Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 10.02.2006, Az.: 11 B 338/06
Zuwendungsanspruch einer jüdischen Gemeinde aus dem niedersächsischen Staatsvertrag vom 28.06.1983
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 10.02.2006
- Aktenzeichen
- 11 B 338/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 21759
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2006:0210.11B338.06.0A
Rechtsgrundlagen
- § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO
- § 2 Staatsvertrag
Verfahrensgegenstand
Zuschuss an eine Jüdische Gemeinde
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Hannover - 11. Kammer -
am 10. Februar 2006 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag wird einschließlich des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 100.000,00 EURO festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG).
Gründe
Der am 12.01.2006 bei Gericht eingegangene Antrag des Antragstellers mit dem Begehren,
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Auszahlung an den beigeladenen Landesverband {F.}gem. Vertrag vom 28.06.1983 (Nds. GVBl. S. 306), zuletzt geändert am 16.05.2002 (Nds. GVBl. S. 394), bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache einstweilen auszusetzen und dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen, hat keinen Erfolg.
Das Gericht kann gemäß § 123 Abs. 1 S.1 VwGO eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.
Der Antragsteller hat vorliegend weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch im o. g. Sinne hinreichend glaubhaft machen können.
Es fehlt dem Antragsteller nach Auffassung der Kammer bereits am Vorliegen eines gegenüber dem Antragsgegner geltend zu machenden Rechts, da für einen unmittelbaren Zuwendungsanspruch des Antragstellers gegen den Antragsgegner, über den im Hauptsacheverfahren (11 A 337/06) entschieden werden könnte, eine Anspruchsgrundlage nicht besteht.
Einzige ersichtliche Rechtsgrundlage für die Förderung jüdischer Gemeinden durch den Antragsgegner ist der zwischen dem Land Niedersachsen und dem beigeladenen Landesverband {G.}- Körperschaft des öffentlichen Rechts - geschlossene Staatsvertrag vom 28.06.1983 (Nds. GVBl. S. 306), zuletzt geändert durch Vertrag vom 16.05.2002 (Nds. GVBl. 394), dem der niedersächsische Landtag durch Gesetz vom 24.09.2002 (Nds. GVBl. 393) zugestimmt hat. Andere Rechtsgrundlagen hat auch der Antragsteller nicht vorgetragen.
Vertragspartei und damit anspruchsberechtigt gegenüber dem Antragsgegner ist jedoch nach den vertraglichen Vereinbarungen in § 1 Abs. 1 S. 1 ausschließlich der Beigeladene, sicherungsfähige eigene Rechte des Antragstellers gegen den Antragsgegner ergeben sich aus dem Vertrag nicht.
Dies wird bestätigt durch die mit dem Änderungsvertrag vom 15.07.1999 (Nds. GVBl. S. 364) erstmals eingeführte Fassung von § 1 Abs. 2 S. 1 u. 2 des Vertrages. Danach fördert der Beigeladene die jüdischen Gemeinden mit der Landesleistung gemäß Absatz 1 ungeachtet ihrer Zugehörigkeit zum Landesverband. Unmittelbare Ansprüche von jüdischen Gemeinden gegen das Land sollen ausgeschlossen sein.
Der Beigeladene nimmt damit für die Verteilung der Staatsleistungen an die begünstigten jüdischen Gemeinden eine staatliche Aufgabe wahr, die ihm durch Landesgesetz zur selbstständigen Erledigung übertragen worden ist (vgl. Urt. d. BVerwG vom 28.02.2002 - 7 C 7/01 - (BVerwGE 116, 86 ff.).
Dies zu Grunde gelegt könnte ein Rechtsverhältnis allenfalls zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen bestehen. Ob sich daraus unter Beachtung der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.02.2002 (s. o.) und des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 11.11.2004 - A 2 S 339/98 - (veröffentlicht in juris) ein Anspruch des Antragstellers ergibt, braucht im vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden.
Soweit der Antragsteller auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 10.05.2005 - 1 A 744/03 - (veröffentlicht in juris) verweist, hat der Antragsgegner zutreffend darauf hingewiesen, dass im dortigen Verfahren mittels Zuwendungsbescheides nur die Jüdische Gemeinde Land Brandenburg exklusiv unter Ausschluss anderer jüdischer Gemeinden rechtswidrig gefördert wurde.
Die staatsvertragliche Regelung in Niedersachsen bezweckt demgegenüber auch ausweislich der Gesetzesbegründung (Landtags-Drucksache 14/987), einerseits vertragliche Regelungen nur zu einem jüdischen Landesverband zu unterhalten, andererseits aber auch eine Förderung von nicht dem Beigeladenen angehörigen jüdischen Gemeinden zu gewährleisten. Diese Förderung ist jedoch gegenüber dem Beigeladenen geltend zu machen und ggfs. auch gegenüber diesem gerichtlich zu verfolgen (vgl. o. g. Urteile des BVerwG und des OVG Sachsen-Anhalt).
Darüber hinaus ist auch ein Anordnungsgrund i.S.v. § 123 Abs. 1 VwGO, der die Gefahr der Vereitelung oder wesentlichen Erschwerung der Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers durch eine Veränderung des bestehenden Zustands erfordert, weder ersichtlich noch hinreichend glaubhaft gemacht. Gemäß § 2 des Staatsvertrages wird die Landesleistung, bei deren Verteilung der Antragsteller berücksichtigt werden möchte, in vier Jahresraten jeweils am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November gezahlt. Die begehrte anteilige Beteiligung des Antragstellers wäre damit z. Zt. noch nicht gefährdet, zumal ein etwaiger Anspruch nach dem oben gesagten gegen den Beigeladenen geltend zu machen wäre und dieser die Zahlung vor deren Verteilung auch selbst erhalten haben muss.
Mangels hinreichender Erfolgsaussichten aus den o. g. Gründen ist auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Es entspricht billigem Ermessen gemäß § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da er einen Antrag gestellt hat und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 100.000,00 EURO festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG).
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 52 Abs. 1 GKG (n.F.).
Dr. Schlei
Peters