Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 30.03.2011, Az.: 6 A 269/10
Gymnasium; Satzung; Satzungsbefugnis; Schulbezirk; Schulpflicht; Schulträger; Vereinbarung; Vertrag zulasten Dritter; öffentlich-rechtlicher Vertrag
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 30.03.2011
- Aktenzeichen
- 6 A 269/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 45220
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 28 Abs 2 GG
- § 7 Abs 1 S 1 GemO ND
- § 6 Abs 1 S 1 GemO ND
- § 5 Abs 1 GemO ND
- § 4 Abs 1 GemO ND
- § 101 Abs 2 SchulG ND
- § 104 S 3 SchulG ND
- § 105 Abs 1 Nr 1 SchulG ND
- § 106 Abs 3 SchulG ND
- § 63 Abs 2 S 1 SchulG ND
- § 63 Abs 2 S 4 SchulG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Kommunale Schulträger sind nicht berechtigt, den Schulbezirk für in ihrem Gebiet gelegene Schulen durch einseitige satzungsrechtliche Regelung - ohne eine entsprechende Satzung des betroffenen anderen Schulträgers - auf das Gebiet oder Gebietsteile eines anderen Schulträgers zu erstrecken.
2. Eine Vereinbarung zwischen den betroffenen kommunalen Schulträgern genügt nicht, um Schülerinnen und Schüler aus dem Gebiet des einen zum Besuch von Schulen im Gebiet des anderen Schulträgers zu verpflichten. Dazu muss die Vereinbarung noch durch komplementäre Satzungen umgesetzt werden.
Tatbestand:
Die Klägerin und die Beklagten sind unterschiedlicher Auffassung darüber, ob Schülerinnen und Schüler aus der im Gebiet des Beklagten zu 1. gelegenen Samtgemeinde Schöppenstedt, die eine gymnasiale Schullaufbahn anstreben, grundsätzlich zum Besuch eines der im Gebiet der Klägerin bestehenden Gymnasien verpflichtet sind.
Die Klägerin ist seit 1975 auf der Grundlage einer entsprechenden Verfügung der Bezirksverwaltung Schulträgerin der im Stadtgebiet gelegenen allgemeinbildenden Schulen, zu denen auch drei Gymnasien gehören. In der Schulträgerschaft des Beklagten zu 1., dessen Kreisgebiet die Klägerin angehört, befindet sich kein Gymnasium. Im Jahre 1977 genehmigte der Präsident des damaligen Niedersächsischen Verwaltungsbezirks Braunschweig die Schulbezirke, die der Rat der Klägerin im Jahr 1976 beschlossen hatte. Für die drei Gymnasien der Klägerin war danach ein gemeinsamer Schulbezirk vorgesehen, der auch die Samtgemeinde Schöppenstedt mit allen Mitgliedsgemeinden umfasste.
Im Juli 1999 schlossen die Klägerin und der Beklagte zu 1. eine Vereinbarung „gem. § 104 des Niedersächsischen Schulgesetzes“. Nach § 1 dieser Vereinbarung verpflichtet sich die Klägerin, unter anderem die Gymnasialschülerinnen und Gymnasialschüler aus der Samtgemeinde Schöppenstedt an den drei Gymnasien der Stadt zu beschulen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Bestimmungen wird auf die Vereinbarung verwiesen (Bl. 26 der Gerichtsakte). Im September 1999 genehmigte die Bezirksregierung die Satzung der Klägerin über die Festlegung der Schulbezirke für die drei im Stadtgebiet gelegenen Gymnasien vom 30. Juni 1999. Wegen des Inhalts der Satzung wird auf diese Bezug genommen (Bl. 13 der Gerichtsakte).
Ab dem Schuljahr 2004/2005 gingen die Klägerin und der Beklagte zu 1. einvernehmlich davon aus, dass Schülerinnen und Schülern aus der Samtgemeinde Schöppenstedt ein Wahlrecht zustand mit dem Inhalt, anstelle der Gymnasien im Gebiet der Klägerin auch das Anna-Sophianeum-Gymnasium in Schöningen (im Gebiet des Beigeladenen) besuchen zu können. Hintergrund dafür war, dass das Gymnasium in Schöningen – anders als die Gymnasien im Gebiet der Klägerin – bereits als Ganztagsschule genehmigt worden war. Der Beklagte zu 1. übernahm gegenüber dem Beigeladenen die Sachkosten für den Schulbesuch dieser Schülerinnen und Schüler in Schöningen.
Zum Beginn des Schuljahres 2005/2006 wurde das erste der im Gebiet der Klägerin gelegenen Gymnasien als offene Ganztagsschule genehmigt. Die Klägerin und der Beklagte zu 1. waren sich einig darüber, dass das Wahlrecht für Schülerinnen und Schüler aus der Samtgemeinde Schöppenstedt gleichwohl fortbestand, weil die Ausstattung der Schule noch keinen geregelten Ganztagsbetrieb zugelassen habe. Im März 2009 teilte der Beklagte zu 1. dem Beigeladenen mit, dass ab dem Schuljahr 2009/2010 Schülerinnen und Schüler aus der Samtgemeinde Schöppenstedt ein Gymnasium in Wolfenbüttel zu besuchen hätten. Gegen diese Handhabung wandten sich Eltern aus Schöppenstedt, die sich in einer Elterninitiative organisiert hatten. Sie forderten unter Hinweis auf die längeren Fahrzeiten nach Wolfenbüttel ein generelles und unbefristetes Recht der Schülerinnen und Schüler aus der Samtgemeinde, zwischen dem Gymnasium in Schöningen und den Gymnasien der Klägerin wählen zu dürfen. Dieser Forderung schloss sich der Rat der Samtgemeinde im Dezember 2009 an. Für das Schuljahr 2009/2010 erhielten alle interessierten Schülerinnen und Schülern aus der Samtgemeinde Schöppenstedt Ausnahmegenehmigungen zum Besuch des Gymnasiums in Schöningen. Seit dem Schuljahr 2010/2011 sind alle Gymnasien im Gebiet der Klägerin als Ganztagsschulen genehmigt.
