Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 08.02.2006, Az.: 13 B 732/06

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
08.02.2006
Aktenzeichen
13 B 732/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 44490
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2006:0208.13B732.06.0A

Tenor:

  1. Der Antrag wird abgelehnt.

    Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

    Der Wert des Streitgegenstandes 14.126,29 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, in der Zeit vom 01.02.2006 bis 31.07.2006 ihren Dienst zu verrichten.

2

Die Antragstellerin ist Lehrerin. Sie war vormals Rektorin an einer Orientierungsstufe.

3

Aufgrund eines Antrages der Antragstellerin bewilligte die damalige Bezirksregierung Hannover der Antragstellerin mit Bescheid vom 11.02.2002 in der Zeit vom 01.08.2002 bis zum Eintritt in den Ruhestand am 31.07.2010 eine sogenannte Altersteilzeit in der Form des "Blockmodells". Nach diesem Bescheid endete die Arbeitsphase am 31.07.2006. Entsprechend sollte die Freistellungsphase ab 01.08.2006 beginnen.

4

Infolge der Auflösung der Orientierungsstufen im Lande Niedersachsen wurde die Antragstellerin zur Lehrerin rückernannt (unter Gewährung einer Ausgleichszulage) und zum 01.08.2004 an ein Gymnasium zur weiteren Dienstleistung versetzt.

5

Schon mit Schreiben vom 28.06.2004 wurde die Antragstellerin zu dieser Maßnahme angehört. In dem Schreiben heißt es u.a.:

6

"Die Ihnen mit Verfügung vom 11.02.2002 (Az. ...) bewilligte Altersteilzeit im Blockmodell wird hierdurch nicht berührt. Da sich die Regelstundenzahl ab 01.08.2004 ändern wird, erfolgt eine Anpassung zu ggb. Zeit durch gesonderten Bescheid."

7

Wegen der im Schreiben vom 28.06.2004 angekündigten Änderung der Regelstundenzahl fertigte die Bezirksregierung Hannover unter dem 27.08.2004 eine weitere Verfügung. In diesem Bescheid heißt es u.a.:

8

"Die während der Gesamtdauer der Altersteilzeit zu erbringende Dienstleistung wird so verteilt, dass sie in der Zeit vom 01.08.2004 bis einschließlich 31.07.2006 vollständig vorab geleistet wird, d.h. in dieser Phase arbeiten Sie, durch die mit der Maßnahme verbundene Änderung der Regelstundenzahl, mit einer Arbeitszeit von 24,5 Stunden wöchentlich. In der Zeit vom 01.02.2006 bis 31.07.2010 sind Sie dafür vom Dienst freigestellt."

9

Im Entwurf dieses Bescheides in den vorgelegten Verwaltungsvorgängen wurde das Datum 01.02.2006 handschriftlich noch in 01.08.2006 abgeändert ohne dass diese Änderung in das an die Antragstellerin gesandte Original übernommen wurde.

10

Am 16.01.2006 (Eingang bei der Landesschulbehörde) teilte die Antragstellerin schriftlich mit, dass sie nach ihrer Pensionierung am 31.01.2006 ab April 2006 ihren Wohnsitz in die Schweiz verlegen werde.

11

Daraufhin stellte die Landesschulbehörde mit Schreiben vom 18.01.2006 klar, dass es sich bei dem Datum 01.02.2006 im Bescheid vom 27.08.2004 um einen Schreibfehler handele. Nach diesem Schreiben wurde dies der Antragstellerin auch schon vorab am 16.01.2006 telefonisch mitgeteilt. In dem Schreiben vom 18.01.2006 wurde der Antragstellerin weiterhin angeboten, einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand vor Erreichen der Altersgrenze zu stellen. Ansonsten müsse sie bis 31.07.2006 ihren Dienst versehen.

12

Einen derartigen Antrag auf vorzeitige Versetzung in den Ruhestand lehnte die Antragstellerin mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 24.01.2006 ab, bot als Kompromiss aber die Möglichkeit eine Beurlaubung mit der Hälfte der Dienstbezüge an.

13

Am 31.01.2006 suchte die Antragstellerin bei Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach.

14

Sie trägt vor: Sie sei aufgrund des Schreibens vom 27.08.2004, in dem stehe, dass sie ab 01.02.2006 vom Dienst freigestellt sei, davon ausgegangen, dass sie ab Februar nicht mehr arbeiten müsse. Bei der Lektüre dieses Schreibens sei ihr nicht aufgefallen, dass es in dem Schreiben außerdem noch heißt, dass bis 31.07.2006 Dienst geleistet werden müsse. Sie habe vielmehr geglaubt, weil sich die Regelstundenzahl geänderte habe, sei sie als Gegenleistung bereits ab 01.02.2006 vom Dienst freigestellt. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin handele es sich nicht um einen offensichtlichen Schreibfehler. Das ergebe sich aus der Verwendung des Wortes "dafür". Sie habe auf diesen Bescheid vertraut. Sie habe sich auf ihr Dienstende zum 31.01.2006 eingestellt und bereits weitreichende Dispositionen getroffen. Das Mietverhältnis ihrer hiesigen Wohnung habe sie zum 31.03.2006 gekündigt, weil sie zu ihrem Ehemann in die Schweiz ziehen wolle. Zum Teil seien die Möbel schon in die Schweiz gebracht worden. Für die Zeit vom 07.02. bis 12.02.2006 habe sie bereits eine Flugreise nach Zürich und für die Zeit vom 08.03. bis 13.02.2006 eine Reise nach Mallorca gebucht, in der Zeit vom 30.04. bis 09.06.2006 habe sie sich zudem zu einem Sprachkurs in Palermo angemeldet und dort für diesen Zeitraum schon eine Wohnung angemietet. Eine Beurlaubung nach § 11 SonderUrlaubsVO - wie hilfsweise begehrt - sei ebenfalls aus der Fürsorge- und Treuepflicht begründet.

