Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 15.04.2015, Az.: 4 WF 30/15
Zulässigkeit der nachträglichen Erweiterung des Aufgabenkreises des Verfahrensbeistandes
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 15.04.2015
- Aktenzeichen
- 4 WF 30/15
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2015, 39443
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2015:0415.4WF30.15.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Vechta - 14.01.2015 - AZ: 12 F 500/14 SO
Rechtsgrundlage
- FamFG § 158 Abs. 4 S. 3-4
Amtlicher Leitsatz
Eine nachträgliche Erweiterung des Aufgabenkreises des Verfahrensbeistandes nach Beendigung des Verfahrens ist nicht möglich.
Tenor:
I. Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Vechta vom 14.01.2015 geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der aus der Staatskasse zu erstattende und mit Antrag vom 06.10.2014 geltend gemachte Vergütungsanspruch der Verfahrensbeiständin wird auf 350,00 € festgesetzt.
II. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben.
III. Die Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Auslagen selbst.
IV. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 200,00 € festgesetzt.
V. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Mit Beschluss vom 11.07.2014 wurde im vorliegenden Verfahren betreffend die Übertragung der elterlichen Sorge für das beteiligte Kind eine berufsmäßig tätige Verfahrensbeiständin bestellt. Eine Übertragung der in § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG festgelegten zusätzlichen Aufgaben erfolgte zunächst nicht.
Im Termin vom 25.09.2014 schlossen die Beteiligten einen verfahrensabschließenden Vergleich, nach dem u.a. der Sorgerechtsantrag der Antragstellerin seine Erledigung finden sollte. Auf Antrag der Verfahrensbeiständin wurde die aus der Staatskasse festzusetzende Vergütung mit Beschluss vom 13.10.2014 zunächst auf 350,00 € festgesetzt. Auf die Beschwerde der Verfahrensbeiständin bestellte das Gericht mit Beschluss vom 06.01.2015 die Verfahrensbeiständin nachträglich auch für den sog. erweiterten Aufgabenkreis gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG. Hierauf änderte das Amtsgericht den Beschluss vom 13.10.2014 mit Beschluss vom 14.01.2015 dahingehend ab, dass die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung der Verfahrensbeiständin auf 550,00 € festgesetzt wurde.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Bezirksrevisors mit der er geltend macht, dass eine nachträgliche Übertragung von Aufgaben unzulässig sei.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Gemäß § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG war der Verfahrensbeiständin eine Vergütung von 350,00 € entsprechend der Aufgabenzuweisung durch das Amtsgericht mit Beschluss vom 11.07.2014 zuzusprechen. Ein weitergehender Vergütungsanspruch gemäß § 158 Abs. 7 S.3 FamFG steht der Verfahrensbeiständin hingegen nicht zu.
Gemäß § 158 Abs. 6 FamFG endet die Bestellung des Verfahrensbeistandes, sofern sie nicht vorher aufgehoben worden ist, mit der Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung (Nr.1) oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens (Nr.2). Vorliegend war das Verfahren mithin durch den verfahrensabschließenden Vergleich der Beteiligten im Termin vom 25.09.2014 beendet. Eine Erweiterung des Aufgabenkreises mit Beschluss vom 06.01.2015 war aufgrund der bereits vorher eingetretenen Beendigung der Bestellung von Gesetzes wegen gar nicht mehr möglich. Eine nachträgliche Erweiterung nach Beendigung des Verfahrens widerspräche auch dem Sinn und Zweck der in § 158 Absatz 4 Satz 4 FamFG normierten Aufgabe des Gerichts, Art und Umfang der Beauftragung bei der Bestellung des Verfahrensbeistandes konkret festzulegen. Im Regierungsentwurf war hierzu noch vorgesehen worden, dass der Verfahrensbeistand selbst entscheidet, ob er die erweiterten Aufgaben nach Abs. 4 Satz 3 wahrnehmen möchte. Von einer solchen Ausweitung der originären Aufgaben des Verfahrensbeistandes wurde jedoch im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens mit der Begründung Abstand genommen, dass die weiteren Aufgaben des Verfahrensbeistandes originär dem Jugendamt bzw. dem Gericht oblägen. Eine unkontrollierte Übernahme dieser Aufgaben könnte daher zu einer unzulässigen Vermischung der den Verfahrensbeteiligten zugedachten Rollen führen. Aus diesem Grund dürften die weiteren Aufgaben nur dann vom Verfahrensbeistand übernommen werden, wenn im Einzelfall eine konkrete, nach Art und Umfang präzisierte Beauftragung durch das Gericht vorliege (vgl. Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 158, Rd. 20; BT-Drucks. 16/6308 S. 240). Es sollte mithin durch die vorherige Festlegung der Aufgaben durch das Gericht vermieden werden, dass der Verfahrensbeistand eigenständig bzw. eigenmächtig seinen Aufgabenbereich selbst bestimmt. Ließe man demgegenüber, wie vorliegend geschehen, die nachträgliche, nach Beendigung des Verfahrens, Festlegung des Aufgabenkreises zu, würde dies der dem Gericht zugedachten Kontroll- und Steuerungsfunktion zuwiderlaufen. Hinzu kommt, dass, wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit für alle Beteiligten rechtzeitig feststehen muss, ob und welche Ansprüche dem Verfahrensbeistand aufgrund seiner Bestellung erwachsen und welche Lasten mit der Bestellung für die Beteiligten und die Staatskasse verbunden sind. Vorliegend hätte die Verfahrensbeiständin vor der Wahrnehmung des erweiterten Aufgabenkreises durch Gespräche mit den Eltern und Mitarbeitern des Jugendamtes bei Gericht auf eine Erweiterung ihres Aufgabenkreises drängen müssen.
Der Beschwerde des Bezirksrevisors war daher stattzugeben und die zu erstattende Vergütung entsprechend § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG auf 350,00 € festzusetzen.
Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, da die grundsätzliche Frage der Zulässigkeit der nachträglichen, nach Beendigung des Verfahrens, erfolgten Erweiterung des Aufgabenkreises eine über den Einzelfall hinausgehende grundlegende Bedeutung hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 FamFG.