Zu Beginn des Jahres 2010 sprachen sich der Schul- und der Kreisausschuss des Beklagten zu 1. für das von der Schöppenstedter Elterninitiative geforderte Wahlrecht aus. Die Klägerin vertrat dazu auch nach Gesprächen mit dem Beklagten zu 1. weiterhin die Auffassung, ein solches Wahlrecht bestehe nach ihrer Satzung nicht. Sie verwies die betroffenen Eltern und ihre Kinder auf die schulrechtlichen Möglichkeiten, im Einzelfall Ausnahmegenehmigungen zu beantragen. Im Mai 2010 teilte die vom Beklagten zu 1. mit der Sache befasste Beklagte zu 2. der Klägerin mit, deren Schulbezirkssatzung überschreite die Satzungsgewalt der Stadt, soweit sie Regelungen für den Schulbesuch der außerhalb des Stadtgebietes lebenden Schülerinnen und Schüler getroffen habe; diese seien daher nicht zum Besuch der Wolfenbütteler Gymnasien verpflichtet, sondern könnten ein Gymnasium ihrer Wahl besuchen. Dieser Auffassung schloss sich der Landrat des Beklagten zu 1. in einem Pressegespräch im Mai 2010 an. Im laufenden Schuljahr (2010/2011) besucht auf dieser Grundlage ein Teil der Schülerinnen und Schüler aus der Samtgemeinde Schöppenstedt das Gymnasium in Schöningen.
Am 19. Oktober 2010 hat die Klägerin Feststellungsklage erhoben. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen Folgendes geltend: Die städtische Satzung sehe einen gemeinsamen Schulbezirk für die drei Wolfenbütteler Gymnasien vor, sodass die betroffenen Schülerinnen und Schüler zum Schulbesuch in Wolfenbüttel verpflichtet seien. Ausnahmen für Einzelfälle seien abschließend in § 63 Abs. 3 und 4 NSchG geregelt. Diese Satzung sei wirksam. Kommunale Rechtssetzung durch Satzung außerhalb des Selbstverwaltungsbereichs der Kommune sei möglich, soweit kraft gesetzlicher Ermächtigung ein entsprechendes Satzungsrecht ausformuliert sei. Eine dahin gehende Befugnis ergebe sich hier aus den Regelungen des Schulgesetzes. Gemäß § 63 Abs. 2 NSchG sei allein der Schulträger für die durch Satzung zu regelnde Festlegung der Schulbezirke zuständig, für die Wolfenbütteler Gymnasien also allein die Klägerin. Aus § 105 Abs. 1 Nr. 1 NSchG ergebe sich, dass ein Schulbezirk auch Gebiete außerhalb des Gebiets des Schulträgers umfassen könne. Da der Einzugsbereich der drei städtischen Gymnasien über das Stadtgebiet hinausgehe, bedürfe es im Hinblick auf die Festlegung von Schulbezirken auch Regelungen über den Gebietsbestand des Schulträgers hinaus. Die in einem solchen Fall erforderliche Zustimmung des anderen Schulträgers, des Beklagten zu 1., liege vor. Dafür sei keine Satzung notwendig. Da der Beklagte zu 1. nicht Schulträger eines Gymnasiums sei, könne er auch keine Schulbezirke für die hier in Rede stehenden Schulen durch Satzung festlegen. Die Zustimmung habe er aber in der Vereinbarung aus dem Jahre 1999 erklärt. Diese Vereinbarung reiche aus, um die Geltung der satzungsrechtlichen Schulbezirksregelung mit Rechtsbindung über den Hoheitsbereich der Klägerin hinaus in das Gebiet der anderen Kommune wirken zu lassen. Im Übrigen habe der Beklagte zu 1. mit Schreiben vom 25. Februar 1999 festgestellt, dass er keine Einwände gegen die beabsichtigte Festlegung der Schulbezirke für die Wolfenbütteler Gymnasien erhebe. Indem die Bezirksregierung Braunschweig die Satzung im September 1999 genehmigt habe, habe sie die Satzungskompetenz der Klägerin anerkannt. Die Satzung sei im Oktober 1999 im Amtsblatt des Beklagten zu 1. verkündet worden, insoweit habe Einigkeit zwischen ihr und dem Beklagten auch über den Regelungsumfang und die Bindungswirkung der Regelungen bestanden. Dieser habe die Satzung in den Jahren seit ihrer Verkündung auch nicht beanstandet. Auch aus den Regelungen über die Einrichtung von Oberschulen in der Schulgesetznovelle ergebe sich, dass sie, die Klägerin, schulrechtlich eine (Mit-)Entscheidungsbefugnis besitze, die sich über die städtischen Grenzen hinaus in das Kreisgebiet erstrecke. Die Vereinbarung aus dem Jahre 1999 habe der Beklagte zu 1. bislang auch nicht gekündigt. Zum einen fehle es an der erforderlichen Schriftform. Zum anderen habe der Beklagte zu 1. deutlich gemacht, dass er an der Fortgeltung der Verwaltungsvereinbarung – mit Ausnahme der Regelungen für Schülerinnen und Schüler aus der Samtgemeinde Schöppenstedt – interessiert sei; eine Kündigung habe zur Folge, dass sämtliche Schulbezirksregelungen in der Vereinbarung aufgehoben würden.