15

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, in der Zeit vom 01.02.2006 bis 31.07.2006 Dienst zu tun;

16

hilfsweise,

17

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr, der Antragstellerin, für die Zeit vom 01.02.2006 bis 31.07.2006 Sonderurlaub unter Fortzahlung der Hälfte ihrer bisherigen Bezüge zu erteilen.

18

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen

19

Sie tritt dem Antrag entgegen.

20

Die Kammer hat die Sache mit Beschluss vom 07.02.2006 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

21

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

22

Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter, dem die Kammer den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung übertragen hat.

23

Der Antrag ist zulässig. Auch vorläufige Feststellungen können in einem Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO getroffen werden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl. 2000, § 123 Rdnr. 9).

24

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

25

Eine einstweilige Anordnung kann das Gericht gem. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur vorläufigen Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses dann erlassen, wenn glaubhaft gemacht ist, dass der geltend gemachte Anspruch gegenüber der Antragsgegnerin besteht und ohne eine vorläufige Regelung wesentliche, in § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO näher beschriebene Nachteile zu entstehen drohen.

26

Zwar wird man einen Anordnungsgrund - die Eilbedürftigkeit der Entscheidung - hier bejahen können. Im vorliegenden Fall ist es aber der Antragstellerin nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO

27

Die Antragstellerin wurde nicht bereits zum 01.02.2006 vom Dienst freigestellt.

28

In der Verfügung vom 11.02.2002, mit der die damalige Bezirksregierung - Rechtsvorgängerin der jetzigen Antragsgegnerin - die Altersteilzeit für die Antragstellerin regelte, wurde eindeutig festgelegt, dass die Arbeitsphase bis 31.07.2006 reicht und die Freistellungsphase ab 01.08.2006 beginnt.

29

Dieser Bescheid ist nicht durch das Schreiben bzw. den Bescheid vom 27.08.2004 abgeändert worden. In dem Schreiben vom 27.08.2004 wurde lediglich die Reduzierung der Regelstundenzahl von bislang 27 Wochenstunden an der Orientierungsstufe auf 24,5 Wochenstunden am Gymnasium mitgeteilt. Soweit im weiteren Satz das Wort "dafür" verwendet wurde, bezieht es sich eindeutig auf den ersten Satz des Absatzes, in dem ausgeführt wird, dass trotz Altersteilzeit der Dienst vollständig (d.h. also mit voller Wochenstundenzahl) bis 31.07.2006 zu leisten ist. Dass es nur um die Änderung der Regelstundenzahl ging, konnte die Antragstellerin zudem auch schon aus dem Schreiben vom 28.06.2004 entnehmen, mit dem der Bescheid vom 27.08.2004 angekündigt wurde.

30

Bei dem Datum 01.02.2006 handelt es sich nach alledem nicht um eine Neuregelung der Freistellungsphase, sondern um einen offenkundigen Schreibfehler iSd. § 42 VwVfG. Dies folgt bereits daraus, dass in Satz 1 des Absatzes im Schreiben vom 27.08.2004 von einer Arbeitsleistung bis 31.07.2006 gesprochen wird. Wenn dann im Folgesatz subsumiert wird, dass die Antragstellerin dafür dann ab 01.02.2006 vom Dienst freigestellt ist, hätte es sich der Antragstellerin ohne weiteres aufdrängen müssen, dass irgendetwas nicht stimmen konnte. Zumindest hätte eine entsprechende Nachfrage bei der Bezirksregierung nahegelegen. Die Antragstellerin räumt aber selbst in der Antragsschrift vom 31.01.2006 ein, dass ihr die zwei sich widersprechenden Daten nicht aufgefallen seien. Sie hat nach alledem das Schreiben vom 27.08.2004 nicht mit der gebotenen Sorgfalt gelesen, was indes an der Offenkundigkeit des Schreibfehlers nichts ändern kann. Nicht recht verständlich ist das Argument der Antragstellerin, dass sie quasi als Gegenleistung dafür, dass sie weil sie wegen der Verringerung der Wochenstundenzahl weniger Dienst verrichten muss, nun auch noch ein halbes Jahr länger vom Dienst freigestellt wird. Eine solche Überlegung hätte - wenn überhaupt - höchstens nur bei einer Erhöhung der Wochenstundenzahl in Betracht kommen können.

31

Einen Anspruch auf Sonderurlaub nach § 99 Abs. 2 NBG iVm. § 11 Abs. 2 SonderUrlaubVO ist ebenfalls nicht erkennbar. Eine derartige Beurlaubung kann danach nur erfolgen, wenn der Sonderurlaub auch dienstlichen Interessen dient. Hier soll der Sonderurlaub aber allein es der Antragstellerin ermöglichen, entsprechend den eingegangenen privaten Verpflichtungen handeln zu können.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG n.F., weil es um eine statusähnliche Frage geht. Da es vorliegend aber nur der Zeitraum eines halben Jahr strittig ist, erscheint dem Gericht der Ansatz des 6,5fachen des Endgrundgehaltes zu hoch. In Fällen, in denen der streitige Zeitraum deutlich unter einem Jahr liegt, setzt das Gericht deshalb nur die Hälfte des sich nach § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG ergebenden Betrages an. Eine weitere Reduzierung im Hinblick darauf, dass es sich um ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren handelt, ist hingegen nicht geboten. Denn die Entscheidung in diesem Verfahren nimmt die Hauptsache vorweg.