Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 10.04.2014, Az.: 1 Ws 55/14
Fortdauer der Pflichtverteidigerbeiordnung für das Wiederaufnahmeverfahren
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 10.04.2014
- Aktenzeichen
- 1 Ws 55/14
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 22408
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:2014:0410.1WS55.14.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Braunschweig - 07.01.2014
Rechtsgrundlagen
- StPO § 138
- StPO § 140
- StPO § 141
- StPO § 364a
Amtlicher Leitsatz
1. Die im Ausgangsverfahren erfolgte Bestellung eines Pflichtverteidigers wirkt im Wiederaufnahmeverfahren fort.
2. Die Vollmacht eines Wahlverteidigers schließt regelmäßig das Wiederaufnahmeverfahren ein.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Braunschweig vom 7. Januar 2014 wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Mit Urteil vom 3. Juli 2008 wurde die Verurteilte von der 6. großen Strafkammer (Schwurgerichtskammer) des Landgerichts Göttingen wegen Mordes in vier Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt (S. 1 f. der Urteilsausfertigung im Urteilsband). Der Verurteilten war durch Verfügung des Vorsitzenden der 6. großen Strafkammer vom 7. September 2007 Rechtsanwalt ..., als Verteidiger beigeordnet worden (Bl. 177 Bd. I d. A.). Außerdem erteilte die Verurteilte im Jahr 2008 den Rechtsanwälten ... eine Vollmacht, die ausweislich der Vollmachtsurkunde die Vertretung und Verteidigung in Strafsachen umfasst (Bl. 53 f. Bd. XIII).
Mit Schriftsatz ihres nunmehr beauftragten Wahlverteidigers Rechtsanwalt ... vom 28. Oktober 2013 beantragte die Verurteilte, ihr Rechtsanwalt ... als Pflichtverteidiger für einen Wiederaufnahmeantrag gegen das Urteil vom 3. Juli 2008 beizuordnen (Bl. 156 ff. Bd. IX d. A.).
Mit Beschluss vom 7. Januar 2014 hat das Landgericht Braunschweig den Antrag abgelehnt. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Wiederaufnahmeantrag hinreichende Erfolgsaussicht haben könne (Bl. 168 ff. Bd. IX d. A.).
Hiergegen wendet sich die Verurteilte mit ihrer durch ihren Wahlverteidiger Rechtsanwalt ... eingelegten Beschwerde vom 20. Januar 2013 (Bl. 178 ff. Bd. IX d. A.).
Das Landgericht Braunschweig hat der Beschwerde mit Beschluss vom 29. Januar 2014 nicht abgeholfen und das Verfahren dem Senat zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 181 f. Bd. IX d. A.).
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen (Bl. 183 ff. Bd. IX d. A.).
II.
Die nach § 304 Abs. 1 StPO zulässige Beschwerde ist bereits deshalb unbegründet, weil die Bedingung für eine Beiordnung nach § 364 a StPO, dass die Verurteilte keinen Verteidiger hat, nicht erfüllt ist.
Der Senat hält auch vor dem Hintergrund der von der Gegenansicht vorgebrachten Argumente (vgl. Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 23. Oktober 2013, 1 Ws 283/13, juris, m. w. N., Rn. 13 ff.) an seiner bisherigen Rechtsprechung (zuletzt Beschluss vom 04. März 2013, Ws 44/13, bislang unveröffentlicht) fest, dass eine im Ausgangsverfahren erfolgte Bestellung eines Pflichtverteidigers im Wiederaufnahmeverfahren fortwirkt (so auch mit überzeugender Begründung, insbesondere unter Verweis auf die Vorstellungen des Gesetzgebers: KG, Beschluss vom 30. Mai 2012, 4 Ws 46/12, juris, Rn. 12 ff. m. w. N. = NJW 2013, 182).
Da die Bestellung des nicht entpflichteten Verteidigers Rechtsanwalt ... somit fortdauert, ist für die beantragte Beiordnung des Wahlverteidigers Rechtsanwalt ... auch unter der Annahme, dass dieser das Wahlmandat für den Fall der Beiordnung niederlegt, kein Raum.
Des Weiteren besteht nach Aktenlage das Mandat der im Ausgangsverfahren tätigen Wahlverteidiger ... fort, so dass dem Beiordnungsantrag auch aus diesem Grund nicht entsprochen werden kann, weil die Vollmacht des Wahlverteidigers regelmäßig das Wiederaufnahmeverfahren einschließt (vgl. KG, aaO., Rn. 3, 11; OLG Düsseldorf, 1 Ws 1143/89, juris = MDR 1990, 743). Es ist nicht ersichtlich, dass die Vollmacht der genannten Wahlverteidiger erloschen wäre.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.