Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 10.05.1983, Az.: 4 VG A 4/83
Erlegung von Rotwild auf Grund und im Rahmen eines Abschussplanes; Erteilung von Ausnahmegenehmigungen von der Beschränkung des Jagdausübungsrechtes; Verpachtung des aus dem Eigentümerjagdrecht folgende Ausübungsrecht; Erforderlichkeit eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 10.05.1983
- Aktenzeichen
- 4 VG A 4/83
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1983, 15110
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:1983:0510.4VG.A4.83.0A
Rechtsgrundlage
- § 21 Abs. 2 S. 1 BJagdG
Verfahrensgegenstand
Rotwildabschußfreigabe (Jagdjahr 82/83)
Prozessführer
Frau ...
Rechtsanwälte Dr. ...
Prozessgegner
Landkreis Celle,
vertreten durch den Oberkreisdirektor, 3100 Celle
Sonstige Beteiligte
Jagdpächter Herr ...
In der Verwaltungsrechtssache
hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Stade
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 1983,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Runge
Richter am Verwaltungsgericht von Bierbrauer zu Brennstein
Richter am Verwaltungsgericht Dr. Beyer
Ehrenamtlicher Richter ...
Ehrenamtlicher Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrte im Jagdjahr 1982/83 für ihre verpachtete Eigenjagd einen anderen Rotwildabschuß als ihn der Beklagte festgesetzt hatte. Die Klägerin ist durch Hofübernahme von ihrem Vater, dem beigeladenen jetzigen Jagdpächter, seit April 1980 Eigenjagdbesitzerin der Eigenjagd E 31, deren Fläche 214,5 ha beträgt. Der Jagdbezirk ist ein reines Waldgebiet.
Am 2. April 1982 bestätigte die Klägerin als Verpächterin den vom Jagdpächter vorgelegten Abschußplan ihres Revieres für das Jagdjahr 1982/83. Der Beigeladene schlug für dieses Jagdjahr einen Rotwildabschuß von einem Ia und fünf IIb 2 Hirschen, zwei Rottieren, zwei Schmaltieren und zwei Kälbern, also zusammen zwölf Stücken Rotwild vor. Demgegenüber setzte der Beklagte auf der Grundlage der Abschußplanung vom 7. April 1982, welche der Kreisjägermeister mit dem Hegeringleitern und den Leitern der beiteiligten Forstämter beschlossen hatte, am 12. Mai 1982 den Abschuß für den Eigenjagdbezirk auf insgesamt drei Stücke Rotwild fest; nämlich einem Hirsch der Klasse II b2, einem Rottier und einem Kalb (männlich oder weiblich). Bei der Abschußplanung waren vier der fünf Mitglieder des Jagdbeirates beteiligt.
Der Beklagte händigte den festgesetzten Abschußplan zunächst nicht aus. Erst nach dem Urteil des Oberlandesgerichtes Celle vom 10. Juni 1982 - 7 U 25/82 - zwischen der Klägerin und ihrem früheren Jagdpächter erhielten die Klägerin und der Beigeladene den Abschußplan am 6. Juli 1982. Dagegen legte die Klägerin und der Beigeladene insoweit Widerspruch ein, als die Abschußregelung das Rotwild betraf. Der Beklagte prüfte, ob dem Widerspruch abgeholfen werden konnte. Mit weiterem Bescheid vom 12. August 1982 stellte er den Rotwildabschuß nochmals fest. Dem Widerspruch in der Sache half er nicht ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 1982 wies die Bezirksregierung sowohl den Widerspruch der Klägerin als auch den des Beigeladenen zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde jeweils am 28. September 1982 der Klägerin und auch dem Beigeladenen gesondert zugestellt.
Am 22. Oktober 1982 erhob allein die Klägerin gegen die Abschußfreigabe für Rotwild diese Klage. Sie ergänzt ihren Vortrag des Vorverfahrens und meint, daß durch Urteil auch nach Ablauf der Jagdzeit auf Rotwild und des Jagdjahres 1982/83 über ihr Begehren zu entscheiden sei. Sie beantragt festzustellen,
daß der Abschußplan für das Jagdjahr 1982/83 rechtswidrig gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Klage für unzulässig, jedenfalls für unbegründet. Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Sitzungsniederschrift vom 10. Mai 1983 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unzulässig, weil die Streitsache durch Zeitablauf ihre Erledigung gefunden hat und der Klägerin jedenfalls ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschußgenehmigung für das Jagdjahr 1982/83 fehlt.
Eine Abschußgenehmimung nach § 21 Bundesjagdgesetz - BJagdG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.9.1976 (BGBl. I S. 2849) hat mit dem Ende des Jagdjahres keine Rechtswirkungen zwischen den Beteiligten mehr.