Die Klägerin beantragt
festzustellen, dass Schülerinnen und Schüler, die in der Samtgemeinde Schöppenstedt wohnen und die Beschulung in einem Gymnasium im Sekundarbereich I anstreben, grundsätzlich zum Besuch eines der in Wolfenbüttel gelegenen Gymnasien verpflichtet sind.
Der Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. beantragen,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt der Beklagte zu 1. im Wesentlichen Folgendes aus: Die Feststellungsklage sei bereits unzulässig. Es fehle an einem feststellungsfähigen konkreten Rechtsverhältnis, da der von der Satzungsregelung betroffene Personenkreis – die Schülerinnen und Schüler aus der Samtgemeinde Schöppenstedt – gerade nicht bestimmt sei. Ein konkretes Rechtsverhältnis läge vor, wenn es um die Schulbesuchspflicht eines einzelnen Schülers ginge. Die Verwaltungsgerichtsordnung sehe außerdem nicht vor, dass Behörden selbst gesetzte Normen auf ihre Wirksamkeit überprüfen lassen können. Es fehle auch an der Klagebefugnis, da die Planungshoheit der Klägerin an ihren Gemeindegrenzen ende. Unabhängig davon sei die Klage auch unbegründet; die Klägerin sei nicht befugt, durch Satzung Pflichten für andere Personen als die eigenen Einwohnerinnen und Einwohner zu begründen. Eine dahin gehende Legitimation ergebe sich auch nicht aus der Vereinbarung von 1999. Jedenfalls habe er, der Beklagte zu 1., die Vereinbarung inzwischen auch gekündigt, indem er aufgrund des Beschlusses des Kreisausschusses und mit der entsprechenden Bitte an die Klägerin, die Schulbezirkssatzung zu ändern, zum Ausdruck gebracht habe, dass er sich von der Regelung in § 1 Nr. 3 der Vereinbarung lösen wolle.
Auch die Beklagte zu 2. ist der Ansicht, der Klägerin fehle die Befugnis, per Satzung Schülerströme außerhalb ihrer Gemeindegrenzen zu lenken. Die Verwaltungsvereinbarung von 1999 binde unmittelbar nur die Vertragsparteien. Auch die Übertragung der Regelungskompetenz durch den Beklagten zu 1. dürfte, so die Beklagte zu 2., rechtlich nicht zulässig sein.
Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten zu 1. und 2. Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I. Die Klage ist als Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) zulässig.
Durch eine solche Klage kann die Feststellung begehrt werden, ob ein Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht. Ein in dieser Hinsicht feststellungsfähiges Rechtsverhältnis besteht sowohl zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1. als auch in ihrem Verhältnis zur Beklagten zu 2.
Der Klageantrag betrifft die rechtlichen Beziehungen zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1., weil eine entsprechende Feststellung zur Schulbesuchspflicht nur zu treffen wäre, wenn der Klägerin die Befugnis zustünde, Gymnasialschülerinnen und -schüler aus dem Kreisgebiet des Beklagten zu 1. außerhalb Wolfenbüttels zum Besuch der Gymnasien im Stadtgebiet von Wolfenbüttel zu verpflichten. Mit der Klage sollen also die Gestaltungsrechte der beiden Gebietskörperschaften im Bereich der Schulträgerschaft, insbesondere die Satzungsbefugnis und die sich aus einer Vereinbarung ergebenden Berechtigungen, geklärt und abgegrenzt werden. Derartige rechtliche Beziehungen können ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 VwGO begründen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 43 Rn. 11; Pietzcker in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Mai 2010, § 43 Rn. 15). Dieses Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1. ist auch hinreichend konkret. Dafür genügt, dass die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig ist (Pietzcker, a. a. O., Rn. 17 m. w. N.). Wann ein Sachverhalt hinreichend bestimmt ist, ist nach dem prozessrechtlichen Zweck dieses Kriteriums zu beurteilen. Das Erfordernis soll verhindern, dass das Verwaltungsgericht über abstrakte Rechtsfragen entscheidet (vgl. Pietzcker, a. a. O.). Eine derartige nicht fallbezogene Entscheidung droht hier jedoch nicht. Der Feststellungsantrag betrifft die Regelungsbefugnisse der Klägerin und des Beklagten zu 1. hinsichtlich der Gymnasialschülerinnen und -schüler aus der Samtgemeinde Schöppenstedt. Dieser Personenkreis ist hinreichend bestimmt, obwohl sich seine konkrete Zusammensetzung in jedem Schuljahr ändern kann. Es genügt, dass der Personenkreis örtlich begrenzt und als solcher von den streitigen Regelungen in der Satzung der Klägerin und der Vereinbarung mit dem Beklagten zu 1. betroffen ist. Dadurch entstehen konkrete „Anwendungsfälle“ der Regelungen und damit mehr als bloße abstrakte Rechtsfragen. Unerheblich ist insoweit auch, dass die Klägerin bereit ist, Ausnahmeregelungen zu treffen. Ein Sachverhalt ist jedenfalls auch dann hinreichend bestimmt, wenn allein auf den in der Regel eintretenden Fall abgestellt wird (vgl. Pietzcker, a. a. O., Rn. 18).
Ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis besteht auch zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2. Die Klägerin unterliegt bei der Durchführung ihrer Aufgaben als Schulträgerin gemäß § 120 Abs. 5 NSchG der rechtlichen Aufsicht der Schulbehörde (vgl. a. Schippmann in: Brockmann/Lippmann/Schippmann, NSchG, Stand: Februar 2011, § 101 Erl. 5). Die Schulbehörde hat insoweit also die Gesetzmäßigkeit des Handelns sicherzustellen. Dazu hat sie darauf hinzuwirken, dass die Klägerin die Rechts- und Verwaltungsvorschriften einhält (vgl. § 120 Abs. 2 NSchG), allerdings ohne die Befugnis zum Erlass belastender Verwaltungsakte gegenüber dem Schulträger (ebenso Brockmann in: Brockmann/Lippmann/Schippmann, a. a. O., § 120 Erl. 4.3.3). Auf der Grundlage dieser rechtlichen Beziehungen zur Klägerin hat die Beklagte zu 2. in schriftlichen Stellungnahmen die Befugnis der Klägerin verneint, Schülerinnen und Schüler aus der Samtgemeinde Schöppenstedt zum Besuch der städtischen Gymnasien zu verpflichten. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung auch gegenüber der Beklagten zu 2., um angesichts der streitigen Rechtslage klären zu lassen, ob die Schulbehörde auf eine andere als in der städtischen Schulbezirkssatzung vorgesehene Behandlung der Schöppenstedter Gymnasiastinnen und Gymnasiasten durch die Klägerin hinwirken darf.
Dass sich das Bestehen oder Nichtbestehen des streitigen Rechtsverhältnisses nur klären lässt, indem auch eine Aussage über die Rechtmäßigkeit und damit die Wirksamkeit der städtischen Schulbezirkssatzung getroffen wird, steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen. Das feststellungsfähige Rechtsverhältnis verliert diese Eigenschaft nicht dadurch, dass die Klage (auch) von der Wirksamkeit einer Norm abhängt, die zum Gegenstand einer Normenkontrolle nach § 47 VwGO gemacht werden könnte (im Ergebnis ebenso Pietzcker, a. a. O., Rn. 25). Das ergibt sich schon aus dem unterschiedlichen Streitgegenstand der beiden Klagearten.
Auch eine Klagebefugnis der Klägerin (analog § 42 Abs. 2 VwGO) ist gegeben. Eine Verletzung ihrer Rechte als kommunale Schulträgerin ist nicht offensichtlich und eindeutig auch ohne die begehrte gerichtliche Feststellung nach jeder denkbaren Betrachtungsweise ausgeschlossen (vgl. dazu Kopp/Schenke, a. a. O., § 42 Rn. 65). Ob Rechte der Klägerin tatsächlich verletzt sind, hat das Gericht erst im Rahmen der Begründetheitsprüfung – bei der inhaltlichen Überprüfung des Feststellungsantrags – zu klären. Danach kann das Gericht für das vorliegende Verfahren offenlassen, ob auch für eine Feststellungsklage eine Klagebefugnis überhaupt erforderlich ist (zu dieser Frage s. Kopp/Schenke, a. a. O., § 42 Rn. 63 m. w. N. zum Streitstand).
Der Zulässigkeit der Klage steht schließlich auch der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 VwGO) nicht entgegen. Der Subsidiaritätsgrundsatz greift nur in den Fällen ein, in denen sich das mit der Klage erstrebte Ziel durch andere Verfahren ebenso gut oder besser erreichen lässt. Dies ist hier nicht der Fall. Zwar ist grundsätzlich denkbar, dass die Klägerin Verwaltungsakte gegen die betroffenen Schülerinnen und Schüler erlässt, um dann im Rahmen der nachfolgenden Klageverfahren die Rechtmäßigkeit ihrer Satzung klären zu lassen. Durch die Feststellungsklage lässt sich aber jedenfalls eine potenzielle Vielzahl von Anfechtungsprozessen vermeiden, sodass sie hier einen effektiveren Weg zur Klärung der Rechtsfragen eröffnet. Auf ein Vorgehen gegen eine denkbare kommunalaufsichtliche Beanstandung muss sich die Klägerin schon deswegen nicht verweisen lassen, weil der Beklagte zu 1. eine solche bislang nach eigenen Angaben wegen der Notwendigkeit eines „vertrauensvollen Zusammenwirkens“ hinsichtlich der Schulentwicklung bewusst abgelehnt hat.
II. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Schülerinnen und Schüler aus der Samtgemeinde Schöppenstedt, die eine gymnasiale Beschulung anstreben, sind gegenwärtig nicht dazu verpflichtet, eines der Wolfenbütteler Gymnasien zu besuchen. Eine solche Verpflichtung ergibt sich weder aus der Satzung der Klägerin vom 30. Juni 1999 (1.) noch aus der Vereinbarung mit dem Beklagten zu 1. vom 1./5. Juli 1999 (2.).
1. Die Satzung der Klägerin über die Festlegung der Schulbezirke für das Gymnasium im Schloss, das Theodor-Heuss-Gymnasium und das Gymnasium Große Schule vom 30. Juni 1999 ist rechtswidrig, soweit sie den festgelegten gemeinsamen Schulbezirk für die drei in ihrem Gemeindegebiet gelegenen Gymnasien auf außerhalb dieses Gebietes liegende Teile des Landkreises erstreckt. Für eine Satzung dieses Inhalts fehlt der Klägerin die erforderliche Satzungsbefugnis. Kommunale Schulträger sind nicht berechtigt, den Schulbezirk für in ihrem Gebiet gelegene Schulen durch eine einseitige satzungsrechtliche Regelung – ohne eine entsprechende Satzung des betroffenen anderen Schulträgers – auf das Gebiet oder Gebietsteile eines anderen Schulträgers zu erstrecken; dies gilt auch für den Fall, dass der andere Schulträger einer solchen Satzung zugestimmt hat.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Gemeindeordnung (NGO) können die Gemeinden im Rahmen der Gesetze ihre eigenen Angelegenheiten durch Satzung regeln. Die Regelung bringt die Satzungsautonomie der Gemeinden im sogenannten eigenen Wirkungskreis (§ 4 Abs. 1 NGO) zum Ausdruck, die dem durch die Verfassung geschützten Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung zuzurechnen ist (vgl. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 57 Abs. 1 und 3 NV sowie BVerwG, B. v. 07.09.1992 - 7 NB 2/92 -, NJW 1993, 411, 412). Indem das Kommunalrecht und die Verfassung die Gemeinden im eigenen Wirkungskreis nur zur Regelung der eigenen Angelegenheiten ermächtigen, wird ihre Satzungsbefugnis in zweierlei Hinsicht begrenzt: Die Satzungen dürfen sachlich nur für das Gemeindegebiet gelten und müssen sich personell auf die Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde (§ 21 Abs. 1 NGO) oder auf Personen beziehen, die zu der Gemeinde in eine besondere Beziehung treten (vgl. Wefelmeier in: KVR-NGO, Stand: November 2010, § 6 Rn. 6; Baumgarten in: KVR-NGO, a. a. O., § 16 Rn. 9; Maurer, DÖV 1993, 184, 188). Diesen Ermächtigungsrahmen hat die Klägerin mit dem Erlass der Satzung über den Schulbezirk der Wolfenbütteler Gymnasien überschritten.
