Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 29.10.1993, Az.: 5 W 158/93
Zulässigkeit einer Mischeinlage bei Umwandlung des Betriebs eines Einzelkaufmanns in eine GmbH ; Erbringung des Stammkapitals aus dem Reinvermögen des Geschäfts und durch zusätzliche Bareinlagen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 29.10.1993
- Aktenzeichen
- 5 W 158/93
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1993, 22559
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1993:1029.5W158.93.0A
Rechtsgrundlagen
- § 56b UmwG
- § 56f UmwG
- § 56c Abs. 2 UmwG
- § 52 Abs. 4 UmwG
Fundstellen
- DB 1994, 88 (Volltext mit amtl. LS)
- DStR 1994, 438 (Volltext mit amtl. LS)
- GmbHR 1994, 64-65 (Volltext mit red. LS)
- MDR 1994, 147 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW-RR 1994, 426-427 (Volltext mit amtl. LS)
- Rpfleger 1994, 216 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Bei einer Umwandlung eines einzelkaufmännischen Betriebes in eine GmbH kann das Mindeststammkapital aus dem Reinvermögen des Geschäfts und durch zusätzliche Bareinlagen erbracht werden.
Gründe
Das Registergericht hat durch Beschluß vom 18.12.1992 die Anmeldung des Antragstellers, sein einzelkaufmännisches Unternehmen in eine GmbH umzuwandeln, zurückgewiesen, weil das Stammkapital von mindestens 50.000,- DM nicht durch das einzubringende Unternehmen als Sacheinlage voll gedeckt, sondern zum Teil (in Höhe von gut 12.000,- DM) durch Bareinzahlung geleistet worden war. Durch Beschluß vom 12. August 1993 hat das Landgericht diese Entscheidung unter weiteren Hinweisen auf Kommentarliteratur bestätigt; bei sogenannten Mischeinlagen aus Sach- und Bareinlagen sei der Antragsteller auf die Errichtung nach dem GmbHG beschränkt.
Die dagegen gerichtete gemäß §§ 27, 29 FGG zulässige weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der vorgenannten Beschlüsse und zur Zurückverweisung an das Registergericht, das über den Anmeldungsantrag erneut zu entscheiden haben wird unter Berücksichtigung, daß das Stammkapital auch im Falle einer Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine GmbH durch Vermögensübertragung zum Teil als Bareinlage geleistet werden darf.
Registergericht und Kammer für Handelssachen stützen sich bei ihrer Auffassung lediglich auf Kommentarliteratur, die - so ihnen überhaupt zu entnehmen sein sollte, daß das Mindeststammkapital von 50.000,- DM ausschließlich durch das Reinvermögen der Bilanz des zu übertragenden Unternehmens aufzubringen sei - ihrerseits eine Begründung dafür vermissen läßt. Immerhin wird von einem bedeutenden Teil der Literatur ausdrücklich die Möglichkeit zusätzlicher Bareinlagen neben dem Reinvermögen des Geschäftes bejaht (vgl. nur Scholz/Priester, GmbHG, 7. Aufl., § 56 b UmwG Rdn. 4; Rowedder/Zimmermann, GmbHG, 2. Aufl., § 77 Anh. Rdn. 351; Hachenburg/Schilling, GmbHG, 7. Aufl., § 56 b UmwG Rdn. 2). Zwar ist das auf die GmbH übergehende Geschäftsvermögen des Einzelkaufmannes eine Sacheinlage und die Umwandlung insoweit eine Sachgründung. Daraus erschließt sich aber keineswegs notwendigerweise ein Verbot der Bareinlage für einen Teil des Mindeststammkapitals. Aus der gesetzlichen Regelung ist das nicht abzuleiten.
§ 56 b UmwG geht zunächst lediglich von der Vorstellung als dem gesetzlichen Normalfall aus, daß das Reinvermögen des umzuwandelnden Unternehmens das Kapital der neuen GmbH bildet. Daß es sich dabei um eine abschließende Regelung handeln soll, ist dieser Bestimmung nicht zu entnehmen. Der in § 56 f UmwG enthaltene Gedanke der Universalsukzession für die Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten nach der gemäß § 56 c Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 52 Abs. 4 UmwG zu erstellenden Übersicht verlangt einen solchen Ausschließlichkeitsgehalt nicht. Die Verweisung in § 56 b Abs. 2 UmwG auf die Gründungsvorschriften des GmbHG, soweit die §§ 56 c bis 56 f UmwG nichts anderes bestimmen, spricht ebenso für die Zulässigkeit der Mischeinlage auch bei der GmbH-Errichtung durch Unternehmensumwandlung wie das mit dem Umwandlungsgesetz verfolgte gesetzgeberische Ziel, mit der gesetzlich angeordneten Rechtsnachfolge eine Vereinfachung, nicht aber eine Einschränkung der Gründung einer GmbH im Rahmen der dafür maßgeblichen Vorschriften zu erreichen (vgl. Priester BB 1978, 1291 f).
Die 1980 geschaffenen Regelungen über die Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine GmbH durch Vermögensübertragung sind der bereits 1969 eingeführten entsprechenden Umwandlung einer Personenhandelsgesellschaft in eine GmbH - §§ 46 bis 52 UmwG - nachgebildet worden. Für letztere ist anerkannt, daß das Stammkapital der (neuen) GmbH nicht ausschließlich aus dem Reinvermögen der bisherigen Gesellschaft aufgebracht werden muß, sondern daß auch die Umwandlung mit zusätzlichen Bareinlagen der Gesellschafter einhergehen kann (Hachenburg/Schilling a.a.O. § 47 Rdn. 2; Rowedder/Zimmermann a.a.O. Rdn. 304; Widmann/Mayer, UmwR, Stand 1991 Rdn. 903.2). Ein ausreichender Grund für eine unterschiedliche Behandlung dieser beiden Unternehmensformen insoweit ist der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen und auch sonst nicht ersichtlich. Die Identität der Eigenkapitalausstattung von neuer und alter Firma wird vom Gesetz nicht gefordert. Die einfache Umgehungsmöglichkeit, den Unternehmenswert durch vorherige Erhöhung des Kassenbestandes entsprechend zu steigern, würde diesem Postulat auch wenig Sinn verleihen.
Die Differenzhaftung gemäß § 9 GmbHG, die den Gesellschafter verpflichtet, die Höhe des Fehlbetrages in Geld nachzuschießen, sofern der Wert der Sacheinlage die übernommene Stammeinlage nicht erreicht, greift gemäß § 56 b Abs. 2 UmwG auch ein, wenn eine GmbH durch übertragende Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens gegründet wird (Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 9. Aufl., § 9 Rdn. 6). Für die Behandlung dieser Fallgestaltung ist die Mischeinlage damit sogar gesetzlich festgeschrieben. Entscheidend ist, daß auch bei der Umwandlung das gesetzlich vorgeschriebene Mindeststammkapital sichergestellt ist. Das kann aber neben dem Sachwert des Unternehmens ebenso durch zusätzliche Leistungen in bar erreicht werden.
Die Sache war daher an das Registergericht zurückzuverweisen, das über die Anmeldung nach Maßgabe der vorstehenden Beschlußgründe erneut zu befinden haben wird.