheinsantrag zuständige Nachlaßgericht nicht notwendigerweise das für eine Ehescheidung oder Eheaufhebung zuständige Familiengericht sein muß, dürfte es dem Nachlaßgericht aus datenschutzrechtlichen Gründen versagt sein, ohne weiteres bei dem Familiengericht Erkundigungen darüber einzuziehen, ob die Voraussetzungen des § 1933 S. 1 u. 2 BGB für den Wegfall des Erbrechtes des überlebenden Ehegatten gegeben sind.
Nach dem Vorgesagten kann nicht festgestellt werden, daß der Rechtspfleger mit seiner Zwischenverfügung ermessensfehlerhaft gehandelt hat.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß sich der Wegfall des Erbrechtes des überlebenden Ehegatten nach § 1933 S. 1 u. 2 BGB schon herausstellen wird, wenn die übrigen am Erbscheinsverfahren Beteiligten rechtliches Gehör zu dem Erbscheinsantrag erhalten. Denn -wie oben ausgeführt- kann nicht angenommen werden, daß der Regelungsinhalt dieser Vorschrift in weiten Bevölkerungskreisen bekannt ist. Zudem muß nicht notwendigerweise ein Interessenwiderstreit zwischen dem überlebenden Ehegatten und den übrigen gesetzlichen Erben gegeben sein, so daß durch deren Beteiligung nicht gesichert ist, daß die Voraussetzungen des § 1933 S. 1 u. 2 BGB abgeklärt werden.
Nach dem Vorgesagten kann nicht festgestellt werden, daß der Rechtspfleger mit seiner Zwischenverfügung ermessensfehlerhaft gehandelt hat. Seine Handhabung stimmt im übrigen überein mit dem vom Niedersächsischen Ministerium der Justiz herausgegebenen Formular NS 105 für die Aufnahme von Erbscheinsanträgen durch Rechtspfleger, in dem es heißt:
"Es ist eine - keine - Ehesache (Scheidungsverfahren bzw. Aufhebungsklage) - § 1933 BGB) anhängig."
Die weitere Beschwerde war daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 131 Abs. 1 A S. 1 Nr. 1 KostO.
Den Beschwerdewert hat der Senat gemäß §§ 131 Abs. 2, 30. Abs. 2 KostO auf die niedrigste Gebührenstufe festgesetzt, da ausschließlich über die Ergänzungserklärung gestritten wird.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Auslagen ergibt sich aus § 30 a Abs. 1 S. 2 FGG.