Die Klägerin ist als Schulträgerin der in ihrem Stadtgebiet gelegenen Gymnasien nach dem Niedersächsischen Schulgesetz dazu verpflichtet, für diese Schulen Schulbezirke festzulegen (vgl. § 63 Abs. 2 Satz 1 NSchG). Dieser Aufgabe ist sie mit Erlass der Satzung vom 30. Juni 1999 durch die Festlegung eines gemeinsamen Schulbezirks, den sie grundsätzlich gemäß § 63 Abs. 2 Satz 4 NSchG einrichten durfte, nachgekommen. Die Schulträgerschaft gehört nach § 101 Abs. 2 NSchG zum eigenen Wirkungskreis der kommunalen Schulträger, also zu den Aufgaben, die den Kommunen durch Gesetz als eigene zugewiesen sind (vgl. § 4 Abs. 1 NGO und dazu Göke in: KVR-NGO, a. a. O., Nr. 12 des Anhangs zu § 4). Damit sind alle Aufgaben, die die kommunalen Schulträger auf dem Gebiet des Schulwesens wahrzunehmen haben, insbesondere auch die Festlegung von Schulbezirken, dem eigenen Wirkungskreis der jeweiligen Kommune zuzuordnen (ebenso Schippmann, a. a. O., § 101 Erl. 5 und 4). Den für Satzungen in diesem Wirkungskreis nach der Verfassung und § 6 Abs. 1 Satz 1 NGO geltenden Ermächtigungsrahmen hat die Klägerin bei der Bestimmung der Schulbezirke für die Wolfenbütteler Gymnasien nicht eingehalten.
Die Satzung trifft Regelungen nicht nur für das Stadtgebiet, sondern auch für die Gebiete der Samtgemeinde Schöppenstedt und anderer Gebietskörperschaften außerhalb des Stadtgebiets. Insoweit unterwirft die Klägerin darüber hinaus Personen den satzungsrechtlichen Regelungen, die nicht zu ihren Einwohnerinnen oder Einwohnern zählen (vgl. § 21 Abs. 1 NGO). Die Schülerinnen und Schüler aus der Samtgemeinde Schöppenstedt, die mit der Satzung zum Besuch der Gymnasien in Wolfenbüttel verpflichtet werden sollen, stehen zu der Klägerin auch nicht in einer besonderen Beziehung, die ausnahmsweise die Erstreckung der Satzungsgewalt auf Personen ohne Einwohnerstatus erlaubt. Dies würde jedenfalls voraussetzen, dass die nicht im Gebiet der Gemeinde lebenden Personen kraft eigener Entscheidung das Gemeindegebiet in Anspruch nehmen wollen, wie dies beispielsweise bei den Benutzern einer gemeindlichen Einrichtung oder beim Betreiben eines Gewerbes im Gemeindegebiet der Fall ist. Es genügt dagegen nicht, wenn eine Beziehung zum Gemeindegebiet durch die fragliche Satzung als solche hergestellt werden soll, hier also durch die Verpflichtung von Einwohnerinnen und Einwohnern einer anderen Gebietskörperschhaft zum Schulbesuch in der normsetzenden Gemeinde. Sonst hätten die Gemeinden es weitgehend selbst in der Hand, ihre Satzungsgewalt entgegen den Hoheitsrechten anderer Kommunen auszudehnen.
Die Befugnis der Klägerin, durch eine einseitige satzungsrechtliche Regelung Schulbezirke auf außerhalb des Gemeindegebietes gelegene Kommunen zu erstrecken, lässt sich auch nicht aus den Vorschriften des Niedersächsischen Schulgesetzes herleiten.
Gemeinden können grundsätzlich durch Landesgesetz auch zum Erlass von Satzungen ermächtigt werden, die sich räumlich auf nicht zu ihrem eigentlichen Hoheitsbereich gehörende Gebiete erstrecken (vgl. BVerwG, B. v. 11.03.1998 - 8 BN 6/97 -, juris Rn. 6 = NVwZ 1998, 952; Maurer, a. a. O., S. 188, 189 f.; Baumgarten, a. a. O., § 16 Rn. 9 und 87). Eine derartige landesrechtliche Regelung erweitert die sich aus § 6 Abs. 1 Satz 1 NGO ergebende Satzungskompetenz der Gemeinde. Die Satzungsbefugnis stützt sich in diesem Fall also nicht auf die allgemeine kommunalrechtliche Regelung und das Selbstverwaltungsrecht, die den Gemeinden nur eine auf die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und damit räumlich und personell begrenzte Satzungsgewalt einräumen, sondern allein auf das kompetenzerweiternde Landesgesetz. Das Selbstverwaltungsrecht verwehrt es dem Landesgesetzgeber grundsätzlich aber nicht, einer Gemeinde derart erweiterte Regelungsbefugnisse einzuräumen, sofern dadurch das Recht einer anderen Kommune, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, nicht verletzt wird (vgl. BVerwG, B. v. 11.03.1998, a. a. O.). Den Regelungen des Niedersächsischen Schulgesetzes lässt sich eine gesetzliche Ermächtigung für die Satzung der Klägerin jedoch nicht entnehmen.
