Amtsgericht Osnabrück
Urt. v. 02.01.1989, Az.: 14 C 494/88
Schadensersatzpflicht eines Parkhausbetreibers im Falle der Beschädigung eines Personenkraftwagens infolge Aufsetzens auf eine Rampe; Verkehrssicherungspflicht im Falle einer aus einem Parkhaus führenden Rampe mit 13% Steigung
Bibliographie
- Gericht
- AG Osnabrück
- Datum
- 02.01.1989
- Aktenzeichen
- 14 C 494/88
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1989, 20116
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGOSNAB:1989:0102.14C494.88.0A
Rechtsgrundlagen
- § 823 I BGB
- § 3 Abs. 2 NdsGaVO
Fundstellen
- NJW-RR 1990, 37-38 (Volltext mit red. LS)
- NZV 1990, 237 (red. Leitsatz)
In dem
hat das Amtsgericht Osnabrück
auf die mündliche Verhandlung
vom 19.12.1988
durch
seinen Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 250,- DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Am Morgen des 26.05.1988 parkte der Kläger seinen PKW Ferrari 308 GTSI in Osnabrück im Parkhaus "Kollegienwall" der Beklagten ein. Noch am Morgen desselben Tages führte der Kläger diesen PKW dem diensthabenden Monteur der Beklagten vor und machte ihn auf die beschädigten Frontspoiler des Ferrari aufmerksam.
Der Kläger behauptet, die Frontspoiler seien beim Verlassen des Parkhauses gegen 10.30 Uhr desselben Morgens dadurch beschädigt worden, daß sie an der Ausfahrt auf eine der Rampen gestoßen seien. Der Kläger sei im Parkhaus nur mit geringer Geschwindigkeit gefahren. Sein PKW sei auch nicht mit Gepäck oder mit dem Gewicht einer anderen Person als der des Klägers belastet gewesen. Die beschädigten Spoiler seien Bestandteil der Grundausstattung dieses PKWs.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 735,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26.05.1988 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, daß es sich bei dem PKW des Klägers nicht um eine Standardausführung gehandelt habe, dieses Fahrzeug vielmehr tiefer gelegt worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der bis zur mündlichen Verhandlung zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 I BGB.
Eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten liegt nicht darin, daß sie vor ihrem Parkhaus "Kollegienwall" kein Warnschild des Inhalts aufgestellt hat, daß ein gefahrloses Befahren des Parkhauses mit einem Ferrari 308 GTSI nicht möglich ist.
Die Beklagte hat das Parkhaus "Kollegienwall" den baupolizeilichen Vorschriften entsprechend errichtet. Insbesondere weisen die Rampen des Parkhauses mit 13 % eine geringere als die durch § 3 II NdsGaVO erlaubte Steigung von 15 % auf. Durch die baupolizeilichen Normen ist zugleich der Umfang der privatrechtlichen Verkehrssicherungspflicht maßgeblich vorbestimmt (MünchKomm-Mertens, 2. Auflage, München 1986, § 823, Rdnr. 204). Indem die Beklagte diese Vorschriften beachtete, hat sie demnach grundsätzlich zugleich ihre Verkehrssicherungspflicht die Rampen betreffend erfüllt. Anhaltspunkte ausnahmsweise über die Einhaltung des § 3 II NdsGaVO hinausgehender Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht der Beklagten sind nicht ersichtlich. Insbesondere spricht gegen eine Warnverpflichtung der Beklagten, daß ihr nicht bekannt war, daß das Parkhaus "Kollegienwall" nicht zum Befahren mit einem PKW Ferrari 308 GTSI geeignet ist. Der Kläger trägt auch nicht vor, daß der Beklagten die Nichteignung hätte bekannt sein können oder müssen.
Auch eine Angabe der Rampensteigung auf entsprechenden Schildern liegt nicht mehr im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten. Zum einen ist äußerst zweifelhaft, ob die Benutzer von Parkhäusern in der Lage sind, aus der Angabe der Rampensteigung Rückschlüsse auf die gefahrlose Befahrbarkeit dieser Rampe durch ihren PKW zu ziehen. Die Automobilhersteller teilen den Käufern ihrer PKWs nämlich in den Bedienungsanleitungen nicht mit, von welcher Rampensteigung an mit Beschädigungen des Fahrzeuges gerechnet werden muß. Zudem ist die Gefährdung durch das Befahren von Rampen auch noch von der jeweiligen Belastung des betreffenden Fahrzeuges abhängig. Eine Angabe der Rampensteigung hätte folglich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Beschädigung des Kläger-PKWs nicht verhindert.
Zum anderen ist nicht jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen zu begegnen (BGH VersR 1975, 812). Eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, ist unerreichbar (BGH VersR 1964, 756). Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich die naheliegende Möglichkeit ergibt, daß Rechtsgüter anderer verletzt werden können (BGH VersR 1975, 812). Während der gesamten 15-jährigen Betriebszeit des Parkhauses hat es einen Vorfall wie den vorliegenden in dem Parkhaus nicht gegeben. Daraus ergibt sich, daß von einer naheliegenden Möglichkeit der Beschädigung von Frontspoilern beim Befahren der betreffenden Parkhausrampen nicht ausgegangen werden kann. Schutzmaßnahmen gegen Vorfälle wie den vorliegenden waren von der Beklagten folglich nicht zu treffen. Es war allein Sache des Klägers zu beurteilen, wo die Leistungsreserven seinen Fahrzeuges der Sonderklasse liegen.
Auch aus positiver Vertragsverletzung i.V.m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag steht dem Kläger gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch zu.
Die Beklagte hat keine Nebenpflicht des Mietvertrages verletzt. Wie soeben aufgezeigt, mußte sie keine Schutzmaßnahmen gegen Vorfälle wie den vorliegenden treffen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.