Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 08.08.2007, Az.: 1 B 156/07

Ablehnung; Abschiebung; Abwesenheit; Altfallregelung; Anhörung; Anhörungstermin; Aufenthalt; Aufenthaltsbeendigung; Aufenthaltserlaubnis; Aufenthaltsgenehmigung; Ausbleiben; Ausreisepflicht; Bleiberecht; Bleiberechtsregelung; Duldung; Entschuldigung; Erlaubnis; Identität; Identitätsfeststellung; Identitätsklärung; Maßnahme; Mitwirkung

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
08.08.2007
Aktenzeichen
1 B 156/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 71708
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin eine Duldung zu erteilen, bleibt ohne Erfolg.

2

Gemäß § 123 Abs.1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierzu sind die Dringlichkeit einer gerichtlichen Eilentscheidung (Anordnungsgrund) und das Bestehen des gefährdeten Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen.

3

Die Sache ist zwar wegen der für den 13.8.2007 angekündigten Abschiebung eilbedürftig. Der Antragstellerin, die bis zum 7.8.2007 im Besitz einer Duldung war, steht aber kein Anspruch auf (weitere) Duldung nach § 60 a Abs.1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) bzw. auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit dem Bleiberechtsbeschluss der IMK vom 16./17.11.2006 zu. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht hinsichtlich der Voraussetzungen der genannten Vorschriften auf den Bescheid des Antragsgegners vom 05.07.2007 Bezug. Der Antragsgegner hat auch zutreffend ausgeführt, dass dem geltend gemachten Anspruch Versagungsgründe entgegenstehen. Dieser Einschätzung schließt sich das Gericht an (§ 117 Abs. 5 VwGO).

4

Lediglich ergänzend soll auf Folgendes hingewiesen werden:

5

Aus dem Gesetzentwurf zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union mit dem das AufenthG durch eine gesetzliche Altfallregelung ergänzt werden soll (§§ 104 a, 104 b) kann die Antragstellerin keine für sie günstigeren Rechtsfolgen ableiten. Das Stichtagserfordernis erfüllt sie bereits, denn entgegen den Ausführungen im Bescheid des Antragsgegners hat sie sich schon vor dem 17.11.1998 im Bundesgebiet aufgehalten und ist nicht am 04.12.1998 erneut aus dem Ausland zugezogen. Auch die gesetzliche Altfallregelung sieht - wie die niedersächsische Bleiberechtsregelung - Ausschlussgründe vor. Nach der geltenden Bleiberechtsregelung wird eine Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt, wenn die Begünstigten über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht haben oder wenn durch ihr Verhalten behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert oder behindert wurden. Nach dem Entwurf der Neufassung des § 104 a bzw. § 104 b AufenthG sind die vorsätzliche Täuschung über aufenthaltsrechtlich relevante Maßnahmen oder die vorsätzliche Behinderung aufenthaltsbeendender Maßnahmen weiterhin Versagungsgründe, so dass es keinen Grund gibt, die Abschiebung mit Blick auf die geplante Neuregelung auszusetzen (vgl. Erlass des MI vom 4.4.2007).

6

Die Antragstellerin hat durch ihr Verhalten in den vergangenen Jahren bewusst Maßnahmen der Ausländerbehörden zur Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert und behindert, indem sie unrichtige Angaben zu ihrem Familienstand abgegeben hat sowie den Aufforderungen der Ausländerbehörde, an Anhörungsterminen teilzunehmen, nicht gefolgt ist.

7

Nach Übersiedlung aus Tschechien in die Bundesrepublik schloss die in Vietnam verheiratete Antragstellerin mit einem vietnamesischen Staatsangehörigen mittels einer gekauften Heiratsurkunde die Ehe nachdem sie sich zuvor eine unrichtige Ledigkeitsbescheinigung aus Vietnam beschafft hatte. Nach der Scheidung dieser Ehe wollte die Antragstellerin die Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen eingehen und erklärte gegenüber den Behörden wahrheitswidrig keine Kinder zu haben, obwohl sie Mutter zweier (seinerzeit in Vietnam beim Kindesvater lebender) Kinder ist. Die Antragstellerin wurde deshalb vom Amtsgericht Celle am 20.05.1999 wegen falscher Versicherung an Eides Statt zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt.

8

Am 08.09.2003 erschien die Antragstellerin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur Anhörung bei der Antragsgegnerin. Zu einem am 02.08.2006 in Hannover-Langenhagen anberaumten Anhörungstermin vor einer vietnamesischen Delegation zwecks Klärung der Identität und Staatsangehörigkeit erschien die Antragstellerin auch nicht. Dazu trug sie vor, sie sei krank gewesen. Nach der bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen Kurzmitteilung einer Notfallpraxis in Celle hatte die Antragstellerin dort am 01.08.2006 wegen Bauchschmerzen und Durchfall vorgesprochen. Ihr wurde ein Medikament verordnet. Aus der Bescheinigung ergibt sich aber nicht, dass sie auch noch am Folgetag reiseunfähig erkrankt war. Zu einem weiteren Vorführtermin am 11.10.2006 in Halle erschien die Antragstellerin gleichfalls nicht. Sie war von diesem Termin mit Schreiben vom 14.09.2006 in Kenntnis gesetzt worden. Die Aufforderung zur Teilnahme an dem Termin datiert vom 28.09.2006. Unter dem 10.10.2006 teilte die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin dem Antragsgegner mit, die Antragstellerin habe sich am 09.10.2006 einer ambulanten Operation am Fuß unterziehen müssen. Dies wird durch eine ärztliche Bescheinigung bestätigt. Aus der der Bescheinigung zugrunde liegenden Diagnose ergibt sich allerdings nicht, dass der ärztliche Eingriff etwa unfallbedingt erforderlich war, sondern dass es sich um die Behandlung einer erworbenen Erkrankung gehandelt hat. Jedenfalls ist durch die ärztliche Bescheinigung eine akute Behandlungsbedürftigkeit nicht belegt. Mithin ist der Schluss zulässig, dass die Antragstellerin den ärztlichen Eingriff vereinbart hat um einen Grund zu haben, an dem Anhörungstermin am 11.10.2006 in Halle nicht teilnehmen zu können. Diese Einschätzung wird durch das Verhalten der Antragstellerin im Zusammenhang mit dem am 18.06.2007 anberaumten Anhörungstermin bestätigt. Der Antragsgegner hatte die Antragstellerin am 30.05.2007 aufgefordert, an diesem Termin teilzunehmen und die sofortige Vollziehung angeordnet. Hiergegen hat die Antragstellerin erfolglos (1 B 137/07) einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt. Ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin hat das Gericht nicht feststellen können. Offenbar ging es der Antragstellerin wiederum um die Verzögerung ausländerbehördlicher Maßnahmen. In dem Beschluss vom 15.06.2007 ist nämlich ausgeführt, es könne der Antragstellerin zugemutet werden, den anberaumten Termin wahrzunehmen und an der erforderlichen Beschaffung eines neuen Reisepasses mitzuwirken.