Eine solche Ermächtigung ergibt sich insbesondere nicht aus § 63 Abs. 2 NSchG. Nach Satz 1 dieser Vorschrift legen die Schulträger im Primarbereich für jede Schule einen Schulbezirk fest; im Sekundarbereich I können sie für Schulen, erforderlichenfalls für einzelne Bildungsgänge, Schulzweige oder einzelne Schuljahrgänge gesondert, einen Schulbezirk festlegen. Ein gemeinsamer Schulbezirk kann für mehrere Schulen derselben Schulform festgelegt werden, die sich an demselben Standort befinden (§ 63 Abs. 2 Satz 4 NSchG). Soweit Schulbezirke festgelegt worden sind, haben die Schülerinnen und Schüler nach § 63 Abs. 3 Satz 1 NSchG die Schule der von ihnen gewählten Schulform zu besuchen, in deren Schulbezirk sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die dargestellten Regelungen in § 63 Abs. 2 und 3 NSchG geben den rechtlichen Rahmen vor, nach dem die örtlich zuständige Schule zu bestimmen ist, und konkretisieren damit die von der Verfassung vorgegebene Schulpflicht (vgl. Art. 4 Abs. 2 NV). Sie erweitern damit aber nicht die Satzungsbefugnis der kommunalen Schulträger. Schon der Wortlaut der Vorschriften enthält dafür keinerlei Anhaltspunkte. Die Festlegung der Schulbezirke ist nach § 63 Abs. 2 NSchG Aufgabe der Schulträger. Diese und alle anderen Aufgaben, die die kommunalen Schulträger auf dem Gebiet des Schulwesens wahrzunehmen haben, gehören zu denen ihres eigenen Wirkungskreises (vgl. § 101 Abs. 2 NSchG). Im eigenen Wirkungskreis ist die Satzungsbefugnis der Kommunen aber nach den allgemeinen (kommunalrechtlichen) Bestimmungen räumlich und personell begrenzt.
Auch Sinn und Zweck der Regelungen sprechen nicht dafür, dass der Gesetzgeber den kommunalen Schulträgern unter besonderen Voraussetzungen eine über die allgemeinen Regeln hinausgehende Satzungsbefugnis einräumen wollte. Die Vorschriften sollen die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die örtliche Zuständigkeit der Schulen klar voneinander abgegrenzt werden kann; darüber hinaus ermöglicht die Festlegung von Schulbezirken die effektive Steuerung der Schülerströme und damit die sachgerechte Organisation des Schulangebots. Dafür bedarf es aber keiner besonderen, die allgemeinen Kompetenzen erweiternden Regelung der Satzungsbefugnisse. Dies gilt insbesondere auch für gebietsübergreifende Regelungen. Benachbarte Schulträger dürfen grundsätzlich Vereinbarungen über die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern aus dem jeweils anderen Gebiet treffen und die Schulbezirke entsprechend ausgestalten (vgl. § 104 Satz 3 und § 105 Abs. 1 Nr. 1 NSchG). Um diese Absprachen satzungsrechtlich umzusetzen, ist es nicht erforderlich, einem der beteiligten Schulträger die Kompetenz zu übertragen, den Schulbezirk allein durch eine von ihm zu erlassende Satzung auf Gebiete des anderen Schulträgers zu erstrecken. Das Ziel einer verbindlichen Ausdehnung des Schulbezirks auf Gebiete eines anderen Schulträgers lässt sich auch dadurch erreichen, dass die beteiligten Schulträger – nach einer Vereinbarung über die Aufnahme der betroffenen Schülerinnen und Schüler – jeweils entsprechende Satzungen erlassen: Der Schulträger, in dessen Gebiet die aufnehmenden Schulen gelegen sind, kann den Schulbezirk auf Gebietsteile des anderen Schulträgers erstrecken. Der andere Schulträger kann die Schülerinnen und Schüler aus seinem Gebiet durch Satzung verpflichten, die betreffenden auswärtigen Schulen zu besuchen. Die Satzungen der beteiligten Schulträger sind in dem Sinne komplementär, als sie jeweils bis zum Inkrafttreten aller Satzungen schwebend unwirksam und so lange nicht für die betroffenen Schülerinnen und Schüler verbindlich sind.
