Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 06.09.2011, Az.: 1 Ws 453/11

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
06.09.2011
Aktenzeichen
1 Ws 453/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 45179
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Eine Strafaussetzung kann nach § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB nur widerrufen werden, wenn die Begehung der neuen Straftat aufgrund einer rechtskräftigen Verurteilung oder eines glaubhaften Geständnisses feststeht. Ein bloßer Tatverdacht reicht hingegen für einen Widerruf nicht aus. Aus dem Schweigen des hierzu von der Strafvollstreckungskammer angehörten Verurteilten darf nicht geschlossen werden, dass er dem neuen Tatvorwurf nicht entgegen trete und er die Tat begangen habe.

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Osnabrück bei dem Amtsgericht Lingen vom 11. Juli 2011,

durch den die dem Verurteilten mit Beschluss des Amtsgerichts Bersenbrück vom 23. Dezember 2010 für die Reststrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Bersenbrück vom 24. Oktober 2005 nach Maßgabe des Berufungsurteils des Landgerichts Osnabrück vom 8. März 2006 bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen worden ist,

aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und insoweit entstandene notwendige Auslagen des Verurteilten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

Die Strafvollstreckungskammer hat die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung mit der Begründung widerrufen, dass eine neue Anklage vorliege, dem Verurteilten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei, er aber davon keinen Gebrauch gemacht habe und die Strafvollstreckungskammer daraus schlussfolgere, dass er die vorgeworfene Tat auch begangen habe.

Die zulässige sofortige Beschwerde des Verurteilten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Widerrufsbeschlusses.

Nach § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB kann die Strafaussetzung widerrufen werden, wenn der Verurteilte in der Bewährungszeit eine Straftat begangen und dadurch gezeigt hat, dass sich die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, nicht erfüllt hat.

Gegen den Verurteilten liegt zwar eine Anklage wegen einer neuen Straftat in der Bewährungszeit vor. Diese allein kann aber nicht - zumindest nicht ohne ein Geständnis - für einen Widerruf herangezogen werden. Ein Widerruf im Sinne des § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB ist nämlich nur dann zulässig, wenn die schuldhafte Begehung einer Straftat feststeht, ein bloßer Tatverdacht reicht hingegen nicht aus, vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG, NStZ 2004, 628; OLG Nürnberg, NZV 2004, 540; Fischer, StGB, 58. Auflage, § 56f Rn. 4ff. m.w.N..

Der Verurteilte hat sich zu den Vorwürfen aus der Anklageschrift gegenüber der Strafvollstreckungskammer nicht geäußert. Entgegen der Annahme der Strafvollsteckungskammer durfte aus seinem Schweigen zu den Vorwürfen nicht geschlossen werden, dass er den ihm gemachten Vorwurf nicht entgegen treten wolle und er die Tat begangen habe. In seiner Begründung zur sofortigen Beschwerde führt der Verurteilte nunmehr ausdrücklich aus, die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen zu haben. Der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung kann deshalb nicht auf die neue Anklage gestützt werden. Es bleibt vielmehr der Ausgang des Verfahrens abzuwarten.