Das ergibt sich aus folgender Überlegung:
Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG darf Schalenwild, hier das von der Klägerin bezeichnete Rotwild (§ 2 Abs. 3 BJagdG) nur aufgrund und im Rahmen eines Abschußplanes erlegt werden. Somit ist der Abschußplan neben anderen jagdrechtlichen Erfordernissen (z.B. eines Jagdscheines) die hier nicht im Streit sind, auch eine Voraussetzung für das Erlegen des Wildes im Eigenjagdbezirk. In Niedersachsen ist das Verfahren betreffend den Abschußplan in Art. 30 Nds. Landesjagdgesetz (Nds. LJagdG) i.d.F. des 6. Änderungsgesetzes vom 24.3.1979 (Nds. GVBl. S. 100) geregelt und durch § 5 der Verordnung zur Durchführung des Landesjagdgesetzes vom 10. April 1978 (Nds.GVBl. S. 301) bestimmt. Danach ist der Abschußplan "jährlich bis zum 5. April" vorzulegen. Darüber entscheidet der Beklagte im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat. Daraus ergibt sich, daß in Niedersachsen Abschußpläne nur eine jährliche Gültigkeit haben. Das hat den Zweck, den Verhältnissen in der Natur und Landschaft in jedem neuen Jahr Rechnung zu tragen. Eine Abschußbestimmung, hier die für Rotwild im Jagdjahr 1982/83, für das Revier hat, da das Jagdjahr am 31. März 1983 endet (§ 11 Abs. 4 BJagdG), ihr sachlich-rechtliches Ende gefunden. Die Hauptsache dieses Klageverfahrens ist somit erledigt (vgl. Bay. VGH Urteil v. 13.12.1974 - Nr. 59 V 70 = Jagdrechtliche Entscheidungen (JE) Bd. 1 VI Nr. 3). Die danach zwar statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist jedoch unzulässig.
Die Klägerin hat nämlich ersichtlich keinen Anspruch darauf, daß ihr durch Urteil ein anderes Jagdausübungsrecht für das abgelaufene Jagdjahr zugesprochen wird, wie es die Abschußplanfestsetzung beinhaltet, weil ihr zur Zeit das Jagdausübungsrecht nicht zusteht. Über dieses ist bestandskräftig entschieden. Zwar hat die Klägerin das ihr nach § 3 Abs. 1 BJagdG zustehende Eigentümerjagdrecht. Das daraus folgende Ausübungsrecht hat sie verpachtet. Das Ausübungsrecht steht dem Beigeladenen zu. Der in diesem Verfahren geltend gemachte Anspruch auf Genehmigung des Abschusses ergibt sich gesetzlich aus § 21 Abs. 2 BJagdG. Es stellt die Beschränkung des Jagdausübungsrechtes dar, von dem durch Genehmigung Ausnahmen erteilt werden können. Das Ausübungsrecht für den der Klägerin zu eigen gehörenden Jagdbezirk hat der Beigeladene. Ihm gegenüber ist durch bestandskräftige Genehmigung des Abschusses entschieden, in welcher Zahl und Qualität Rotwild gejagt werden kann. An diesem bestandskräftigen Abschußplan ist auch das Gericht gebunden und deshalb an einer Sachentscheidung gegenüber der Klägerin gehindert. Ein Recht der Klägerin ist somit nicht ersichtlich, da sie auch den Abschuß eines ihr gegenüber nachgenehmigten Wildbestandes nicht verwirklichen kann. Die Klägerin ist daran durch die Verpachtung gehindert.
Der Fortsetzungsfeststellungsklage fehlt auch das erforderliche Interesse (ebenso Bay. VGH Urteil v. 19.10.1971 - Nr. 160 IV 69 n.v.), dies selbst unter der Voraussetzung, daß ein Abschuß für das verflossene Jagdjahr noch nachträglich im Sinne des §§ 21 BJagdG ausgesprochen werden könnte. Denn die Feststellung, daß ein Abschuß von soviel Rotwild, wie beantragt, zu genehmigen gewesen wäre, ist für das jetzige Jagdjahr ohne Bedeutung. Denn in diesem Jagdjahr ist nicht zu beachten, ob im Revier der Klägerin Hirschwild geschossen worden ist. Für die Abschußplanung 1983/84 ist allein maßgeblich der bei der Einreichung dieser Abschußpläne vorhandene, möglicherweise zwischenzeitlich durch Abwanderung veränderte Wildbestand. Nur dieser ist bei der Jahresplanung zugrundezulegen. Der Abschußplan hat allerdings "jagdfremde", gesetzliche Drittansprüche der Land- und Forstwirtschaft und die angemessene Wilddichte zu berücksichtigen und zu beurteilen (vgl. VG Braunschweig, Urteil v. 9.12.1974 - IV A 201/74 in JE Bd. 1 VI Nr. 1). Dies kann aber ohne Nachteile im Abschußplanungsverfahren für das Jagdjahr 1983/84 gestehen und wird vom Beklagten nicht bestritten. Das Gericht vermochte daher nicht zu erkennen, welche Rechte insoweit die Klägerin noch geltend machen könnte. Sie wird deshalb unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt von der Abschußplanung des vergangenen Jagdjahres berührt. Ihre Ansprüche auf Schadensersatz wegen Wildverbiß und zu hoher Wilddichte kann sie gegenüber ihrem Pächter geltend machen. Solche aus dem Eigentum entspringende Ansprüche richten sich ausschließlich nach § 39 ff BJagdG (so BGH Urteil v. 8.5.1957 in RdL 1975, 191).
Die erfolglose Klage führt zur Kostenentscheidung nach § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
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