Der Satzungsbefugnis des an einer solchen Vereinbarung beteiligten anderen Schulträgers, der Schülerinnen und Schüler aus seinem Gebiet an auswärtige Schulen „abgeben“ soll, steht die Regelung in § 101 Abs. 2 NSchG nicht entgegen. Der gegenteiligen Auffassung der Klägerin kann nicht gefolgt werden. Es trifft zwar zu, dass die Festlegung von Schulbezirken nach dieser Vorschrift in Verbindung mit § 63 Abs. 2 NSchG zu den eigenen Angelegenheiten der kommunalen Schulträger und damit zu deren Aufgaben des eigenen Wirkungskreises gehört. Die ihnen insoweit eingeräumte Satzungsgewalt erstreckt sich aber nur auf ihr eigenes Gebiet. Dem anderen („abgebenden“) kommunalen Schulträger – dies wäre hier bei einer entsprechenden Regelung der Landkreis – verbleibt die sich aus seinem Selbstverwaltungsrecht und den entsprechenden kommunalgesetzlichen Regelungen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 NGO bzw. § 7 Abs. 1 Satz 1 NLO) ergebende Befugnis, Satzungen für die in seinem Gebiet lebenden Schülerinnen und Schüler zu erlassen und diese demnach zum Besuch der außerhalb seines Gebietes gelegenen Schulen zu verpflichten.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Regelung in § 105 Abs. 1 Nr. 1 NSchG, wonach auswärtige Schülerinnen und Schüler in die Schule aufzunehmen sind, wenn sie „im Schulbezirk der Schule (§ 63 Abs. 2) wohnen“. Die Vorschrift zeigt nur, dass der Gesetzgeber gebietsübergreifende Schulbezirke grundsätzlich für möglich und zulässig hält. Auch diese Regelung enthält nach Wortlaut und Zweck aber keine Ansatzpunkte dafür, dass das Schulgesetz die Satzungsbefugnis des aufnehmenden Schulträgers in solchen Konstellationen erweitern wollte (unklar insoweit Schippmann, a. a. O., § 105 Erl. 2.1.1). Die Vorschrift nimmt ausdrücklich auf die Bestimmungen über die Festlegung der Schulbezirke in § 63 Abs. 2 NSchG Bezug, der sich eine die allgemeinen Satzungsbefugnisse erweiternde Ermächtigung aus den dargelegten Gründen nicht entnehmen lässt.
An der fehlenden Satzungsbefugnis der Klägerin würde sich selbst dann nichts ändern, wenn der Landkreis ihrer Satzung zugestimmt hätte. Die erforderliche gesetzliche Ermächtigung könnte durch eine solche Zustimmung jedenfalls nicht wirksam ersetzt werden (s. auch § 5 Abs. 1 bzw. § 4 Abs. 1 NGO). Seine Satzungsbefugnis darf der Beklagte zu 1. auch nicht teilweise auf die Klägerin übertragen (vgl. z. B. Wefelmeier, a.a.O., § 6 Rn. 3). Für eine solche Übertragung ergeben sich aus der Vereinbarung vom 1./5. Juli 1999 und aus den dem Gericht im Übrigen vorliegenden Unterlagen jedenfalls auch keine Anhaltspunkte. Durch eine (partielle) Delegierung von Satzungsbefugnissen ließe sich eine Kompetenz der Klägerin für die Festlegung von über ihr Gebiet hinausgehenden Schulbezirken jedenfalls nicht begründen.
Auch das Gesetz zur Neuordnung der Schulstruktur in Niedersachsen vom 16. März 2011 (Nds. GVBl. S. 83), auf das die Klägerin hingewiesen hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung der Rechtslage. Nach dem durch Art. 1 Nr. 22 Buchst. b dieses Gesetzes geänderten § 106 Abs. 3 NSchG ist die Erweiterung einer Oberschule um ein gymnasiales Angebot nur zulässig, wenn (u. a.) der Schulträger des Gymnasiums zustimmt, das die Schülerinnen und Schüler sonst im Gebiet des Landkreises bzw. der kreisfreien Stadt besuchen würden. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, daraus lasse sich herleiten, dass sie schulrechtlich eine (Mit-)Entscheidungskompetenz besitze, die sich über ihre Gebietsgrenzen hinaus in das Kreisgebiet erstrecke, der Gesetzgeber habe also gerade nicht vorgesehen, dass im Gebiet außerhalb der Stadt ausschließlich der Landkreis über Regelungskompetenz verfüge, kann dem nicht gefolgt werden. Die zitierte Regelung im geänderten § 106 Abs. 3 NSchG dehnt nicht die Regelungskompetenz der Schulträger im Verhältnis zu den Schülerinnen und Schülern aus. Sie räumt dem anderen Schulträger lediglich ein Mitspracherecht für den konkreten Fall der Erweiterung einer Oberschule um ein gymnasiales Angebot ein, weil eine solche Entscheidung Einfluss auf die Nachfrage des bestehenden gymnasialen Angebots und damit auf die gesamte Organisation der betroffenen Gymnasien hat. Indem die Regelung auf einen speziellen Fall begrenzt ist – die Erweiterung einer Oberschule um ein gymnasiales Angebot – kann sie nicht im Rahmen systematischer Erwägungen zur Auslegung der Vorschriften über die Festlegung von Schulbezirken herangezogen werden. Unabhängig davon tritt die zitierte Vorschrift erst am 1. August 2011 in Kraft (Art. 6 des Gesetzes zur Neuordnung der Schulstruktur in Niedersachsen, a. a. O.).
Auch aus der Genehmigung ihrer Satzung durch die Bezirksregierung kann die Klägerin insoweit nichts herleiten. Die Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde ist Wirksamkeitsvoraussetzung, sie heilt jedoch nicht die vorhandenen rechtlichen Mängel einer Satzung (ebenso Saipa in: KVR-NLO, Stand: November 2010, § 7 Rn. 15). Auch die Verfügung der Aufsichtsbehörde vom 19. Dezember 1975 rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Die Verfügung verleiht der Klägerin lediglich die Eigenschaft eines Schulträgers (vgl. § 102 Abs. 3 NSchG). Daraus ergibt sich aber noch nicht die Befugnis der Klägerin, Schulbezirke über ihre Gebietsgrenzen hinaus in den Landkreis auszudehnen. Dass der Beklagte zu 1. die Satzung der Klägerin jahrelang nicht beanstandet hat, kann die fehlende gesetzliche Satzungsermächtigung ebenfalls nicht ersetzen.
Die fehlende Satzungskompetenz der Klägerin führt dazu, dass ihre Satzung jedenfalls insoweit rechtswidrig und damit gegenüber den betroffenen Schülerinnen und Schülern unwirksam ist.
2. Schülerinnen und Schüler aus der Samtgemeinde Schöppenstedt, die sich für den Besuch eines Gymnasiums entschieden haben, sind auch nicht auf der Grundlage der Vereinbarung zwischen Klägerin und Beklagtem zu 1. vom 1./5. Juli 1999 zum Besuch der Wolfenbütteler Gymnasien verpflichtet.
Das Schulgesetz sieht zwar eine solche Vereinbarung zwischen Schulträgern vor, wenn einer der Schulträger Schülerinnen und Schüler aus dem Gebiet des benachbarten Schulträgers aufnehmen soll (vgl. § 104 Satz 3 NSchG und Nr. 3.4.6 Abs. 1 des Erlasses des MK v. 29.08.1995 - SVBl. S. 223 -, zul. geänd. durch Verwaltungsvorschrift v. 01.03.2006 - SVBl. S. 109 -). Eine Vereinbarung genügt jedoch nicht, um die betroffenen Schülerinnen und Schüler zum Schulbesuch im Gebiet des aufnehmenden Schulträgers zu verpflichten. Grundsätzlich ist für eine rechtswirksame Festlegung von Schulbezirken eine satzungsrechtliche Regelung erforderlich (vgl. Nds. OVG, U. v. 21.05.1992 - 13 L 148/90 -, juris Rn. 5 = www.dbovg.niedersachsen.de). Nur durch wirksame Satzungen über Schulbezirke lässt sich die Pflicht der Schülerinnen und Schüler begründen, sich bei der Wahl der Schule nach den vorgegebenen örtlichen Zuständigkeiten der Schulen zu richten. Danach genügt insbesondere auch eine verwaltungsinterne Regelung jedenfalls nicht den rechtlichen Anforderungen (vgl. Hess. VGH, U. v. 25.04.1983 - VI N 5/82 -, NVwZ 1984, 116, 117; VG Weimar, B. v. 17.06.2010 - 2 E 519/10 We -; Avenarius, Schulrecht, 8. Aufl., S. 94). Sofern die Schulträger eine Vereinbarung nach § 104 Satz 3 NSchG getroffen haben, bedarf diese daher noch der Umsetzung durch komplementäre Satzungen (s. oben, II. 1.), um die betroffenen Schülerinnen und Schüler rechtswirksam zu einem den festgelegten Schulbezirken entsprechenden Schulbesuch zu verpflichten. Die vorliegende Vereinbarung kann allenfalls die beteiligten Schulträger binden. Soweit die Vereinbarung nach den Vorstellungen der beteiligten Körperschaften auch Verpflichtungen für Schülerinnen und Schüler aus Schöppenstedt begründen sollte, läge außerdem ein Vertrag zulasten Dritter vor, der unzulässig ist, weil dafür weder eine gesetzliche Ermächtigung noch eine vorherige Zustimmung des beeinträchtigten Personenkreises vorliegt (vgl. Bonk in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 58 Rn. 10).
Unabhängig davon ist in der Vereinbarung nicht hinreichend deutlich formuliert, dass die Klägerin berechtigt sein sollte, Schulbezirke über ihre Gebietsgrenzen hinaus festzulegen. In § 1 der Vereinbarung ist nur die Rede davon, dass die Klägerin sich verpflichtet, Gymnasialschülerinnen und -schüler aus der Samtgemeinde Schöppenstedt und anderen außerhalb der Stadtgrenzen gelegenen Teilen des Kreisgebietes an ihren Gymnasien zu beschulen. Die Berechtigung, die Schulbezirke in das Kreisgebiet auszudehnen oder die betreffenden Schülerinnen und Schüler zum Schulbesuch in Wolfenbüttel zu verpflichten, wird ihr nicht ausdrücklich eingeräumt. Auch eine korrespondierende Pflicht des Beklagten zu 1., Kinder aus den betreffenden Teilen des Kreisgebietes zum Schulbesuch in Wolfenbüttel zu verpflichten, ist nicht geregelt. Die dem Gericht vorliegenden weiteren Unterlagen bieten keine hinreichende Grundlage für eine andere Interpretation der Vereinbarung.
Ob der Beklagte zu 1. die Vereinbarung – wie die Klägerin meint – nur schriftlich hätte kündigen können, ist zumindest zweifelhaft. Die Frage, ob eine wirksame Kündigung vorliegt, kann die Kammer aber für das vorliegende Klageverfahren offenlassen. Dies gilt auch für die Frage, ob die Vereinbarung von den nach Kommunalverfassungsrecht zuständigen Gremien geschlossen wurde (vgl. insbesondere § 40 Abs. 1 Nr. 17 NGO).
Da die begehrte Feststellung bereits wegen der fehlenden Satzungsbefugnis der Klägerin und einer insoweit nicht hinreichenden Vereinbarung mit dem Beklagten zu 1. abzulehnen ist, braucht das Gericht nicht zu entscheiden, ob Gymnasialschülerinnen und -schüler aus der Samtgemeinde Schöppenstedt bereits nach § 63 Abs. 4 NSchG nicht zum Besuch der Gymnasien im Gebiet der Klägerin verpflichtet werden können (vgl. dazu VG Göttingen, B. v. 23.07.2009 - 4 B 134/09 -; Brockmann in: Brockmann/Littmann/Schippmann, a. a. O., § 63 Erl. 6).
Zur Klarstellung weist das Gericht darauf hin, dass das Urteil nur Schülerinnen und Schüler des Sekundarbereichs I betrifft. Im Sekundarbereich II können Schulen grundsätzlich ohne Bindung an Schulbezirke – begrenzt durch die Aufnahmekapazität der Schulen – frei gewählt werden (vgl. § 63 Abs. 2 Satz 1 und § 105 Abs. 2 Satz 1 NSchG).